Teil I – Männer des Westens
Wir schreiben das Jahr 1899. Der einst so wilde Westen ist im Begriff, seine Wildheit zu verlieren. Inmitten unberührter Landschaft entstehen mehr und mehr Städte, die den dort ansässigen Bürgern nicht nur fragilen Wohlstand bescheren, sondern auch Recht und Ordnung. Die Zeit der großen Banden, der Outlaws, die plündernd und mordend durch die Lande ziehen, ist so gut wie vorüber. Die wenigen Verbliebenen geraten immer häufiger mit dem Gesetz aneinander und müssen sich entscheiden, ob sie ihr Leben auf der Flucht verbringen wollen, als Nomaden, die nirgendwo sicher sind – oder ob sie einen anderen, einen beständigeren Weg einschlagen wollen. Gedanken, die sich auch Arthur Morgan macht, der nun seit gut einem halben Jahr Mitglied der illustren Gang um den charismatischen Anführer Dutch van der Linde ist und sich binnen kurzer Zeit zu dessen verlässlicher rechter Hand hochgearbeitet hat. Jedem Beteiligten ist klar, dass die altbewährte Lebensweise der Outlaws dem sicheren Ende zusteuert. Doch bei der Frage, wie es denn nach diesem Leben weitergehen soll, hat jeder ganz eigene Ansichten. Inmitten der Berge will die Bande ein letztes großes Ding drehen. Eine Eisenbahn soll ihrer kostbaren Fracht beraubt werden. Der Coup gelingt mit einigen Mühen, doch die große Beute bleibt aus. Frustriert und mit nichts in der Tasche außer Fusseln und ein paar Patronen ist die Gang gezwungen, noch ein wenig länger miteinander auszukommen. Auf der Suche nach dem letzten Fischzug gilt es aber nicht nur, sich das Gesetz vom Leib zu halten, auch Spannungen im Inneren drohen, die gesetzlose Bande zu zerreißen…
Was Rockstar Games hier in Sachen Storytelling und Charakterzeichnung alleine in den ersten 60 Spielminuten dank cineastisch inszenierter Zwischensequenzen in wunderschöner Spielgrafik abfeuert, lässt selbst den Genreprimus The Witcher III stellenweise alt aussehen. Schon nach kürzester Zeit fühlt man sich der Gang um Dutch van der Linde zugehörig, lernt in Gesprächen mehr über deren Motivation und Herkunft, wird aber trotzdem nie mit Fakten überfüttert, sondern an der sanften Leine Stück für Stück mehr ins Setting hineingezogen. Wenn die Macher dieses Tempo und diese Qualität auch in den nächsten Stunden beibehalten können, steht uns alleine rein von der Inszenierung her ein ganz, ganz großes Highlight bevor. Fest steht aber schon jetzt, dass alleine die Animationsqualität und die Charaktermimik auf unglaublich hohem Niveau agiert. Und auch die fantastischen (englischen) Sprecher sorgen dafür, dass all die Figuren so lebendig und lebensecht wirken, wie man es in kaum einem anderen Spiel je gesehen hat.
Die ersten Schritte
Es ist schon eine eindrucksvolle Welt, in die mich das Spiel von Anfang an entführt. Obwohl man die ersten Stunden über kaum mehr sieht als schneebedeckte Gebirgslandschaften, entfalten selbst diese dank Schneeverwehungen und den Spuren, die Mensch und Tier im dichten Gestöber hinterlassen eine solche Schönheit, die mir im Rahmen eines Videospiels bislang fremd gewesen zu sein scheint. Immer will ich wissen, hinter dem nächsten Hügel zu sehen ist. Und hinter dem dahinter. Und so weiter und so fort. Dabei lernt man zu Beginn weniger die Welt als solche kennen, sondern machen sich ihm Rahmen der ersten Missionen viel eher (und ganz typisch Rockstar Games) mit den vielen Spielmechaniken vertraut und lernt dabei die zentralen Charaktere der „van der Linde“ – Gang kennen.
Da wäre zum einen der Anführer, Dutch – ein ruhiger, charismatischer Mensch, der allerdings auch jederzeit bereit ist, gnadenlos durchzugreifen und immer das große Ganze im Blick hat. Javier Esquella und Bill Williamson, zwei Bandenveteranen die sich untereinander nicht immer ganz grün sind. Und dann ist da natürlich noch John Marston, ein eher pragmatischer Typ, der nach einer Wildtierverletzung erstmal flach liegt und sich von Abigail, der Partnerin und Mutter seines Sohnes dafür eine Standpauke nach der anderen anhören darf. Als Veteran des Vorgängers sorgt allein das Auftreten der zahlreichen bekannten Gesicher für Gänsehaut. Wer schon immer wissen wollte, wie John Marston zu seinen markanten Narben gekommen ist und welche Rolle dessen spätere Ziele in der Gang gespielt haben, wird hier bestens informiert. Da es sich bei Red Dead Redemption II trotz des Namens um ein Prequel zum Vorgänger handelt, kommen auch Neueinsteiger voll auf ihre Kosten, sind aber wahrscheinlich um die ein oder andere Wiedersehensfreude ärmer.
Und Arthur Morgan…der entpuppt sich schnell als sensible und tiefgründige Seele, die trotz rauher Schale sehr an die Zukunft denkt, sich gleichzeitig aber auch voll seiner Bande und deren gegenwärtigen Zielen verpflichtet sieht. Außerdem gefällt ihm das Leben als Gesetzloser ganz gut. Ein Konflikt mit starkem Eskalationspotenzial. In Arthur´s Gestalt lernen wir gleich zu Beginn die Grundlagen der Jagd, das Zureiten und die Pflege des Pferdes sowie die Grundmechaniken des bewaffneten Kampfes. Da sich die Gang in Bergen umgehend mit einer rivalisierenden Bande anlegt, gibt es glücklicherweise genügend Gelegenheiten, das Zielen zu üben.
