SoulCalibur™ VI – „Auge um Auge“

                                  Getestet und verfasst von General M 

                       Seit dem 19. Oktober 2018 erhältlich für PC, PlayStation 4 und XBOX One

91POXmP0y3L. SL1500 Die SoulCalibur – Reihe (Nein, da fehlt kein Leerzeichen) verfügt über eine lange Tradition, die zwar nicht so weit reicht wie das TEKKEN – Franchise, mit zwanzig Jahren Bestand aber dennoch zu den etablierten Größen im Genre gehört. Als Launchtitel für die Dreamcast gelangte das bisher ausschließlich in Arcades beheimatete Spiel 1998 erstmals auf Heimkonsolen und blieb auch den folgenden Konsolengenerationen stets treu. Mit dem mittlerweile sechsten Ableger der Reihe steht nicht nur die Current Gen – Premiere an, auch PC – Spieler dürfen sich nun erstmals in der Seriengeschichte in den Kampf stürzen. Wir haben die PC- sowie die PlayStation 4 – Version ausführlich für euch getestet und verraten, ob SoulCalibur VI gegen Genregrößen wie TEKKEN, Injustice und Co. bestehen kann – oder gnadenlos abstürzt.

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Spaß mit Waffen

Ganze sechs Jahre ist es her, seit der letzte Ableger der Reihe auf XBOX 360 und PlayStation 3 erschienen ist. In diesem Zeitraum hat sich das Prügelgenre teils drastisch weiterentwickelt. Gegenwärtige Spitzenvertreter wie TEKKEN und Injustice setzen auf komplexe Kampfmechaniken und bieten zudem neben vielseitigen Anpassungsmöglichkeiten auch umfangreiche Story- und Onlinemodi. Das neue SoulCalibur setzt dagegen eher auf Bewährtes und bietet lediglich Verfeinerungen des altbekannten Gameplays. Auch hier wird ein Character Creator geboten, mit dem ihr euch auch dank ausgeflipptester Accessoires einen kunterbunten Wunschkämpfer basteln könnt, dessen jeweiligen Kampfstil ihr einfach von einem der offiziellen Charaktere kopieren könnt. Der bietet zwar nicht den Umfang eines WWE 2K und lässt Feintuning vermissen, geht aber dennoch über die Basics hinaus. Nervig ist hier allerdings das stetige Nachladen von Assets, was den Geduldsfaden beim Ändern von Accessoires deutlich strapaziert. Toll ist dafür, dass ihr mit dem Editor auch das bestehende Roster bearbeiten könnt. So dürft ihr jeden Kämpfer nach Wunsch mit ganz eigenen Kostümen versehen. 

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Steht die Kreation aber erstmal, könnt ihr euch entscheiden, welchen Weg ihr in Soul Calibur VI zuerst beschreiten wollt – immerhin stellt der neueste Teil euch gleich zwei verschiedene Kampagnen zur Verfügung. In „Die Seelen-Chronik“ erlebt ihr über mehrere Etappen hinweg die Hintergrundgeschichten der Originalcharaktere nach, was insgesamt noch am ehesten einer klassischen Storyerfahrung entspricht und sowohl Einsteigern als auch jahrelangen Veteranen interessante Informationen über die Kämpfer vermittelt. Anders als die Konkurrenz tut sich das Spiel allerdings deutlich schwerer damit, diese Geschichte optisch ansprechend zu präsentieren. Ähnlich wie in einem Visual Novel wird die jeweilige Handlung nämlich fast ausschließlich durch animierte Standbilder erzählt. Die wurden zwar komplett (in Englisch oder wahlweise Japanisch) vertont, wirken aber im Vergleich zur Konkurrenz dennoch extrem altbacken und zwingen einen dazu, sich mit Unmengen von Text herumzuplagen, statt mit vielen furios inszenierten Zwischensequenzen, wie sie ein Injustice 2 so meisterhaft geboten hat. Das schadet der sonst durchaus ansprechenden Handlung, zumal es bei den Bildern abseits toll gemachter Ausnahmen nur wenig Auswahl gibt und dementsprechend schnell immer die gleichen Stills gezeigt werden. Durch die hier gezeigten Geschichten bekommen die jeweiligen Charaktere aber dringend benötigte Tiefe, auf die Fans bereits seit Jahren warten. 

