Phonix Wright: Ace Attorney Trilogy – „Objection!“

Gestatten: Wright. Phoenix Wright, frisch bestandener Strafverteidiger und Partner in der renommierten Anwaltskanzlei der ebenfalls noch jungen, aber bereits erfahrenen und überall geschätzten Anwältin Mia Fey. Nun soll Wright erstmals komplett eigenverantwortlich einen Fall vor Gericht übernehmen. Der Angeklagte wird beschuldigt, aus Eifersucht seine Ex-Freundin erschlagen zu haben – ein Verbrechen, welches unweigerlich mit dem Tod bestraft wird. Für den Junganwalt geht es also von Anfang an um alles oder nichts, besonders, weil es sich bei dem Angeklagten auch noch um einen alten Schulfreund handelt, der zwar andauernd in irgendwelchen Schlamassel gerät, aber unmöglich ein Mörder sein kann. Nur will genau das erstmal bewiesen werden. 

Unter den wachsamen Augen des leicht schusseligen und nicht mehr ganz mit der Zeit gehenden Richters nimmt ein spannender Krimi um Schuld und Unschuld seinen Lauf, denn der Staatsanwalt hat als Vertreter der Anklage nicht nur zahlreiche belastende Beweismittel auf dem Tisch liegen, sondern auch gleich einen passenden Zeugen parat. Aber sagt der wirklich die Wahrheit?

Trotz großer Nervosität muss Wright nun seine Pflicht erfüllen, konsequent Beweise in Frage stellen sowie Zeugenaussagen im Kreuzverhör zerpflücken und am Ende den wahren Täter entlarven.  Als Mia Fey aber unmittelbar nach der erfolgreichen Feuertaufe brutal ermordet wird und die Polizei unter Führung des pflichtbewussten Inspektors Dick Gumshoe ausgerechnet Mia´s übernatürlich begabte Schwester Maya verantwortlich macht, muss Wright erstmals eigene Ermittlungen anstellen. Vor Gericht wartet auf den Verteidiger dann auch noch dessen ewiger Rivale, nämlich der auf Perfektion bedachte Staatsanwalt Miles Edgeworth – und der hat bisher noch keinen Fall verloren. Erst jetzt muss der Anwalt zeigen, was er wirklich auf dem Kasten hat…

Einspruch!

All das ist nur der Anfang einer der wohl spannendsten Text-Adventure – Reihen der Videospielgeschichte. Drei Spiele mit insgesamt vierzehn umfangreichen Fällen hat CAPCOM in die Sammlung gepackt, nämlich neben dem originalen Phoenix Wright: Ace Attorney auch die beiden Nachfolger Trials and Tribulations sowie And Justice for All. Für massig Spielspaß ist also gesorgt, auch wenn dem Spieler abseits einer halbwegs gut ausgeprägten Kombinationsgabe kaum viel Können abverlangt wird. Dafür punktet die Reihe seit jeher mit ihren durchdachten und komplexen Geschichten, bis auf eine Ausnahme gilt es stets, einen kniffligen Mordfall zu lösen. Und auch die Charaktere sind einzigartig. Ob nun der kaffeesüchtige Godot, der trottelige Gumshoe oder die peitschenschwingende Staatsanwältin Franziska von Karma, die Liste illustrer und erinnerungswürdiger Charaktere ist riesig, was nicht zuletzt auch an den genial fiesen Schurken liegt. Der Weg zum Ziel ist lang, dabei offenbaren sich nicht selten auch tiefe Abgründe seitens der wahren Schuldigen, die bis zuletzt versuchen, ihre Taten zu leugnen, ehe sie letztendlich spektakulär unter der Beweislast zusammenbrechen. Um aber überhaupt erst an diesen Punkt zu gelangen, muss man lesen, lesen und nochmals lesen, denn wenn die Spiele allesamt eines gemeinsam haben, dann ist es Dialoglastigkeit. Und die gibt es eben nur in Reintextform. Ein bisschen mehr als überdurchschnittlich gute Englisch- oder Japanischfertigkeiten braucht man dafür gegenwärtig aber noch, denn unter anderem deutsche Texte will CAPCOM erst in knapp einem halben Jahr kostenlos nachreichen. 