Mein Freund, das Pferd
Die grundlegende Spielweise des Vorgängers hat man an der Oberfläche zwar beibehalten, jedoch stellt sich schnell heraus, dass diese nun über eine bisher ungekannte Tiefe verfügen. Erlegte Jagdbeute dient nicht mehr nur einer guten Einkommensquelle, auch lassen sich aus Hörnern, Pelzen und Co. nützliche Gegenstände anfertigen. Darunter beispielsweise größere Taschen, deren Herstellung der Bandenkoch Pearson nur zu gerne übernimmt. Wer zudem das Fleisch dort spendet, anstatt es zum nächstbesten Händler zu tragen, darf sich über besonders stärkendes Futter freuen. Und auch die grundlegende Inventarverwaltung wurde komplett umgekrempelt. Während John Marston noch mit zig verschiedenen Waffen in der Hosentasche durch die Gegend lief, kann Arthur neben Pistole und Co. nur noch zwei Sekundärwaffen gleichzeitig tragen. Und auch die mitgefühte Tasche dient, sofern sie bei Pearson nicht mit mehr Kapazitäten versehen wird, nur als begrenzt Platz bietendes Accessoire zur Aufbewahrung der vielen Items, auf die man im Spielverlauf stößt.
Glücklicherweise dient das Pferd nicht nur als Reittier, sondern auch als mobiles Lager. In dessen Satteltaschen lassen sich nicht nur Nahrung, Munition und andere Items verstauen, auch das Arsenal lässt sich darüber verwalten. Obwohl das Spiel immer noch deutliche Zielhilfen bietet (die sich aber auch Wunsch jederzeit bequem abschalten lassen), ist es nun auch nicht mehr möglich, jede Waffe als Scharfschützengewehr zu missbrauchen. Wer auf 100m Entfernung einen Gegner mit dem Revolver erledigen will, hat wahrscheinlich seinen ganzen Munitionsvorrat verschossen, ehe auch nur eine Patrone ihren Weg ins Ziel gefunden hat. Das hebt den Anspruch und die Kampfschwierigkeit trotz aller Hilfen deutlich an – im Kern muss man aber dennoch sagen, dass sich auch Red Dead Redemption II immer noch zu einfach spielt und den Spieler selbst von Feinden umringt kaum fordert. Und das bereits, bevor man die richtig guten Schießprügel entdeckt oder nur so vor Upgrades strotzt. Ausdauer, Gesundheit und Dead Eye – Level (für das präzise Anvisieren von einem oder mehrerer Gegner in Zeitlupe) sind zu Anfang nämlich begrenzt und müssen erst durch das erfolgreiche Absolvieren von bestimmten Meilensteinen verbessert werden. Das gilt natürlich auch für die Werte eures Pferdes.
Das Reittier ist aber nicht nur euer treuer Reisebegleiter und Packesel, sondern ebenso auch euer Freund. Und zu Freunden muss man Vertrauen aufbauen. Wer sein Pferd gut behandelt und lange in dessen Sattel sitzt, darf unter anderem länger sprinten oder freut sich über einen höheren Rufradius. Außerdem bockt das Pferd in Gefahrensituationen weniger häufig. Im Spiel gibt es wie immer viele verschiedene Arten von Pferden, von denen manche bessere Grundwerte besitzen als andere. Es lohnt sich also, sich bei Gelegenheit auch mal vom treuesten Gefährten zu trennen und sich darum zu mühen, Vertrauen zu einem neuen Reittier aufzubauen. Der Begleiter muss natürlich auch gelegentlich gefüttert und gewaschen werden, sonst drohen dessen Statuswerte schnell abzusacken. Selbstverständlich lassen sich auch Wildpferde für eure Zwecke zähmen. Denen muss man sich zuerst vorsichtig annähern und dann eine kleine Geschicklichkeitsprobe absolvieren, dann steht es euch gerne zukünftig zur Seite. Die Verbundenheitsstufe zum Pferd beeinflusst übrigens auch die Reichweite, in der es eure Rufe hört. Pferde mit hoher Verbundenheit lassen sich auch über große Entfernungen herbeirufen, während der Radius bei frischen Begleitern sehr viel kürzer ausgefallen ist.
Das raubt Komfort im Austausch gegen Realismus und strapaziert manchmal außerdem ziemlich die Spielernerven. Denn nicht selten muss man sich im Rahmen einer Mission von seinem Pferd trennen und sich ans Steuer einer Kutsche oder ähnlichem hocken. Ist man mit der dann am Ziel angelangt, kann es vorkommen, dass der Begleiter noch am Ausgangspunkt festhängt. In meinem Fall hat das nicht nur einen Fußmarsch von knapp 15 Minuten bedeutet, auch das kürzlichst gezähmte legendäre Wildpferd mit besten Statuswerten war einfach verschwunden. Stattdessen trabte der alte Gaul an, den ich zuvor besessen hatte. Der hatte dann auch keinen Sattel mehr, auch die dort gelagerten Felle waren weg. Das legendäre Pferd ließ sich nicht mehr auffinden – ich hätte es erst im Stall einquartieren müssen. Hier hat man es mit der Komplexität für meinen Geschmack dann doch etwas zu weit getrieben. Auch nervt die Tatsache, dass ausgerüstete Waffen immer automatisch auf dem Pferd verstaut werden und man oft erst später feststellt, dass man abseits der Pistole komplett ohne Feuerkraft dasteht – gerade in Gefechten ein tödliches Ärgernis.
