
Nach zwölf Jahren bei WWE endete Anfang 2025 überraschend das Kapitel Carmella. Die ehemalige SmackDown Women’s Champion, Money in the Bank Siegerin und eine der bekanntesten Gesichter der Women’s Division wurde ohne große Vorwarnung aus dem Roster gestrichen. Ihr Vertrag wurde nicht verlängert, und obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagen war, erhielt sie keine neue Rolle, keine Option auf einen Übergang hinter die Kulissen und keine wirkliche Erklärung. In mehreren Interviews sprach Carmella, mit bürgerlichem Namen Leah Van Dale, offen und emotional über diese Erfahrung, ihre Enttäuschung, ihre Verletzung, aber auch über Dankbarkeit und neue Ziele.
Plötzlicher Bruch nach 12 Jahren Loyalität – „Ich war schockiert“
In einem Interview mit Casual Conversations erklärte Carmella, dass sie keine Vorahnung hatte, dass ihr Vertrag nicht verlängert werden würde. „Im ersten Moment war es sehr erschütternd. Ich war schockiert. Ich hatte kaum Vorwarnung, es kam einfach so plötzlich. Das war ein echtes Wow-Erlebnis. Es hat mich emotional stark getroffen.“ Sie habe geglaubt, dass man ihr zumindest ein Gespräch oder einen Übergang ermögliche, nach all den Jahren, die sie mit Herzblut in das Unternehmen investiert hatte.
„Ich war verärgert. Ich war wirklich verärgert und verletzt darüber, wie es ablief, weil ich das Gefühl habe, dass ich immer ein Company Girl war“, so Carmella. „Ich war 12 Jahre lang bei der Firma und habe immer getan, was von mir verlangt wurde. Ich habe keine Skandale verursacht, war immer da, wenn man mich brauchte, habe mich weiterentwickelt, Charaktere getragen und Titel gewonnen.“
Gesundheitsprobleme nach Geburt – und dann die Entlassung
Carmella hatte ihren letzten WWE-Auftritt im März 2023. Zu diesem Zeitpunkt war sie nur wenige Wochen nach einer längeren Pause im Einsatz, nachdem sie bereits seit 2022 pausieren musste. Nach der Geburt ihres Kindes im November 2023 erlebte sie gesundheitliche Komplikationen, die eine vollständige Rückkehr zunächst verhinderten. Gegenüber Sports Illustrated sprach sie erstmals offen über die Verbindung zwischen ihrem Gesundheitszustand und der Vertragsbeendigung.
„Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es nichts miteinander zu tun hatte, aber ich weiß es wirklich nicht“, sagte Carmella. „Früher gab es, glaube ich, eine unausgesprochene Regel, dass man nicht entlassen wird, wenn man verletzt ist. Heute scheint das keine Rolle mehr zu spielen, da wird man einfach entlassen, ohne dass vorher überhaupt medizinisch geklärt wird, ob man wieder einsatzfähig ist.“ Sie betonte, dass ihre Verletzung nicht im Ring passiert sei und sie sich auch nicht fahrlässig verhalten habe. „Ich habe mich nicht auf dumme Weise verletzt. Ich habe einfach meinen Körper gebraucht – für das größte Geschenk, das ich bekommen konnte. Ich habe ein Kind zur Welt gebracht.“
Besonders enttäuschend sei für sie gewesen, dass ihr keine andere Funktion angeboten wurde. „Ich finde es schade, dass mir keine alternative Rolle angeboten wurde. Ich habe Jahre für die Firma gearbeitet, kenne das Geschäft, habe einiges geleistet. Ich hätte es zumindest gern versucht, in einer anderen Funktion weiterzumachen. Ob es letztlich an der Verletzung lag? Keine Ahnung.“
Kein Groll, aber ehrliche Worte – „Ich war verletzt, nicht wütend“
Obwohl Carmella betonte, dass sie dankbar für ihre Zeit bei WWE sei, schwang in vielen ihrer Aussagen eine gewisse Enttäuschung mit. „Ich war nicht wütend im Sinne von Groll. Es war mehr diese Art von Traurigkeit, die entsteht, wenn du realisierst, dass du nicht so wertgeschätzt wurdest, wie du es dir gewünscht hättest. Ich habe das Gefühl, ich habe viel gegeben und am Ende war es einfach vorbei, ohne ein Wort.“
Im Gespräch mit Zack Heydorn von Sports Illustrated reagierte sie auch auf Kritik an früheren Aussagen, wonach sie sich angeblich negativ über WWE geäußert habe. „Ich habe überhaupt nichts Schlechtes über WWE gesagt. Ganz im Gegenteil, ich bin so dankbar für alles, was ich erleben durfte. Natürlich war ich etwas verletzt über die Art und Weise, wie es endete, aber irgendwann musste es einfach passieren. Niemand bleibt ewig dort.“
Positive Erfahrungen mit Vince McMahon – „Er war offen, kreativ, direkt“
Trotz ihres enttäuschenden Abschieds sprach Carmella sehr positiv über die Zusammenarbeit mit Vince McMahon. Sie betonte, dass er ihre Kreativität und Risikobereitschaft stets gefördert habe. „Ich habe es geliebt, mit Vince zusammenzuarbeiten. Alles, was sonst passiert ist, mal außen vor – meine persönliche Erfahrung mit ihm war durchweg positiv. Er war immer offen für meine Ideen. Wenn ich Fragen oder Bedenken hatte, konnte ich jederzeit zu ihm gehen, und er nahm sich wirklich die Zeit für mich.“
Sie erinnerte sich besonders an ihre Money in the Bank-Promo: „Er war so genau, was ich in dieser Promo machen sollte. ‚Schau hier, mach das, sprich darüber.‘ Es war großartig, mit ihm zu arbeiten.“ Auch ihre Zusammenarbeit mit James Ellsworth sei durch ihren Vorschlag zustande gekommen – McMahon habe die Chemie erkannt und das Konzept direkt abgenickt.
Wer ist Leah ohne Carmella? Identitätssuche nach dem WWE-Aus
Nach dem WWE-Aus steht Carmella vor einer neuen, persönlichen Herausforderung. „Ich war zwar zwei Jahre lang nicht im Ring, aber ich war immer noch unter Vertrag. Jetzt ist es zum ersten Mal anders. Ich denke: ‚Ich bin Leah, nicht mehr Carmella.‘ Und plötzlich stellt sich die Frage: Wer bin ich eigentlich ohne Wrestling?“ Sie wolle herausfinden, wie sie als Mutter, Unternehmerin und Person außerhalb des Wrestling-Zirkus funktionieren könne.
Aktuell widmet sie sich dem Aufbau ihrer Lifestyle-Marke „Snatch“, spricht offen über Manifestationen, Selbstentfaltung und die Balance zwischen Familie und Beruf.
Ein Comeback bleibt offen – „Wrestling liegt mir im Blut“
Trotz aller Veränderungen bleibt Carmella dem Wrestling emotional verbunden. Sie schließt eine Rückkehr nicht aus. „Ich liebe Wrestling. Es liegt mir im Blut. Wenn sich eines Tages eine Gelegenheit ergibt, vielleicht für ein einmaliges Match oder den Royal Rumble, wäre ich bereit. Die Tür ist nicht komplett zu.“