UHD/BD: „Joker“

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                                                    Getestet und verfasst von General M 
 

                                            Quelle Bildmaterial: „©2019 Warner Bros. Pictures. All rights reserved.“ 

                   Ab 12. März 2020 erhältlich als UHD, Blu-Ray, DVD und Digital Download

81W7eGJRGSL. SL1500 Wer sich ein wenig mit Gotham City auskennt und damit selbstredend den Abenteuern des legendären Batman, weiß sicher um die immense Bedeutung seines Erzfeindes: Dem Joker. Über viele Jahrzehnte wurde der sogenannte Clownprinz des Verbrechens auf vielseitige Weise dargestellt und interpretiert, war und ist aber seit jeher stets auch auf psychologischer Ebene als eine der wichtigsten Figuren im Kosmus rund um den Dark Knight dargestellt worden. Auch im Film hat der ikonische Spaßmacher mit der Zeit mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Dass sich ausgerechnet Regiechamäleon Todd Phillips an ein Soloprojekt über den Joker wagen würde, ließ Fans zunächst argwöhnisch aufhorchen. Das Ergebnis sollte jedoch für viele Überraschungen sorgen. Ob die sich auch beim anstehenden Release der Blu-Ray und UHD zeigen, haben wir vorab für Euch getestet.

Der Film

In den frühen Achtziger Jahren hat in der unter massiver Armut leidenden Großstadtmetropole Gotham City kaum noch jemand Grund für Gelächter. Rasant steigende Kriminalitätsraten und zugemüllte Straßen plagen die Bürger. Inmitten von all diesem Chaos haust der unscheinbar wirkende Arthur Fleck (Oscar© als bester Hauptdarsteller: Joaquin PhoenixWalk the Line) gemeinsam mit seiner geistig schwerkranken Mutter Penny in einem winzigen Appartement und schlägt sich mehr oder weniger erfolglos als Bühnenkomiker und Mietclown durch. Der große Traum, einmal in der Fernsehshow des stadtbekannten Moderators Murray Franklin (Robert De Niro, The Irishman) aufzutreten, könnte kaum weiter von der Wirklichkeit entfernt sein. Tatsächlich stehen die Dinge in der Realität alles andere als gut für den vaterlosen und bis auf die Knochen abgemagerten Spaßmacher. Weil er selbst unter einer psychologischen Störung leidet, die für unkontrollierbares Gelächter sorgt, wird Arthur regelmäßig zum Ziel psychologischer und physischer Misshandlungen. Der einzige Lichtblick im tristen Alltag ist die junge, alleinerziehende Nachbarin Sophie (Zazie Beetz, Deadpool 2), für die er bereits längere Zeit in aller Heimlichkeit Gefühle hegt.

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Als es auf den Straßen von Gotham immer gefährlicher wird, bekommt Arthur von einem seiner Arbeitskollegen zunächst widerwillig einen Revolver zur Selbstverteidigung aufgezwungen. Nachdem er allerdings frisch gefeuert nach einem völlig misslungen Auftritt als Clown noch immer in voller Montur mit der U-Bahn nach Hause fahren will und dort Zeuge wird, wie eine Passagierin von drei Betrunkenen terrorisiert wird, gerät er durch einen unfreiwilligen Lachanfall selbst ins Visier der Schläger und erschießt diese schließlich, ehe ihm unerkannt die Flucht vom Tatort gelingt. Der Fall sorgt jedoch für gewaltiges Aufsehen in den Medien und startet gar eine schwarmartige Protestbewegung in der Bevölkerung, nachdem sich der angehende Bürgermeisterkandidat und Multimilliardär Thomas Wayne im Fernsehen extrem abfällig über die vielen armen Bewohner der Stadt äußert, die nur aus Neid über die Besserverdiener zu Mördern werden würden. Während sich Arthur anfangs noch mit schlimmen Schuldgefühlen über seine Tat geplagt hat, beginnt er mehr und mehr die anonyme Aufmerksamkeit zu genießen, die der Clown als neues Symbol der Proteste verursacht. 

