Starcraft: Remastered – „En Taro StarCraft“

                                                Getestet und verfasst von General M

Vor etwas mehr als 19 Jahren, im schönen Jahr 1998, schrieb ein Entwickler mit Sitz in Irvine, Kalifornien, Videospielgeschichte. Blizzard Entertainment hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst einen Namen mit Spieleklassikern wie dem Plattformer „Lost Vikings“, den ersten beiden Teilen „Warcraft“ samt Erweiterung für Teil II und Diablo gemacht. Was zu Beginn noch leicht hämisch als „Warcraft im Weltraum“ belächelt wurde, entwickelte sich durch das brillante Balancing der drei spielbaren Rassen, dem düsteren, schwarzhumorigen Setting sowie der damals für ein RTS hervorragenden SVGA – Grafik schnell zu einem erfolgreichen Selbstläufer. Besonders in Korea wurde StarCraft beinahe zur eigenen Religion, bedingt durch den exzellenten Multiplayer – Modus und die Popularität des Titels in den Online – Cafés. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. StarCraft hat nach beinahe zwei Dekaden nichts von seiner Faszination, seiner Begeisterung sowie seiner Beliebtheit verloren. Dazu trägt sicher auch weiterhin die grandiose Fortsetzung bei, aber man kann mit einiger Gewissheit feststellen, dass der Erstling samt Erweiterung „Brood War“ einen ganz besonderen Platz im Herzen vieler Gamer einnimmt – so auch in meinem. 

StarCraft hat seit jeher etwas zeitloses an sich. Wenngleich es seinerzeit nicht mehr ganz einfach war, den für die Windows 95 – 98-Ära entwickelten Titel ohne Probleme auf neuen Systemen zum laufen zu bringen. Besonders Schwierigkeiten mit der Farbdarstellung erforderten den ein oder anderen Workaround, bis Blizzard höchtselbst diesem Problem Abhilfe schaffte und in der ersten Jahreshälfte den Patch 1.18 ablieferte. Der löste nicht nur besagte Farbdarstellungsschwierigkeiten, sondern brachte viele weitere Optimierungen für das Original mit sich. Ganz besonders wichtig wurde damit aber die Tatsache, dass die aus Originalspiel und Erweiterung bestehende Anthology gleichzeitig kostenlos für alle Spieler verfügbar wurde. Ein kluger Schachzug von Blizzard, da wenig später das Remaster angekündigt wurde. Das Ziel war kein Remake in neuem technischen Gewand, sondern eine puristische Modernisierung eines wie erwähnt zeitlosen Klassikers, welcher spielerisch ohnehin bereits ein gewisses Maß an Perfektion bietet. Es ist mir eine große Freude, dieses Remaster nun endlich testen zu dürfen.

Hier ist Jimmy!

Vorneweg die Randdaten: Das Remaster baut direkt auf der kostenlosen Anthology auf, diese ist für eine Installation Pflicht. Danach kann das Remaster bequem über den Battle.net – Launcher angesteuert werden und fügt sich damit in eine Reihe mit allen anderen aktuellen Blizzard – Titeln wie World of Warcraft oder Overwatch ein. Das Hauptmenü präsentiert sich dann in einem knackscharfen, hochaufgelösten neuen Design, bleibt aber wie der Rest des Spiels konsequent seinen Ursprüngen treu. Da die Neuauflage auf dem Original fußt, kann man problemlos sein Profil übernehmen und dort weiterspielen, wo man vor der Veröffentlichung aufgehört hat. Ein gänzlich neues Spiel zu starten ist also nicht zwingend notwendig. 

Spielerisch bleibt alles wie gehabt. Die drei Rassen der Zerg, Terraner und Protoss bekämpfen sich weiterhin munter gegenseitig um die Vorherrschaft im All, während alle mit bedeutsamen Konflikten und Intrigen in den eigenen Reihen zu kämpfen haben. Ein junger Marshall Raynor (hier noch im Adler unterwegs) verbündet sich mit dem Revoluzzer Mengsk und seiner besten Agentin Sarah Kerrigan, um die korrupte terranische Führung zu stürzen. Dazu stehen vom Space Marine bis zum Schlachtkreuzer zahlreiche Einheiten zur Verfügung.

Als Allrounder eignen sich die Terraner vor allem für Einsteiger, die mittelpreisigen Truppen erfordern jedoch viel Mikromanagement, um auf hohem Niveau gespielt zu werden. Der Basisbau erfolgt durch MBF´s und sämtliche Gebäude sowie mechanische Einheiten können repariert werden.

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          Der Schwarm der Zerg muss auf einem dafür geeigneten Untergrund errichtet werden. 

Die Geschichte der Zerg begleitet den Prälaten des Schwarms unter direkter Führung des mächtigen Overminds beim Versuch, die psionischen Fähigkeiten der gekidnappten Sarah Kerrigan in den Genpool der Zerg zu integrieren. Zerg werden hauptsächlich in großen Angriffsverbünden gespielt. Die Einheiten sind bis auf wenige Ausnahmen allesamt preiswert und schnell produzierbar, dafür aber eben auch nur in Massen effektiv. Sämtliche Gebäude und werden durch Evolution von Drohnen auf speziell dafür benötigtem Grund und Boden errichtet.