Lagerleben
Nach den ersten größeren Tutorialmissionen finde ich mich schnell im ersten Bandenversteck wieder, welches den zentralen Hub des Spiels darstellt. Hier tummelt sich die gesamte Gang und geht ihrem Alltag nach, nämlich dem Beschaffen von Geld und Gütern. Aufgaben, um die sich auch Arthur kümmern muss. Wie bereits erwähnt, lässt sich durch Jagd Nahrung heranschaffen, wohlhabende Spieler dürfen aber jederzeit auch einen Obolus in Bar in die Gemeinschaftskasse legen. Das verfügbare Geld kann Arthur dann in Verbesserungen und Dekoration investieren. So kann der bereits erwähnte Pearson mit besseren Werkzeugen natürlich auch bessere Upgrades herstellen, während andere Upgrades unter anderem dafür sorgen, dass ihr mehr und bessere Munition nachfüllen könnt.
Alleine dem Treiben der Gemeinschaft zuzuschauen fesselt ungemein. Im Lager herrscht so viel buntes Leben, jeder geht seinen eigenen Aktivitäten nach, man kann sich mit sämtlichen Charakteren unterhalten oder einfach nur beobachten, wie Mitglieder dem Alltagstrott folgen. Es wird gesungen, gekocht…und manchmal einfach nur gefaulenzt oder gezockt. Da WILL man ganz einfach anpacken und sein Bestes tun, damit alle glücklich und zufrieden sind. Nicht selten nehmen die Gesprächspartner in den Unterhaltungen auch Bezug auf bereits Erlebtes. Je weiter ihr in der Story voranschreitet, desto mehr neue Mitglieder schließen sich auch der Gang an, dafür kann es durchaus vorkommen, dass andere auf der gemeinsamen Reise ihr Leben lassen. Mehr Ingame – Kommune geht eigentlich nicht. Was mich an dem sonst so wohldurchdachten Lagerleben stört, ist die Tatsache, dass Arthur scheinbar ganz alleine für das Beschaffen von Ressourcen verantwortlich ist. Fehlt es an Fleisch? Arthur muss jagen. Fehlt es an Fisch? Arthur muss angeln. Feuerholz? Arthur greift zur Axt. Jemand hat Probleme oder benötigt eine Besorgung? Arthur kümmert sich darum. Mit einem der teureren Upgrades soll zwar die Motivation der anderen verbessert werden, ebenfalls mehr zum Wohlstand beizutragen, davon war jedoch auch nach Stunden nichts zu sehen oder zu spüren. Lediglich die Kasse füllt sich etwas schneller. Alles andere bleibt jedoch ausschließlich an uns hängen.
Nebenbei kann man sich im hauseigenen Zelt auch ausschlafen, wobei die jeweiligen Werte und deren Kernreserven automatisch aufgefüllt werden. Mit fortschreitender Zeit wächst Arthur außerdem auch der Bart. Wer also nicht möchte, dass der Outlaw irgendwann wie der Weihnachtsmann aussieht, sollte regelmäßig von Rasierpinsel und Klinge Gebrauch machen, oder einen Barbier in den Städten aufsuchen – der kümmert sich praktischerweise dann auch direkt um die Haare. Direkt daneben findet man auch die Truhe mit den verfügbaren Outfits. Von denen gibt es Unmengen im Spiel, aber deren Anfertigung benötigt meistens Felle von höchster Qualität oder die Haut legendärer (und entsprechend besonders schwer zu erlegender) Wildtiere.
Wer zudem plant, in eisige Gefilde aufzubrechen, oder gerade aus diesen in wärmere Areale zurückkehrt, sollte zudem immer passende Kleidung für die jeweilige Temperatur einpacken. Anderenfalls sinken Arthur´s Werte mit der Zeit automatisch. Auch hierfür bietet das Pferd ausreichend Platz in seinen Satteltaschen. Und falls man mal den Hut verliert, ist auch dieser dort erneut zu finden, sofern man sich nicht einfach den eines besiegten Gegners schnappen möchte. Das geht nämlich auch, sofern es euch gelingt, diesem die Kopfbedeckung vom Kopf zu schießen.
Teil II – Die Arbeit eines Tages
So viel zu tun, so viel zu sehen
Nach den ersten mit starkem Lerncharakter versehenen Basismissionen entlässt einen das Spiel relativ zügig in die offene Welt der fiktiven Staaten von Amerika. Da die Bande nach einigen „Ausrutschern“ in und um das westlich gelegene Blackwater (Ja, DAS Blackwater!) vorerst nicht mehr dorthin zurückkehren kann, ohne unweigerlich eine ganze Herde von Ordnungshütern und Kopfgeldjägern auf den Plan zu rufen, hat sie sich zunächst im östlichen Teil der gewaltigen Karte niedergelassen. Zwischen lauschigen Gebirgspanoramen und malerischen Wäldern dient besonders das Städtchen Valentine als wichtiger Anlaufpunkt für die vielen kommenden Stunden.
Dort warten nicht nur Gemischtwarenhändler und Waffenschmiede auf eure Bestellung, im nahegelegenen Stall kann man sich zudem neue Pferde aussuchen, alte Gäule verkaufen und den gegenwärtigen Begleiter ein bisschen aufhübschen. Der Saloon lädt zudem zu Saufgelagen und zünftigen Schlägereien ein, während der Sheriff gleich nebenan lukrative Kopfgeldaufträge vergibt. Gleichzeitig kann man sich an der nächsten Ecke via Zeitung über aktuelle Geschehnisse in der Umgebung informieren (vollständige Sätze schalten übrigens Cheats frei), bei der Post anfallende Kopfgelder begleichen oder ganz einfach dem Stadttrubel zuschauen. Entweder prügeln sich Leute auf offener Straße im Matsch, torkeln hackevoll gegen Wände oder erzählen sich vom Alltag. Genial fand ich die Thematik einer dieser Schlägereien. Dort wollte ein Betrogener den Liebhaber seiner Frau zur Rechenschaft ziehen, nur um von diesem anschließend grün und blau geschlagen zu werden. Der nüchterne Kommentar des siegreichen Stechers: „So, und jetzt besuche ich deine Frau.“ Zwar hat man immer auch die Option, in solche Abläufe einzugreifen, indem man entweder schlichtet oder einfach selbst zuhaut, mitunter hat es aber auch seinen ganz eigenen Reiz, einfach zuzusehen, wie sich die Dinge entwickeln.
