DVD: „jerks. – Staffel 4“

jerks4wp

                                                    Getestet und verfasst von General M 

                             Ab dem 04. Februar 2022 erhältlich als DVD oder On Demand via JOYN

jks4kaWer glaubte, die dritte Staffel von jerks. könnte in Sachen Fremdschampotenzial und Bösartigkeit nicht mehr überboten werden, dürfte mit den neuen Episoden der Folgestaffel eines Besseren belehrt werden. Frei nach dem dänischen Vorbild Klovn. versuchen die beiden Schauspieler/Best Buddies Christian Ulmen und Fahri Yardim auch dieses Mal wieder, ihren Alltag als Prominente mitsamt Privatleben halbwegs zu meistern, nur um dabei letztendlich regelmäßig ein heilloses Chaos anzurichten. Zahllose bekannte Gastdarsteller aus Film, Fernsehen und Internet sind dabei einmal mehr nicht zu Schade, ihr Image genüsslich auf die Schippe zu nehmen. Die Serie bleibt dabei ihren Wurzeln treu und richtet sich primär an ein Publikum, dem selbst der finsterste Humor immer noch zu hell erscheint. 

Die vierte Staffel

Während sich die hochschwangere Pheline auf die Geburt ihres ersten Kindes vorbereitet, will sich beim werdenden Papa Fahri keine rechte Freude auf den Nachwuchs einstellen. Das Dasein als Familienvater passt so gar nicht in das Konzept des ewig untreuen Schauspielers. Viel schwerer wiegt die Sorge, dass seine Freundin durch die Geburt untenrum nicht mehr eng genug sein könnte. Um sich irgendwie aus der Misere herauszumogeln, versucht Fahri seinem besten Freund Christian die Vaterschaft als Folge des vergangenen Partnertauschabends unterzujubeln, scheitert dabei aber kläglich. Nach erfolgreicher Entbindung droht die Ehe der beiden zu zerbrechen. Eine Paartherapie in einem abgelegenen Waldhotel soll die Wogen glätten. Später gesellen sich auch Christian und die zunehmend deprimierte Emily dazu, um deren Beziehung es momentan ebenfalls nicht allzu gut bestellt ist. Um seine Beziehung zu Pheline zu retten, ist Fahri sogar bereit, seine eigene Mutter ans Messer zu liefern.

jerks41

Dabei erfährt er beiläufig, dass er noch einen Halbbruder hat, der ebenfalls kein Unbekannter ist. Das erste Treffen gerät aber zum absoluten Fiasko. Dennoch geht das Leben der beiden Magenta-Maskottchen schon bald wieder seinen geregelten Gang: Fahri hüpft hemmungslos mit allem in die Kiste, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist, während Emily dem schockierten Christian eröffnet, mit dem Aktmodell ihres Zeichenkurses intim gewesen zu sein. Gerade als sich das Paar wieder versöhnt, gerät Emily vor einen fahrenden LKW und stirbt. Auf seinen besten Kumpel kann sich der am Boden zerstörte Christian in dieser schwerer Zeit jedoch nicht verlassen, stört dieser sich doch eher an der geplanten Umbettung seines verstorbenen Vaters. Stattdessen kommt Christian seiner Ex Collien wieder näher. Beide beginnen insgeheim eine Affäre, die aber aufzufliegen droht, als Fahri, Pheline und die nymphomane Emilia Schüle mitsamt ihrem Partner Simon Verhoeven ebenfalls im Liebesnest aufschlagen. 

jerks42

Beim Versuch, sich neben seiner Schauspielkarriere auch als DJ und Autor zu profilieren, beschwört Fahri neues Unheil herauf. Nach einer komplett aus dem Ruder gelaufenen Buchpräsentation findet er sich gemeinsam mit Pheline in einem verschlossenen Transporter wieder, wo erstmals die Wahrheit über die angebliche Vergewaltigung mit Blümchen und die zahllosen anderen Affären offenbart wird – mit verheerenden Konsequenzen…

Die Rezension

Dass sich ein solch gewagtes Format wie jerks. in Zeiten von übermäßiger erzwungener Rücksichtnahme auf wirklich alles so lange halten konnte, grenzt an ein kleines Wunder. Dreht man diese Betrachtung einmal um, ist aber womöglich genau diese kompromisslose Auseinandersetzung mit längst zu Tabus erklärten Themen, welcher der Serie eine stetig wachsende Fangemeinde beschert. Auch in der vierten Staffel geht es wieder gnadenlos zur Sache, wenn der egomanische Fahri und der vertrottelte Christian von einer Katastrophe in die nächste schlittern. Auf die Subtilität im Kern ähnlich gestrickter Formate wie Pastewka verzichtet man ganz bewusst. Das Motto lautet: Immer mittenrein und wenn möglich noch zwei-drei Mal nachtreten. Genau diese Härte macht die Serie in meinen Augen so sehenswert.

