Farmageddon
Das nötige Wissen bekommen Einsteiger dabei auch von Anfang an vermittelt. In sechs Tutorials erlernt man alle wichtigen Grundlagen, die für eine erfolgreiche Karriere als Landwirt erforderlich sind. Trotzdem wird es man auch anschließend schwer haben, sich aufgrund der zahlreichen Fachbegriffe sofort in den Farmeralltag einzufinden. Spätestens aber nach einigen Stunden gehen die Arbeitsabläufe super von der Hand und auch den Unterschied zwischen Feldstecher und Feldspritze muss man nicht mehr im Netz nachschlagen. Und genau ab diesem Zeitpunkt macht der Landwirtschafts Simulator 2019 auch einigen Spaß, während Veteranen gleich von Anfang an das volle Programm erleben können. Dank einsteigerfreundlicher Einführungen, vieler optionaler Hilfen und Ausgangssituationen ist das Spiel ebenso für Neueinsteiger geeignet wie für langjährige Serienveteranen. Denn die können natürlich ganz ohne Hilfen und mit erschwerten Startbedingungen spielen, was den Grad der Herausforderung deutlich erhöht.
Doch selbst dann präsentiert sich das Spiel relativ abwechslungsarm, schließlich sind die jeweiligen Abläufe immer gleich. Eine richtige Kampagne oder gar besondere Herausforderungen sucht man auch dieses Mal leider abseits der Kleinstaufträge für die Farmer in der näheren Umgebung wieder vergeblich. So findet man sich zwar in einer Welt wieder, die einem nicht vorschreibt, was man wie zu tun hat, doch gleichzeitig entsteht dadurch auch eine gewisse Orientierungslosigkeit, die besonders Einsteigern zu Beginn trotz optionalem Rundgang einiges abverlangt. Da die Entwickler gleichzeitig auch die komplette Symbolik überarbeitet haben und dabei leider darauf verzichtet haben, diese zu beschriften, kann man zudem im schnell im Bilderdschungel untergehen. Wäre da nicht dieser Heidenspaß am Geldverdienen, wäre es sehr schwer, irgendwelche Gründe zu finden, die für eine gewisse Langzeitmotivation sprechen. Denn spätestens, wenn man alles mal ausprobiert, gepflanzt, gezüchtet oder gefällt hat, beginnt man unweigerlich wieder am Anfang – nur eben mit einem dickeren Bankkonto als zuvor. Wie lange man sich dazu zwingen kann, liegt immer am jeweiligen Spieler. Ich für meinen Teil war irgendwann um eine Menge Fachwissen reicher…und trotzdem unglaublich gelangweilt von den repetiven Mechaniken – allen Neuerungen zum Trotz. Wen das nicht stört, der wird sicher auch dieses Jahr wieder viel Freude mit der aktuellen Version haben.
Schwing die Hufe!
Im grundlegenden Ablauf ist also alles beim Alten geblieben. Neuerungen gibt es aber dennoch wie erwähnt einige, nicht nur beim Fahrzeugpool. Mit Baumwolle und Hafer gibt es dieses Mal nämlich auch zwei neue, gewinnträchtige Fruchtsorten, wobei der Hafer aber auch als Futtermittel für eure Pferde dient. Und das bringt uns zur zweiten großen Neuerung, der Pferdezucht. Anders als zum Beispiel Schweine muss der engagierte Pferdezüchter einigen Mehraufwand in Kauf nehmen, bis die Vierbeiner gutes Geld auf dem Markt bringen. Das bedeutet nicht nur eine gute Ernährung, sondern auch Pflege und Bewegung. Die Tiere wollen regelmäßig gestriegelt und ausgeritten werden, was insgesamt problemlos und zugänglich von der Hand geht. Anders als die dazugehörige Physik, die sich besonders zu Pferd als extrem anfällig für Glitches und Totalaussetzer entpuppt. Dazu trägt auch die unausgegorene Kollisionsabfrage bei, die nicht selten dafür sorgt, dass nicht nur das Pferd, sondern auch direkt der Reiter darauf (also der Spieler) an teils abenteuerlichen Orten festhängen bleiben. Der Landwirtschafts Simulator 19 plagt sich mit derlei Kinderkrankheiten leider immer noch herum, was wohl auch der veralteten Engine geschuldet ist, die wir später nochmal genauer betrachten wollen.
