UHD/BD: „Once Upon a Time in Hollywood“

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                                                     Getestet und verfasst von General M 

                                       Quelle Bildmaterial: „©2019 Sony Pictures Entertainment. All rights reserved.“ 

                                      Ab 19.12.2019 erhältlich als UHD, Blu-Ray und DVD

81BMk2wuxOL. SL1500 Mein allererster Tarantino? Pulp Fiction. Und seitdem habe ich keinen verpasst. Dabei spalten die Filme des Les Infant Terrible von Hollywood seit jeher Kritiker und Zuschauer. Manche halten den leidenschaftlichen Fußfetischisten für einen der bedeutsamsten Autoren/Regisseure der Moderne, andere sehen in ihm nichts weiter als eine Copycat mit chronischem Hang zur Überlänge, dessen Filme kaum einen essentiellen Beitrag zum Gegenwartskino liefern. Auch um den mittlerweile neunten Film von Quentin Tarantino kann man sicher streiten. Once Upon a Time in Hollywood schafft es glücklicherweise noch vor Weihnachten ins Heimkino. Zeit für eine Analyse.

Der Film

Zum Ende der Sechziger Jahre befindet sich das alte Hollywood samt seiner weltweit bekannten Filmindustrie im längst überfälligen Wandel. In Zeiten, wo Hippies mit ihrer Botschaft von Liebe und Freiheit für einen gesellschaftlichen Umbruch stehen, interessiert sich kaum noch jemand für saubere, konservative Unterhaltung. Für die Stars aus Film und Fernsehen geht eine Ära dem Ende zu, hinter der kaum mehr lauert als eine ungewisse Zukunft und das stetige Bangen um Ruhm und Reichtum. Mit genau diesen Ängsten muss sich auch Rick Dalton (Oscar©-Preisträger Leonardo DiCaprio, The Revenant), der ehemalige Hauptdarsteller einer Westernserie, herumschlagen. Den Sprung auf die so bedeutsame Kinoleinwand und damit auch den in das kollektive Gedächtnis der Zuschauer hat er nie geschafft. Alles, was jetzt noch bleibt ist, sich als Fernsehbösewicht von kommenden Jungstars abservieren zu lassen.

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Weil sich zu all den Existenzängsten auch noch ein waschechtes Alkoholproblem gesellt hat, in dessen Folge Dalton ohne Führerschein dasteht, muss er sich nun von Stuntdouble und Kumpel Cliff Boothe (Brad Pitt, Inglorious Basterds) durch die Gegend kutschieren lassen. Der Kriegsveteran hat ebenfalls Mühe, Arbeit zu finden – nicht weil Stuntmen nicht mehr gefragt sind, sondern wegen dem anhaltenden Verdacht, einst seine Frau umgebracht zu haben. Inmitten immer neuer Gesichter am Firmament von Hollywood, darunter auch dem übereitlen Bruce Lee, versuchen Dalton und Boothe verzweifelt, nicht an Bedeutung zu verlieren. Ein Abstecher nach Europa, wo der italienische Spaghettiwestern gerade boomt und selbst Altstars immer noch Zugkraft besitzen, scheint die beste Lösung zu sein.

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Währenddessen kann die aufstrebende, bildschöne Schauspielerin Sharon Tate (Margot Robbie, Suicide Squad) das Leben in Hollywood unbeschwert genießen. Erste Filmrollen sagen eine erfolgreiche Karriere voraus, außerdem öffnet die Liebesbeziehung zum polnischstämmigen Regisseur Roman Polanski, der sich mit Sharon in unmittelbarer Nachbarschaft von Rick niedergelassen hat, Tür und Tor für zukünftige Projekte. Als Cliff auf der Straße die junge Aussteigerin Pussycat (Margaret Qualley, Seberg) aufliest, ahnt er zunächst nichts Böses. In deren Kommune angekommen offenbart sich aber eine ganz neue, dunkle Seite von Hollywood, denn deren Anführer Charles Manson hat alles andere als Gutes mit den Stars und Sternchen im Sinn…