Über das Ehre – System wollen wir uns im nächsten Teil nochmal detailliert auseinandersetzen. Was man aber festhalten kann ist, dass man in der Welt von Red Dead Redemption II nie das Gefühl hat, sonderlich lange in der Leere zu verweilen. Denn irgendwas passiert immer. Leider nur nicht immer zum Vorteil des Spielers, denn die Gesetzeshüter interessiert es dummerweise nur wenig, ob man im Rahmen eines Events von drei Personen diejenige ist, die einen der anderen Beteiligten einfach niederschießt. Als Mörder wird man danach trotzdem gesucht. Und das ist einfach nur nervig, weil man letztendlich ein hohes Kopfgeld abdrücken muss, obwohl man überhaupt nichts gemacht hat, sondern schlichtweg helfen wollte. Ähnlich säuerlich kam ich später auch aus einer der Hauptmissionen, die mich zwang, dutzendweise Leute über den Haufen zu schießen, bis der halbe Staat hinter mir her war. Die danach fälligen 60$ Kopfgeld durfte ich natürlich aus eigener Tasche abdrücken. Hier hat einem der Vorgänger wenigstens ein Begnadigungsschreiben nach einer ähnlichen Mission spendiert.
Während meiner Erkundungstour musste ich Leute vor Kopfgeldjägern bewahren, habe den ein oder anderen Häftling befreit, Schlangenbisse geheilt und und und…natürlich kann man sich in diesen Situationen auch weniger ehrenhaft verhalten, aber in mir steckt eben eine kleine Helfernatur. Und die zahlt sich auch aus. Denn die dankbaren Geretteten belohnen einen entweder mit kostbaren Schmuckstücken, die man beim Hehler zu Geld machen kann, sofern man diese nicht der Lagerkasse spenden will, sondern haben immer mal wieder nützliche Tipps für lohnenswerte Raubüberfälle parat. Fakt ist: Auch außerhalb des Lagers herrscht überall Leben. Und es macht unglaublich viel Spaß, sich darauf einzulassen. Auch, weil man selbst mit einfachen Passanten ein Schwätzchen führen kann, obwohl die Dialoge nur sehr kurz und stets komplett vorgeben sind. Entsprechend bekommt man es auch hier schnell mit sich wiederholenden Gesprächsfetzen zu tun.
Fremde in der Fremde
Gelegentlich begegnet Arthur auf seinen Reisen speziellen Fremden, die umfangreiche Nebenmissionen vergeben. Alleine die erste angenommene Mission hat mich auf die Suche nach einer Bande alter Revolverhelden geschickt. Und bis ich den letzten von denen aufgestöbert hatte, sind längst wieder zwei Stunden vergangen, in denen ich alleine auf den jeweiligen Wegen dorthin Unmengen erlebt und gesehen habe. Rockstar Games hat es geschafft, selbst kleinste Nebenmissionen mit durchdachten Geschichten zu versehen. Nebenher kann man Schätze aufspüren, sich als Kräuterkundler versuchen oder einer betagten Archäologin unter die Arme greifen. Mit etwas über 200 Sammelobjekten aller Art und Nutzen hat man auch abseits der Aufgaben Grund, die gewaltige Spielwelt von Red Dead Redemption II gründlichst zu durchforsten.
Dabei kann man mit Glück auch auf neue Rezepte für Speisen und Werkzeug stoßen, die man am heimischen Camp in der Wildnis zubereiten, bzw. herstellen kann. Ihr solltet allerdings darauf achten, Arthur nicht zu überfüttern, sonst legt dieser an Gewicht zu und bewegt sich nicht nur langsamer, sondern erhält auch Mali auf die Statuswerte. Zum Hungerhaken darf er aber ebenfalls nicht verkommen. Also besser hin und wieder ein Blick auf die jeweiligen Bedürfnisse werfen. Aber keine Sorge, tiefgreifende RPG – Mechaniken gibt es hier nicht. Dauernde Kontrolle oder Sorge darüber, ob noch genug Essen in der Tasche ist, entfällt also glücklicherweise. Zur Toilette geht Arthur übrigens auch nicht. Trotzdem sollte man immer Futter mit sich führen, denn gerade nach Gefechten sind die Werte oft im Keller, eine unmittelbar folgende Konfrontation sollte man entsprechend vermeiden.
Tempus fugit
Das wahre Highlight stellen aber die Hauptmissionen mit ihren cineastischen Zwischensequenzen dar. Denn die sind storytechnisch dermaßen abwechslungsreich und unterhaltsam inszeniert, dass sich trotz der 104 (!) Aufträge keiner wie der andere anfühlt. Nur inhaltlich hapert es öfter mal an Vielseitigkeit. Viele Missionen bestehen lediglich darin, fünf Minuten von A nach B zu reiten, dort eine Reihe Gegner umzulegen und dann wieder zurück zum Ausgangspunkt zu reiten. Nach einer Weile werden viele Missionsabläufe entsprechend vorhersehbar. Ob man nun mit Javier Esquella an einer Kneipenschlägerei teilnimmt oder mit Überlebensexperte Hosea auf Bärenjagd geht, jede Aufgabe lässt euch zwar auch ein Stück mehr der Spielwelt entdecken, vermittelt aber später gleichzeitig auch mehr und mehr das Gefühl, gewisse Dinge in genau dieser Form schon gemacht zu haben.
