Lange schon habe ich auf eine Fortsetzung der Dawn of War – Reihe gehofft. Obwohl ich damals, im Jahr 2004 war das, nicht sofort als Fan des gewaltigen Tabletop – Franchises an den Start gegangen bin, sondern erst ein Weilchen später zum Spiel fand, als das erste Expansion Pack bereits auf dem Markt war. Ein großer Fehler, wie ich heute meine, denn als Fan von Echtzeitstragiespielen, besonders aber von epischen und gewaltigen Inszenierungen, ist mir damals eine echte Perle entgangen. Bei den folgenden Erweiterungen und der ersten, richtigen Fortsetzung Dawn of War II habe ich dann nicht mehr so zögerlich agiert. Seitdem sind wieder einige Jahre vergangen. Fans der Reihe haben darauf gehofft, dass Entwickler Relic endlich einen dritten Teil ankündigen würde, was dann im letzten Jahr auch geschehen ist. Seit Mittwoch nun ist Dawn of War III exklusiv für den PC erhältlich und natürlich stand ich vor der gespannten Frage: Kann es die Erwartungen von RTS – Gamern und Warhammer – Fans gleichermaßen erfüllen?
Für den Imperator!
Die Space Marines setzen auf vielseitige, aber kleine und teure Truppenverbände.
Was nach einem eher geringen Einzelspielerumfang klingt, entpuppt sich als größenteils furios inszeniertes Abenteuer, welches durch die lange, stufenweise strukturierte Missionsdauer auf einen durchaus beachtlichen Umfang von knapp 16-20 Stunden Spielzeit kommt. Abwechselnd switcht man dabei zwischen den drei Völkern, deren eigene Handlungen alle an einem gemeinsamen Punkt zusammenlaufen. Die grundlegende Inszenierung weiß zu überzeugen, wenngleich zur Mitte für kurze Zeit etwas Leerlauf und Monotonie spürbar ist, ehe die Qualität zum Finale wieder angehoben wird. Das Storytelling selbst ist dagegen etwas enttäuschend, da die wenigen (aber grandios gemachten) Cinematics eher als Beiwerk dienen, während die meisten relevanten Informationen nur in Form von Standbildern und Dialogen rübergebracht werden. Auch variieren die Missionsziele abseits klassischer Komplettzerstörung feindlicher Basis nur wenig. Insgesamt ist an der Rahmenhandlung aber wenig auszusetzen, da sie sich vorzüglich ins Warhammer – Universum einfügt und einen befriedigenden Abschluss bietet.
Die Eldar bauen auf Schnelligkeit und Mobilität, halten aber hinter den Schilden nur wenig aus.
Während mehr als drei Völker für eine zusammenhängende Kampagne wohl etwas viel gewesen wären, vermisst man insgesamt doch die anderen bedeutsamen Namen des Universums. Tau, Necrons, besonders aber natürlich die Einheiten des Chaos. Es ist zwar anzunehmen, dass in der Zukunft entsprechende Erweiterungen erscheinen werden, die weitere Völker ins Spiel integrieren, ob diese dann aber Teil neuer Kampagnen sind oder ob diese dann anderweitig nutzbar gemacht werden, bleibt abzuwarten. Ehrlich gesagt ist für mich ein bisschen die Luft aus Space Marines, Orks und Eldar raus, da besagte Spezies bisher spielbarer Mittelpunkt jedes Dawn of War – Hauptspiels waren und sich manche wohl neue Ansätze im Rahmen der Kampagne gewünscht hätten. Ein Multiplayer ist natürlich auch wieder mit an Bord, bietet allerdings nur einen, stark an das Grundprinzig von League of Legends angelegten Spielmodus, der lediglich mit acht eher kleinen Karten aufwartet und daher relativ schnell an Reiz verliert. Hier fehlen eindeutig klassische Gefechte mit Basisbau und Co.
Weg mosch´n!