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Wenig anders, aber im Kern doch besser inszeniert wurde die zweite Kampagne. In „Waage der Seelen“ bekommt ihr zwar auch nur Text um Text vor die Augen geworfen, dafür baut das Spiel hier auf komplett andere Mechaniken, die euren selbsterstellten Charakter in den Vordergrund rücken. Statt den Kämpfern dreht sich hier alles um das namensgebende Schwert. Über mehrere Kapitel arbeitet ihr euch auf einer minimalistisch gestalteten Weltkarte Feld für Feld nach vorne, absolviert je nach Wunsch und Verfügbarkeit Haupt- und Nebenmissionen und sammelt neue Waffen, Erfahrung sowie Goldbelohnungen. Letztere benötigt ihr, um auf der Karte weiter voranschreiten zu können. Große Schritte benötigen dabei auch große Mengen Gold. Grinden muss man die virtuelle Währung aber zum Glück nie, denn vorwärts geht es auf diese und jene Weise immer. Dabei stellen sich euch natürlich immer wieder Feinde entgegen, die entweder aus Charakteren des Hauptrosters bestehen, oder aber aus den von der Community erstellten Kämpfern. Dabei werden die jeweiligen Kämpfe stets unter besonderen Bedingungen ausgetragen, die sich aus zahlreichen Handicaps zusammensetzen und so immer neue Herausforderungen bieten. Gleichzeitig müsst ihr gelegentlich auch Entscheidungen treffen, die sich entscheidend auf den Fortschritt und das Ende auswirken. Wer grundsätzlich gute Entscheidungen trifft, schaltet besondere Missionen frei, aber auch leidenschaftlichen Bösewichten werden einzigartige Aufgaben geboten. Das erhöht den Wiederspielwelt beträchtlich. 

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Wer auf all das keine Lust hat, kann sich natürlich auch sofort in klassische Arcadegefechte stürzen oder online gegen Spieler aus aller Welt um den besten Platz auf der Rangliste kämpfen. Sehr viel mehr steht auch leider nicht zur Auswahl, somit steht SoulCalibur VI in Sachen Abwechslung leider deutlich hinter der Konkurrenz zurück. Dass die beiden Kampagnen das Herzstück des Spiels darstellen, merkt man angesichts der wenigen Alternativen dazu schnell. Die bieten jeweils zwar angemessene Spielzeit, trösten aber nur wenig darüber hinweg, dass Modi wie klassisches 2 gegen 2 und andere Subarten, über welche die meisten Genrevertreter längst verfügen, hier einfach fehlen. 

Die alte Garde bekommt Zuwachs

Mit zwanzig von Anfang an verfügbaren Charakteren, die allesamt über eigene Kampfstile verfügen, bekommt man zwar nicht den größten Umfang geboten, zu der Vielzahl an Serienveteranen wie Siegfried, Maxi und Co. gesellt sich aber auch dieses Mal Verstärkung in Form zweier gänzlich neuer Figuren sowie einem ganz besonderen Gaststar. Der mit einer Doppelklinge bewaffnete Groh verfügt über die Fähigkeit zur Teleportation und macht gerne Gebrauch von Schockwellen. Ferner kann er seine Klinge in zwei kleinere teilen und ist dementsprechend gut gegen jeden feindlichen Stil gewappnet. Magier Azwel setzt eher auf Geisteskräfte und erschafft die nötige Bewaffnung einfach durch die Macht der Gedanken. Das macht ihn zu einem extrem unvorhersehbaren Gegner, zumal er die jeweiligen Waffen auch als Projektile einsetzen kann, dafür mangelt es ihm in diesen Situationen an Beweglichkeit. Alles in allem zwei willkommene Neuzugänge zum bereits bekannten Roster, dessen Recken ganz und gar auf klassische Mechaniken bauen und dementsprechend exakt so gespielt werden, wie in vorherigen Teilen. 