Dem daraus resultierenden, natürlichen Progress solltet ihr trotzdem folgen. Denn weit entfernte Nebentätigkeiten könnt ihr auch später noch bequem angehen, wenn ihr euch ohnehin in besagter Region aufhaltet. Und da ihr all das sowieso nicht verpassen könnt, reicht es völlig, all das nach dem Ende der Kampagne anzugehen, die alleine 60-80 Stunden Spielzeit bietet. Dafür gibt es wenig überraschend den Award für besonderen Umfang. Wer aber wirklich alles entdecken will und jeden Winkel, jede Aktivität erkunden möchte, kann darauf locker nochmal weitere 50 Stunden draufrechnen – wenn das mal reicht. Red Dead Redemption 2 bietet so viel, dass man oft versucht ist, vom geplanten Kurs abzuweichen und sich zwischen Sümpfen und Schneelandschaften als Entdecker zu betätigen. Oftmals stößt man dabei auch auf etwas von Wert. Es ist einfach unglaublich, mit wievielen Details diese Welt versehen worden ist. Trotz gewaltiger Karte ist kein Ort überflüssig oder wirkt gar aus dem Standardbausatz. Alles wurde von Hand designt, nichts wirkt optisch gleich. Und das ist wahrscheinlich auch mit ein Grund für die gewaltige Installtionsgröße von knapp 100GB – für ein Konsolenspiel absoluter Rekord. Dank optionaler Missionsziele und den deutlich spürbaren Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen (auch dazu im nächsten Teil mehr) lädt das Spiel außerdem zum Wiederspielen ein.
Zwar ist es ärgerlich, dass diese optionalen Missionsziele wie zum Beispiel das Bewältigen einer Strecke innerhalb bestimmter Zeitlimits erst angezeigt werden, wenn man die Mission bewältigt hat. Das Problem hatte auch Grand Theft Auto V bereits. Nur sind die Missionen dort in ihren Abläufen etwas weniger repetiv ausgefallen, entsprechend höher war der jeweilige Wiederspielwert. Hier muss man deutlich mehr Eigenmotivation aufbringen.
Teil III – Die Vor- und Nachteile gelebter Langsamkeit
In den vergangen Tagen konnte ich unglaublich viele positive Aspekte feststellen, darunter die detaillierte und lebendige Spielwelt, die toll geschriebenen und opulent in Szene gesetzten Charaktere sowie die schiere Vielzahl von Möglichkeiten und Aktivitäten. Gleichzeitig hat die Illusion vom perfekten Spiel aber auch erste Risse bekommen. Teils wenig abwechslungsreiches Missionsdesign, nervige Feinmechaniken bei der Verwaltung von Pferd und Inventar sowie gelegentlich kaum nachvollziehbares Ordnungshüterverhalten fallen in diese Kategorie. Und das ist leider auch längst nicht alles, was den Spielfluss von Red Dead Redemption II empfindlich stören kann.
Auf der Bremse
Zuerst einmal ist Red Dead Redemption II ein bewusst langsam inszeniertes Spiel. Langsamkeit ist nichts zwangsläufig schlechtes, unterstützt sie doch die Immersion. Aber in gewissen Momenten ist es eben auch wichtig, ein bisschen Tempo in die Sache zu bringen. Nur eben genau das passiert hier nicht. Am Anfang ist alles unglaublich toll. Man freut sich darüber, dass selbst Kleinigkeiten wie das simple Aufnehmen einer Pflanze mit einem vollen Animationsspektrum versehen worden ist. Ebenso auch das Häuten von Tieren. Wenn man das aber spätestens fünfmal gemacht hat, hat man sich daran auch irgendwie sattgesehen und wünscht sich einfach nur, dass all das nun doch mal ein bisschen schneller erledigt wird. Auch die teils langen Reitwege fangen irgendwann an, lästig zu werden, denn gelegentlich will man trotz aller Zufallsereignisse unterwegs ja doch einfach zum nächsten Ziel oder einfach nur zurück ins Lager.
Wer allerdings keine Kohle hat, um dort das Schnellreisefeature freizuschalten, ist quasi dazu verdammt, auch lange Strecken immer und immer wieder auf Schuster´s Rappen oder dem Pferd zurückzulegen. Und das in einem gefühlten Schneckentempo, dass man sich verzweifelt wünscht, das Tier würde auch automatisch den Weg zum Ziel finden. Bei aller Liebe zur Welt und dem Entdeckerdrang, welches sie im Spieler weckt, gerade auf Reisen und bei allem, was mit sich wiederholenden Animationen ausgestattet ist, hier wäre etwas mehr Geschwindigkeit auf Dauer unglaublich gut gewesen. So strapazieren Ereignisse dieser Art aber nur zunehmend den Geduldsfaden. Seltsamerweise steht dem langsamen Tempo des Spiels ein Tagesablauf im Zeitraffer gegenüber. Ein Sonnenuntergang dauert in etwa fünf Sekunden, zwei Minuten später ist es finsterste Nacht. Wenn es mal regnet, regnet es vielleicht eine halbe Minute, dann lösen sich die dunklen Wolken am Himmel in so krasser Geschwindigkeit auf, dass man glaubt, man hat irgendeine falsche Einstellung in den Optionen gesetzt. Ein Augenzwinkern später scheint dann schon wieder strahlende Sonne am Himmel.
Das hat Grand Theft Auto V sehr viel besser gemacht. Dort konnte man ganz gemütlich der Sonne beim Untergehen zusehen, dabei am Strand entlang schlendern und den Moment genießen. Das könnte man hier dank der noch viel schöneren Panoramen auch, würden einem diese nicht binnen von Sekunden einfach so entrissen werden. Wer morgens im Saloon ein Glas getrunken hat und dann direkt wieder nach draußen geht, nur um sich in tiefster Nacht wiederzufinden, muss am selben eigenartigen Zeitgefühl leiden wie es momentan wohl alle RDR 2 – Spieler tun. Die anfängliche Überwältigung weicht zunehmend repetiven Abläufen und kleinen Ärgernissen. Im unermüdlichen Bestreben, jede noch so kleine Aktivität und Aktion mit Tiefe zu versehen, sind die Entwickler meiner Meinung nach nicht nur bei manchen Dingen wie der Waffenpflege über das Ziel hinausgeschossen, auch haben sie dafür grundlegende Elemente aus den Augen verloren.
