Der Film
Quasi über Nacht avanciert Belle zur absoluten Sensation in U und schafft es sogar, das bisherige #1 Idol in Sachen Popularität abzulösen. Schnell stellen sich die Nutzer auch außerhalb der virtuellen Realität die Frage nach dem Menschen hinter der pinkhaarigen Schönheit. Niemand ahnt, dass sich hinter der schillernden Persönlichkeit eigentlich ein schüchternes, lethargisches Mädchen verbirgt. Während sich Hiroka im Geheimen um die Vermarktung von Belle kümmert, wird es für Suzu immer schwerer, sich der bisher immer wieder erfolgreich vermiedenen Konfrontation mit Jugendfreund Shinobu zu stellen, der langsam zu ahnen beginnt, dass er Belle möglicherweise sehr gut kennt.
Als sich Millionen Nutzer in U zu einem Konzert versammeln, wird die Veranstaltung von einem geheimnisvollen Biest gestört, einem legendären Kämpfer, auf den es die selbsternannten Gerechtigkeitswächter der virtuellen Welt schon lange abgesehen haben. Fasziniert von der unbändigen Wut der Kreatur macht sich Suzu in Gestalt von Belle auf die Suche nach dessen Versteck und erkennt schließlich, dass sich hinter der unheimlich anmutenden Fassade ein verwandter Geist verbirgt, der in Wirklichkeit genauso so sehr von Trauer und Schmerz erfüllt ist wie sie selbst. Was als ungewöhnliche Liebesgeschichte in einer fiktiven Welt beginnt, wirkt sich mit der Zeit immer mehr auf die Realität aus. Als Suzu endlich die wahre Identität hinter dem Biest aufdeckt, beginnt plötzlich ein Wettkampf mit der Zeit, denn das „Monster“ und sein kleiner Bruder schweben in großer Gefahr…
Die Rezension
In den Neunzigern war Disney federführend wenn es darum ging, auf Basis von Folklore, Mythen und Co. wahre Meisterwerke zu erschaffen. Heute fährt die Firma mit der Maus ein Franchise nach dem anderen mit Karacho gegen die Wand, Quantität statt Qualität sind dominant und auch die einfallslosen Realfilmadaptionen der hauseigenen Klassiker fallen bei Fans und Kritikern überwiegend durch. Wer sich schon länger gewünscht hat, mal wieder einen Hauch schier längst vergangener Animationsmagie zu verspüren, bekommt diesen Wunsch nun in Gestalt von BELLE erfüllt. Die moderne Interpretation von Die Schöne und das Biest verlagert ihre Geschichte in den digitalen Raum und richtet sich damit primär an eine Generation, die mit Snapchat statt Schaukel aufgewachsen ist. Im virtuellen Raum der Gegenwart ist längst nichts mehr unmöglich, und obwohl das im Film gezeigte Szenario noch sehr nach Zukunftsmusik klingt, scheint es angesichts der rasanten technischen Fortschritte nur noch eine Frage der Zeit zu sein, ehe eine Utopie wie U tatsächlich Realität wird.
Hosoda-san und seinem Team ist es auf eindrucksvolle Weise gelungen, nicht nur das Grundgerüst des bekannten Volksmärchens glaubhaft in die Gegenwart zu überführen, sondern dieses gleichzeitig mit einer zeitgemäßem Geschichte um Verlustbewältigung, Sehnsucht und geheimen Wünschen anzureichern, welche allerhöchstens zum Ende hin ein paar Logiklücken aufweist, über die man aber angesichts des sonst so berührenden Finales wohlwollend hinwegsehen kann – was auch daran liegt, dass die sympathischen, angenehm klischeefreien Charaktere die Handlung von Anfang bis Ende mühelos stemmen. Dem gegenüber stehen fantastische Visuals, wobei die „Realszenen“ durch einen sehr klassischen, handgezeichneten Look bestechen, ehe in U dann computergenerierte Kulissen und Figuren dominieren. So hat jede Welt einen ganz eigenen Look, was der Separation merklich guttut.
Maßgeblich mitgetragen wird BELLE zudem von seinem Soundtrack. Die Zusammenarbeit von Taisei Iwasaki, Ludvig Forsell und Yuta Bandou – allesamt Meister ihres Fachs – bescheren den Fans einige der wohl schönsten Songs der letzten Kinojahre. Im Deutschen gesungen von Lara Trautmann, welche der Hauptfigur Suzu auch in sämtlichen Dialogen ihre Stimme leiht, ist die hiesige Fassung des Soundtracks mindestens so hörenswert wie die englische und/oder japanische Fassung. BELLE ist ein wunderbarer Mix aus Musical, Drama und Liebesgeschichte, dem es wie kaum einem anderen Film in letzter Zeit gelungen ist, mich von der ersten Sekunde an voll abzuholen. Und ganz nebenbei ein schönes Beispiel dafür, dass Disney längst nicht mehr das Maß aller Dinge darstellt, wenn es um gelungene Animationsfilme geht. Hier stimmt wirklich alles: Story, Optik, Soundtrack…dieser Film ist nicht nur für Animefans ein absolutes Muss.
