
Die WWE steht nach einer weitreichenden Entlassungsrunde massiv in der Kritik. Innerhalb weniger Tage hat das Unternehmen zahlreiche Superstars aus dem aktiven Roster entfernt, darunter nicht nur Nachwuchstalente, sondern auch etablierte Namen mit TV-Präsenz und starker Fanbindung. Besonders im Fokus steht dabei der Umstand, dass unter den entlassenen Superstars mehrere Frauen aus der LGBTQ-Community waren, was in der Öffentlichkeit, bei Fans und innerhalb der Wrestling-Medien für erhebliche Irritationen sorgt.
Laut einem Bericht von Dave Meltzer im aktuellen Wrestling Observer Newsletter handelte es sich bei einigen der betroffenen Wrestlerinnen um Persönlichkeiten, die sich öffentlich als lesbisch geoutet haben und in den vergangenen Jahren sichtbare Rollen im WWE-TV übernommen hatten. Darunter befinden sich unter anderem Sonya Deville, Tegan Nox, Dakota Kai und Shayna Baszler. Alle vier galten als wichtige Repräsentantinnen für mehr Vielfalt im professionellen Wrestling. Ihre gleichzeitige Entlassung im Rahmen dieser einen Personalrunde lässt viele Fans und Beobachter vermuten, dass hier nicht nur wirtschaftliche, sondern möglicherweise auch andere Beweggründe eine Rolle gespielt haben könnten.
Die WWE hat sich bislang nicht öffentlich zu diesen Spekulationen geäußert. Auch interne Quellen geben keinen Hinweis darauf, dass bei den Entscheidungen Diskriminierung eine Rolle gespielt haben könnte. Dennoch ist der Zeitpunkt besonders heikel, da kurz nach der Bekanntgabe der Entlassungen AEW-Star Toni Storm bei „AEW Collision“ eine viel beachtete Promo hielt, in der sie mit den Worten „Ich bin lesbisch und ich bin hier“ für Aufmerksamkeit sorgte. Diese Aussage wurde von vielen als bewusster Seitenhieb in Richtung WWE verstanden und hat die laufende Debatte zusätzlich befeuert.
Altersstruktur, Entwicklungsstrategie und die Logik der Umstrukturierung
Ein weiterer Aspekt, den Meltzer in seinem Bericht beleuchtet, ist die veränderte strategische Ausrichtung der WWE unter der kreativen Führung von Paul „Triple H“ Levesque. Demnach verfolgt WWE aktuell eine deutlich stringentere Linie bei der Talententwicklung. Ziel sei es, junge Talente innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren für das Main Roster zu qualifizieren. Sollte dies nicht gelingen, werde die Zusammenarbeit in der Regel beendet, um Platz für neue potenzielle Stars zu schaffen. Dieses System sei aus Unternehmenssicht effizient, führe jedoch auch dazu, dass erfahrene oder ältere Talente mitunter schneller durch jüngere ersetzt werden – selbst wenn diese bereits eine loyale Fanbasis aufgebaut haben.
Diese Entwicklung führt laut Kritikern dazu, dass sich viele Wrestlerinnen und Wrestler trotz langfristiger Verträge in einer prekären Lage befinden. Während das Unternehmen öffentlich von Langzeitplänen spricht, sind die Verträge oft einseitig zugunsten der WWE gestaltet. Die Company hat das Recht, Talente jederzeit zu entlassen, während die Superstars ihrerseits an die vertraglich vereinbarte Laufzeit gebunden sind und keine vergleichbare Flexibilität genießen.
Finanzielle Hintergründe: WWE operiert trotz hoher Gewinne mit Kündigungsoptionen
Besonders kritisch wird dieser Umstand vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage der WWE gesehen. Das Unternehmen ist hochprofitabel. Laut dem Newsletter hatte die WWE in einem der vergangenen Quartale operative Ausgaben von rund 194 Millionen US-Dollar, erzielte jedoch gleichzeitig einen Nettogewinn von etwa 188 Millionen Dollar. Das entspricht einer Gewinnspanne von nahezu 50 Prozent – eine Zahl, die selbst in der umkämpften Medien- und Unterhaltungsbranche als außergewöhnlich gilt.
