Yakuza Kiwami 2 – „Remake par excellence“

                                                 Getestet und verfasst von General M 

                                             Ab sofort exklusiv erhältlich für PlayStation 4

220px Yakuza Kiwami 2Während sich das dritte Jahr seit Gründung unserer Rezensionssparte langsam dem Ende zuneigt, reflektiert man als zuständiger Redakteur gelegentlich gerne über das bisher Erlebte. Dabei stellt man dann fest, dass ein besonderer Vorteil dieser Arbeit auch darin liegt, mit Spielen in Kontakt zu kommen, die man selbst als leidenschaftlicher Gamer in seiner Freizeit wohl unter anderen Umständen nie in seine Nähe gelassen hätte. Die Yakuza – Reihe gehört zu diesen Spielen. Da ich die goldene Ära der PlayStation 2 fast komplett verpasst habe (und selbst wenn nicht alt genug für die Reihe gewesen wäre) und ein später Serieneinstieg auf der PlayStation 3 aufgrund der gewaltigen Komplexität des Spieluniversums blanker Wahnsinn gewesen wäre, bin ich heute umso glücklicher, mit Zero und Kiwami, die als modernes Prequel bzw. Remake des ersten Teils fungieren, doch noch in die Welt von Kiryu gefunden zu haben, dessen großer Fan ich mittlerweile bin. Entsprechend froh war ich über die Ankündigung, dass auch das Remake von Yakuza 2 seinen Weg in den Westen finden würde. Seit heute könnt ihr das Spiel unter dem Titel Yakuza Kiwami 2 in den Läden erwerben – Volljährigkeit vorausgesetzt. Und wir haben dazu natürlich auch den passenden Test. 

 

Nichts hält ewig

Etwa ein Jahr nach den finalen Ereignissen von Yakuza Kiwami versucht der mittlerweile aus dem Tojo – Clan ausgestiegenene Kazuya Kiryu, sich gemeinsam mit Haruka Sawamura ein friedliches Leben abseits der alltäglichen Gewalt seiner Vergangenheit aufzubauen. Währenddessen steht sein alter Clan nahe des Abgrunds, droht der langsam zerfallenden Organisation doch ein Bandenkrieg mit der rivalisierenden Omi – Familie. Der gegenwärtige Boss des Tojo – Clans, der seinerzeit selbst Mitglied der Oni – Familie war, kann sich kaum als respektabler Anführer in den eigenen Reihen behaupten und bittet daher Kiryu, den Drachen von Dojima, der ihm einst diese Position verschafft hatte, um Hilfe. 

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Kurz darauf wird der Clanführer von Attentätern der rivalisierenden Familie ermordet, nur mit viel Glück gelingt es dem ebenfalls auf der Abschussliste stehenden Kiryu, die Angreifer zu überwältigen und zu fliehen. Erkennend, dass er seiner Vergangenheit nicht entkommen kann, reist er im Namen der Tojo – Familie in Feindesgebiet, um den ganz Japan zu überziehen drohenden Konflikt doch noch abwenden zu können. Dort begegnet er auch Ryuji Goda, dem Drachen von Kansai und Sohn des Oni – Familienoberhauptes. Und der mischt aus ganz eigenen Motiven kräftig im Kampf der Organisationen mit. So viel steht gleich zu Beginn fest: Am Ende kann es nur einen Drachen geben…

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Die Story eines Yakuza – Spiels kompakt zusammenzufassen, ist eine wahre Mammutaufgabe. Entsprechend ist all das, was die oberen beiden Absätze preis geben, allerhöchstens als Spitze des Eisbergs zu betrachten. Denn wie alle Vorgänger und Nachfolger steckt auch Kiwami 2 so voller Handlungssträngen und Charakteren, dass eine gute Übersicht jede Grenze sprengen würde. Was ich jedoch trotzdem verraten kann ist, dass man sich hier über eine absolut kinoreif inszenierte Story freuen kann, die mit zahlreichen Twists aufwartet und so über die Grundspielzeit von knapp 20 Stunden bis zum Ende der Hauptgeschichte allerbeste Unterhaltung bietet. Wer allerdings wirklich alles erleben will, was Kiwami 2 zu bieten hat, darf locker das vierfache an Spielzeit einplanen. Dabei folgt das Spiel natürlich im Kern detailgetreu der Handlung von Yakuza 2, nutzt aber die Gelegenheit aus und bereinigt einige Plotholes sowie Kontinuitätsfehler, die durch spätere Serienteile verursacht worden sind. Neben dem runderen narrativen Erlebnis bekommt man aber auch eine ganz neue Minikampagne spendiert, in der man abermals in die Rolle des Mad Dog von Shimano, Goro Majima schlüpfen darf. Dessen ganz eigener Handlungsweg wurde toll in das Geschehen eingearbeitet und fühlt sich entsprechend wie eine wunderbare Bereicherung an, weniger als aufgesetzte Zugabe. Erzählerisch und inhaltlich bietet Kiwami 2 somit eine der wohl packendsten Geschichten des Yakuza – Universums und stellt im Vergleich zum Original die rundere Erfahrung dar, die selbst absoluten Kennern der Vorlage viel Neues bietet. Und selbst Quereinsteiger müssen ausnahmsweise nicht befürchten, in Sachen Story auf der Strecke zu bleiben. Dafür sorgt die am Anfang gegebene Möglichkeit, sich im Rahmen einer extrem (!) umfangreichen, aber optionalen Sequenz alle zentralen Handlungsstücke und Figuren der Vorgänger im Recap präsentieren zu lassen.

