Mirror’s Edge Catalyst™ – Kataklysmus statt Katalysator

                                     Getestet und verfasst von General M

Als seinerzeit der Erstling von Mirror’s Edge erschien, wagte Entwickler DICE (sonst eher bekannt durch die Battlefield – Reihe) in einer extrem shooterlastigen Zeit etwas Neues. Das Spielprinzip aus schnellem Parkour – Lauf in einer dystopisch – futuristischen Welt wurde von Kritikern für seinen Mut gelobt, konnte die finanziellen Erwartungen aber nicht erfüllen. Umso größer war die Überraschung, als Publisher EA im letzten Jahr eine Fortsetzung ankündigte. Besonders die Story sollte dieses Mal verbessert werden, die Charaktere mehr Tiefe erhalten. Ab Morgen steht das Spiel für XBOX ONE, PlayStation 4 und den PC im Laden. Wir haben uns das Spiel vorab für euch angesehen.

Have some Faith 

Vorweg, Catalyst ist ein Prequel, welches die Vorgeschichte von Runnerin Faith und ihrem Weg in den Widerstand gegen das totalitäre Regime findet, welches seinen Bürgern Wohlstand im Gegenzug zur Aufgabe der Freiheit verspricht. Tatsächlich hat man der Geschichte dieses Mal mehr Raum eingeräumt als noch in der stark vereinfachten Geschichte des Erstlings. Eigenartigerweise hat man sich damit letzendlich gar keinen Gefallen getan. Die Geschichte wird so kühl und emotionslos erzählt, dass es mir extrem schwer gefallen ist, auch nur den Hauch einer emotionalen Bindung zu den Charakteren aufzubauen, allen voran natürlich Protagonistin Faith. Humor glänzt durch vollständige Abwesenheit. Die Charaktere sind entweder sauer oder deprimiert. Ein Mittelding gibt es nicht. Ernsthaft DICE, wäre es so schwierig gewesen, auch mal etwas auflockendern Witz in die Story zu bringen? Oder wenigstens mal einen der Charaktere lächeln zu lassen? Sympathie geht anders. Tatsächlich ist es für mich immer wichtig, ein gewisses Maß an Zuneigung für einen Charakter entwickeln zu können. Ich mag komplizierte Bösewichte, die nicht einfach nur böse sind, sondern Persönlichkeit und Motive haben. Ebenso mag ich Protagonisten, deren Gründe für ihr jeweiliges Handeln nicht nur ersichtlich, sondern stellenweise sogar hinterfragt werden dürfen. Nichts davon ist hier der Fall.

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Der erste Teil hat mit seiner fast nicht vorhandenen Story mehr gerissen, als Catalyst. Das ist gleichermaßen enttäuschend wie erschreckend. Wenn dann nach 8-10 Stunden der Abspann über den Bildschirm flimmert und Runnerin Faith doch tatsächlich ein hauchfeines Lächeln zeigt, fühle ich mich als Spieler dahingehend erleichtert und kann ebenfalls lächeln, weil ich weiß, dass diese käseblasse Geschichte mit ihren käseblassen Charakteren endlich am Ende ist. 

Viel zu tun

Catalyst wagt sich in eine offenere Welt, als noch im Vorgänger. Das Risiko einer offenen Welt ist jedoch immens. Nur ganz wenigen Entwicklern gelingt es heutzutage, offene Welten glaubwürdig darzustellen. Die große Herausforderung liegt stets darin, eine belebte und glaubwürdige Umgebung zu erschaffen. In Sachen Art Design hat DICE definitiv einen guten Job abgeliefert. Die bewusst steril gehaltene Welt der Dächer von Glass hat ihren Charme, erlaubt sich dabei aber etwas mehr Farbe als der Vorgänger. Das Parkour – System funktioniert damals wie heute sehr gut und macht Spaß. Neben den Hauptaufgaben gibt es zahlreiche Nebenmissionen zu erledigen, die einen allesamt mit EP belohnen, die dann in einige Verbesserungen für Faith investiert werden können, darunter beispielsweise ein EMP – Effekt für den neuen Greifhaken, der Gegner bei richtiger Anwendung kurzzeitig lähmt. Ob dieses EP – System in einem so sehr auf Parkour ausgelegten Titel sinnvoll ist, bleibt dahingestellt. Der Erstling hat auch ohne hervorragend funktioniert und sich auf ein sehr essentielles, minimalistisches Gameplay konzentriert, welches sich durch Geschick und Geschwindigkeit ausgezeichnet hat. Da wirkt so ein EP – System stellenweise ebenso störend wie die zahlreichen verstreuten Collectibles, deren Sammeln immer wieder erfordert, mal stehen zu bleiben, sich umzusehen…das passt einfach nicht ins Konzept und fühlt sich gänzlich falsch an! Und auch besagte Nebenmissionen stellen sich allesamt als extrem repetiv heraus. Oft muss man einfach nur von Punkt A zu Punkt B rennen – fertig. Handlungstechnisch geht dem Titel daher schnell die Puste aus.

Rennen, ducken, springen, schlagen!

Wie gesagt, das Gameplay funktioniert in seiner Grundmechanik immer noch prima und harmoniert mit der eigens dafür gedachten Umgebung. Geschwindigkeit und Taktik sind essentielle Komponenten des Spiels, wobei sich jedes Ausbremsen störend anfühlt. Je besser man durch die Umgebung rennt, desto schneller und sauberer sind Faiths Bewegungen. Im besten Fall sorgt das für eine kurzzeitige Unverwundbarkeit, die im Rahmen der zahlreichen Handgemenge mit den Polizeischergen des Regimes nützlich sein könnte, wären die Gegner nicht grundlegend so strunzdumm, dass einfaches Umkreisen und zuschlagen oftmals völlig ausreicht, um Feinde auf die Matte zu schicken. Das geht sogar soweit, dass sich taumelnde Feinde oftmals ganz ohne unser Zutun von den Rändern der Dächer in die Tiefe schleudern. Auch Schusswaffen kann Faith nun nicht mehr einsetzen, was ich jedoch begrüße, da auch dieses Element dem Gameplay eher schadet. 