Zu guter letzt werfen sich die mächtigen Protoss den Zerg entgegen und versuchen, den Overmind auszuschalten. Dabei müssen zahlreiche Bündnisse eingegangen werden. Gleichermaßen erfährt das uralte Volk von einer noch viel älteren, noch viel gefährlicheren Bedrohung, welche das gesamte Universum in tiefste Finsternis stürzen könnte. Protoss – Einheiten sind auch in kleinen Verbänden kampfstark und effektiv, dafür aber kostenintensiv. Gebäude und Verteidigungsanlagen werden direkt aus dem Warp gerufen. Die Angriffstruppen verfügen über Schilde und lassen sich mit zusätzlichen Upgrades weiter hochrüsten. 

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                 Einheiten der Protoss sind auch alleine stark, dafür aber kostenintensiv. 

Die Erweiterung setzt sämtliche Handlungsstränge fort, ehe dann StarCraft II das narrative Ruder übernimmt und die Handlung zu einem fantastischen Ende bringt. StarCraft erschien seinerzeit angelehnt an das Warhammer 40.000 – Universum, brachte dabei aber so viel Eigenes ein, dass man niemals wirklich von einem Plagiat reden konnte und sollte, sondern viel mehr von einer Hommage größten Kalibers.

Des Meisters neue Gewänder

Das Remaster überarbeitet den Klassiker mit brandneuen 4K – Texturen, überarbeiteten Einheitensounds, neuen Portraits und einer neuen Zoom – Fähigkeit, mit welcher man auch in großen Gefechten stets die Übersicht über das Schlachtfeld wahren kann. Während man in den Optionen jederzeit bequem zwischen Original und Remaster wechseln kann, bleiben Veränderungen im Sound Design allerdings umumkehrbar. Und so sieht das ganze dann in der Praxis aus:

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          Das Original präsentiert sich in 4:3 – Vollbildformat und löst maximal auf 640×480 auf.                 Zoomen ist hier nicht möglich, auch die Einheitenportraits sind so, wie man sie kennt. 

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   Das Remaster präsentiert neben den neuen Texturen und Einheitenportraits ein nativ auf 4K                      aufgelöstes, knackscharfes Bild und bietet dank 16:9 – Darstellung und Zoom
                einen wesentlich größeren Bildausschnitt. Das hier goldene Hauptquartier ist ein                                 Vorbestellerbonus, der ebenfalls jederzeit deaktiviert werden kannn. 

Obwohl die Verbesserungen auch für treueste Anhänger des Originals allesamt vorteilhaft sind, muss man sich tatsächlich erstmal an den neuen Anblick gewöhnen, wenngleich dieser natürlich auf den ersten Blick beeindruckend wirkt. Von der fachlichen Seite ist es jedoch schwierig, ein geeignetes Urteil darüber abzugeben. Auf der einen Seite sah StarCraft nie so hübsch aus und klang auch niemals besser. Auch wurden die wenigen Zwischensequenzen durch comichafte Standbilder ersetzt, was okay ist, da die alten Sequenzen einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Das ist das Positive. Auf der anderen Seite muss man sich die Frage stellen, ob ein Remake basierend auf der StarCraft II – Engine nicht die zeitgemäßere Lösung gewesen wäre. Trotz hochauflösender Texturen wirkt das Remaster technisch nicht wirklich zeitgemäß und neigt bei maximalem Heranzoomen zu einem wahrnehmbaren „Krisseln“ des Bildes. Hinzu kommt, dass die klobigen Einheitenanimationen nun noch deutlicher sichtbar sind. Und sicher wird sich nicht jeder darüber freuen, dass manche Einheiten komplett neue Sprecher erhalten haben. So hat der Fahrer des terranischen MBF jetzt in der Deutschen Version den selben Berliner Dialekt, den er auch in StarCraft II gesprochen hat (wobei ich mich darüber immer herrlich erheitern konnte). Die Neubesetzung darf aber nicht nur negativ betrachtet werden. Zwar gefällt mir beispielsweise der neue Sprecher von General Duke überhaupt nicht, dafür übernimmt die Sprecherin von Kerrigan aus StarCraft II jetzt auch im Original die Vertonung, was einfach einen saubereren Übergang zur Fortsetzung ermöglicht und insgesamt viel besser klingt. Und was für mich am wichtigsten ist: Kai Taschner war Jim Raynor, er ist Jim Raynor und zum Glück ist er es auch im Remaster geblieben. 

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     Die Erweiterung „Brood War“ setzt die Story fort. Natürlich ebenfalls in neuem Gewand. 