Trotz dieser starken Zahlen hat sich die WWE zu einem Zeitpunkt, in dem sie von vielen wirtschaftlich abgesichert erscheint, dafür entschieden, sich von einer Vielzahl an Talenten zu trennen. Dies sorgt für Unverständnis, vor allem bei den betroffenen Talenten selbst. Viele Wrestlerinnen und Wrestler treffen auf Basis ihrer mehrjährigen Verträge grundlegende Lebensentscheidungen wie Immobilienkäufe, Standortwechsel oder Familienplanung. Wenn diese Verträge plötzlich und einseitig durch die Company aufgelöst werden, kann dies existenzbedrohende Folgen haben.
Ein kleiner Kreis von Superstars ist dagegen durch sogenannte „No-Cut“-Verträge geschützt. Diese garantieren eine vertragliche Sicherheit, bei der die WWE auf ihr Kündigungsrecht verzichtet. Diese Art der Absicherung bleibt jedoch nur einem sehr exklusiven Kreis an Topstars vorbehalten und ist für die breite Masse der Wrestler unerreichbar. Meltzer zieht in seinem Vergleich eine Parallele zur NFL, wo Verträge formal über mehrere Jahre laufen, jedoch mit entsprechenden Ausstiegsklauseln versehen sind, die eine Entlassung jederzeit ermöglichen.
Triple H als Entscheidungsträger – Kritik an Intransparenz
Ein zentrales Element der Berichterstattung ist die Rolle von Triple H. Laut Meltzer lag die finale Verantwortung für die Entlassungsrunde bei ihm. Ob er dabei im Rahmen eines vorgegebenen Budgets oder einer festgelegten Anzahl zu kündigenden Talenten handelte, sei jedoch nicht bekannt. Diese Intransparenz in den Entscheidungsstrukturen sorgt für zusätzliche Spekulationen und Misstrauen. Fakt ist: Der kreative Leiter von WWE ist maßgeblich daran beteiligt, wer bleibt und wer gehen muss und trägt somit auch die Verantwortung für das entstehende Bild nach außen.
Während WWE den eingeschlagenen Weg einer verjüngten, dynamischeren und international wettbewerbsfähigen Talentstruktur konsequent weiterverfolgt, fordern Fans, Beobachter und einige der entlassenen Talente mehr Fairness, Kommunikation und Respekt im Umgang mit den Superstars.
So denken die Talente intern über Triple H
Trotz der Entlassungen herrscht bei vielen Talenten im WWE Roster weiterhin grundsätzlich eine positive Einstellung gegenüber der Arbeit von Triple H. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Vince McMahon gilt er als zugänglicher, verständnisvoller und deutlich offener für kreative Vorschläge. Zahlreiche Performer sehen in ihm eine willkommene Veränderung, insbesondere was die Kommunikation hinter den Kulissen betrifft.
Allerdings schwindet bei einigen das Vertrauen, wenn es um Zusicherungen seitens des Kreativteams geht. Mehreren entlassenen Superstars wurde in den Wochen vor ihrer Kündigung offenbar mehrfach mitgeteilt, sie sollten „Geduld haben“, da Pläne für sie vorbereitet würden. Diese Aussagen wirken im Rückblick auf viele wie Hinhaltetaktiken – ein Eindruck, der hinter den Kulissen zunehmend Zweifel an der Verlässlichkeit interner Kommunikation aufkommen lässt.
Verjüngt und dynamisch? Verspottet die WWE uns?
John Cena, Randy Orton und CM Punk an der Spitze. Während WWE 1996 sich über die deutlich jüngeren Nacho Man, Huckster und Nature Boy lustig machten ist WWE alt wie nie.
Rey Mysterio senior, Aleister Black, Sheamus, The Miz, Erick Rowan, Cody, Roman Reigns, Seth Rollins, Rusev, DIY, MCMG… wie lang sind nur diese Beispiele eigentlich schon im Business?