BD: „Zwölf Uhr Mittags – High Noon“

                                  Getestet und verfasst von General M 

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                     „High Noon, ©1952 Melange Pictures LLC. Im Vertrieb von STUDIOCANAL. All rights reserved.“ 

                            Ab 04. April 2019 erhältlich als Blu-Ray und Remastered DVD 

71tZTgsJbbL. SL1200 High Noon ist in vielerlei Hinsicht einer der bedeutsamsten Westernklassiker aller Zeiten. Nicht nur, dass der 1952 entstandene Film durch seinen Mut zu kompromisslosen Tabubrüchen mit den üblichen, auf grenzenlosen Optimismus getrimmten U.S. – Produktionen für einige Aufregung sorgte, auch konnte der hochklassig besetzte Streifen überraschend vier Oscars© abräumen, darunter unter anderem für Gary Cooper als besten Hauptdarsteller. Dahinter verbirgt sich aber weitaus mehr, als bloßes Kalkül, denn High Noon ist gleichzeitig auch eine herbe Kritik am damaligen politischen System der Vereinigten Staaten. Mehr dazu erfahrt ihr in unserem Test zur Neuveröffentlichung.

Der Film

Für den Kleinstadtsheriff Will Kane (Gary Cooper, Die Unbesiegten) geht eine Ära zuende. Der allseits beliebte Gesetzeshüter hat über viele Jahre erfolgreich Recht und Ordnung in Hadleyville verteidigt und genießt seit der Festnahme des berüchtigten Banditen Frank Miller sogar einen gewissen Ruhm in der Umgebung. Jetzt will er den Sheriffstern endgültig an den Nagel hängen und gemeinsam mit seiner frisch angetrauten Frau Amy (Grace Kelly, Mogambo) den wohlverdienten Ruhestand abseits der Gefahr genießen. Bis zur Ablösung am Folgetag ist Kane aber weiterhin im Dienst. 

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Und ebendieser eine Tag könnte dem scheidenden Sheriff nun zum Verhängnis werden, denn Miller wurde nach fünf Jahren im Zuchthaus überraschend begnadigt und befindet sich nun via Zug auf dem Weg nach Hadleyville, wo bereits drei Mitglieder seiner alten Gang sehnsüchtig auf dessen Ankunft warten. Klar, dass der frisch auf freien Fuß gesetzte Anführer sich danach sehnt, sich bei Kane für dessen Gefangennahme mit einer Ladung Blei zu revanchieren. 

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In kaum mehr als einer Stunde soll Miller in Hadleyville ankommen, weswegen Will und seine Frau auf Druck der Stadtbewohner umgehend die Flucht ergreifen. Doch der pflichtbewusste Sheriff entscheidet sich nach kurzem Zögern und gegen den eindringlichen Wunsch seiner pazifistischen Frau dazu, kehrt zu machen und sich Miller mitsamt seiner Bande in den Weg zu stellen. Während die Zeit unermüdlich abläuft, versucht Kane verzweifelt, in der Stadt Hilfe für seinen sonst aussichtslosen Kampf zu finden. Doch die Einwohner erweisen sich bis auf einen jungen Knaben und einen alten Säufer alles andere als hilfsbereit…

Die Rezension

Einen Film oder eine Serie in Echtzeit zu erzählen, gehört heute längst zum Standardrepertoire von Hollywood und ist ein gerne genutztes Element zum Erzeugen von Spannung. 1952, im Entstehungsjahr von 12 Uhr Mittags – High Noon war dieser erzählerische Ansatz aber nahezu revolutionär und sorgte somit für eine bisher kaum gekannten Nervenkitzel. Der unerbittliche Kampf gegen die Uhr funktioniert aber auch heute noch bestens. Um den Status als einer der besten Western aller Zeiten aber wird bis heute gestritten. Zweifelsohne ist der von Fred Zinneman inszenierte Klassiker toll inszeniert und wartet mit grandiosen Darstellern auf (unter anderem übrigens auch die spätere Genreikone Lee van Cleef, der hier in seiner ersten, noch stummen Filmrolle als Gangmitglied zu sehen ist), muss sich aber in meinen Augen dennoch vor allem den Meilensteinen des späteren Spaghettiwesterns unterordnen. Auf die hatte der Film aber prägenden Einfluss, was sich unter anderem auch darin zeigt, dass Produktionen wie Leone´s Spiel mir das Lied vom Tod in Ehrfurcht zahlreiche Referenzen zu 12 Uhr Mittags – High Noon aufweisen.

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Was den Film für den amerikanischen Raum so brisant und revolutionär machte, ist vor allem das deutlich düstere und kompromisslosere Bild des sonst stets als so wertetauglich und konservativ dargestellten Genres. Hier begegnet man Charakteren, die sich offen weigern, dem braven Gesetzeshüter beizustehen, die sogar einen persönlichen Groll gegen diesen hegen, weil die Verhaftung eines lokalen Gangsters für finanzielle Einbußen vieler Einwohner gesorgt hat. Und selbst der Hilfssheriff entpuppt sich als Neidhammel, der die Bösewichte aus persönlicher Missgunst lieber gewähren lässt, als Kane im Kampf beizustehen. Der eigentlich beliebte Ordnungshüter steht plötzlich ganz alleine dar. Damit verarbeitete Drehbuchautor Carl Foreman seine ganz persönlichen Erfahrungen, die als er als überzeugter Kommunist in der McCarthy – Ära erleben musste, wo Kommunisten aktiv verfolgt und aus dem Gesellschaftsleben ausgeschlossen wurden, was natürlich auch zahlreiche Hollywoodstars betraf, die dadurch bedingt plötzlich keine Arbeit mehr fanden. 

