Vince und Linda McMahon im Kreuzfeuer: Ringboy-Skandal entfacht Diskussion um Verantwortung der WWE

Die WWE, seit Jahrzehnten das weltweit führende Unternehmen im professionellen Wrestling, hat nicht nur Erfolge und Ruhm erlebt, sondern auch dunkle Schatten, die bis heute nachwirken. Eine der gravierendsten Kontroversen ist der „Ringboy-Skandal“, der erstmals in den frühen 1990er-Jahren Schlagzeilen machte und nun, durch eine neue Klage, erneut in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Im Zentrum dieser Anschuldigungen stehen Vince McMahon, der langjährige Vorsitzende der WWE, und seine Frau Linda McMahon, die in ihrer Karriere als Präsidentin und CEO eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des Unternehmens spielte – wir berichteten.

Linda McMahon, heute 76 Jahre alt, gründete Titan Sports (heute WWE) 1980 gemeinsam mit ihrem Mann Vince und war viele Jahre eine zentrale Figur der WWE. Sie prägte die Vermarktungsstrategien und unterstützte den Aufstieg des Unternehmens zu einem globalen Entertainment-Giganten. Doch seit Jahren gibt es Berichte und Spekulationen über ihre mögliche Beteiligung an der Vertuschung zahlreicher Skandale im Unternehmen. Dies betrifft insbesondere den sogenannten „Ringboy-Skandal“, der die WWE 1992 erschütterte und seither immer wieder in Erinnerung gerufen wurde.

Der Ringboy-Skandal und die Anklage von 1992

Der Ringboy-Skandal begann, als Tom Cole, ein ehemaliger WWE-Ringboy, Mitarbeiter wie Mel Phillips und Terry Garvin beschuldigte, ihn als Minderjährigen sexuell belästigt zu haben. Diese schweren Vorwürfe führten zunächst zur Entlassung von Phillips, doch Vince McMahon stellte ihn später unter der Bedingung wieder ein, dass er jeglichen Kontakt zu Minderjährigen vermeide. Dies löste Empörung aus und brachte das Unternehmen in eine schwere Krise.

Auch Pat Patterson, ein hochrangiger WWE-Funktionär, wurde von Cole wegen unangemessenen Verhaltens verklagt, was schließlich zu einem Vergleich mit der WWE führte. Tom Cole, der 2021 durch Suizid verstarb, hinterließ jedoch eine bleibende Wunde in der Geschichte des Unternehmens, da sein Bruder Lee Cole weiterhin um Gerechtigkeit kämpft und die Vertuschung von Missbrauch und Fehlverhalten bei der WWE anprangert.

Neue Klagen und aktuelle Entwicklungen

Am Mttwoch, dem 23. Oktober 2024 wurde eine neue Klage gegen Vince und Linda McMahon, die WWE und die TKO Group Holdings, Inc. eingereicht, die die Vorwürfe aus den 1990er Jahren wieder aufgreift und erweitert. Die fünf Kläger, die in der Klage anonym als „John Does“ auftreten, berichten von systematischem sexuellen Missbrauch während ihrer Tätigkeit als Ring Boys für die WWE. Laut der Anklage nutzte Mel Phillips seine Position aus, um die jungen Männer zu belästigen, und das Unternehmen tolerierte diese Übergriffe stillschweigend.

Lee Cole, der Bruder des verstorbenen Tom Cole, gab in einem Interview mit Wrestlenomics weitere Details bekannt und kritisierte das Verhalten der WWE-Anwälte, die angeblich ihre finanzielle Macht nutzten, um das Verfahren damals zu beeinflussen. Er beschreibt, dass die Vertuschung durch Linda McMahon als systematisch und tief verwurzelt betrachtet werden könne. In einem emotionalen Gespräch erinnerte er sich an das letzte Telefonat mit seinem Bruder Tom, der ihn bat, die Wahrheit über die erlittenen Missstände ans Licht zu bringen.

Die „Meisterin der Vertuschung“? Lindas Rolle in den Krisensitzungen

In Interviews mit Brandon Thurston und Josh Pollock von Wrestlenomics beschrieb Lee Cole Linda McMahon als zentrale Figur in der Krisenbewältigung der WWE. Er betont, dass Vince McMahon am letzten Tag einer entscheidenden Vorstandssitzung den Raum verließ und Linda bat, die Leitung zu übernehmen. Lee Cole schildert, wie Linda McMahon demnach eine aktive Rolle bei der Schadensbegrenzung spielte, indem sie angeblich bewusst Vertuschungsmaßnahmen einleitete und den Ruf des Unternehmens über die Gerechtigkeit für die Opfer stellte.