Eines davon ist die Steuerung, die einen manchmal einfach nur in den Wahnsinn treibt. Besonders das Interagieren mit kleinen Objekten ist extrem fummelig und unpräzise ausgefallen, die Taschen sind trotz zahlreicher Subkategorien schnell unübersichtlich mit zahlreichen Gegenständen gefüllt und die Navigation durch die kreisförmig angeordneten Menüs geraten durch díe übermäßig komplexen Eingaben zur Zerreißprobe. Das wirkt sich natürlich auch im Kampf negativ aus, denn trotz verlangsamter Zeit erfordert es in der Hektik des Gefechts immer wieder mehrere Anläufe, bis man endlich die Waffe seiner Wahl samt bevorzugter Munition in der Hand hält. Und selbst dann haben sich die Kämpfe im Vorgänger geschmeidiger und angenehm arcadelastiger angefühlt. Hier dagegen fallen die Kämpfe viel simulationslastiger und träger aus. Eingesteckte Treffer oder allgemeiner Beschuss ohne Deckung wirken sich extremst auf die eigene Zielsicherheit aus, zudem ist man außerhalb von Deckung viel zu leichte Beute, kann sich also während eines Schusswechsels nur ganz selten mal bewegen und ist dann angesichts der wackeligen Anvisierung kaum in der Lage, sich zur Wehr zu setzen. Glücklicherweise verhält sich die K.I. abseits ihrer Zielsicherheit nicht sonderlich klug und wagt angesichts der ohnehin schon unzugänglichen Kampfmechaniken nicht noch Flankenangriffe.
Der Pfad der Tugend
Aber jetzt mal Butter bei die Fische, wie der Norddeutsche so gerne sagt. Denn diese Probleme, obwohl manche gewichtiger ausfallen als andere, sind allesamt keine Gamebreaker. Außerdem steht denen auf der anderen Seite so vieles mehr gegenüber, was unglaublich gut funktioniert und somit auch eine willkommene Verbesserung bekannter Elemente darstellt. Nehmen wir zum Beispiel die deutlich erweiterten Jagdmechaniken. Statt mit gezückter Flinte blind jedes Tier niederzuballern, muss man sich nun erstmal an das Ziel anpirschen, damit es vor Schreck nicht gleich die Fliege macht. Dabei können wir auch in Erfahrung bringen, wie die voraussichtliche Qualität der Beute ausfallen wird. Denn nicht jedes Tier birgt automatisch auch hochwertige Pelze, das tun nur jene Tiere, die über eine gute Gesundheit verfügen. Und wenn man diese mit der falschen Waffe durchlöchert, hat man davon am Ende dann auch nicht mehr viel. Pelze von Kleintieren und Fleisch aller Art verstaut man im Rucksack, während größere Felle auf dem Pferd Platz finden.
Klasse gelungen ist die Einbindung der vielen Glücksspiele. Ob man nun Pokern geht, sich im Five Finger Fillet misst oder doch lieber sein Glück beim Blackjack versucht, all das wurde regeltreu und aufwendig ins Spiel integriert und stellt somit einen wunderbaren Zeitvertreib abseits des Outlaw – Alltags dar. Relativ gleich zum Vorgänger ist dafür das Ehre – System ausgefallen. Je nachdem, wie ihr euch in der Rolle von Arthur Morgan verhaltet, stehen euch die Bewohner des Landes mit Wohlwollen oder Ablehnung gegenüber. Wer den Mitbürgern freundlich zur Seite steht und es so zu einem positiven Leumund bringt, darf sich über zunehmende Rabatte und wohlwollendere Gesetzeshüter freuen. Massenmödern und Gewohnheitsbanditen werden dafür die Türen vor der Nase zugeschlagen, erhalten aber andere Vorteile. Welchen Weg ihr letztendlich einschlagen wollt, obliebt ganz eurer persönlichen Präferenz – Auswirkungen auf das Spielende entstehen nämlich nicht. Trotzdem sind die Konsequenzen eures Handelns zu jeder Zeit deutlich spürbar. Und genau so sollte es auch sein.
Teil IV – Die Technik
Es ist wahrscheinlich längst keine Überraschung mehr, wenn ich sage, wie fantastisch Red Dead Redemption II aussieht. Rockstar Games hat seine hauseigene Engine, die auch bei den letzten großen Veröffentlichung der letzten Jahre zur Anwendung gekommen ist, hier zu ganz neuen Höhen getrieben und präsentiert die wohl schönste und lebendigste Spielwelt, die man je auf einer Konsole gesehen hat. Das sieht man nicht nur bei den lebensecht animierten Charakteren, sondern wirklich überall. Alleine die komplett dynamische Beleuchtung und Schattierung von allen Objekten der Spielwelt sucht ihresgleichen. Und auch die Texturqualität bewegt sich mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen (darunter die etwas texturarmen Wettereffekte auf Oberflächen aller Art) auf durchgehend exzellentem Niveau. Die große Frage ist nun, wie sich die einzelnen Konsolen optisch und in Sachen Performance voneinander unterscheiden.
Wer hat die Nase vorn?