Neon – Nächte

Während sich der Einstieg noch recht linear gestaltet und dem Spieler mehr oder weniger vorgibt, was als nächstes zu tun ist, wird man schnell in die offene Spielwelt entlassen und darf ab diesem Punkt selbst bestimmen, wie man seine Zeit verbringen möchte. Die Möglichkeiten, Zeit totzuschlagen, sind dabei wie immer enorm abwechslungsreich und vielseitig ausgefallen. Ob man sich in den zahlreichen Bars und Restaurants von einheimischer und internationaler Küche verwöhnen lässt, eine der vielen teil skurrilen Nebenmissionen absolviert, sich als Hobbyfotograf für Japanische Erwachsenmodels betätigt oder sich beim Pinkeln am Stehpissoir mit einem Videospiel an der Wand vergnügt, kaum ein anderes Franchise schafft es, die Eigenarten und Absurditäten der japanischen Kultur so gekonnt einzufangen und in Szene zu setzen. Das gilt auch für den zu den bereits bekannten Stadtteilen aus dem Vorgänger hinzugekommenen dritten Gebiet, welches ganz eigene Schauwerte und Aktivitäten bietet. Zwischen den dicht gedrängten Menschenmassen, die inmitten des neonfarbenen Ambientes zwischen knallbunten Reklamen und Gebäuden ihrem Alltagstrott nachgehen, gibt es immer etwas zu entdecken. Auch hier bietet das Remake deutlich mehr als noch das Original. Zu den bereits bekannten Minispielen ist eine Vielzahl neuer Spiele dazu gekommen, für Abwechslung ist also gesorgt. So verliert man sich öfter als vielleicht geplant in den Arkaden und Clubs, nur um später festzustellen, dass auf der Uhr im echten Leben bereits ein-zwei Stunden verstrichen sind. 

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Und nicht nur dafür geht einiges an Zeit drauf, denn auch der Clan Build hat es ins Remake geschafft. Hier rekrutieren wir treue Vasallen, die wir anschließend auf Missionen aussenden können. Bei Erfolg kehren die Schergen nicht selten mit nützlichen Ressourcen und Items zurück. Doch auch Majima´s Geschichte bekommt eigene Modi spendiert, darunter auch das in Yakuza 0 etablierte Nachtclubmanagement. Da sich der Mad Dog von Shimano mittlerweile als Bauunternehmer versucht, muss auch das neue Geschäft vor Angriffen geschützt werden. Dies funktioniert in fast klassischer Tower Defense – Manier und entfaltet für sich alleine bereits eine solche Komplexität, dass man hier Stunden und Stunden verbringen kann, ohne je gelangweilt zu sein. Die vielen Möglichkeiten abseits der Hauptgeschichte dienen aber nicht ausschließlich der Unterhaltung, sondern bieten auch wertvolle Belohnungen und natürlich harte Währung, ohne die man im bunten Trubel schnell aufgeschmissen ist. Zum Glück ist die Ausschüttung fair, weswegen man ohne viel lästiges Grinden immer genügend Barschaft in der Tasche haben sollte. Mit den zusätzlich verdienten Erfahrungspunkten verbessern wir dann unter anderem Kiryu´s Lebenspunkte, Angriffskraft oder schalten gar neue Fertigkeiten frei, die im Kampf gegen Straßenbanden und Co. stets nützlich sind.

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Das Kampfsystem ist dabei gewohnt einfach zu meistern – oftmals sogar zu leicht. Denn obwohl man mit dem weiteren Fortschritt im Spiel immer mächtigere Kombinationen freischaltet, genügt doch meist einfaches Buttonsmashing, um den Angreifern ausreichend einzuheizen. Schade, denn so macht das Aufleveln deutlich weniger Spaß. Auch die imposanten Heat – Moves verlieren damit deutlich an Nutzen.

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Anders als noch bei den Vorgängern hat man Kiwami 2 hier basierend auf der im sechsten Teil genutzten Dragon Engine vollständig neu aufgebaut. Das Ergebnis ist schlichtweg fantastisch und besticht durch großartige Animationen und detaillierten Texturen, die mit dem in die Jahre gekommenen PlayStation 2 – Original kaum noch etwas gemeinsam haben. Dabei erschien bereits 2011 ausschließlich in Japan ein Remaster für die PlayStation 3, aber auch damit wischt das Remake technisch gnadenlos den Boden auf. Die Sorgfalt, mit welcher man Kiryu´s zweites offizielles Abenteuer in Szene gesetzt hat, verblüfft nicht nur auf grafischer Ebene, sie dient auch als Maßstab für alle kommenden Remakes auf dem Markt. Man bekommt all die Schönheit geboten, mit der mich auch Yakuza 6 dieses Jahr verzaubert hat, was auch für das Spielgeschehen von Vorteil ist.

