Auf der Suche nach der Blastia
Ausgerechnet die Aqua – Blastia der Unterstädter befindet sich nun in den Händen des hinterhältigen Mordio, der eher armen Kaste der Kaiserstadt droht auf kurz oder lang das Trinkwasser auszugehen. Da sich der reiche Adel nur wenig um die Probleme der niederen Stände kümmert, will der Unterstadtbewohner Yuri Lowell selbst auf die Jagd nach dem Blastia – Dieb gehen.
Der aber lockt seinen Verfolger prompt in eine Falle: Yuri landet im Knast und schafft es nur mit Hilfe eines geheimnisvollen alten Mannes, dem Kerker zu entfliehen. Auf der Flucht lernt er die junge Estellise kennen, die sich auf einer ganz eigenen Suche befindet und den Spuren des kürzlichen verschwundenen Hauptmanns Flynn Scifo folgt, einem alten Freund Yuris. Kurzerhand schließt sich das Duo zusammen und begibt sich gemeinsam auf eine abenteuerliche Reise durch den monsterverseuchten Kontinent. Schnell stoßen neue Gefährten zur Gruppe. Hilfe kommt auch wie gerufen, denn scheinbar sind überall Blastia entwendet worden. Und der Strippenzieher im Hintergrund hat sicher nichts Gutes mit der Diebesbeute im Sinn…
Ein definitives Erlebnis
Tales of Vesperia zählt bereits in seiner Urform zu den modernen Klassikern des JRPG – Genres. Die Definitive Edition fügt dem Spiel alle Bonusinhalte der nur in Japan veröffentlichten PlayStation 3 – Version hinzu, bietet also mit Flynn Scifo und der jungen Piratin Patty Fleur zwei neue spielbare Charaktere und deutlich mehr vertonten Text als die zuerst entwickelte XBOX 360 – Edition. Außerdem gibt es jede Menge neuer Kostüme, zusätzliche Handlungsabschnitte und auch einen optionalen Dungeon sowie neue Endbosse und Minispiele lassen sich in der Definitive Edition finden. Davon abgesehen bleibt fast alles beim Alten: Je nach Spielstil und Grad der Erkundung gehen locker 75 Stunden bis zum Abspann drauf, Komplettisten dürfen aber drastisch mehr Zeit einplanen. Für die ganz neu eingesprochenen Szenen hat man übrigens andere Sprecher verpflichten müssen, was in der englischen Sprachfassung aber nur bedingt auffällt. Wer sich daran dennoch stört, darf erstmals auch den japanischen Originalton anwählen, den aber auch nur vor Spielstart, denn ein Wechsel mitten im Spiel ist leider nicht möglich. Dazu gibt es größtenteils sauber lokalisierte deutsche Untertitel, die höchstens ab und an mal unangenehm durch kleinere Rechtschreibfehler auffallen.