Ebenfalls neu ist das System zur Unkrautbekämpfung, welches allerdings eine optionale Komponente darstellt, die man auf Wunsch auch jederzeit komplett abstellen kann. Schade wäre das aber allemal, denn die Mechanik sorgt dafür, dass eure Felder mehr Aufmerksamkeit erfordern als in vorherigen Teilen, was der Immersion durchaus gut tut. Nach der Aussat bekommt ihr es dabei mit zwei verschiedenen Typen Wildwuchs zu tun: Junges Unkraut ist noch nicht hoch gewachsen und kann mithilfe eines Striegels relativ mühelos entfernt werden, ohne dass eure Ernte zu sehr darunter leiden muss. Wer die ungeliebten Gewächse aber zu lange gedeihen lässt, muss mit Chemie ran, was den finalen Verkaufspreis natürlich drückt, denn im andauernden Biowahn sind Pestizide natürlich nicht gerade beliebt.
Während der Hafer relativ leicht anzubauen ist, verhält es sich mit der gewinnträchtigen Baumwolle natürlich schon wieder ganz anders. Denn bevor man mit der begehrten Textilressource richtig Kohle scheffeln kann, muss man erstmal welche investieren. Der Case IH Module Express 365, der die Baumwolle in handliche Ballen verwandelt, kostet nämlich ordentlich Geld, auch werden zum Abtransport ebenfalls besondere Fahrzeuge benötigt. Baumwolle sollte man also erst anbauen, wenn man auf einem guten Finanzpolster sitzt. Dann jedoch darf man sich über eine der lukrativsten Geldquellen im ganzen Spiel freuen.
Von den Alpen zur Prärie
Drei Karten (von denen eine erst nach Release zum Download angeboten werden wird) bietet der Landwirtschafts Simulator 19 in seiner Grundversion, deren unterschiedliche Gegebenheiten den angehenden Landwirt von Weltruhm vor jeweils ganz eigene Herausforderungen stellen. Hier fällt gleich zu Beginn eine weitere zentrale Neuerung ins Auge, denn statt einzelner Feldparzellen könnt ihr nun gleich ganze Landstriche erwerben, die ihr zusätzlich frei nach euren Wünschen bebauen könnt. Dank intuitiver und übersichtlicher Baumenüs geht das wunderbar einfach von der Hand, die persönliche Note sorgt schließlich auch dafür, dass kaum ein Betrieb dem anderen gleicht. Besonders im Mehrspielermodus ist das natürlich eine feine Sache. Hier dürfen sich bis zu 16 Spieler nicht mehr nur gemeinsam um den Aufbau eines florierenden landwirtschaftlichen Betriebs kümmern, sondern endlich auch mal untereinander konkurrieren, was für viel Abwechslung sorgt, die der Modus dringend benötigt hat. Da ist es dann umso besser, wenn sich auch die Betriebe optisch voneinander unterscheiden, wenngleich die jeweiligen Gebäudetypen natürlich immer identisch bleiben.
Eher für Anfänger gedacht ist die Alpenkarte Feldbrunn. Inmitten malerischer Gebirgslandschaften ist der Platz begrenzt, dementsprechend auch die Möglichkeiten zur Landerschließung. Das komplette Gegenteil bietet Ravenport, wo man vor Platz gar nicht weiß, was man wo zuerst machen möchte. Die riesiegen Grundstücke eignen sich perfekt für anspruchsvolle Landwirte, denen bei der Gestaltung nur das eigene Budget Grenzen setzt. Pünktlich zum Release kommt zudem auch eine überarbeitete Version der bereits bekannten Karte Estancia Lapancho (die wie erwähnt erst später erscheinen wird) dazu, die sich mit klassisch südamerikanischem Flair präsentiert und sich ideal für die Aufzucht von Tieren aller Art eignet. Die Ranch ist von den drei Schauplätzen noch am ehesten nett anzusehen, doch auch die Alpen entfalten eine gewisse Heidi – Atmosphäre. Wären da nur nicht die altbekannten Technikprobleme: Hintergrundobjekte wirken stets detailarm und qualitativ deutlich unter dem Rest, auch kämpft das Spiel weiterhin mit Pop Up´s und Problemen bei der Schattendarstellung im Rahmen des sonst so hübsch-dynamischen Tag- und Nachtzyklus, der dank verbesserter Beleuchtung nie schöner aussah.