Die Rezension

Mit viel Spannung und Vorfreude erwartet, präsentiert sich der neunte Film von Quentin Tarantino als leidenschaftlicher Abgesang auf das alte Hollywood, in dem einst gefeierte Talente um jede noch so kleine Nebenrolle kämpfen müssen, um angesichts stetig nachfolgender Jungdarsteller nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit zu kämpfen. Und dafür nimmt sich Tarantino wenig überraschend einmal mehr richtig viel Zeit. Da Once Upon a Time in Hollywood aber erst in seiner letzten Viertelstunde richtig Action aufwartet, fühlen sich die insgesamt 161 Minuten Laufzeit anders als bei vorherigen Projekten wie The Hateful Eight oder Inglorious Basterds oftmals sehr zäh an. Wer davor nicht zurückschreckt und gutes Dialogkino schätzt, wird allerdings dennoch mit einer von Tarantino´s bisher besten Arbeiten belohnt, deren Stärke gerade in den famos geschrieben Charakteren liegt. Übrigens, bei knapp 90 Millionen Dollar Budget und einem weltweiten Einspielergebnis von etwas über 370 Millionen Dollar kann sich der Filmemacher auch dieses Mal über einen schönen Erfolg freuen, zumal seine Werke einerseits nie für die breite Masse tauglich sind und man ihm anderseits hoch anrechnen muss, sich anders als die meisten Regisseure nicht vor der chinesischen Zensur gebeugt zu haben. Dort wurde der Film dementsprechend auch nicht gezeigt. 

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Vor glaubhafter Kulisse an Originalschauplätzen und mit zahlreichen Referenzen auf die damalige Zeit inszeniert, wird die langsam auf einen letzendlich völlig überraschenden, anachronistischen Höhepunkt zusteuernde Geschichte vor allem von den exzellenten Darstellern getragen. Vor allem Leonardo DiCaprio liefert eine gewohnt preisverdächtige Darbietung als suffgeplagter Altstar ab, dessen nagende Zweifel und Ängste zu jeder Zeit mitreißend auf den Zuschauer übertragen werden. Für die anstehenden Oscars© im kommenden Jahr ist sicher die nächste Nominierung drin. Mit Brad Pitt gesellt sich ein weiterer Regular von Tarantino zur Besetzung, der als strauchelnder Stuntman Cliff Boothe wunderbar undurchschaubar rüberkommt, gleichzeitig aber ein notwendiges bodenständiges Gegengewicht zur Figur des Rick Dalton darstellt. Und auch Margot Robbie mit ihrer frappierenden Ähnlichkeit zur einst so tragisch von der Manson Family ermordeten Sharon Tate weiß mit ihrer Naivität und Lebensfreude zu überzeugen. Nicht zu vergessen natürlich Margaret Qualley, die mit ihrem Auftritt als geheimnisvoller Hippie einen weiteren Erfolg in ihrer noch jungen Vita verbuchen darf. In Nebenrollen geben sich Al Pacino, Dakota Fanning, Maya Hawke und der leider kurz nach den Dreharbeiten viel zu früh verstorbene Luke Perry die Klinke in die Hand. 

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Abseits der gemeinsam miteinander verbrachten Zeit, die nahezu immer auf dem Parkplatz endet, erleben alle drei Hauptfiguren ein ganz persönliches, sehr differenziertes Hollywood, das miteinander kollidierend letztendlich in einem spektakulären Showdown mündet. Spätestens dann (und womöglich sogar etwas zu spät) merkt man, dass man es auch abseits der Charaktere und dem wie immer mit viel Sorgfalt ausgewählten Soundtrack mit einem waschechten Tarantino zu tun hat. Der harte Kern wird den Film womöglich dennoch enttäuscht verlassen, denn das jahrelang vorbereitete Herzensprojekt des Kultregisseurs beschreitet über weite Strecken gänzlich andere Pfade als seine vorherigen Schöpfungen und setzt weniger auf Action in bester Exploitationtradition. Stattdessen bleibt der Film stets nahe bei seinen Charakteren und legt seinen Fokus mehr auf Observation, weniger auf Interaktion. Dadurch kann sich das Geschehen manchmal extrem in die Länge ziehen, dank hervorragender Darstellerleistungen aber glücklicherweise nie ermüdend. Mit Once Upon a Time in Hollywood hat Quentin Tarantino einmal mehr seine Unberechenbarkeit bewiesen. Und die liebt man entweder, oder man umgeht sie weitläufig.  