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Nachdem bereits Darth Vader, Yoda und andere illustre Gestalten Gastauftritte im SoulCalibur – Universum absolviert haben, konnten die Macher in diesem Jahr niemand geringeren als Geralt von Riva für das Roster gewinnen. Der weiße Wolf fügt sich nicht nur durch seine Vorliebe für den Schwertkampf perfekt ins Geschehen ein, sondern harmoniert auch optisch gut mit der restlichen Kämpferriege. Aber auch seine alchemistischen Fähigkeiten bringt der Witcher – Star hier zum Einsatz. Das macht ihn zu einem flexiblen Allrounder, der zudem gerade für Einsteiger bestens geeignet ist, um die vielen Spielmechaniken zu erlernen. Da leider auch jede Form von Tutorial fehlt, ist das besonders für Anfänger dringend zu empfehlen. Wie immer gilt auch hier: Einfaches Buttonsmashing KANN zum Erfolg führen, der geschickte Einsatz der jeweiligen Fertigkeiten führt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel eher zum Erfolg. Mit dem knapp 30€ teuren Season Pass bekommt man übrigens Zugriff auf viele weitere Inhalte, welche über die kommenden Wochen veröffentlicht werden und dem bestehenden Roster hauptsächlich neue Kämpfer hinzufügen sollen. 

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Darunter übrigens auch Fanliebling Tira, die in der Betaversion noch zum Standard gehörte und nun ausschließlich für Season Pass – Besitzer oder zum Einzelpreis von 4,99€ erhältlich ist. Hier merkt man dann leider überdeutlich, dass die Entwickler ganz bewusst Inhalte ausgelagert haben, um den Käufer anschließend nochmal extra um etwas Geld zu erleichtern. Im Genre leider längst traurige Normalität. Pay-2-Win – Komponenten oder gar Lootboxen gibt es hier zwar nicht, die offensichtliche Praktik des Content Outsourcings bestrafen wir aber dennoch mit ein paar Punkten Abzug von der Gesamtwertung. 

Schnöde Optik gegen tolles Gameplay

Die PlayStation 4 (aber auch die XBOX One) peilen wie immer bei der Reihe geschmeidige 60 Frames pro Sekunde an. Da uns ausschließlich die PC- und PlayStation 4 – Versionen zum Test zur Verfügung standen, beziehen sich die folgenden Zeilen auch lediglich auf diese beiden Plattformen. Tatsächlich macht die Konsolenfassung ihre Sache sehr, sehr gut und hält sich fast durchgehend auf der intendierten Bildrate. In der Detailanalyse waren lediglich ab und an minimale Drops von 1-2 Frames auszumachen, was man in der Praxis aber nun wirklich nicht wahrnimmt. All das bei nativer 1080p – Auflösung und unter Einsatz neuester Unreal – Technologie, die hier wie auch bei TEKKEN 7 als Grafikgerüst fungiert. PRO – Besitzer freuen sich über hochskaliertes 4K und einen kleinen Zugewinn an Schärfe bei gleichbleibend guter Performance.

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Das leichte, besonders bei den Charakteren auftretende Kantenflimmern bekommen aber beide Konsolen nicht in den Griff, Auflösung hin oder her. Besser macht es da der PC, der nicht nur mit unbegrenzten Framerates aufwartet, sondern auch deutlich bessere Kantenglättung und nativen 4K – Support bietet. Dafür wird übrigens keine High End – Hardware vorausgesetzt, etwas mehr als ein Mittelklassesystem sollte man aber dennoch zum Einsatz bringen. Dank umfangreichem Support für Gamepads aller Art bietet Soul Calibur VI hier das beste Erlebnis. Versucht gar nicht erst, die Tastatur zu benutzen, denn dabei geht euch jedwede Form von Präzision abhanden. 