Aber selbst ohne all diese Boni, die das Spiel deutlich aufwerten und abrunden, darf man sich auf ein wunderbares JRPG – Erlebnis freuen, welches mit einer leicht verständlichen aber doch komplexen (und sicher dennoch nicht gerade innovativen) Handlung punktet und den Spielern interessante Charaktere bietet. Die sind zum Glück alle sehr gesprächig ausgefallen und verfangen sich regelmäßig in Plaudereien, die mehr Informationen über deren jeweilige Motivationen und die Welt, in der sie leben, preisgeben. Wem das alles zu langatmig ist, kann diese und andere Ereignisse aber nun endlich auch überspringen. Die zwei zur Auswahl stehenden Schwierigkeitsgrade sind fair balanciert worden, doch auch der leichte Modus bietet im späteren Spielverlauf die ein oder andere knackige Herausforderung bei den zahlreichen Kämpfen, die es zu absolvieren gilt. Gefechte mit Monstern sind wie auch die Heldenentwicklung das Schlüsselelement des Spiels. Neben den einzigartigen Blastia und derem geschickten Einsatz bietet euch Tales of Vesperia viel Freiheit bei der Gestaltung eurer Charaktere. Und zwar nicht nur optisch, sondern vor allem beim Kampfstil. Zu den Standardattacken gesellen sich schnell neue Angriffe hinzu, die ganz nach der Wahl der Waffe variieren können. Deren jeweilige Spezialattacken übertragen sich nämlich nach einer Zeit automatisch auf den Charakter und können danach auch mit einer neuen Waffe weiter genutzt werden. Es liegt also ganz beim Spieler, welche Attacken, auch Artes genannt, er den Helden beibringen will und wie er deren Rolle im Rahmen der im Kampf stets zu vier agierenden Truppe zukommen lassen möchte. Natürlich müsst ihr die Kämpfe nicht zwingend in der Rolle von Yuri bestreiten, grundsätzlich dürft ihr aber immer nur einen Charakter im Kampf steuern, während der Rest von der K.I. befehligt wird. Das gelingt abseits kleinerer Aussetzer auch ganz gut, das ungewöhnliche Kampfsystem selbst bedarf aber einiger Eingewöhnungszeit.
Das funktioniert hier nämlich anders als bei den bekannteren Vertretern des Genres, beispielsweise Final Fantasy oder Dragon Quest. Hier nämlich steht man sich in Echtzeit auf den abgegrenzten Schlachtfeldern gegenüber, wobei die Standardkämpfe sich hauptsächlich in klassischer Beat ém Up – Manier abspielen. Das bedeutet, die Charaktere bewegen sich auf gerade Linie entweder aufeinander zu oder voneinander weg, blocken, starten Kombos oder machen Gebrauch von ressourcenfressenden Spezialattacken. Via Knopfdruck lässt sich dieses System aber zu jederzeit aufbrechen. Das sorgt für eine freiere Bewegung, dient aber in erster Linie dazu, Angriffen einfacher ausweichen zu können. Das System wirkt zu Anfang etwas überfordernd, geht aber nach ein paar Stunden Spielzeit gut von der Hand und eröffnet dann vor allem auch Unmengen taktischer Möglichkeiten – schließlich lassen sich nicht alle Feinde so einfach abwatschen wie beispielsweise gewöhnliche Stadtwachen. Gerade in Bossgefechten ist es zwingend notwendig, von den Finessen des Systems Gebrauch zu machen und dann auch abzuwägen, wann der Einsatz von Spezialattacken lohnenswert ist. Da man zudem nur an festgelegten Speicherpunkten sichern kann, sollte man auch deswegen häufig speichern.
Zeitloser Comiclook mit kleinen Macken
Tales of Vesperia nutzt das gleiche Grafikgerüst, welches auch die zahlreichen Abenteuer von Naruto zu buntem Leben erweckt hat. In der Definitive Edition lösen die Konsolen in nativem Full HD auf, der PC bietet zudem natives 4K, was für einen kleinen Zugewinn an Schärfe sorgt, sonst aber angesichts der Comicgrafik nur wenig Unterschied bei der Darstellungsqualität macht. Dabei bieten alle Plattformen auf dem Papier feste 60 Frames pro Sekunde für ein flüssiges Spielerlebnis. Die Nintendo Switch – Version scheitert aber noch am ehesten daran, dieses Ziel konsequent zu erreichen.