UHD und Blu-Ray: Das Bild

Dass Tarantino alles andere als ein Fan digitaler Herstellungsformen ist, sollte mittlerweile weitläufig bekannt sein. Dementsprechend entstand Once Upon a Time in Hollywood unter der kinematographischen Verantwortung von Robert Richardson auch hauptsächlich auf klassischem 35mm – Material. Nur gelegentlich mischen sich dort 8mm-, respektive 16mm-Material hinein. Alleine dadurch ist ein einzigartig ansprechender Look entstanden, welcher das Hollywood der späten Sechziger Jahre visuell eindrucksvoll wiederbelebt. Und weil das gedrehte Material am Ende gleich als 4K Digital Intermediate gemastert wurde, dürfen sich zumindest UHD-Enthuasiasten seit langem mal wieder über eine waschechte Veröffentlichung in nativer Auflösung und ganz ohne hochskaliertes Bild freuen. Dazu aber wie immer später mehr, denn zuerst werfen wir mal einen genaueren Blick auf die Blu-Ray. 

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Bereits hier darf man sich als Cineast über ein fantastisches Gesamtergebnis im Rahmen der Möglichkeiten freuen. Angefangen bei einer durchgehend referenzverdächtigen Bildschärfe und einer bemerkenswerten Detaildarstellung, die nicht nur jede noch so kleine Falte und Haarsträhne in den Darstellergesichtern erkennbar macht, sondern auch viele feine Texturen an Gebäuden und Werbeschildern im Hintergrund offenbart bis hin zu optimal ausbalancierten Kontrasten (allem voran die kräftigen, durchzeichnungsstarken Schwarzanteile stechen hier maßgeblich hervor). Dazu gesellt sich bereits auf der Blu-Ray eine angenehm feine, unaufdringliche Körnung. Um das sonnige Kalifornien und auch die Zeit, in welcher der Film spielt zusätzlich optimal zu unterstreichen, hat man auf eine warme, erdige Farbgebung gesetzt. Gelb-, Braun- und Orangetöne dominieren das Geschehen, lassen den Look aber nie ins Unnatürliche abdriften. Hauttöne waren stets eine akzeptable Neutralität. Auch an Kraft mangelt es nicht. Kurzum, in Sachen Bild und vor allem dank des starken Masters dürfen sich Blu-Ray – Käufer bereits über eine rundherum gelungene Veröffentlichung freuen. 

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Die UHD setzt dann aber erwartungsgemäß noch einen drauf. Nicht nur, dass dank nativem 4K auch allerletzte Details aus dem Quellmaterial herausgeholt werden, dank erweitertem Farbraum nach Rec.2020 sowie Support für HDR10 gibt es auch noch eine nochmals bessere Kontrastdynamik und etwas intensivere Farben, letztere übertreten aber auch hier nie die Grenzen der Übersaturierung, alles bleibt in einem homogenen, stilistisch angemessenen Rahmen. Die Vorzüge des Mediums sieht man übrigens auch im nächtlichen Hollywood sehr gut, denn der UHD gelingt es noch einen Ticken besser als der Blu-Ray, Spitzlichter herauszuarbeiten. Straßenbeleuchtung, Fahrzeugscheinwerfer, all das kommt über die 4K – Scheibe mit toller Leuchtkraft zur Geltung. Nochmals feineres Filmkorn gibt es obendrauf. Dementsprechend eignet sich die UHD auch dank einer bereits nahezu perfekten Blu-Ray wirklich nur für jene, die auch ein Auge auf Feinheiten legen und bereit sind, dafür einen entsprechenden Mehrpreis zu bezahlen. Bestens bedient ist man aber letztendlich mit jeder Version. 