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Denn nicht nur, dass die lebendige Atmosphäre auf den Straßen und darüber hinaus das Geschehen enorm aufwertet, auch die Immersion profitiert von der neuen Engine: Ladezeiten gibt es fast keine, beim Betreten von Lokalitäten fallen diese sogar komplett weg. Der Unterschied und die Vorteile, die durch die Nutzung der Dragon Engine entstehen sind so gravierend, dass sich der Titel wie ein ganz neues Spiel anfühlt. Dass der dafür zu löhnende Preis mit knapp 40€ für die limitierte Steelbook – Edition dafür sehr gering ausgefallen ist, kann angesichts des immensen Umfangs nur begeistern. Dabei läuft das Geschehen auf der PlayStation 4 auf jederzeit stabilen 30 Bildern pro Sekunde bei einer nativen Auflösung von 1080p. Sehr viel besser kann man es echt nicht machen. 

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Doch auch beim Sound war man nicht faul. Die japanische Sprachausgabe wurde komplett neu aufgenommen, auch der Soundtrack wurde neu eingespielt. Die Sprecher leisten dabei gewohnt fantastische Arbeit und die grandiose Musik ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Die ausschließlich in englischer Sprache verfügbaren Untertitel wurden zusätzlich neu lokalisiert und sind in ihrer Aussagekräftigkeit nun viel näher am gesprochenen O-Ton. Dabei hat man auch gleich zahlreiche Lokalisierungsfehler der Originalversion beseitigt. Und selbst die Bedienung geht flüssiger und intuitiver von der Hand als zuvor. Wer also mit der Steuerung von 0 und Kiwai wunderbar zurecht gekommen ist, kann hier nahtlos an alte Qualitäten anknüpfen. 

Fazit und Wertung

ava4„Remaster bieten ja oftmals nicht mehr als optische Upgrades. Dem bereits angestaubten Yakuza 2 hätte das kaum viel genützt. So hat SEGA gleich Nägel mit Köpfen gemacht und den Klassiker komplett neu auf Basis der Dragon Engine geschaffen. Das Ergebnis kann sich nicht nur optisch absolut sehen lassen, sondern besticht auch noch mit zahlreichen inhaltlichen Erweiterungen, die sich allesamt nachvollziehbar ins Geschehen einfügen. Alleine Goro´s neue Geschichte ist das Geld schon lockert wert. Doch dabei ist es nicht geblieben. Sinnvolle Erweiterungen und Optimierungen findet man an fast jeder Ecke, es gibt zahlreiche neue Minispiele. Alleine mit dem Clan Tool sowie der Bauverteidigung kann man locker Stunden zubringen. Wer bisher noch nicht in Kontakt mit der Reihe gekommen ist und dem teilweise abstrus überzogenen Setting auch nur ein bisschen abgewinnen kann, hat mit Kiwami 2 nun endgültig gute Gelegenheit, in eine der schönsten und packendsten Japansettings einzutauchen, die man bekommen kann. Dank umfangreichem Recap ist man zudem sofort auf aktuellem Kenntnisstand der Ereignisse. Für mich neben Shadow of the Colossus das beste Remake aller Zeiten und darüber hinaus ein Maßstab, an dem sich alles messen muss, was in dem Bereich noch kommen mag.“  

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: Yakuza Kiwami 2 enthält weder Pay-2-Win noch fragwürdige Lootboxmechaniken. Eine Abwertung findet daher nicht statt.

PRO:

+ Dank Dragon Engine fantastisch rekonstruiertes Remake
+ Lebendige, detaillierte Areale mit Wiedererkennungswert
+ Filmreife Geschichte
+ Goro mit eigener, ganz neuer Geschichte 
+ Tolle Animationen und Mimiken
+ Sehr großer Gesamtumfang
+ Hohe spielerische Freiheit
+ Dank umfangreichem Recap auch für Einsteiger verständlich
+ Zahlreiche neue Minispiele und Aktivitäten
+ Tower Defense und Clan Build mit hohem Suchtfaktor
+ Exzellente (Japanische) Sprachausgabe
+ Fantastisches Preisleistungsverhältnis
+ Zeitloser Soundtrack, der das Geschehen jederzeit perfekt untermalt
+ Einfache, intuitive Bedienung
+ Freies Speichern

CONTRA:

– Dank viel zu einfacher Kämpfe spielerisch kaum anspruchsvoll
– Goro´s Geschichte qualitativ nicht auf der Höhe mit dem Rest der Story

– Keine Deutschen Untertitel 

                                                    GESAMTWERTUNG:     92%

   MRAPRÄS     MRATMOS     MRAUMFANG

                 MRSTORY     MRTIEFE

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