Auf den drei Maps lässt sich eine Menge Zeit totschlagen, natürlich ist aber auch dieses Mal wieder damit zu rechnen, dass die Modder sich fleißig um Nachschub kümmern werden. GIANTS weiß nur zu genau um den Wert seiner freiwilligen Gestalter und bietet dementsprechend wieder vollen Support für Veränderungen und Erweiterungen aller Art, die vom Hauptmenü aus unkompliziert verwaltet werden können. Gleichzeitig scheinen sich die Entwickler aber auch etwas zu sehr auf ihrer Community auszuruhen. Schließlich erscheint der Landwirtschafts Simulator nur alle zwei Jahre – und dafür hat sich mit den wenigen Neuerungen einfach viel zu wenig getan. Ohne Community wäre die Reihe kaum so erfolgreich, wie sie bereits seit Jahren ist. Hier muss der Entwickler dringend mehr Eigenverantwortung übernehmen. Und sich vor allem endlich mal konsequent um´s Bugfixing kümmern. Denn wenn man nach zwei Jahren Entwicklungszeit immer noch die gleichen Probleme abliefert wie die noch deutlich älteren Vorgänger, scheint es mit der Arbeitsmoral nicht zum Besten zu stehen.
Sand im Getriebe
Technisch hat sich durchaus etwas getan – allerdings letztendlich weit weniger, als die ersten Trailer mit ihren Ankündigungen versprochen haben. Die eigentlich längst notwendige Grafikrevolution bleibt aus. Zwar sehen die Fahrzeugmodelle schöner und detaillierter denn je aus, besonders die Spiegelungen können sich sehen lassen, alles andere hängt dafür deutlich in der Vergangenheit fest. Schön, jetzt tummeln sich Vögel auf den Feldern, die sich verscheuchen lassen und auch die Sonnenauf- und Untergänge präsentieren sich hier ansehnlicher denn je. Sobald man aber sein Grundstück verlässt, findet man sich schnell in einer leblosen, ja nahezu toten Welt wieder, die dem Betreten eines Paralleluniversums gleichkommt.
Im Test zur Version von 2016 habe ich seinerzeit bemängelt, dass die Passanten in den einzelnen Städtchen allesamt potthässlich aussehen. Dem Problem hat man sich erfolgreich angenommen – indem man die Fußgänger einfach komplett aus dem Spiel gestrichen hat, zumindest auf der U.S. – Karte. Dementsprechend wirken die Ortschaften dort wie völlig verwahlloste Geisterstädte. Woanders tummeln sich dann auch wieder ein paar Menschen. Die sind aber scheinbar mit dem gleichen Editor erschaffen worden wireder Spieler selbst und wirken entsprechend immer noch nicht glaubhaft. Ein einziges, mickriges Auto sah ich auf den sonst ebenfalls leeren Straßen herumfahren. Dagegen wirkt Fallout 76 geradezu krankhaft überbevölkert. Und auch bei den Umgebungstexturen fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Straßen, Gebäude…das hat schon vor zwei Jahren längst nicht mehr zeitgemäß ausgesehen. Selbst die Innenräume der einzelnen Fahrzeuge wirken steril und völlig veraltet.
Wenn das die Vorstellung von neuer Grafik ist, will ich gar nicht wissen, was die Entwickler unter alter Grafik verstehen. Der Landwirtschafts Simulator 19 hat definitiv seine Momente. Im Schein der Dämmerung den Traktor auf dem Acker parken, aussteigen und staunen – das geht. Wer sich aber erstmal vom eigenen Grund und Boden wegbewegt, wünscht sich erfüllt von Angst und Unglauben nichts sehnlicher, als möglichst rasch wieder dorthin zurückzukehren. Zwar fallen die Hardwareansprüche dafür so gering aus, dass selbst Uraltrechner keine Mühen haben, das Spiel flüssig darzustellen, aber wie sehr man die Regler auch nach oben schraubt, schön sieht definitiv ganz, ganz anders aus – natürlich auch auf den gegenwärtigen Konsolenmodellen, die alle gleich gut laufen und gleich schlecht aussehen. Und auch bei den Jahreszeiten bleibt es wieder beim Dauersommer. Dabei wäre es so interessant gewesen, wie sich Regen, Schnee und Kälte auf den Betrieb auswirken.
