Mafia III™ – Der schwarze Peter

                                             Getestet und verfasst von General M

Ende der Sechziger Jahre geht es in Amerika drunter und drüber. In Vietnam tobt Krieg, täglich sterben zig Amerikaner und Vietnamesen an einem Ort, den die meisten Leute nicht mal auf der Karte finden können. Daheim sieht es nicht viel besser aus – Rassismus, Armut und Kriminalität überfluten das Land. Der bei Pflegeeltern aufgewachsene Afroamerikaner und Kriegsheimkehrer Lincoln Clay versucht, sich in dieser Welt zurechtzufinden und gerät dabei in einen Strudel aus Gewalt, Tod und Verbrechen.

Das ist meine Stadt

Viele Perspektiven gibt es nicht. Zuhause wartet der Pflegevater, der zusammen mit seinem leiblichen Sohn mehr schlecht als recht über die Runden kommt und der zudem nicht nur hochverschuldet bei der lokalen Mafia ist, sondern auch noch haitianische Gangmitglieder im Nacken sitzen hat. Ein Konflikt, der früher oder später in einem Blutbad endet. Ohne Familie und Perspektive und nur von Rache getrieben, erklärt Clay der Mafia kurzerhand den Krieg und schickt sich an, die an New Orleans angelehnte Stadt New Bordeaux zu übernehmen.

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                      Die Charaktere sind wie von der Reihe gewohnt hervorragend inszeniert.

Die Entwicklung von Mafia 3 oblag dieses Mal dem im Jahr 1014 freisch gegründeten Team von Hangar 13, die mit dem Titel ihr Debüt feiern. Der Entwickler der Vorgänger, 2K Czech, hat dabei lediglich assistiert. Und tatsächlich gelingt es auch Hangar 13, eine packende Geschichte voller wunderbarer Charaktere zu erzählen und ebenso gekonnt wie bewusst ein greifbar historisches Bild der späten Sechziger zu zeichnen, in dem besonders der Rassismus überall präsent ist, obwohl wenige Jahre zuvor der amtierende Präsident Johnson mit dem Civil Rights Act gerade der schwarzen Bevölkerung eine Menge Bürgerrechte verschafft hat. Ohnehin ist New Bordeaux ein schwüler Hexenkessel voller etnischer Unterschiede. Die Schwarzen, die Weißen, die Haitianer, alles verschmilzt zu einer einzigartigen Kultur, die auch heute immer noch in der Vorlage New Orleans präsent ist.

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                            Stealth – Gameplay ist möglich, aber meistens völlig überflüssig.

Das Stadtbild ist gezeichnet von Bajous, Industrie, es gibt Neonreklamen und Armutsviertel. Eine solche Stadt unter seine Kontrolle zu bringen, ist nicht ganz einfach. Zum Glück stehen Lincoln als Kopf seiner Organisation ein paar treue Helfer zur Verfügung, die gerne die Zügel in die Hand nehmen und nach Erledigung bestimmter Aufgaben dabei helfen, die Einnahmen ohne großes Zutun vom Chef an ebendiesen weiterzuleiten. Voodoo – Priesterin Cassandra, Anarchist Thomas oder der aus Mafia II bekannte und in Würde ergraute Vito Scaletta stehen bereit, uns bei unseren Unternehmungen tatkräftig unter die Arme zu greifen. Allerdings sollte das Gleichgewicht der Mächte gut verteilt werden – bekommt eine Person zu viel Macht, gelangt man zwar schneller an nützliche Perks, die anderen beiden Charaktere könnten sich jedoch rasch benachteiligt fühlen und entsprechend negativ darauf reagieren. Die Geschichte ist rundherum wunderbar gelungen und nimmt sich ganz bewusst den Problemen besagter Zeit an, gerade da sie für die Charakterentwicklung des Lincoln Clay eine große Rolle spielen. So viel Mut bringen leider noch viel zu wenige Spiele auf. 

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                                   New Bordeaux ist auch in den Vororten angenehm belebt.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, die Stadt auf der Suche nach Gelegenheiten zu erkunden, anstatt sich stur den Hauptmissionen zu wenden, besonders da man die Perks und Ausrüstung sehr gut brauchen kann. Lincoln hält zu Beginn nämlich nicht sonderlich viel aus. Nebenbei lassen sich auch eine Menge Collectibles abstauben, darunter auch die aus dem Vorgänger bekannten Playboy – Magazine, dieses Mal sogar mit lesbaren Originalartikeln! Hurra! 