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Daraus resultiert sogar genug Selbstbewusstsein, um sich auf der Suche nach seinem Vater zu begeben. Ein an seine Mutter adressierter Brief lässt die Vermutung aufkommen, dass es sich dabei um niemand geringeren handelt als Thomas Wayne, jedoch wird Arthur bereits an den Toren von Wayne Manor harsch abgewiesen. Nachdem kurze Zeit später auch noch die Polizei auftaucht und Fragen über den Revolver des Arbeitskollegen zu stellen beginnt, erleidet Penny Fleck unter großem Stress einen schweren Schlaganfall. Als der erfolglose Komiker durch einen zugespielten Videoclip in der Murray Franklin Show von seinem Idol dann auch noch vor der ganzen Stadt bloßgestellt wird, brechen bei Arthur endgültig die letzten Sicherungen durch. Weil der Clip so gut im TV ankommt, soll er nun tatsächlich live bei Franklin auftreten. Dafür bedarf es jedoch nicht nur einer ganz besonderen Nummer, sondern auch eines gänzlich neuen Auftretens. Der Clown steht kurz davor, zu einer Legende zu werden, wie sie Gotham zuvor noch nie gesehen hat…

Die Rezension

Dass es für das DC Cinematic Universe zuletzt alles andere als gut lief, ist kein Geheimnis. Der Versuch, Batman, Aquaman und Co. als Gegenstück zum weiterhin unaufhaltsamen Konkurrenten Marvel zu platzieren, ist krachend gescheitert. Um weiteren Verlusten vorzubeugen, wollen die Verantwortlichen nun wieder verstärkt eigene Wege gehen. Erfolgreiche Filme wie Wonder Woman werden zwar fortgesetzt, abseits davon sollen die Figuren von DC aber unter der Herrschaft von Rechteinhaber Warner neue Pfade beschreiten. Frische, mutigere Interpretationen geben nun die Richtung an und öffnen Filmemachern die Möglichkeit, ihre eigenen Visionen befreit von etablierten Hintergründen neu für das Kino zu erzählen. Joker stellt dabei einen mehr als gelungenen ersten Vertreter dieser Neuausrichtung dar. Regisseur Todd Philips, der sich seit Hangover und Co. mehr und mehr als Hansdampf in allen Genres entpuppt hat und sich hier gemeinsam mit Scott Silver auch für das Drehbuch verantwortlich zeigt, ist eine brillante Charakterstudie gelungen, die durch einen bis ans Limit aufspielenden Joaquin Phoenix auf beklemmend gruselige Weise greifbar wirkt. Dass der exzentrische Mime seit jeher ein Herz für komplizierte Figuren hat und für seine Rollen körperlich wie mental immer wieder Grenzen zu überschreiten gewillt ist, schlägt sich hier in seiner bisher eindrucksvollsten Performance nieder.

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Für die gab es dann bei der diesjährigen Verleihung der Academy Awards auch die längst überfällige Auszeichnung als Bester Hauptdarsteller. Damit ist Phoenix gleichzeitig das Kunststück gelungen, in die bisher als unausfüllbar geltenden Fußabdrücke von Heath Ledger zu treten, der seinerzeit ebenfalls für seine Darstellung des legendären Clowns ausgezeichnet wurde, aber den begehrten Preis leider nicht mehr selbst entgegennehmen konnte. Einen zweiten Oscar© heimste Joker übrigens auch für den fantastischen Score aus der Feder der isländischen Komponistin Hildur Guðnadóttir ein, der zu jeder Sequenz die perfekte musikalische Untermalung zu bieten weiß. Doch auch die Nebenrollen sollte man nicht ungewürdigt lassen. Robert De Niro agiert routiniert aber glaubhaft als schmieriger Moderator, während American Horror Story – Star Frances Conroy als pflegereife Mutter kritiklos überzeugt. Und auch die gebürtige Berlinerin Zazie Beetz empfiehlt sich mit ihrer Schauspielleistung für weitere Projekte. 

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Dass man eine Geschichte über den Joker nicht ohne Härten inszenieren kann, war den Verantwortlichen glücklicherweise von Anfang an klar. Der Abstieg in den Wahnsinn präsentiert sich als düstere Tour de Force und wirkt über weite Strecken beklemmend, ja sogar verstörend, weil die Kamera konsequent nahe an Arthur Fleck, seinen Taten und seinem Seelenleben dran ist. Verzweifelt mögen Zuschauer daher gelegentlich nach Lichtblicken suchen, sich nach Pufferzonen sehnen, die den dringenden Wunsch nach einem entspannten Durchatmen befriedigen. Doch diese enthält einem Regisseur Philips ganz bewusst vor. Der Abspann mag daher mit einigem Unbehagen einhergehen, ehe sich langsam aber stetig Begeisterung über das Dargebotene breitmacht. Dazu gesellt sich eine gewisse Erleichterung, diesem sogartigen Albtraum entflohen zu sein. Dass es für den Preis als Bester Film dann aber nicht gereicht hat, ist gleichermaßen nachvollziehbar. Denn so brillant gefilmt, ausgestattet und gespielt Joker ist, so überschwänglich forciert wirken die vielen Schicksalsschläge die Arthur erleiden muss, damit sich auch der allerletzte Zuschauer kompromisslos mit seinen Folgehandlungen identifizieren kann. Bei einem weltweiten Einspielergebnis von über einer Milliarde Dollar bei gerade mal geschätzt 70 Millionen Dollar Produktionskosten ist die verpasste Trophäe aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu vernachlässigen. Außerdem, mit insgesamt 11 Oscar©-Nominierungen lässt es sich generell bestens werben.