Zwischen den langwierigen Auftritten vor Gericht müssen Wright und seine Helfer aber zuerst allerhand erledigen, um für ihre Mandaten einen Freispruch einheimsen zu können. Ob Tatortbesuche oder regelmäßiges Vorbeischauen bei den Angeklagten im Gefängnis, die Pflichten eines Strafverteidigers gehen weit über die eigentliche Gerichtsverhandlung hinaus.  Schauplätze müssen untersucht, Zeugen befragt und Beweise gesammelt werden. Das Spielprinzip ist dabei stets streng linear und obwohl ich die jeweiligen Teile längst in- und auswendig kenne, lasse ich mich doch noch immer jedes Jahr erneut auf einen weiteren Durchgang ein. Das Storytelling ist einfach grandios, eignet sich aber nur wenig für Spieler, die mit dem japanischen Stil wenig bis gar nichts anfangen können. So suggerieren die Spiele in der westlichen Übersetzung zwar stets, dass die Handlung in einer fiktiven U.S. – Großstadt stattfindet, der immense Einschlag der japanischen Kultur inkl. Geisterbeschwörung und Co. will dazu aber so gar nicht passen. Und auch die zahlreichen Figuren, denen Wright auf seiner Reise begegnet, wirken höchstens wie Karikaturen klassischer amerikanischer Stereotypen. Die bieten dafür aber enormen Unterhaltungswert, alleine die kreative Namensgebung sorgt stets für Schmunzeln. Hinter der bunten Animefassade steckt aber viel mehr, als das Auge auf den ersten Blick erfassen kann. Und genau darin liegt auch der Reiz der Reihe. 

Raum für Fehler gibt es massig. Präsentiert man Zeugen vor Gericht die falschen Beweise oder stellt die falschen Vermutungen an, tadelt einen der strenge Richter prompt mit einer saftigem Strafe. Hat man davon zu viele kassiert, beendet die graue Eminenz den laufenden Prozess und erklärt Wright´s Mandanten kurzerhand für schuldig. Gelegentlich gibt es auch Situationen, in denen falsches Nachdenken sofort den kompletten Prozess kippen kann. Regelmäßiges Speichern ist also Pflicht. Zum Glück hat CAPCOM das freie Speichern ein wenig überarbeitet und bietet in der Neuauflage nicht nur deutlich mehr Slots zum Sichern an, sondern schmeißt euch auch anschließend wie bei der DS – Version nicht gleich ins Hauptmenü zurück. Da Ladezeiten sowieso komplett entfallen, kann man diese Funktion guten Gewissens fleißig nutzen. Gleiches gilt für die stets aufrufbare Gerichtsakte, in der Wright alle wichtigen Namen und Beweise einsehen kann. Für ein erfolgreiches Verfahren ist das unverzichtbar, denn jeder Zeuge verstrickt sich früher oder später in Wiedersprüche, die im Kreuzverhör aufgedeckt werden müssen. Genaues Nachhaken zu bestimmten Aussagen offenbart immer mal wieder neue Informationen, zu denen man dann einen passenden Beweis präsentieren muss. Das Gameplay ist zwar extrem simpel gestrickt, erfordert aber kluges Nachdenken und wache Aufmerksamkeit. 

Nimm das! 

Technisch haben die jeweiligen Spiele einen weiten Weg zurückgelegt, ehe sie nun endlich auch auf PC und Current Gen – Konsolen debütieren durften. Für die Neuauflage hat CAPCOM die Grafiken ordentlich aufgemotzt, auch wenn der Ursprung deutlich erkennbar bleibt. Damit bietet die Ace Attorney Trilogy exakt die gleiche Grafik wie bereits vor längerer Zeit erschienene Version für Apple´s Iphone. Dafür entfallen die an dieser Stelle sonst üblichen Grafik- und Bildratenanalysen. Egal, auf welcher Plattform ihr zockt, das Ergebnis ist überall identisch, auch wenn der PC dank nativem 4K – Support ein leicht schärferes Bild bietet als die lediglich in Full HD auflösenden Konsolenfassungen.