Technik – Brei

Wenngleich es Mafia 3 tatsächlich gelingt, ein extrem greifbares Setting zu erschaffen, welches vor bekannten Lizenztiteln in Radioform nur so strotzt und überdies auch sehr darauf geachtet wird, den damaligen Zeitgeist in Form von Kleidung und Fahrzeugdesigns so gerecht wie nur möglich zu werden, geht diese Liebe zum Detail angesichts der doch sehr bescheidenen technischen Umsetzung nahezu komplett unter. Mafia 3 wirkt gerade grafisch an vielen Enden und Ecken wie ein unfertiges Spiel aus der letzten Konsolengeneration. Extrem detailarme und verwaschene Texturen, Kanten- und Schattenflimmern und auch die festgelegte Bildrate von 30 Bildern pro Sekunde wird auf den Konsolen immer mal wieder durch kleine Mikroruckler gestört, was besonders das Zielen in Gefechten bis über die Schmerzgrenze hinaus strapaziert, erst recht wenn man die automatische Zielhilfe aktiviert. Hinzu gesellen sich Pop – Ups, die besonders gerne beim Befahren der Stadt auftreten. Wenn man relativ zu Beginn eine Mission in den Sümpfen erledigt, wirkt die detailarme und öde Szenerie nahezu peinlich belustigend, bedenkt man doch, dass bereits „Assassins Creed IV – Black Flag“ aus dem Hause UbiSoft, seinerzeit als Launchtitel für PlayStation 4 und XBOX One erschienen ist, hier bereits um Längen schönere Atmosphäre erzeugt hat. Hinzu kommt, dass vor dem Erststart nicht nur ein Knapp 3 Gigabyte großer Patch geladen werden muss, sondern die Installation des Spiels selbst fast noch eine zusätzliche Dreiviertelstunde in Anspruch nimmt – vorher passiert gar nichts. Tatsächlich muss man zu dem unbefriedigenden Schluss gelangen, dass Mafia II auf XBOX 360 und PlayStation 3 stellenweise deutlich hübscher daher kommt, als Mafia 3 es auf PlayStation 4 und XBOX One tut.

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    Viele Orte, unter anderem das Bajou, wirken technisch wie aus der letzten Generation.

Die PC – Version reiht sich in diese Ansammlung von Unzulänglichkeiten makellos ein, auch hier ist die Bildrate auf 30 Bilder fixiert und selbst auf maximalen Einstellungen (es werden nur sehr wenige Einstellungsmöglichkeiten geboten) und 4K – Auflösung ist Mafia 3 alles, nur kein schönes Spiel. Hinzu kommen häufige, grundlose Abstürze. Das macht sich augenblicklich auch an dem gewaltigen Shitstorm bemerkbar, der auf Steam über die Entwickler eingebrochen ist. Unmittelbar nach Release türmen sich die Beschweren, besonders sauer sind die PC – Spieler über die miese Framerate. Der Entwickler verspricht zwar, noch am Wochenende einen Patch rauszubringen, der die Bildate frei justierbar macht, im Großen und Ganzen bleibt es jedoch nicht nachvollziehbar, warum den Spielern diese Tatsache im Allgemeinen vor Release nicht mitgeteilt wurde. Auch bei den Gegner kann man sich nur an den Kopf fassen. Die verharren oftmals stoisch in ihrer Deckung und bemerken oft gar nicht, wenn man hinter sie geschlichen ist. Stattdessen schießen sie munter weiter blind nach vorne. Hinzu kommt, dass man meist immer die gleichen Gegnermodelle serviert bekommt, die auch alle gleich klingen und immer wieder die gleichen Sätze und Beschimpfungen in der gleichen Stimme abspielen. Was vor Jahren vielleicht noch aus technischen Gründen halbwegs Akzeptanz gefunden hat, darf im Jahr 2016 einfach nicht mehr toleriert werden. Note Sechs, hinsetzen!

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                                Auch die PC – Version leidet unter der Texturarmut.