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Joker ist ganz sicher kein Film für Zartbesaitete und will es auch gar nicht sein. Seine Freigabe ab 16 Jahren ist mehr als gerechtfertigt. Die Neuinterpretation des wohl berühmtesten Schurken im DC – Universum erweist sich zudem trotz einiger Anspielungen auf den berühmten Comic „The Killing Joke“ als extrem einsteigerfreundlich und erfordert keinerlei Vorwissen, auch wenn man dann vielleicht ein paar Referenzen sowie Anspielungen verpasst. Denn auch ohne all seine Hintergründe bekommt man immer noch einen erschreckend aktuellen Film serviert, der mehr als eindrucksvoll zeigt welche Folgen es haben kann, wenn man Unscheinbares ignoriert oder herablassend behandelt. Die Resultate könnten alles andere als witzig sein. Witzig ist auch dieser Joker nicht. Aber mit der Beste, der je über die Leinwand geflimmert ist. Und als solcher absolutes Pflichtprogramm für Fans und Cineasten im Allgemeinen. 

UHD und Blu-Ray: Das Bild

Um das Setting der Achtziger bestmöglich einzufangen, wollte Todd Philips eigentlich analog auf 70mm drehen, wurde aber von den Verantwortlichen bei Warner kurzerhand in seinem Vorhaben überstimmt. Am Ende entstand Joker dann doch ausschließlich digital unter Zuhilfenahme von ARRI Alexa Mini- , Alexa 65- und Alexa XT- Kamerasystemen mit Auflösungen zwischen 3.5K und 6.5K. Daraus entstand in der Postproduktion dann ein 4K Digital Intermediate, was sich angesichts der Abwesenheit üblicher Overkills im Effektbereich auch angeboten hat. UHD-Enthusiasten sollten aber nicht gleich jubelnd vom Sofa springen, denn aufgrund der starken stilistischen Nachbearbeitung zugunsten eines passenden Looks fällt Joker im Heimkino grundsätzlich aus den üblichen Bewertungsnnormen heraus.

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Schon die Blu-Ray wartet mit ihrem stark von Grün- und Orangetönen domierten Bild nicht mit Natürlichkeit auf, satte Schwarzwerte sucht man ebenfalls vergeblich. Szenerie und Akteure wirken dadurch alles andere als gesund, was aber eben auch wunderbar zum Film passt. Dazu gesellen sich auch gewollte Unruhen und viele eher weiche Shots. Wenn Joker will, kann er aber auch knackscharf. Das ist ganz einfach sehr situationsabhängig. Im Gesamtergebnis stimmig, aber sicher auch gewöhnungsbedürftig. Man muss ganz einfach zwischen Intention und Nachlässigkeit separieren. Hier haben wir es aber klar mit ersterem zu tun. Gerade deswegen kann die UHD trotz weitestgehend nativem 4K auch nicht mehr viel zulegen. Geringfüfig mehr Laufruhe, mehr ist bei den Basics gar nicht zu vermelden. Gleiches gilt für den obligatorischen erweiterten Farbraum nach Rec.2020 sowie den Support für HDR10 und Dolby Vision.

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Was im direkten Vergleich sofort auffällt ist, dass die UHD deutlich dunkler daherkommt als die Blu-Ray. Die allgemeine Kontrastschwäche wird dadurch aber nicht zwangsläufig behoben, lediglich bei gut belichteten Aufnahmen konnte eine leicht bessere Durchzeichnung festgestellt werden. Die Farben werden über die UHD nochmals etwas intensiviert, was den kränklichen Look nochmals verstärkt, bzw. verfeinert. Anders als bei der Blu-Ray dominieren hier allerdings eher die Grüntöne, das Endergebnis allerdings bleibt gleich: Wer sich mit dem arg stilisierten Look des Films nicht anfreunden kann oder will, wird mit der UHD genauso wenig glücklich werden. Die technische Umsetzung aller genutzten Stilmittel geht eben gelegentlich auf Kosten höherer Ansprüche. In diesem Fall mit einem sehr zufriedenstellenden Ergebnis. 