Lee Cole glaubt, dass Linda auch in anderen Vertuschungen, etwa im Fall von Ashley Massaro, involviert gewesen sei. Massaro, eine frühere WWE-Wrestlerin, behauptete, während eines WWE-Auftritts im Ausland sexuell missbraucht worden zu sein. Ihre Berichte wurden von der WWE lange ignoriert und heruntergespielt. Der Skandal um den Missbrauch und die Vertuschungsvorwürfe gegen Linda und Vince McMahon rufen nun eine breite öffentliche Diskussion über die moralische Integrität und die Verantwortung der WWE-Führung hervor.

Lee Cole beschrieb auch, wie sein Bruder seiner Meinung nach von den Anwälten bei der ersten Behandlung des Falles falsch dargestellt wurde und wie die WWE ihren finanziellen Einfluss nutzte, um das Ergebnis zu kontrollieren. Er sagte auch voraus, dass sich angesichts der aktuellen Klage und der wachsenden Liste von Anschuldigungen gegen Vince McMahon noch mehr ehemalige Ring Boys melden könnten. „Ich bin sicher, dass sich noch mehr Ring Boys melden werden, und glauben Sie mir, ich weiß, dass sie sich melden werden.“

Lee Cole sprach auch über das letzte Gespräch, das er mit seinem Bruder Tom am Tag von Toms Tod hatte. Tom kontaktierte Lee zunächst per SMS, die Lee noch auf seinem Handy gespeichert hatte. Besorgt rief Lee Tom an und die beiden unterhielten sich fast zwei Stunden.

Während des Gesprächs drängte Tom Lee, die Menschen wissen zu lassen, was er durchgemacht hatte. Lee erinnerte sich, dass er ihm geantwortet habe, dass er das Gefühl habe, niemand würde ihm mehr zuhören. Tom zeigte sich jedoch zuversichtlich und versprach Lee, dass sich die Dinge ändern würden, wenn er weiterhin seine Meinung äußere. Lee gab zu, dass er nie erwartet hatte, dass etwas Bedeutendes passieren würde.

„Nun, am letzten Tag, an dem mein Bruder noch lebte, bekam ich auch eine SMS. Ich habe sie auf meinem Handy, um sie zu zeigen. Am Anfang hat er mir SMS geschickt und ich habe mir Sorgen um ihn gemacht, also habe ich ihn angerufen. Am Ende haben wir zwei Stunden lang telefoniert und er sagte zu mir: „Lee, lass alle wissen, was diese Leute mir angetan haben.

Ich erinnere mich, dass ich ihm in der SMS antwortete: ‚Tom, was können wir noch tun? Niemand hört mehr zu.‘ Aber Tom sagte zu mir: Lee, ich kenne dich. Wenn du so weitermachst, weiß ich, dass etwas passieren wird. ‚Ich hätte nie gedacht, dass etwas passieren würde.’„

Anwälte im Konflikt – Stellungnahmen und juristische Auseinandersetzungen

Jessica Rosenberg, die Anwältin von Vince McMahon, weist die aktuellen Vorwürfe als unbegründet zurück und verweist auf eine Verleumdungsklage gegen den Kolumnisten Phil Mushnick, der die ersten Berichte über den Ringboy-Skandal veröffentlicht hatte. Sie bezeichnet die Vorwürfe als „absurd“ und „haltlos“ und ist überzeugt, dass das Gericht die Klage ablehnen wird. Doch Greg Gutzler, der Anwalt der Kläger, kontert diese Verteidigung mit einer umfangreichen Beweisliste, die laut ihm weit über Mushnicks Berichterstattung hinausgeht.

Laut Gutzler basiert die Klage auf FBI-Videomaterial, das Phillips’ Verhalten als pädophil und als sexuellen Fußfetischismus einstuft. Er verweist darauf, dass Vince McMahon von den Vergehen gewusst habe und dennoch Phillips unter der Bedingung wieder einstellte, sich von Minderjährigen fernzuhalten. Dieser Aspekt zeigt, wie problematisch die inneren Strukturen der WWE in Bezug auf den Umgang mit sensiblen Themen wie Missbrauch und Missachtung moralischer Verantwortung waren und vielleicht bis heute sind.

Gutzler fordert, dass alle ehemaligen WWE-Mitarbeiter, die unter Geheimhaltungsvereinbarungen schweigen mussten, ihre Geschichten erzählen dürfen. Er betont, dass die Klage auf Beweisen beruht, die zeigen, dass Phillips über Jahre hinweg sein Verhalten fortsetzen konnte, teilweise sogar mit privater Umkleidekabine, was die Vertuschungskultur des Unternehmens verdeutlicht.