In Sachen allgemeiner Vertonung hat man da schon besser gearbeitet. Songs von den Rolling Stones, Creedence Clearwater Revival und Co., wurden perfekt gewählt und auch die Deutschen Sprecher machen ihren Job gut, wenngleich diese qualitativ nicht ganz an die Prominenz der Deutschen Sprecherelite heranreichen, die man seinerzeit für die ersten beiden Teile verpflichtet hat. Und wie erwähnt passen die Charaktere toll ins Setting und glänzen durch Persönlichkeit und nachvollziehbaren Motiven. So gar nicht ins Bild passen will da im Grunde nur der Hauptcharakter Lincoln Clay, der optisch so aussieht, als entsprünge er direkt der Creation Suite der WWE – Reihe. Hühnenhaft und so muskelbepackt, dass man sich oftmals fragt, wie der sich überhaupt bewegen kann. Die Antwort auf diese Frage lautet leider „mehr schlecht als recht“, denn gerade die Steuerung fällt trotz Gamepad stellenweise extrem grob aus, was zu Deckungsschwierigkeiten und Bewegungsproblemen führt, die so einfach nicht vorkommen dürfen. Besonders in der gleichen Woche, wo ein Gears of War 4 eindrucksvoll beweist, wie guter Deckungskampf funktioniert. Übrigens – mit Maus und Tastatur ist das sogar noch schlimmer! 

Fazit und Wertung

ava2 „Mensch…was habe ich mich auf Mafia 3 gefreut! Immerhin bin ich seit dem ersten Teil großer Fan der Reihe, besonders aufgrund der Hingabe, die man Setting, Story und Charakteren stets zugemessen hat. Mafia 3 gelingt es zwar, in Sachen Story und Charakteren alte Stärken beizubehalten und sie im Kern schmackhaft zu präsentieren, auch das Setting ist an sich gut gewählt und dank der detaillierten Integration des damaligen Zeitgeists vorzüglich zu allem. Allerdings ist die miserable technische Umsetzung für heutige Verhältnisse ein schlechter Witz. Besonders PC – Spieler werden immer mehr Opfer schlechter Konsolenportierungen. Klar, warum auch nicht – gerade die Konsolenspiele bringen das große Geld. Aber dann sollte man wenigstens sauber portieren und viel wichtiger, sauber entwickeln. Der momentane Shitstorm ist absolut gerechtfertigt und begründet sich nicht ganz zu Unrecht auf Vorspiegelung falscher Tatsachen. Aber auch die Konsolenfassung wirkt unfertig und nervt zusätzlich vor allem durch Mikro – Ruckler, Pop – Ups und Kantenflimmern. Unwahrscheinlich, dass all das durch Patches ausgebügelt werden kann. So lade ich lieber nochmal den zweiten Teil runter – der funktioniert nicht nur anständig, er sieht auch stellenweise besser aus! Im augenblicklichen Zustand kann das Spiel nur als mangelhaft bewertet werden, was extrem traurig ist, da so viel Hit-Potenzial vorhanden ist und am Ende angesichts der miesen Technik beinahe komplett verschenkt wird. Wie zur Hölle kommt sowas heile durch die Qualitätskontrolle und das auch noch bei einem so respektablen Unternehmen wie 2K, dass über die letzten Jahre nahezu IMMER hervorragend entwickelt und portiert hat?“

PRO:

+ Hervorragende Geschichte um Rassismus, Rache und Wegfindung
+ Grandiose Charaktere
+ Doku – Charakter als frischer Ansatz
+ Grundlegend wunderbar gewähltes Setting
+ Mit viel Liebe zum Detail umgesetztes Sixties – New Bordeaux
+ Abwechslungsreiche Gebiete
+ Hervorragender Soundtrack
+ Nützliche Helfer samt hilfreicher Perks
+ Unsorgfältiges Verteilen von Macht führt zu Ärger im eigenen Lager
+ Gute Deutsche Sprecher
+ Viele Collectibles
+ Sehr guter Umfang
+ Zahlreiche Nebenmissionen

CONTRA:

– Matschige, detailarme Texturen
– Grafisch völlig überholt
– Kanten- und Schattenflimmern (PS4/XB1)
– Mikro – Ruckler (PS4/XB1)
– Pop – Ups (PS4/XB1)
– Auch auf dem PC nur 30 Frames (Durch Patch behoben!)
– Klon – Gegner
– Zumeist strohdoofe K.I.
– Zielhilfe eher kontraproduktiv
– Deckungsschwierigkeiten
– Hauptcharakter wirkt eher wie der Hulk
– Teils klobige Bewegung
– Nahezu nutzloses Stealth – Feature
– Mit Tastatur und Maus nur mäßig spielbar

 GESAMTWERTUNG:     63% (PS4/XB1)
                                                           68% (PC)

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 
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