UHD und Blu-Ray: Der Ton

Während Warner in vielen Belangen gerade in Punkto Heimkino immer noch jede Menge Nachhol- und Wiedergutmachungsbedarf hat, zeigt sich der Major zumindest bei seinen prestigeträchtigen Titeln gegenwärtig auf dem richtigen Weg: Sowohl Blu-Ray als auch UHD liefern zeitgemäßen deutschen Dolby Atmos – Sound mit verlustfreiem Kern, lediglich der englische Originalton der Blu-Ray muss hier mit etwas Komprimierung auskommen. Wie nun oft genug erwähnt, ist Joker kein klassisches Flick aus dem Helden-/Schurkenuniversum, sondern eine eine sehr bodenständige Charakterstudie. Große Saalschlachten darf man aus den Lautsprechern also nicht erwarten. Die Dialogverständlichkeit im Center ist durchgehend makellos, die restlichen Speaker werden konsequent dazu eingesetzt, den Großstadttrubel von Gotham City möglichst immersiv in den Raum zu tragen.

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Das klappt dann auch ganz wunderbar, denn egal ob vorbeifahrende Autos, quasselnde Passanten oder Nebengeräusche wie das Scheppern der U-Bahn und dem Hall in der Kabine werden toll wiedergegeben. Da verwundert es doch sehr, dass all das ohne rechten Druck seitens des Subwoofers auskommen muss. Der bleibt nämlich die meiste Zeit eher verhalten und legt erst zum Finale kurz, dann aber immerhin kräftig los. Die Höhenebene ist da wesentlich aktiver, liefert aber mangels Gelegenheiten auch nur wenige Effektergänzungen. Stattdessen liegt der Fokus hier viel eher auf zusätzlichen Kanälen für die Filmmusik, von denen der Film dafür aber kräftig Gebrauch macht. Alles in allem eine wiklich tolle Ergänzung, die das Spektrum im Rahmen der Möglichkeiten voll überzeugend ausnutzt, zumindest gemessen an dem, womit wir es hier filmisch zu tun haben. 

Die Extras

Zahlreiche Preise und noch mehr Nominierungen, dazu ein sensationeller Erfolg an den Kinokassen und nicht zuletzt natürlich auch bei Fans und Kritikern…da sollte man meinen, dass Warner die Heimkinofassungen auch mit angemessen vielen Extras ausstattet. Material zum Joker existiert schließlich massig. Pustekuchen! Gerade mal vier Featurettes finden sich in den Extras wieder, von denen das etwas über zwanzigminütige Making Of noch am ehesten interessante Hintergründe sowie Interviews mit Cast und Crew zum Schaffungsprozess des Films bietet. Der Rest besteht aus einer kurzen Kostümprobe, einer Aneinanderreihung von Szenenfotos sowie einer zusätzlichen (aber ebenfalls sehr knapp bemessenen) Auseinandersetzung mit dem Joker im Film. Da wäre deutlich mehr zu erwarten gewesen. Selbst den obligatorischen Audiokommentar sucht man vergeblich. Schade. 

Fazit

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Mit Marvel konkurrieren zu wollen gleicht gegenwärtig einem Himmelfahrtskommando. Dieser Erkenntnis endlich und endgültig folgend, lassen Warner und DC ihre Charaktere zukünftig eigene Pfade beschreiten. Statt massenkompatibler Fließbandware nach Comicvorlage legt man den Fokus auf Neuinterpretationen ohne zusammenhängendes Universum. Joker hat als Prototyp dieser neuen Ausrichtung entgegen aller Erwartungen auch gleich eine verdammt hohe Messlatte für alles gelegt, was da noch kommen mag. Der meisterhaft gespielte Abstieg in den Wahnsinn kommt ganz ohne große Effekthascherei aus, sondern lebt ganz von seinen Darstellern und der versierten Regie. Düster, kompromisslos und oft beklemmend jenseits der Schmerzgrenze ist das genau die Alternative zu konventionellem Helden- und Schurkenkino, nach der ich mich so lange gesehnt habe. Blu-Ray und UHD liefern einen dazu passenden Look und Klang. Lediglich bei den Extras versagt die sonst gelungene Heimkinoauswertung komplett. Dennoch sollte der Film in keiner gut sortierten Sammlung fehlen.“ 

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