Zusätzliche Klagen und die Forderung nach Gerechtigkeit

Neben den aktuellen Anschuldigungen gegen die WWE im Rahmen des Ringboy-Skandals sieht sich Vince McMahon weiteren Klagen gegenüber, darunter eine Anklage der ehemaligen WWE-Mitarbeiterin Janel Grant. Sie wirft McMahon sexuellen Missbrauch und Sexhandel vor. Ihr Anwalt fordert, dass alle Überlebenden von Missbrauch innerhalb der WWE die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen zu teilen und damit die angeblich jahrzehntelang unterdrückten Wahrheiten ans Licht kommen. Die ehemalige WWE-Mitarbeiterin Grant steht symbolisch für alle, die durch das System der Geheimhaltung und Machtstrukturen der WWE geschwiegen haben.

7 Kommentare

  1. Was ich nicht verstehe – und vielleicht bin ich zu naiv – warum äußert sich nicht mal der ein oder andere Wrestler, der es sich auch (aus meiner Sicht) leisten kann und sagt, dass ihn diese ganzen Vorwürfe schockieren, anwidern etc. Als Beispiel sei hier mal CM Punk genannt, jemand, der meiner Meinung nach immer klar seine Meinung vertreten hat, egal ob sie anderen passt oder nicht. Er ist doch – finanziell – nicht mehr von WWE abhängig. Ist er so darauf erpicht, wieder in einem WWE Ring zu wrestlen?

    Oder AJ Styles für den die Familie über alles steht. Was ist mit Kevin Owens, Seth Rollins, Becky Lynch, Alexa Bliss usw? Sind die so abhängig von der WWE oder spielt da wirklich Angst vor Repressionen (Klagen etc.) eine Rolle?

    Mir fehlt, dass von einigen klar Stellung bezogen wird. Aber vielleicht verstehe ich das System WWE auch einfach nicht und die Abhängigkeit, in die man sich begibt. Auch die alten Helden wie ein Austin, Foley, The Rock. Wo sind die? Warum sagen die nichts.

    Und ja, mir ist bewusst, dass zuallererst die Unschuldsvermutung gilt, dennoch sind die Vorwürfe mittlerweile so zahlreich, dass es einem schwerfällt, an die Unschuld zu glauben. Aber vielleicht bin ich ja echt zu naiv.

  2. @Bernd Stromberg

    Was erwartest du? Sie waren alle nicht dabei die du genannt hast. Was sollen sie sagen? Wenn sie nicht können. Und wie du sagtest Unschuldsvermutung. Da kann keiner was sagen oder dürfen.

    • Naja wie schon eingangs beschrieben, dass sie von den Vorwürfen schockiert sind oder sich solidarisch mit Opfern von sexuallisierter Gewalt zeigen. Sie müssen sich ja nicht direkt mit den genannten solidarisieren, aber zumindest ein Zeichen setzen, dass sie solche Handlungen (allgemein gesehen und nnicht nur auf die WWE bezogen) verurteilen. Aber wie gesagt, vielleicht ist meine Sicht auf die Dinge zu einfach und ich sehe das große Ganze nicht.

  3. Ich glaube eher, dass niemand was sagt dazu, weil sie alle die Fresse halten müssen laut Vertrag, sonst ist er Geschichte.

    Ob Unschuldsvermutung hin oder her, Vince wird nie für irgendwas verurteilt, denn auch wenn er es am Ende war, kommt er mit einer großzügigen Summe Knete davon. Ist halt so in der Gesellschaft. Das wird sich auch nie ändern.

    Da kann jedet denken und sagen was er oder sie will. Da wird nichts passieren. Punkt.

    • Ob Unschuldsvermutung hin oder her, Vince wird nie für irgendwas verurteilt, denn auch wenn er es am Ende war, kommt er mit einer großzügigen Summe Knete davon. Ist halt so in der Gesellschaft. Das wird sich auch nie ändern.“

      Man kann mit Schweigegeld Zahlungen eine Menge klären aber ab einem gewissen Punkt und wenn das Interesse der Öffentlichkeit zu stark wird(Ab einem Punkt muss die Staatsanwaltschaft aktiv werden), schließt sich hier die Schlinge auch immer weiter!

  4. Das wirst du solange nix hören.Unschuldsvermutung da kann keiner sagen ja der ein…. der gehört…. Wir wissen auch keine genaue Infos. Ich kann jetzt auch nix sagen weil ich keine Infos habe oder eine Verurteilung gab.

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