BD: „Diego Maradona“

maradona ka 1920

                                                      Getestet und verfasst von General M 

                                           Quelle Bildmaterial: „©2019 Universum Film GmbH. All rights reserved.“ 

                                                Ab sofort erhältlich als Blu-Ray und DVD

71htif9qVAL. SL1200 Die Welt liebt den Sport. Und ihre Sportler liebt sie meist noch mehr. Nicht selten gelangen erfolgreiche Athleten dank ihrer Leistungen zu einem gottgleichen Status. Christiano Ronaldo, Lionel Messi und Co. mögen zu den gegenwärtigen Idolen des Fußball zählen, wo Leistung maßgeblich den Weg zur Legende ebnet und selbst Skandale kaum vermögen, an der platinglänzenden Oberfläche zu kratzen. Vorgelebt hat das unter anderem Diego Maradona, der nicht zu unrecht als einer der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts gilt. Hinter dessen Leben und gleichermaßen auch die Geschichte einer einzigartigen Karriere hat der gefeierte Dokumentarfilmer Asif Kapadia nun für sein neues Projekt geblickt. 

Die Dokumentation

Im Jahr 1960 erblickt Diego Armando Maradona Franco im Armenviertel von Buenos Aires als viertes von insgesamt acht Kindern eines einfachen Arbeiters das Licht der Welt. Im tristen Alltag ist der Fußball die einzige Ablenkung – und für die meisten Jugendlichen auch die einzige Chance, es im Leben zu etwas zu bringen. Bereits mit neun Jahren wird Diego von einem Talentscout entdeckt und führt fortan die Kindermannschaft des Erstligisten Argentinos Juniors zu einer unglaublichen Siegesserie. Dass es der „Goldjunge“ mal unter die größten Fußballer aller Zeiten schaffen sollte, ist bereits zu dieser Zeit allen klar. Über die Folgejahre macht sich Maradona international endgültig einen Namen. Mit gerade einmal 21 Jahren ist er bereits Teil der argentinischen Nationalmannschaft und wurde drei Mal in Folge zum besten argentinischen Fußballspieler gekürt. 

mara1

Nach zwei Jahren beim FC Barcelona gerät der erfolgsverwöhnte Superstar allerdings erstmals auf Abwege. Das exzessive Nachtleben und der Beginn eines jahrelangen Kokainkonsums sorgen dafür, dass Maradona den Verein verlassen muss. Der Wechsel zum SSC Neapel geht für die damalige Rekordsumme von 24 Millionen D-Mark über die Bühne und bleibt bis heute von vielen ungeklärten Fragen begleitet, denn der Verein gilt zur damaligen Zeit als erfolgloser Schmuddelclub, dem immer wieder Verbindungen zur lokalen Unterwelt nachgesagt werden. Für die Neapolitaner läuft Maradona einmal mehr zur Hochform auf und führt den Club mehrmals zum Erstligapokal und sogar zum UEFA Cup. Die Einheimischen danken es ihrem Helden mit gottgleicher Verehrung. 

mara2

Doch der immense Ruhm kommt nicht ohne Konsequenzen. Der Weltfußballer versinkt immer mehr in seiner Kokainsucht, die ihn immer tiefer in einen Sumpf aus Mafiaconnections, Prostitution und Drogen führt. Als Maradona schließlich bei der Fußballweltmeisterschaft 1990 als Teil der argentinischen Nationalmannschaft die Italiener aus dem Turnier kickt und die buhenden Fans offen als „Hurensöhne“ beschimpft, sinkt der einst strahlende Stern rapide. Ein Jahr später beeindruckt der mittlerweile stark übergewichtige Star nur noch durch seine stetigen Eskapaden und gilt mehrfach vorbestraft als Persona non grata im italienischen Fußball. Nach einer zweijährigen Sperre durch die FIFA wartet schließlich ein gerichtlich angeordneter Drogenentzug…

Die Rezension

Der Aufstieg und Fall des Diego Maradona gehört wohl zu den tragischsten Geschichten in der langen Historie des Fußballs. Bereits in den Achtzigern, also zu dessen Sternstunden, gab es Pläne über eine umfangreiche Dokumentation, die allerdings nie wirklich realisiert worden sind. Nachdem Asif Kapadia für seine brillianten Arbeiten über das Leben von Ayrton Senna und Amy Winehouse (letztere wurde sogar mit einem Oscar© prämiert) auf der Suche nach einem Abschluss für seine Kindheitshelden – Trilogie über die hunderte von Stunden damals gefilmten Materials stieß, konnte das Projekt endlich zu einem Abschluss gebracht werden. Zum Glück, denn qualitativ reiht sich das etwas über zwei Stunden Laufzeit auffahrende Portrait nahtlos in die restlichen Arbeiten des britischen Dokumentarfilmers ein und betrachtet vor allem Maradona´s Zeit beim SSC Neapel auf bisher ungekannte Weise. 