Andere Optionen für Feineinstellungen gibt es wenig überraschend nicht. Am ehesten als hässlich empfand ich beim Testen noch die Kameratotalen vor Gericht, die qualitativ deutlich dem Rest hinterher hinken und die auf dem DS deutlich detaillierter ausgesehen haben. Davon mal abgesehen bekommt man im Vergleich zu den Urfassungen technisch aber definitiv einen gewissen Mehrwert präsentiert. Einen gewissen optischen Charme kann man den Spielen trotzdem nicht absprechen. Die Screenshots machen aber trotzdem auf den ersten Blick mehr her, als das Spiel tatsächlich grafisch bietet, einfach auch, weil sich die Animationen sehr in Grenzen halten und es nur wenig Bewegung gibt. 

Die Bedienung geht ebenfalls gut von der Hand, egal ob mit Gamepad oder Tastatur. Selbst mit den Joycon´s der Switch gibt es keine Probleme, weshalb man das Spiel auch unterwegs stets besten im Griff hat. Navigation und Menüführung erfordern nur wenige Tasten, der Rest ist ohnehin ein eher automatisierter Vorgang. Praktisch: Anders als noch auf dem DS können Dialoge hier von Anfang an in voller Geschwindkeit dargestellt werden. Das spart Schnelllesern beim Scrollen massig Zeit. Der Soundtrack erinnert ebenfalls noch daran, dass die Spiele bereits einige Jahre auf dem Buckel haben, ein bisschen modernisiert wurden die vielen Stücke aber trotzdem. Übrigens: Das Spiel ist hierzulande lediglich als Digital Download erhältlich. Eine physische Auswertung gibt es nur in Japan. Konsoleros, die aber trotzdem lieber etwas im Regal stehen haben möchten, können bedenkenlos auf den japanischen Import zurückgreifen. Der funktioniert auch auf den hiesigen Konsolen einwandfrei und bietet ebenfalls englische Untertitel mit Option auf Unterstützung der deutschen Sprache in einem späteren Update. 

Fazit und Wertung

„Die Faszination, welche die Ace Attorney – Reihe und deren zahlreiche Ableger bis heute auf ihre vielen Fans ausübt, ist ganz schwierig zu erklären. Optisch machen die Spiele nämlich kaum viel her, daran ändert auch die Neuauflage nichts. Das wirklich Besondere liegt viel mehr dahinter verborgen, in den fantastischen Geschichten, den spannenden Verbrechen und Ermittlungen und nicht zuletzt den skurrilen Charakteren. Das alles entfaltet kombiniert immenses Suchtpotenzial. Wenn mich eine bis dato nur auf Mobilgeräten erhältliche Reihe derart begeistert, dass ich mir nur deretwegen als sonst strikter Vertreter stationärer Spieleplattformen einen 3DS ins Haus hole, sagt das glaube ich einiges aus. Wer genau an diesen Dingen Freude findet, kommt um die Ace Attorney Trilogy absolut nicht herum. Jetzt muss nur noch die deutsche Lokalisierung nachgeliefert werden und idealerweise auch noch der Rest der Reihe, damit auch Spieler abseits der Handhelds endlich in den Genuss der kompletten Saga kommen können. Zeit dafür wird es allemal.“ 

Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Die Ace Attorney Trilogy enthält keinerlei zusätzliche Echtgeldinhalte und bietet auch sonst keinerlei Möglichkeiten, sich via Bezahlung spielerische Vorteile verschaffen zu können. Eine Abwertung nehmen wir dementsprechend nicht vor.  

PRO:

+ Drei umfangreiche Spiele in einem
+ Fantastisches Storytelling
+ Hochspannende, wendungsreich inszenierte Fälle
+ Abwechslungsreich gestaltete Schauplätze
+ Charmantes, zeitloses Charakterdesign
+ Erinnerungswürdige Helden und Schurken
+ Viele humorvolle Momente
+ Zugängliche Bedienung
+ Verbesserte Speicherfunktion
+ Toller Soundtrack
+ Fairer Preis

CONTRA:

– Streng linear
– Optisch trotz Überarbeitung allenfalls zweckmäßig
– Abseits des Verstands kaum fordernd
– Gegenwärtig nur englischer und japanischer Text vorhanden

                                               GESAMTWERTUNG:     8.5/10

                    
                               

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