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Besonders John Wayne, damals Musterbeispiel des erzkonservativen und wertetreuen Amerikaners, der in seinen eigenen Filmen stets den heroischen Patrioten mimte, hat den Film derart gehasst, dass er persönlich eine Schmutzkampagne inszenierte, an deren Ende Foreman schließlich das Land verließ und im britischen Exil unter Decknamen weiter Drehbücher verfasste. Mit Rio Bravo inszenierte sich Wayne außerdem wenig später selbst in der Rolle des Kleinstadtsheriffs, der einer sehr ähnlichen Bedrohung gegenübersteht, hier aber wenig überraschend in seinem heroischen Kampf weitreichende Unterstützung erfährt. Gesungen wird hier dann natürlich auch wieder. Fakt ist, 12 Uhr Mittags – High Noon zählt heute zu den wichtigsten Vertreten des amerikanischen Westernkinos, dessen Stärken und Einfluss unverkennbar sind. Ein Film, den man gesehen haben muss. 

Die Blu-Ray

12 Uhr Mittags – High Noon hat in den letzten Jahren bereits diverse HD – Auswertungen erfahren. Erstmals erschien der Film bereits 2013 unter STUDIOCANAL´s hauseigenem Sublabel ARTHAUS, 2017 wertete AL!VE den Klassiker dann im Rahmen seiner Filmjuwelen – Rubrik erneut aus, darunter auch als Mediabook. Die Neuauflage unterscheidet sich abseits vom Cover inhaltlich nicht von der Erstveröffentlichung, das seinerzeit in 4K restaurierte Master ist identisch zu sämtlichen anderen Releases. Schlimm ist das aber nicht, denn für sein beachtliches Alter kann der Film in Sachen Bildqualität absolut überzeugen. Der komplett in Schwarz-Weiß gedrehte Film kommt auch hier in seiner Originalversion daher, das Bildformat entspricht dem klassischen 4:3 – Format. Die Kontraste sind dank der umfangreichen Aufbereitung auf Referenzniveau, fantastische Schwarzwerte und kristallklare Weißanteile sorgen für ein perfekt ausbalanciertes Sehvergnügen, die Durchzeichnung ist für einen S/W – Film einfach nur grandios.

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Bereits in der Totalen begeistert der hohe Detail- und Schärfegrad, aber erst in Nahaufnahmen entfaltet die Neubearbeitung diesbezüglich ihre wahren Qualitäten. Feine Hauttexturen sind ebenso sichtbar wie kleinste Schweißtropfen. Unsauberkeiten gibt es keine, das Bild bleibt über die gesamte Spielzeit von circa 85 Minuten ruhig und frei von Bildfehlern oder gar Artefakten. Das feine Filmkorn unterstreicht das Geschehen optimal und wirkt nie stören. Besser geht´s kaum, wobei die Frage im Raum bleibt, wann und ob denn das 4K – Master auch in nativer Auflösung eine Auswertung erfahren wird. Die Antwort darauf bleibt uns ARTHAUS/STUDIOCANAL gegenwärtig schuldig. 

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Auch beim Ton hat sich nichts geändert, sowohl die deutsche als auch die englische Sprachfassung haben ihren Weg im ursprünglichen Monoformat auf die Disc gefunden, immerhin im jeweils verlustfreien DTS-HD MA – Format. Geboten fast kristallklarer Sound, der für sein doch beschränktes Format eine beachtliche Effektdynamik bietet. Und auch der Score von Komponist Dimitri Tiomkin präsentiert sich stets präsent und eindrucksvoll – lediglich die Stimmverständlichkeit ist nicht immer optimal. Das ist dann auch der einzige Aspekt, in dem der deutsche Ton etwas besser abschneidet, trotz der gewohnt leicht gedämpft klingenden Sprecher. Identisch zur letzten ARTHAUS – Veröffentlichung sind übrigens auch die Extras. Die bestehen neben dem Originaltrailer aus drei interessanten Dokumentationen, nämlich dem 22 Minuten langen Making Of und dem etwas über 30 Minuten dauernden Featurette mit Namen Inside High Noon. Weitere 10 Minuten Laufzeit bietet abschließend „Behind High Noon“, welches in ganz ähnliche Kerben schießt. Zwar liegt all das nur in Standardauflösung vor und stammt wohl von irgendeiner alten DVD, ist aber überaus informativ und sehenswert geraten. Für Fans des Films definitiv Pflichtprogramm. 

Fazit

ava7„Ich habe ein Herz für Rebellen. Für alle, die sich gegen Konformismus auflehnen und die bereit sind, neue Wege zu gehen. Ein solcher Rebell war 1952 Fred Zinneman, der mit 12 Uhr Mittags – High Noon alles auf den Kopf stellte, was den klassischen amerikanischen Western zu dieser Zeit ausgemacht hat und damit konservativen Moral- und Sittenwächtern heftigst ans Bein geschissen hat.  Dank seiner damals revolutionären Erzählstruktur in Echtzeit, fantastischen Darstellern und einem zeitlos tollen Soundtrack begeistert der Film heute immer noch und zählt definitiv zu den Meisterwerken des Genres. Vier Oscars sprechen eine klare Sprache. Die Blu-Ray, wenn auch im Vergleich zu alten Veröffentlichungen ohne Neuerungen, begeistert durch tolle Bild- und Tonqualität und wartet zudem mit sehr sehenswerten Extras auf. Wer den Film also bisher verpasst hat, kann mit der gegenwärtigen Veröffentlichung gar nichts falsch machen. Jetzt noch eine UHD mit dem nativen Remaster an Bord und ich bin wunschlos glücklich.“

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