mara4

Kritikbeeinflussende Kommentare bleiben glücklicherweise aus, stattdessen lässt Kapadia fast alleine die Bilder für sich sprechen und lässt nur gelegentlich ein paar alte Weggefährten zu Wort kommen, die in den richtigen Augenblicken mit ein paar ergänzenden Hintergrundinformationen aufwarten. Das Ergebnis ist eine eindrucksvolle Nacherzählung über die erdrückenden Gefahren und Versuchungen des Ruhms, die auch die bereits damals schon grasierende Korruption im Fußballsport nicht außer Acht lässt. Dass sich an Maradona nämlich nicht nur die Mafia hemmungslos bereichert hat, wird überdeutlich. Parallelen zur heutigen Zeit lassen sich aber auch anderweitig schließen, denn die Vita Maradona ist alles andere als ein Einzelfall in der Fußballgeschichte. 

mara5

Obwohl ich mich wirklich nicht für Fußball interessiere und mich wohl auch nie dafür interessieren werde (vom üblichen Patriotismus im Rahmen internationaler Turniere einmal abgesehen), hat mich Diego Maradona tatsächlich extrem gut unterhalten. Der Informationsgehalt ist immens, die Erzählstruktur ermöglicht auch Laien allerbeste Zugänglichkeit zur Materie. Hier geht es letztendlich weniger um Fußball, sondern um den wankelmütigen Werdegang eines Mannes, den die Sucht nach Ruhm, Erfolg und schließlich auch nach Kokain von der obersten Wolke in ein tiefes Loch fallen ließen, aus dem sich Maradona nie wieder so ganz befreien konnte. Im Rahmen der Dokumentation können selbst eingefleischte Maradona – Fans noch das ein oder andere neue Detail erfahren. Und das alleine macht die Produktion schon zu einer der sehenswertesten des Jahres. 

Die Blu-Ray

Eine klassische Bewertung ist angesichts der Tatsache, dass sich das dargebotene Material fast komplett aus Found Footage und offiziellem TV – Material aus den Achtzigern und Neunzigern besteht, natürlich kaum möglich. Obwohl Alter und Ursprung des Quellmaterials zu jeder Zeit deutlich sichtbar sind, stimmt die Bildqualität besonders dank anhaltender Kontinuität zufrieden. Sehr viel mehr lässt sich dazu auch nicht sagen.

mara6

Und auch in Sachen Ton gibt es wenig zu vermelden. Der Dialog steht bei einer Dokumentation natürlich klar im Vordergrund und kommt dank verlustfreier Abmischung im Rahmen einer DTS-HD MA 5.1 – Tonspur auch wunderbar kraftvoll zur Geltung. Statt Untertitel hat man sich hier dazu entschieden, alle fremdsprachigen Inhalte komplett deutsch zu synchronisieren, was angesichts der schieren Masse davon auch eine kluge Idee gewesen ist. Nur gelegentlich übernehmen stattdessen sauber lokalisierte Texteinblendungen. Eine entsprechend englischsprachige Alternative ist ebenfalls vorhanden. Große Raumklangmomente darf man zwar nicht suchen, dennoch werden auch die hinteren Lautsprecher immer mal wieder gut angesprochen und versprühen gerade im Rahmen der Spielszenen für eine Dokumentation ungekanntes Flair.

mara3

Wirklich schade ist dafür, dass Universum Film als Beigabe lediglich den Trailer zur Produktion bereitgestellt hat. Die in England herausgegebene Fassung von Spirit ist nämlich randvoll mit Extras und enthält neben einem einstündigen Making Of und einem halbstündigen Q&A mit dem Regisseur auch noch einen gesonderten Audiokommentar sowie fast vierzig Minuten zusätzlicher Szenen. Um all das wird man hierzulande mehr oder weniger geprellt. 

Fazit

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Nach Senna und Amy ist es Dokumacher Kapadia gelungen, seine Trilogie über Kindheitsidole eindrucksvoll abzuschließen. Der rasante Aufstieg und der letztendlich tiefe Fall des Diego Maradona wird mit besonderem Fokus auf dessen Jahre beim SSC Neapel eindrucksvoll und für jedermann verständlich erzählt. Hier sprechen die Bilder für sich. Klar wäre es spannend gewesen, auch die gegenwärtige Zeit ein bisschen näher zu beleuchten. Dass aber andererseits das bisher ungezeigte Material auch eine ganz eigene, ausreichende Geschichte zu erzählen weiß, stellt dafür definitiv einen guten Ersatz dar. Bild und Ton gehen gemessen an Quellmaterial definitiv in Ordnung, im Vergleich zur randvoll mit Extras versehenen UK – Veröffentlichung lässt einen Universum Film aber hierzulande mehr als enttäuscht zurück.“

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
   

                                                 ©2019 Wrestling-Point.de/M-Reviews