UHD und Blu-Ray: Der Ton 

Ein wenig überrascht es dann auf den ersten Blick aber doch, dass Sony Blu-Ray und UHD jeweils „nur“ mit deutschem und englischem Mastersound im verlustfreien DTS-HD MA 7.1 – Format versehen hat. Da aber auch auf Importversionen kein höherwertiger Ton verfügbar ist, müssen sich deutsche Konsumenten immerhin nicht benachteiligt fühlen, zumal der gebotene Ton dafür auch qualitativ keinerlei Anlass bietet. Wie bereits erwähnt ist Once Upon a Time in Hollywood ein sehr dialoglastiger Film, der mangels waschechter Effektsequenzen auch nur sehr wenig Raum für immersiven Raumklang bietet.

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Die Stimmwiedergabe aus dem Center ist makellos und trägt das gesprochene Wort durchgehend kraftvoll und klar in den Raum. Die restlichen Lautsprecher, vor allem aber der hintere Bereich, wird hauptsächlich für den Soundtrack genutzt, was ebenfalls gut funktioniert. Gelegentlich gesellt sich dazu ein bisschen Verkehrslärm oder anderer Umgebungstrubel. Der Großteil des Geschehens bleibt aber auf die Front beschränkt. Der Subwoofer geht dabei immer mal wieder hörbar mit, kommt aber bis zum Ende kaum über einen supportiven Charakter für die gespielte Musik hinaus. Im seitlichen Bereich tut sich dagegen nur selten was. 

Die Extras

Offenbar blieb für umfangreiche Extras angesichts der ordentlichen Laufzeit des Hauptfilms nur noch wenig Spielraum. Lediglich die sehenswerten 25 Minuten zusätzlicher Szenen mit allerlei unterhaltsamen Zusatzmomenten aus den eigens für den Film kreiierten Werbespots und Fernsehsendungen haben es sowohl auf die UHD, als auch die Blu-Ray geschafft, während letztere den kompletten Rest des Bonusmaterials alleine stemmt. Knapp 16 Minuten zusätzliches Material beschäftigen sich ausführlich mit Kostümen und Designs, auch die Autos der damaligen Zeit werden noch einmal näher unter die Lupe genommen. Jeweils weitere 5 Minuten entfallen auf die übliche Lobhudelei für Regisseur Tarantino und Kameramann Robert Richardson, die sich hier von Cast und Crew für ihre Arbeit eine ganze Schubkarre an Komplimenten abholen dürfen. Insgesamt also eine Menge Standardkost, dafür machen die zusätzlichen Szenen aber eine Menge Spaß und sollten unmittelbar an den Anschluss des Hauptfilms gesichtet werden! 

Fazit

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Auch mit seinem neunten Film hat sich Quentin Tarantino, das Les Infant Terrible von Hollywood, einmal mehr als unberechenbar wie gleichermaßen genial entpuppt. Die Liebeserklärung an eine längst vergangene Zeit von Film und Fernsehen lebt besonders von seinen fantastisch eingefangenen Bildern und grandiosen (und auch grandios gespielten) Charakteren. Das geht zwar nicht ganz ohne Längen vonstatten, aber alleine der völlig unerwartete Showdown ist das gelegentliche Warten mehr als wert. Blu-Ray und UHD liefern jeweils Bildqualität am Rande ihrer jeweiligen Möglichkeiten, der Ton macht angesichts großer Gelegenheiten schlicht das, was er soll. Etwas mehr Extras wären dafür wünschenswert gesehen, so stechen lediglich die 25 Minuten zusätzlicher Szenen als Must See positiv hervor. Trotzdem, Tarantinofans und alle, die es werden wollen, bekommen mit den Heimkinoversionen von Once Upon a Time in Hollywood pünktlich zum Fest eine hervorragende Veröffentlichung geboten.“ 

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