Unschöne Bildrateneinbrüche treten hier relativ häufig auf, was bei den anderen Konsolen nur ganz selten der Fall ist. Hier überzeugt aber am ehesten der PC, der selbst bei Mittelklassehardware schon exzellente Ergebnisse abliefert. Dass dann gerade die Switch – Variante nochmal zehn Euro mehr kostet als die anderen Versionen, stößt dadurch natürlich umso mehr sauer auf. Dafür bekommt man dort auch für unterwegs einen gut gealterten Titel geboten, der auch über längere Reisen beschäftigen wird. Im Handheld – Modus werden aber wenig überraschend nur noch 720p geboten und selbst dann bleibt das Spiel nicht von Aussetzern verschont. Spielbar bleibt Tales of Vesperia hier aber anders als so manche Katastrophe aber allemal! PlayStation 4 PRO und XBOX One X bieten hier übrigens keinerlei Vorteile, Auflösung und Performanche ist hier identisch zu den Standardmodellen. Trotz aller Verbesserungen merkt man dem Spiel aber neben der Technik auch in Sachen Mechanik sein Alter an. Die Klasse eines Ni No Kuni II wird hier nicht erreicht. Dazu präsentiert sich alleine schon die Weltkarte eher trist.
Die Steuerung geht auf allen Plattformen gut von der Hand, wobei man mit Gamepad generell die besten Ergebnisse erzielt. PC – Spieler sollten also nach Möglichkeit auf Maus- und Tastatursteuerung verzichten, Besitzer einer Switch zum Pro Controller greifen. Alles andere kann gerade die Kämpfe arg fummelig gestalten und für den ein oder anderen Frustmoment sorgen. Einen Pluspunkt gibt es zusätzlich für die gelungene Menüführung, die sich anders als bei vielen anderen Genrevertretern nicht übermäßig überladen präsentiert, sondern mit guter Übersicht und Zugänglichkeit punktet.
Fazit und Wertung
„Für langjährige Fans des im Westen viel zu unbekannten Tales – Franchises ist die Definitive Edition zu Tales of Vesperia Pflichtprogramm. Hier findet inhaltlich endlich alles zusammen, was über die Jahre nur separat und schwer zugänglich für den westlichen Konsumenten aufzutreiben war, zusätzlich darf man sich über zusätzliche Boni, Erweiterungen und vieles mehr freuen, die den Namen Definitive Edition tatsächlich rechtfertigen. Aber auch JRPG – Fans, die bisher wenig mit der Reihe zu tun hatten, sollten dringend einen Blick riskieren. Im Mittelpreissegmet angesiedelt, bietet das Spiel auf allen Plattformen bis zu mehrere hundert Stunden Spielspaß mit einem interessanten Kampfsystem und coolen Charakteren. Zwar ist der Titel mechanisch und technisch mittlerweile etwas angestaubt, Gameplay und Grafik gehören aber längst noch nicht in den Retrobereich. Schade nur, dass die teurere Switch – Version in Sachen Performance letztendlich am schlechtesten abschneidet.“
Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Tales of Vesperia: Definitive Edition bietet keinerlei Möglichkeiten, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile zu verschaffen und enthält auch sonst keine zusätzlichen Bezahlinhalte. Eine Abwertung findet daher diesbezüglich nicht statt.
PRO:
+ Enthält alle Inhalte der Japan – exklusiven PlayStation 3 – Version
+ Zwei neue Charaktere
+ Zahlreiche Bonusinhalte wie Kostüme und Co.
+ Neu vertonte Dialoge fügen sich gut in die restliche (englische) Synchronisation ein
+ Passender Comiclook
+ Zwei fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Immenser Umfang
+ Sinnvolle Craftingkomponente
+ Immer noch sehr unterhaltsames Kampfsystem
+ Wahlweise japanischer Originalton anwählbar
+ Überspringbare Dialoge
+ Größenteils sauber lokalisierte deutsche Untertitel
+ Viel spielerische Freiheit bei der Charaktergestaltung
+ Übersichtliche Menüführung
+ Gutes Preisleistungsverhältnis
CONTRA:
– Technisch und mechanisch leicht angegraut
– Unspektakuläre Weltkarte
– Kein freies Speichern
– Fummelige Joypad- sowie Maus- und Tastatursteuerung
– Switch – Version mit spürbaren Performanceeinbrüchen
GESAMTWERTUNG: 8.3/10
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