Eldar, Blood Angels und Orks verfügen allesamt über eigene Gebäude und unterschiedliche Spielmechaniken. Während die Eldar auf Mobilität setzen und sämtliche Einheiten mit Schilden, aber wenigen Lebenspunkten versehen sind, bauen die Orks auf Masse statt Klasse. Die Angriffe erfolgen zumeist in Scharen und die entsprechenden Basiseinheiten teilen nur wenig Schaden aus, sind dafür jedoch preisgünstig und können durch gefundenen Schrott mit neuen Fähigkeiten wie Haftbomben und Co. versehen werden. Über entsprechende Unterstützungstürme kann ein Waaaagh! ausgerufen werden, der für kurze Zeit Angriffstempo und Zähigkeit stark erhöht. Die Space Marines des Blood Angels – Orden bauen auf Bewährtes und ziehen mit kleinen, aber effektiven und vielseitig nutzbaren Einheiten ins Feld, die aber alle ihren Preis haben. Zu den taktischen Space Marine – Trupps gesellen sich Scouts, Cybots und diverse Vehikel. Insgesamt ist die Auswahl bei Gebäuden und Truppen jedoch sehr überschaubar geraten, auch die Verwaltung von Upgrades fühlt sich auf ein Minimum reduziert an. Mehr Aufmerksamkeit gebührt den Elite – Einheiten, von denen man im späteren Spielverlauf jeweils drei von jeweils neun pro Volk verfügbaren Einheiten ins Feld führen kann. Die warten mit allerhand Sonderfähigkeiten auf und können je nach Wahl bestehende Trupps mit starken Angriffen oder defensiven Fähigkeiten unterstützen. Sollte einer dieser Helden mal ins Gras beißen, kann er nach einer gewissen, sich mit jedem Ableben jedoch verlängernden Abklingzeit wieder in den Kampf geschickt werden.
Jedes Volk verfügt über besonders starke Elite – Einheiten, die klug eingesetzt werden müssen.
Dabei ist besagten Elites mehr Aufmerksamkeit zu zollen, als dem gewöhnlichen Fußvolk. Während im Verlauf der Kampagnie serientypisch unzählige Einheiten zerfleischt werden und ohnehin mit wenig Mühe ersetzt werden können, kann das Fehlen einer Spezialeinheit im richtigen Moment durchaus über Sieg und Niederlage einer Schlacht entscheiden. Wenngleich jedes Volk über gut ausbalancierte Fähigkeiten verfügt, fühlen sich manche der Spezialangriffe doch etwas zu übermächtig an und sollten noch etwas abgeschwächt werden. Der Hybrid aus Truppen und Helden (also gleichbedeutend der Hybrid von Dawn of War I und II) funktioniert allerdings prima. In größeren Gefechten kann man aber ziemlich schnell die Übersicht verlieren.
Am Ende jeder Mission werden den Kommandanten Erfahrungspunkte verliehen. Erreicht man eine neue Stufe, schaltet man neue Fähigkeiten und Doktrinen frei, mit denen man vor Spielbeginn Boni für die kommende Mission freischalten kann. Darunter beispielsweise Schilde für Predator – Panzer, oder aber kürzere Abklingzeiten für bestimmte Fähigkeiten. Jeweils drei dieser Doktrinen können ausgerüstet werden, wobei auch hier jedes Volk eigene Möglichkeiten bietet. Die meisten dieser Dinge müssen aber gekauft werden, wozu die Ingamewährung der Schädel dient. Die erhält man nach Missionsabschluss, kann sie aber auch im Multiplayer verdienen. Da die Level der Elites und die Anzahl verdienter Schädel alle serverseitig verbucht werden, ist man quasi beim Spielen an eine permanente Internetverbindung gebunden. Zwar lässt sich die Kampagne auf offline spielen, dann allerdings wird am Ende einer Mission keine Belohnung ausgegeben, was über kurz oder lang zu einem unangenehmen Stillstand in Sachen Fortschritt führt.
Abseits der Schlacht
Die Bedienung geht intuitiv und klassisch mit der Maus von der Hand. Sämtliche Spielmechaniken sind einfach und schnell zu erlernen und auch die drei vorhandenen Schwierigkeitsgrade von Leicht bis Schwer erfüllen genau das, was sie versprechen. Abseits der ausführlichen Tutorials, die jederzeit über das Hauptmenü abgerufen werden können, vermittelt auch die Kampagne Stück für Stück zentrale Mechaniken und öffnet seinen Umfang auf sinnvolle Weise Stück für Stück dem Spieler. Sämtliche Funktionen sind aber bis ins Detail auch jederzeit im Menü als Textsammlung abrufbar. Hier findet sich auch der Einheiteneditor, der im zweiten Teil noch schmerzlich vermisst wurde. Mithilfe von Farben und vorgefertigten Einheitendesigns kann man seine Einheiten ganz nach Wunsch farblich anpassen und auch die Elites lassen sich mit vorgefertigten Skins verschönern, sobald diese freigeschaltet wurden.