Beginnen wir mit dem Vergleich zwischen den Standardmodellen von SONY und Microsoft, nämlich der handelsüblichen PlayStation 4 auf der einen Seite und der XBOX One S auf der anderen. Erstere löst in nativem 1080p auf und das durchgehend. Dynamische Auflösungsskalierung kommt hier nicht zum Einsatz. Dabei schafft es das Standardmodell, in 85% aller Fälle die angepeilte Bildrate von 30 Frames pro Sekunde zu halten. Lediglich in vielbevölkerten Gegenden, besonders aber in den jeweiligen Städten, sind gelegentliche Bildrateneinbrüche deutlich zu spüren. Alles in allem aber eine absolut überzeugende Gesamtleistung. Damit sichert sich die PlayStation 4 den dritten Platz im Gesamtranking. Das Schlusslicht bildet dagegen die XBOX One S, die mit ungewöhnlichen 872p auflöst, was in etwa 66% der nativen Full HD – Auflösung der PlayStation 4 darstellt. Das Ergebnis ist ein deutlich unschärferes und verwascheneres Bild, dem viele Details abhanden kommen. Dabei schafft es die Konsole dennoch fast nie, die auch hier angepeilten 30 Frames pro Sekunde beizubehalten. In Städten rutscht die Konsole dann noch weiter in der Performance ab, es kann je nach Betrieb zu sehr unschönen Rucklern kommen. Diese Version ist entsprechend nur für Leute zu empfehlen, die wirklich keine Chance haben, das Spiel auf einer anderen Plattform zu erleben.
Die erweiterten Modelle machen ihre Sache da deutlich besser. Auf dem zweiten Platz landet die PlayStation 4 PRO, die in halber 4K – Resolution auflöst und via Checkerboard – Rendering auf 4K hochskaliert, sofern man ein entsprechendes Abspielgerät besitzt. Das Ergebnis ist ein sehr homogenes, aber im Vergleich zur 1080p – Ausgabe auch weicheres Bild. Dafür halten sich die Performanceeinbußen hier in absolut minimalen Grenzen. Nur gelegentlich kommen mal 1-2 Frames abhanden, was aber so gut wie gar nicht spürbar ist. Der erste Platz geht an die XBOX One X. Red Dead Redemption II nutzt die Power der derzeit stärksten Konsole auf dem Markt voll aus. Microsoft´s Powerhouse rendet in nativem 4K und bietet somit dank knackscharfer Grafik das beste Gesamterlebnis und gleichzeitig auch die beste Performance, die selbst in effektreichen Momenten keine Mühen hat, die 30 Frames pro Sekunde zu halten. Ein absolut eindrucksvolles Ergebnis und wahrscheinlich DAS Argument, sich eine One X ins Haus zu holen. Vieles bleibt aber auch über alle Modelle gleich. HDR – Support wird von allen Konsolen unterstützt, temporales Anti – Aliasing sorgt für akkurate Kantenglättung im Austausch für etwas grundsätzliche Bildschärfe. Ein akzeptabler Kompromiss, der das Erlebnis nicht stört. Red Dead Redemption II sieht auf jeder Konsole wunderschön aus. Daran besteht gar kein Zweifel. Aber im direkten Vergleich zeigen eben erst die erweiterten Konsolenmodelle wahre Grafikpracht.
Die lange Grundladezeit beim Spielspaß teilen sich aber alle Plattformen. Danach muss zum Glück nicht mehr geladen werden. Da es als gesichert gilt, dass irgendwann auch eine PC – Version folgen wird, kann man nur mutmaßen, wie die dann aussehen wird. Besitzer von High End – Hardware können sich aber schon jetzt auf ein nochmals fulminanteres Erlebnis einstellen. Bis es soweit ist, kann man mit den Konsolenfassungen aber gar nichts falsch machen. Die hat Rockstar je nach Möglichkeiten der dort verfügbaren Hardware so gut wie nur möglich optimiert. Kleinere Bugs gibt es aber dennoch. Besonders die Kollisionsabfrage und die Physik neigen zu teils seltsamen Aussetzern. Da schweben Objekte und Personen in der Luft. Waffen scheinen durch Mäntel durch und auch das Pferd scheint die Flinte nicht immer an sich, sondern oft eher in sich zu tragen. Das Gameplay wird dadurch aber nicht störend beeinflusst. Es sind diese kleinen, ja fast liebenswerten Bugs, die jedes Rockstar – Spiel hat und die dann mit der Zeit auch weggepatcht worden sind. Im Vergleich dazu, wie rund das Spielgeschehen sonst insgesamt läuft, sind das wirklich kleinste Peanuts.
Ein Fest für die Ohren
Die famose Optik ist eine Sache, ebenso lobenswert ist auch der absolut fantastische Soundtrack, den selbst ein Ennio Morricone nicht hätte besser umsetzen können. Alleine die Songs haben Ohrwurmqualität und sorgen in den richtigen Augenblicken für absolute Gänsehautmomente. Auch sonst entfaötet der Score eine Dynamik, die ihresgleichen sucht und immer perfekt zum jeweiligen Geschehen passt. Einfach toll! Und auch die englischen Sprecher sind einfach nur fantastisch. Wer bei einem Rockstar – Spiel kritisiert, dass es keine deutsche Synchronisation gibt, der hat von einfach keine Ahnung, welche Auswirkungen das auf das Spielgeschehen hätte, dass so sehr von seinen vielen Dialekten lebt. Alleine der brummelige Arthur Morgan ist einfach nur perfekt besetzt. Aber auch die restlichen Sprecher leisten verdammt gute Arbeit! Außerdem sind die passenden deutschen Untertitel makellos.
Keine Wertung für den Online – Modus
Nun bleibt eigentlich nur noch eines, hier am Ende des längste Artikels meiner Laufbahn, nämlich der Online – Modus. Da dieser erst im November an den Start gehen wird, können wir diesen selbstverständlich nicht mit in die Wertung einfließen lassen. Wir erwarten aber einen sehr ähnlichen Modus, wie ihn bereits GTA Online bietet. Also Unmengen Aktivitäten, eine stetig wachsende Palette an Inhalten, aber eben auch starken Fokus auf Mikrotransaktionen und Pay-2-Win – Mechaniken. Dementsprechend ist schon jetzt zu vermuten, dass die hier ausschließlich für den Einzelspieler erfolgende Finalwertung mit Veröffentlichung der Mehrspielerkomponente in der dann ergänzenden Gesamtwertung entsprechend abgestraft werden wird.