Die Blu-Ray
Vorneweg: BELLE erscheint auch als streng limitierte Edition im Steelbook, dort (und NUR dort) liegt der Film auch als 4K UHD bei. Da es sich dabei gemessen an der geringen Auflage eher um einen besonderen Bonus handelt und das Werk nicht regulär in dieser Form erhältlich ist, habe ich mich entschieden, die Rezension ausschließlich auf Basis der Blu-Ray vorzunehmen, und die UHD nur entfernt am Rande zum Vergleich heranzuziehen. Denn eigentlich ist die Blu-Ray auf Basis eines 2K Digital Intermediate schon ziemlich klasse. Farblich wird die Differenz zwischen den Welten sehr gut dargestellt. Obwohl sich die „reale Welt“ bereits relativ warm aber gleichzeitig immer noch angenehm neutral dargestellt, wird es erst innerhalb der VR so richtig knallig, wobei mich die Kontraste zu jedwedem Zeitpunkt vollauf zufriedenstellen konnten. Besonders die Schwarzanteile wirken sehr ansprechend.
Bei der Bildschärfe steht die Blu-Ray der 4K UHD nur in Nuancen nach. So hätten wir es hier eigentlich mit einer mustergütigen Scheibe zu tun, wäre da nicht da schlechte Kompression. Es gelingt zwar noch, sämtliche Sequenzen außerhalb der U problemlos darzustellen, spätestens beim Wechsel in den digitalen Raum verheddert sich die Blu-Ray aber immer wieder in teils dramatischem Crushing. Und das sieht natürlich alles andere als schön aus. Alleine dafür habe ich zum Vergleich die UHD herangezogen und siehe da: Eine perfekte Laufruhe, von Anfang bis Ende. Wer also über das nötige Equipment verfügt und das Glück hat, eines der auf gerade mal 3000 Exemplare limitierten Special Edition zu ergattern, bekommt alleine in dem Bereich einen ordentlichen Mehrwert geliefert, den ich unmöglich verschweigen möchte. Davon abgesehen gibt es an der Blu-Ray aber absolut nichts zu bemängeln.
Drei Tonspuren befinden sich an Bord der Blu-Ray, nämlich Deutsch und Japanisch im verlustfreien Format DTS-HD MA 7.1, außerdem noch eine separate deutsche Tonspur im betagten Stereoformat – wofür auch immer die gut sein soll. Die hochwertigen Abmischungen versprühen allerbestes Kinoflair. Dialoge sind durchgehend optimal verständlich, in U herrscht quasi Daueraktivität von allen Seiten und wenn Belle singt, darf auch der Subwoofer endlich mal zeigen, was er drauf hat. Generell ist die Kulisse während der Gesangseinlagen unglaublich dynamisch und immersiv und wird nur noch von der Dolby Atmos der 4K UHD überragt. So oder so: BELLE lebt maßgeblich vom Sound und entfaltet sich erst vollständig mit passendem Heimkinosystem.
Die Extras
Gar nicht so leicht, durch den Veröffentlichungsdschungel des Films zu blicken. Denn neben der regulären Blu-Ray existiert nicht nur die bereits erwähnte Limited Edition mit 4K UHD und zahlreichen zusätzlichen Extras, sondern auch ein noch edleres Bundle mit vielen weiteren Inhalten – darunter leider exklusiv den Soundtrack mit den deutschsprachigen Songs, den ich nur zu gerne in meine Playlist aufgenommen hätte. Für unter dreißig Euro wird dem Kunden innerhalb der regulären Blu-Ray dennoch ein bisschen was geboten.
In dem schick aufgemachten Digipak samt Schuber verbergen sich drei stabile Artcards als physische Beigabe, als Featurettes darf man sich auf Interview mit Regisseur Mamoru Hosoda freuen und natürlich dürfen Trailer und TV-Spots zum Film neben einigen weiteren Kleinigkeiten nicht fehlen. Fakt bleibt jedoch, dass man das „gute Zeug“ wirklich erst ab der Special Edition bekommt. Mehr als eine Handvoll Essentials hat es an Bord der Standard Edition leider nicht geschafft.
Fazit
„BELLE hat alles, was Disney zu seinen besten Zeiten hatte. Und mehr! Fantastische Songs, grandiose Visuals…all das trifft auf eine komplexe und doch zugängliche Geschichte über Verlust, Trauer und Ängste, die sich auch nicht davor scheut, ihre düsteren Momente offen an den Zuschauer heranzutragen. Den Machern ist auf brillante Weise gelungen, eine klassische Geschichte glaubhaft in die Moderne zu transportieren. Kleinere Logiklöcher zum Ende hin sind da locker zu verzeihen. Für mich nicht nur einer der besten Werke von Mamoru Hosoda, sondern generell einer der besten Beiträge zum japanischen Animationsfilm, den ich in den letzten Jahren gesehen habe – und ganz sicher nicht zum letzten Mal gesehen haben werde. Würde die Blu-Ray nicht stellenweise so heftig und Kompressionsartefakten leiden, wäre es eigentlich perfekt, dafür stimmt der Ton. Wer dennoch in jeder Hinsicht mehr erwartet, kommt um eine der höherwertigen Limited Editions nicht herum.“
Ein Rezensionsexemplar wurde uns freundlicherweise vorab von Koch Films zur Verfügung gestellt.
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