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Dabei kann das Spiel visuell aber kaum einen Blumentopf gewinnen. Der kunterbunte, stark animelastige Stil kommt zwar auch hier super zur Geltung, dafür fallen viele schlappe Texturen negativ auf. Besonders die Kleidungsstücke wirken detailarm, aber auch Hintergründe fallen stellenweise durch Texturmatsch etwas aus der Rolle. Vergleicht man den aktuellen Teil mit dem sechs Jahre alten Vorgänger der Last Gen – Konsolen, will sich trotz neuer Engine kaum ein nennenswerter Unterschied bemerkbar machen. Das ist umso mehr enttäuschend, da die Reihe stets dafür bekannt war, die technischen Standards im Genre zu heben. Hier nun stagniert der mittlerweile sechste Teil deutlich, die Konkurrenz sieht da teilweise deutlich schöner aus. Dafür können sich die Effekte sehen lassen, auch die Kollisionsabfrage stimmt und sorgt für blitzsauberes Gameplay mit teils sehr geschmeidigen Animationen. Und darauf kommt es ja letztendlich auch an. 

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Neu ist hier übrigens auch eine frische Reversal – Mechanik. Zwar war das bloße Abwehren von gegnerischen Angriffen schon immer möglich, mit einer auf einfachem Schere – Stein – Papier – Prinzip basierenden Technik bekommt die Defense aber nun wesentlich mehr Dynamik im ohnehin schon schnellen Gameplay und sorgt außerdem für hübsche Sequenzen. Auf wichtige Zusatzfähigkeiten wie dem Soul Charge oder dem Armor Break, die in vorherigen Ablegern ihr Debüt feierten, muss man aber zusätzlich auch hier nicht verzichten. Rein spielerisch ist Soul Calibur VI damit der beste Teil der Serie, was viele Kleinigkeiten ausgleicht. 

Fazit und Wertung

ava4„Zwar bewegt sich der neueste Teil der traditionsreichen Prügelreihe auf einem teils überraschend schwachen technischen Niveau und muss sich zudem Kritik für seine offensichtlich dreiste DLC – Politik anhören, das Coreplay funktioniert dabei aber so gut wie eh und je, vielleicht sogar besser als je zuvor. Das perfekt ausbalancierte Gameplay bietet schnelle Gefechte, die dank der zahlreichen Zusatzfähigkeiten und den völlig unterschiedlichen Kampfstilen der einzelnen Fighter abwechslungsreich und extrem dynamisch ausfallen. Die zwei umfangreichen Kampagnen wissen zu unterhalten, besonders die Geschichte für den selbst erstellten Charakter punktet mit interessanten Mechaniken. Die Narration ist dank Textlawinen zwar hemmungslos veraltet, aber auch hier macht das Spielerlebnis einfach Spaß. Dank sauberer Performance auf beiden Systemen können Serien- und Genrefans hier bedinungslos zugreifen, sofern sie über manch kleinere Designschwäche hinwegsehen können. Leider wird abseits der Kampagnen kaum Vielfalt geboten.“ 

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: SoulCalibur VI bietet keinerlei Möglichkeiten, sich spielerische Vorteile gegen Echtgeld zu erkaufen. Eine Abwertung nehmen wir diesbezüglich nicht vor.

PRO: 

+ Exzellentes, blitzsauberes Gameplay…
+ …welches dank zahlreicher Zusatzmechaniken und Reverse Edge über viel Dynamik verfügt
+ Motivierende Kampagnen…
+ …die jeweils mit solidem Umfang aufwarten
+ Gut integrierte RPG – Mechaniken im „Wiege der Seelen“ – Modus

+ Erhöhter „Wiege der Seelen“ – Wiederspielwert dank unterschiedlicher Entscheidungen
+ Ausgewogene Kämpferriege mit zwei nützlichen Neuzugängen und coolem Gaststar
+ Saubere Performance

+ Teils sehr hübsche Effekte
+ Präzise Steuerung
+ Umfangreicher Editor, der auch das Bearbeiten vorhandener Charaktere ermöglicht

CONTRA:

– Geschichte wird hauptsächlich durch Textlawinen erzählt
– Wenig detaillierte Outfits
– Veraltete Charaktermimiken
– Teils sehr sterile Hintergründe
– Keine Tutorials
– Stetig nachladender Editor
– Online teils lange Wartezeiten
– Oft zu arcadelastiger Soundtrack
– Dreiste DLC – Politik

                                                    GESAMTWERTUNG:     80% 

                                 
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