Fazit und Wertung
„Würde ich jeden noch so kleinen Aspekt abdecken wollen, den Red Dead Redemption II zu bieten hat, wäre diese Rezension wahrscheinlich in zwei Wochen noch nicht fertig. Dennoch glaube ich, dass ich die allerwichtigsten Aspekte, also jene, die Spielgeschehen und Optik am ehesten bestimmen und definieren, allesamt aufgelistet habe. Und was soll ich sagen: Ich bin wahnsinnig begeistert. Davon, wie Red Dead Redemption II aussieht. Wie es klingt. Und wie es seine Charaktere im Rahmen einer fantastisch geschrieben Geschichte in diese riesengroße, detailverliebte Welt wirft. Das perfekte Spiel ist die langerwartete Fortsetzung zum nunmehr über 8 Jahre alten Vorgänger aber nicht. Das ist meine Meinung als leidenschaftlicher Fan des Erstlings. Und das liegt an vielen kleinen und großen Unzulänglichkeiten, darunter das insgesamt sehr langsame Grundtempo, die teils furchtbar fummelige Bedienung, das Chaos bei der Inventarverwaltung zu Pferd/zu Fuß und nicht zuletzt auch den vielen übermäßig komplexen Feinmechaniken, die zwar allesamt Immersion und Realismus fördern, andererseits aber auch Zugänglichkeit und Komfort unnötig behindern. Ich will nicht nach jedem Kampf Essen nachwerfen, ich will nicht über zig Meilen latschen müssen, um mein Pferd erreichen zu können. Und ich will nicht immer und immer wieder die gleichen, langen Animationen beim Häuten, Pflanzenpflücken und dem Durchsuchen von Leichen sehen. Und doch will ich unbedingt in dieser wunderschönen Welt verweilen, jeden Winkel entdecken und sein, wer immer ich will – entweder ein Outlaw mit Herz. Oder ein eiskalter Bandit. Und all das bietet mir Red Dead Redemption II. All das macht es trotz dieser Macken so verdammt großartig. Und definiert dabei nicht nur das Genre der Open World – Games neu, sondern auch die technischen Möglichkeiten einer gesamten Konsolengeneration.“
Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die kommende Mehrspielerkomponente von Red Dead Redemption II starken Fokus auf Mikrotransaktionen und Pay-2-Win – Mechaniken legen. Da der Modus aber noch nicht zugänglich ist, findet zumindest momentan diesbezüglich keine Abwertung statt.
PRO:
+ Authentisches Setting, welches das Ende des wilden Westens perfekt in Szene setzt
+ Eine der schönsten und lebendigsten Spielwelten aller Zeiten
+ Tolle Beleuchtung, wunderschöne Panoramen mit dynamischem Tag- und Nachtzyklus
+ Starke Wettereffekte
+ Grandiose Weitsicht
+ Filmreife Zwischensequenzen
+ Unglaubliche Liebe zum Detail
+ Wunderbar erzählte, umfangreiche Hauptgeschichte…
+ …mit befriedigendem Ende
+ Überall werden kleine Geschichten erzählt
+ Wunderschön animierte Charaktere mit Profil und Persönlichkeit
+ Arthur Morgan als cooler Antiheld glaubhaft dargestellt
+ Grandiose Mimik
+ Große Auswahl an Waffen und Pferden, allesamt mit eigenen Stärken und Schwächen
+ Immense Anzahl an Herausforderungen und optionalen Missionszielen…
+ …dadurch hoher Wiederspielwert
+ Mit insgesamt 150+ Stunden Gesamtspielzeit immenser Umfang
+ Motivierende, gut durchdachte Jagdkomponente
+ Umfangreiches Crafting – System
+ Lebendiger Lageralltag
+ Umfangreiches Kompendium
+ Hohe vegetative Vielfalt
+ Unterwegs ist immer etwas los
+ Unmengen von Nebenaktivitäten
+ Exzellentes Sound – Design
+ Fantastischer Soundtrack
+ Perfekt besetzte (englische) Sprecher
+ Gelungene Übersetzung der deutschen Untertitel
+ Ehre – System mit deutlich spürbaren Konsequenzen
+ Unaufdringliche Tutorials, die perfekt in die jeweiligen Missionen eingebunden werden
+ Grundsätzlich saubere Performance auf allen Konsolen (mit systembedingt kleineren Abstrichen)
CONTRA:
– Abseits vieler Highlights oft wenig abwechslungsreiche Grundmissionsabläufe (Reite zu X, töte Y)
– Sammel- und Plünderanimationen lassen sich nicht überspringen
– Trotz Immersionszweck: Viele Feinmechaniken stören Zugänglichkeit und Komfort
– Bewusst langsames Spieltempo sehr gewöhnungsbedürftig
– Tag- und Nachtzyklen im viel zu krassen Zeitraffer
– Minimalistisches Dialogsystem ohne direkte Auswahlmöglichkeiten
– Extrem fummelige Menünavigation
– In engen Räumen wenig präzise Steuerung (u. A. Objektanvisierung)
– Unausgegorene Kampfmechaniken mit zu hoher Deckungskomponente
– Nur ein Schwierigkeitsgrad, Spiel ist etwas zu leicht
– Mittelprächtige Gegner – K.I.
– Nervige Hinterhalte, die ohne Dead Eye kaum Überlebenschancen bieten
– Nicht immer nachvollziehbar agierende Ordnungshüter
– Unübersichtliches Inventar
– Vieles wird nicht ausreichend erklärt (z.B. Pferdeunterbringung)
– Pferd oft nach Missionen abseits vom Schuss und entsprechend weit außer Rufreichweite
– Gelegentlich ein paar schwache Texturen
– Kleinere Bugs bei Physik und Kollisionsabfragen vorhanden
GESAMTWERTUNG: 93%
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