jerks43

Wenn Obdachlose als Tänzer für ein DJ-Set engagiert werden, Behinderten mit Schlittschuhen mal eben ein paar Finger abtrennt werden oder eine Affenpartnerschaft als Hosenöffner missbraucht wird, möchte man am liebsten peinlich berührt wegschauen, ertappt sich dann aber doch dabei, gerade in diesen Momenten am lautesten zu lachen, weil das alles so brutal überzeichnet dargestellt wird, dass man es sowieso nicht voll nehmen kann. Dennoch verirbt sich darin immer auch eine realistische Komponente, weil die Serie auch in der vierten Staffel komplett auf Dialogbücher verzichtet und den Darstellern lediglich eine grobe Handlungsrichtung vorgegeben wird. Was innerhalb davon entsteht, wirkt unterstützt durch die Spontanität und Dynamik der Schauspieler wie ein Anker, der selbst die bescheuertsten Situationen irgendwie bodenständig anfühlen lässt. Das Ergebnis ist absolut nichts für schwache Nerven, woke Moralapostel oder anderweitig schnell betroffene Schneeflocken. Und das ist auch verdammt gut so. 

jerks44

Zudem zeigt die vierte Staffel, dass man sich längst erfolgreich von der dänischen Vorlage emanzipiert hat. Persönliche Abgründe und traurige Momente sind im Rahmen der elf neuen Episoden sehr viel präsenter als bisher. Weil Ulmen und Yardim in den Karikaturen ihrerselbst daran aber nicht selten eine gewaltige Mitschuld tragen, kann man trotzdem nie oder zumindest nicht lange Mitleid empfinden. Eine fünfte Staffel ist längst in Planung, gerade nach dem offenen Finale steht außer Frage, dass es noch viele zu beantwortende Fragen gibt. Wann die genau erscheint, ist gegenwärtig jedoch noch nicht klar. Wer sich aber die freie Zeit mit einem ähnlichen Format vertreiben will, dem sei die von Christian Ulmen produzierte und unter anderem Nachwuchsstar Boris Alexander dirigierte Mockumentary Die Discounter auf Amazon Prime wärmstens empfohlen. Für mich persönlich ist und bleibt jerks. eine der letzten, wenn nicht sogar DIE letzte gute Bastion der deutschen Humorindustrie, die aber ganz sicher nicht für jedes Publikum geeignet ist und zum Glück auch keinerlei Ambitionen hegt, dazu zu verkommen. 

Die DVD

Fast fünf Stunden Material hat LEONINE als Lizenznehmer von Pro 7 auf zwei Scheiben gepresst, wobei der die Staffel einleitende Zweiteiler hier als Bonusmaterial gelistet wird, was in meinen Augen aber absoluter Humbug ist, weil es sich dabei um vollwertige Episoden handelt, die für die nachfolgende Handlung durchaus sehr wichtig sind. Für das veraltete Format so oder so eine sehr schwer zu stemmende Herausforderung. Besonders ärgerlich ist, dass die Serie bis heute keine Auswertung als Blu-Ray spendiert bekommen hat. Wer in High Definition schauen will, hat abseits der bereits laufenden TV-Ausstrahlungen im Spätprogramm beim Sender aus Unterföhring nur die Option, ein kostenpflichtiges Abonnement beim hauseigenen Streamingdienst JOYN abzuschließen.

jerks45

So präsentiert sich das Bild über seine insgesamt zwölf Episoden auch mit den formatbedingt typischen Unschärfen. Die Detailwiedergabe ist gemessen daran noch brauchbar, Kompressionsartefakte halten sich angesichts der Tatsache, dass die Serie durchgehend ruhig inszeniert ist, in akzeptablen Grenzen. Bei Farben und Kontrasten darf man ebenfalls keine Bestnoten erwarten. Die Serie hat definitiv mehr verdient als das. Der Sound liegt ebenfalls nur in magerem Dolby Digital 2.0 vor, profitiert aber von der Tatsache, dass jerks. sehr dialoglastig ist und dementsprechend nicht vor dem Problem steht, effekttechnisch irgendwas aufbieten zu müssen. Die Stimmverständlichkeit ist sehr gut. Der Ton tut, was er soll. Auf nicht mehr und nicht weniger muss man sich einstellen. Knappe zwanzig Euro werden für die komplette Staffel fällig, weitere Extras gibt es nicht. Gemessen an der umfangreichen Gesamtlaufzeit ist das aber okay. 

Fazit

profilbildapril„Alles muss diverser sein, bloß niemandem auf die Füße treten und sich thematisch bloß nicht zu weit aus dem Fenster lehnen – es könnte ja jemanden triggern und ehe man sich versieht, hat man einen Shitstorm bei Twitter am Hals. Während sich Film und Fernsehen zusehends in diese besorgniserregende Richtung entwickeln, sind die jerks. zum Glück ganz die Alten geblieben. Mit insgesamt zwölf neuen Episoden lehren Ulmen und Yardim professionellen und hobbyartig auftretenden Moralwächtern erneut gekonnt das Fürchten. Brachialer Humor, der weit jenseits sämtlicher Normen agiert, dazu ein gewohnt spielfreudiger Cast mit toller Chemie und gutem Gespür für Improvisationsdynamik sind einmal mehr Grundpfeiler einer gnadenlosen Tour de Force, die selbst in düstersten Momenten nicht an Zurückhaltung denkt. Für mich eine der bisher besten Staffeln bisher.“

                                            Quelle Bildmaterial: „©2022 LEONINE Studios. All rights reserved.“

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.


                                               ©2022 Wrestling-Point.de/M-Reviews