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Die Steuerung funktioniert übrigens auf allen Systemen sehr gut. Wer jedoch an seinem Gamepad über ausgeleierte Schultertasten verfügt, sollte vorher vielleicht ein neues Pad kaufen. Denn nahezu die gesamte Bedienung findet über diese Tasten statt. Die L1 – Taste, beziehungsweise der LB – Button, wird zu eurem besten Freund. Dennoch gibt es auch wieder viel Raum für Trial and Error – Passagen, was stellenweise sehr frustrierend sein kann, da uns das Spiel beim kleinsten Fehler gerne mal in die Tiefe stürzt und damit natürlich in den Tod. Es bleibt dann nichts anderes übrig, als vom letzten Checkpoint erneut zu starten. Manchmal ist man so fest davon überzeugt, alles richtig gemacht zu haben und schafft es trotzdem nicht, die verdammte Regenrinne zu greifen! O`RLY?!

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Erfreulicherweise kann man sich mit einem gut bedienbaren Tool auch eigene Strecken basteln und diese kostenlos mit Freunden online teilen. Es macht Spaß, sich um die beste Rundenzeit mit anderen Spielern zu messen und kann dazu beitragen, dass Spiel etwas länger am Leben zu halten. Denn wirklich viel spricht bisher ja nicht für den Titel. Kann er dafür technisch überzeugen?

Konsolenmatsch

Catalyst setzt wie die meisten EA Titel auf die hauseigene Frostbite Engine 3. Dass die Konsolen zwar in der Lage sind, die Engine flüssig zu stemmen, wie bereits in der Vergangenheit mit der Battlefield – Reihe oder dem aktuellen Need for Speed bewiesen wurde, dafür aber in technischer Hinsicht immer Abstriche in Kauf nehmen müssen, trifft eben auch auf ME: C zu. 60 Frames peilen die Konsolen an, wirklich erreichen können beide es nur sehr selten. Dabei sind gerade für ein so schnelles Spiel Ruckler nahezu unverzeihlich und wirken, als hätte einem jemand vor den eigenen Augen in den Teller Suppe gespuckt. Während man bei beiden Fassungen stets stellenweise sehr auffälliges und störendes Kantenflimmern in Kauf nehmen muss, sieht es in Sachen Texturqualität noch schlechter aus. Während das Bild auf der PlayStation 4 bereits sichtbar matschiger ist, hat die XBOX ONE in der Hinsicht noch ein Stück mehr das Nachsehen und stellt von allen Versionen die matschigsten Texturen dar. Das macht Catalyst nicht zu einem hässlichen Spiel, raubt aber eine Menge Atmosphäre, da es das Gefühl dieser steril designten Welt deutlich trübt. 

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Mehr Spaß macht dagegen, dem gelungenen Soundtrack zu lauschen, der sich dezent und wohlklingend in die Ohren schleicht und dort eine ganze Weile im Kopf bleibt. Die überwiegend elektronische Musik hat etwas sehr beruhigendes und cooles an sich, fügt sich durch den modernen Klang auch wunderbar in das Setting ein. Die Deutschen Sprecher dagegen bleiben ebenso blass wie die Charaktere, die sie vertonen. 

Fazit und Wertung

ava „Schade. EA hat die Chance ungenutzt gelassen, mit Catalyst das Genre neu zu beleben. Stattdessen hat man mit belangloser Story und blassen, persönlichkeitsarmen Charakteren das Spiel kräftig gegen die Wand gefahren. Zwar fügen sich neue Elemente wie der Greifhaken gut ins gewohnt spaßige Parkour – Gameplay ein, dafür vermisst das Spiel einfach Seele. Repetive Nebenaufgaben, doofe Gegner K.I., ein viel zu unpräsenter Bösewicht und matschig dreinblickende Konsolenfassungen, nervige Collectible – Suchen…all das sind Elemente, die man in einem eher schon auf Minimalismus ausgelegten Spiel nicht übersehen kann. Und zu verzeihen sind sie erst Recht nicht. Mirror’s Edge Cataclyst ist am Ende leider vieles geworden, nur nicht der Titel, den man sich gewünscht hat.“

PRO: 

+ Schönes Art Design
+ Hübsche, bewusst steril gestaltete Umgebung
+ Guter Freeflow – Parkour
+ Mit 8-10 Stunden Spielzeit solider Umfang
+ Eigene Strecken am Editor basteln
+ Toller Soundtrack
+ Eingängige Bedienung

CONTRA:

– Matschig dreinblickende Konsolenfassungen (PS4/XB1)
– Slowdowns und Ruckler 
(PS4/XB1)
– Kantenflimmern 
(PS4/XB1)
– Belanglose Story
– Emo – Charaktere ohne Persönlichkeit
– Stellenweise viel Trial and Error
– Repetive Nebenmissionen
– Sehr bescheidene Gegner K.I.
– Kämpfe sind zu leicht zu gewinnen
– Theoretisch überflüssiges EP – System
– Deutsche Synchronisation kann nicht überzeugen
– Ausbremsende Suche nach Collectibles


                GESAMTWERTUNG:         57% (PS4/XB1)

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