Man sieht den Einheiten jederzeit die gestalterische Liebe zum Detail an.
Die technische Seite des Spiels kann ebenfalls überzeugen. Basierend auf Relic´s hauseigener Grafikengine ist Dawn of War III der bisher schönste Titel der Spieleschmiede und überzeugt mit spektakulären Effekten, detaillierten Einheiten und atmosphärischen Umgebungen. Zwar wirkt alles im Vergleich zu den Vorgängern im oftmals doch sehr düsteren 40k – Universum etwas bunt, ja nahezu comichaft, das einzigartige Setting wurde dennoch brillant und authentisch eingefangen. Zwar fallen die Einstellungen im Grafikmenü etwas spärlich aus, sind aber dennoch in so ausreichender Anzahl einstellbar, dass Dawn of War III auch auf Mittelklasse – Technik gut lauffähig ist. Ein integriertes Benchmark sorgt dafür, dass getroffene Einstellungen direkt anhand eines Leistungstests testbar sind. Die für den Test verwendete Custom GTX 1080 TI schaffte bei maximalen Einstellungen samt geringem Anti Aliasing als kleinem Bonus immer noch butterweiche 60 Bilder pro Sekunde und geriet nur ganz selten mal kurz ins Stocken. Die saubere technische Umsetzung ist daher absolut lobenswert.
Dawn of War III bietet stimmungsvolle Massenschlachten in toller Atmosphäre.
Auch in Sachen Vertonung kann das Spiel punkten. Der Soundtrack ist atmosphärisch und passt toll zum Geschehen. Auch die einzelnen Einheitenstimmen sind durch die Bahn gut gewählt. Einziger, aber doch großer Wermutstropfen: Dawn of War III ist der erste Teil der Serie, der abseits der Deutschen Texte ohne entsprechende Sprachausgabe aufwartet. Die Vertonung ist komplett in englischer Sprache gehalten. Wer sich an die hervorragende Synchronisation der Vorgänger erinnert, wird hier schmerzlich Deutschen Ton vermissen. Mit zumindest ergeht es so.
Fazit und Wertung
„Ich glaube, Dawn of War III wird Fans an manchen Punkten begeistern, an anderen jedoch auch enttäuschen. Der vereinfachte Hybrid, der sich aus den Mechaniken der Vorgänger zusammensetzt, wird den jeweiligen Anhängern besagter Teile womöglich sauer aufstoßen. Mir persönlich hat das Spiel aber sehr gut gefallen. Die einzigartige Warhammer – Stimmung wurde gewohnt grandios eingefangen, die Kampagne hat mich über viele Stunden trotz kleiner Tiefen und etwas wenig Abwechslung unterhalten. Ein paar störende Mechaniken, wie der theoretische Online – Zwang, die ewigen drei Völker sowie der teilweise zu starke Fokus auf Elite – Einheiten trüben den Gesamteindruck allerdings geringfügig. Dennoch: Dawn of War III ist trotz allen (kleinen) Makeln genau das, was der Rest der Fachpresse proklamiert, nämlich das wohl beste Echtzeitstragiespiel seit StarCraft II.“
PRO:
+ Grandios eingefangene 40k – Lizenz mit toller Atmosphäre und Effekten
+ Detaillierte Einheiten mit viel Liebe zum Detail
+ Saubere technische Umsetzung
+ Umfangreiche Kampagne mit epischem Finale
+ Zugängliche Mechaniken
+ Gute Tutorials
+ Saubere Lernkurve
+ Gutes Fraktionsbalancing
+ Jedes Volk spielt sich unterschiedlich und bietet eigene Taktiken
+ Coole Elite – Einheiten
+ Drei gut ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Verschiedene, frei konfigurierbare Doktrinen
+ Einheiteneditor
+ Interessante Multiplayer – Komponente
+ Passender Soundtrack
+ Gute (englische) Sprecher
– Relativ wenige Einheiten- und Gebäudestrukturen
– Im Vergleich zu den Vorgängern stark vereinfachtes Gameplay
– Manche Heldenfähigkeiten etwas zu stark
– Keine Deutsche Sprachausgabe
– Multiplayer bietet nur wenig Umfang…
– …und lässt klassische Mehrspieleroptionen vermissen
– Wieder nur Space Marines, Orks und Eldar im Mittelpunkt
– Kampagne mit Schwächen (Erzählstruktur, Abwechslung)
GESAMTWERTUNG: 83%
Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
©2017 Wrestling-Point.de/M-Reviews