Obwohl Blizzard technisch vielleicht locker mehr hätte machen können, muss man doch den grundlegenden Gedanken schätzen, welcher hinter der Intention steckte, das eben nicht zu tun. Hier geht es nicht um eine grundsätzliche Neuerschaffung, sondern darum, einen absoluten Klassiker der Videospielgeschichte, der in aller Welt geliebt und verehrt wird, für eine aktuelle Zeit zu präservieren, ohne ihn dabei so sehr zu verändern, dass er sich diesen Status gänzlich neu verdienen müsste. Ferner ist die Überarbeitung als Dankeschön an all jene gedacht, die dem Spiel seit so vielen Jahren die Treue halten. Gut, man muss dieses Dankeschön mit knapp 15€ bezahlen, allerdings erachte ich es angesichts des gewaltigen Umfangs der insgesamt sechs umfangreichen Kampagnen und dem endlosen Mehrspieler – Vergnügen als absolut fairen Beitrag. Das Gute an der Sache ist, niemand wird zum Aufrüsten gezwungen. Die Anthology ist noch immer kostenlos, das Remaster ist online vollständig kompatibel mit dem Original. Das bedeutet, Freund A kann als Besitzer der Neuauflage trotzdem mit Freund B online zocken, obwohl dieser beim Original bleibt. Das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit und verdient Lob, da viele andere Firmen Remaster so sehr vom Original isolieren, dass man als Fan quasi zum Neukauf gezwungen wird. Meiner Meinung nach hat Blizzard extrem viel Mühe investiert, um das Original drastisch aufzuhübschen, den Charakter und die Seele eben jenen Originals dennoch beizubehalten. Deswegen kann Minimalismus manchmal auch etwas sehr Schönes sein. Denn ich bin mir recht sicher, dass ein komplettes Remake sehr viele Liebhaber des Originals vergrämt hätte. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Mona Lisa wegzuwerfen und sie dann neu zu malen. Von manchen Ideen muss man, ganz gleich der Möglichkeiten, einfach die Finger lassen. So hätte ich mir für das Remaster zwar noch eine Überarbeitung der Einheitenanimationen gewünscht, ebenso für Puristen auch die Möglichkeit, die alte Vertonung wieder zu aktivieren, aber das sind so ganz eigene, ganz kleine Wünsche, die das ansonsten hervorragend gelungene Remaster kaum trüben. 

Fazit und Wertung

ava2 „Es mag spürbar für den Leser sein, dass ich in meinem Leben kaum mehr Stunden in ein RTS investiert habe, als eben in die StarCraft – Reihe. Dennoch muss man als Tester natürlich auch immer Neutralität und Objektivität bewahren. Ich hoffe sehr, dass mir das gelungen ist. Gleichzeitig glaube ich, dass ich als Serienveteran ebenso gut dafür geeignet bin, ein gutes Urteil abgeben zu können. Blizzard hat, trotz sicher verfügbarer Möglichkeiten, darauf verzichtet, StarCraft gänzlich neu zu erschaffen. Stattdessen hat man das Beste mit optischen Verbesserungen und ein paar neuen, unaufdringlichen Features einfach noch besser gemacht. Und das ist durchaus ein schmaler Grat, der bei so einem Unterfangen bewältigt werden muss. Hier ist spürbar, dass man nicht zwangsläufig eine neue Cash Cow erschließen wollte, sondern wirklich etwas zurückgeben will an eine treue Community, die StarCraft weltweit zu einem so großen Erfolg hat werden lassen und dem Spiel heute noch treu ist. Das Gute ist: Wer all diese Veränderungen nicht wünscht, kann glücklich weiter die klassische Anthology zocken, Neueinsteiger haben ebenso die Wahl zwischen Alt und Neu. Das man diese Möglichkeit anbietet und gleichzeitig volle Kompatibilität zwischen den Versionen bietet, ist einfach klasse. Und über das Spiel selbst muss man wohl gar nicht mehr viel sagen. Wer StarCraft nicht kennt, ist entweder kein richtiger PC – Gamer oder trägt noch Windeln. Punkt. Und ich stecke immer noch in dieser Affenp*isse fest!“

PRO:

+ Gewissenhafte Aufbereitung eines zeitlosen Klassikers
+ Hochauflösende neue Texturen
+ Sinnvolle Zoom – Funktion sorgt für deutlich mehr Überblick

+ Behält den Charme des Originals zu jeder Zeit konsequent bei
+ Nahezu perfektes Einheitenbalancing

+ Enormer Umfang
+ Blitzsaubere Bildraten
+ Geringe Hardwareanforderungen
+ Sprache kann im Optionsmenü geändert werden (erstmals auch Koreanisch)

+ Multiplayer sorgt für zahllose Stunden Spielspaß (außer gegen Koreaner)
+ Selbst fast 2 Dekaden später immer noch grandioses Storytelling
+ Nahtlose Online – Kompatibilität zwischen Original und Remaster
+ Es kann jederzeit zwischen alter und neuer Grafik gewechselt werden
+ Remaster bleibt optional und wird keinem aufgezwungen

CONTRA:

– Bild matscht bei hohem Heranzoomen
– Auffällig klobige Einheitenanimationen
– Kein Wechsel zwischen alter und neuer Vertonung möglich
– Nicht jeder neue Deutsche Sprecher optimal gewählt
– Hintergrundmusik oft etwas zu präsent abgemischt
– Auswahllimit gleichzeitiger Einheiten für heutige Standards zu gering
– Keine Achievements

                                                   GESAMTWERTUNG:     90%

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