Bei der Bedienung ist der PC klar im Vorteil, denn mit der Tastatur vor Augen lassen sich die einzelnen Kommandos deutlich übersichtlicher umsetzen. Dagegen kommen die jeweiligen Gamepads einfach nicht an, stattdessen kommen hier Kombinationen aus den Schulter- und Bedientasten zum Einsatz. Wenn einem das Spiel nicht praktischerweise stets die nötigen Eingaben anzeigen würde, stünden die Chancen nicht schlecht, sich völlig in den Eingaben mit Gamepad zu verlieren. Aber auch mit Hilfen kommt es nicht selten vor, dass man versehentlich Maschinen abkoppelt, Geräte ausschaltet oder mal eben die Heuballen vom Transporter wirft. Alle Plattformen unterstützen übrigens auch weiterhin eine Palette verschiedener Lenkräder, wobei die eigens für das Spiel konstruierten Editionen mitsamt Schalttafeln und Co. natürlich die beste Immersion bieten. Die aber dann entsprechend nur am Steuer selbst. Abseits davon stört besonders die endlos träge Kamera beim Umsehen. Hier empfiehlt es sich, selbst in den Einstellungen nachzujustieren. Sonst vergeht nämlich bei einer einzigen Drehung um die eigenen Achse gefühlt schon ein ganzer Tag.
Fazit und Wertung
„Weißt du, Pilger…das Leben auf dem Land ist hart, rau und gnadenlos. Ich habe drei Dutzend Indianer umgelegt, 500 Marlboro ohne Filter geraucht und bin erst seit zwei Stunden hier! – Aber Spaß beiseite: Die moderne Landwirtschaft hat natürlich viele Vorzüge, die dank akribischer Umsetzung der jeweiligen Ernte- und Zuchtmechaniken wieder mal sehr realistisch in Szene gesetzt worden sind. Neben dem großen Fuhrpark und den vielen Möglichkeiten, an Geld zu kommen, zeichnet sich die Version 2019 natürlich auch durch ihren wieder mal hervorragenden Mod – Support aus, der das Spiel auf lange Sicht deutlich mehr verbessern und erweitern wird, als es die faulen Entwicklern bei GIANTS Software wahrscheinlich selbst zu tun gedenken. Die elende Bequemlichkeit seitens der Macher merkt man auch dieses Jahr wieder überdeutlich. Neue Grafik wurde versprochen, am Ende jedoch bekommt man abermals Uralttechnik mit kleineren Upgrades serviert. Unschöne Bugs gibt es obendrauf. Und auch die Pferdezucht sowie die wenigen neuen Fruchtsorten oder das Bauen sind am Ende viel zu wenig für ein Spiel, dem zwei Jahre Entwicklungszeit zugrunde liegrn. So ist der Titel in seiner Grundversion wirklich nur noch für beinharte Fans interessant, die mit einer Tomatenscheibe auf jedem Auge spielen wollen – natürlich aus eigenem Anbau.“
Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Der Landwirtschafts Simulator 19 verfügt über keinerlei Echtgeldinhalte oder Möglichkeiten, sich gegen Bezahlung spielerische Vorteile zu verschaffen. Eine Abwertung nehmen wir diesbezüglich nicht vor.
PRO:
+ Nett anzusehende Beleuchtungseffekte
+ Detaillierte Fahrzeugaußenmodelle
+ Umfangreicher, komplett lizensierter Fuhrpark
+ Dynamische Tageszeiten sorgen für teils tolle Momente
+ Angenehm unterschiedliches Kartendesign
+ Realistisch in Szene gesetzte Landwirtschaftsmechaniken
+ Hohe spielerische Freiheit dank Land-, Forst- und Tierzuchtwirtschaft
+ Drei verschiedene Schwierigkeitsgrade machen das Spiel für Anfänger und Profis tauglich
+ Viele optionale Hilfen
+ Gut durchdachte Baumwollernte
+ Pferdezucht als interessante neue Option
+ Zugängliche Tutorials
+ Unkomplizierte Baufunktion
+ Motivierende PvP – Komponente im Mehrspielermodus
+ Vorbildlicher Mod – Support auf allen Plattformen
+ Sehr gute Lenkradunterstützung
CONTRA:
– Insgesamt hoffnungslos veraltetes Grafikgerüst
– Sterile, völlig leblose Städte
– So gut wie kein Verkehr auf den Straßen
– Hässliche Interieurs
– Unansehnliche Umgebungslandschaften und Hintergründe
– Flimmerschatten
– Pop Up´s
– Bugs bei Physik und Kollisionsabfrage
– Keine Kampagne, keine Herausforderungen
– Schnell repetive Spielmechaniken
– Wieder nur Dauersommer statt verschiedener Jahreszeiten
– Einsteiger finden nur mit viel Geduld ins Spiel
– Träges Umdrehen
– Extrem mauer Charaktereditor
– Überladene Gamepadsteuerung
GESAMTWERTUNG: 5.2/10
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