The Dark Pictures Anthology: House of Ashes – „Beim dritten Mal wird alles schlechter“

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                                                     Getestet und verfasst von General M 

81pgCJr2YZL. SL1500 Während andere Spieler ihren Kalender jedes Jahr auf das neue FIFA einstellen, blicke ich mit einer zwielichten Spannung stets dem neuen Teil der Dark Pictures Anthology entgegen. Qualitativ sind die Werke der Until Dawn-Macher zwar alles andere als referenzverdächtig, für einen kurzweiligen Abstecher waren die Vorgänger Little Hope und Man of Medan aber allemal gut. In House of Ashes bekommen wir es dieses Mal aber weder mit Geistern noch Wahnvorstellungen zu tun, sondern treten unter anderem in der digitalisierten Haut von High School Musical-Darling Ashley Tisdale gegen ein Rudel Fledermausmonster an. Klingt nach Trash? Ist es auch, aber leider keiner von der guten Sorte. Trotzdem habe ich mich zusammen mit Kamerad Dante durch das Gruselabenteuer gekämpft.

                      Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde mit der PC-Version erstellt. 

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Die Rocky Horror Picture Show

Nach den Anschlägen vom 11. September sind die Vereinigten Staaten im anhaltenden Krieg gegen im Irak einmarschiert. Dass es dabei primär um die Sicherung von Ölreserven geht, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand. So auch nicht die resolute Geheimdienstagentin Rachel King, die zusammen mit ihrem Team vor Ort nach Saddam´s angeblichen Massenvernichtungswaffen suchen soll. Als Noch-Ehemann Eric als hochrangiges Mitglied der U.S. Air Force zur Truppe stößt, droht das Unterfangen auch auf privater Ebene kompliziert zu werden, denn Rachel hat sich längst klammheimlich auf eine Affäre mit dem Soldaten Nick eingelassen. 

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Gleichzeitig muss sich sich der Iraker Salim nicht nur mit seinem diebischen Sohnemann herumplagen, sondern auch mit seinem Pflichtgefühl: Der anstehende Einsatz der Amerikaner ist längst kein Geheimnis mehr, sein kommandierender Offizier bläst zu einem Himmelfahrtskommando. Als sich die feindlichen Parteien in einem abgelegenen Dorf gegenüberstehen, bricht der Boden auf und reißt sämtliche Überlebenden in die Tiefe. Abgeschnitten und ohne Aussicht auf Hilfe von außerhalb beginnt ein verzweifelter Kampf ums Überleben, der spätestens mit dem Auftauchen jahrhundertealter Vampirwesen ganz neue Dimensionen annimmt…

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Viel mehr muss man über die dünne Story im Grunde gar nicht wissen. Und, um ganz ehrlich zu sein, viel mehr hat das Spiel auch gar nicht zu bieten. Obwohl der atmosphärische Einstieg dieses Mal nicht ganz so viel über den Ausgang der Geschichte verrät als dessen Vorgänger, findet man sich auch hier recht schnell in einer Handlung wieder, die in Punkto Charakterzeichnung und Überraschungsgehalt ähnlich ideenlos vor sich hindümpelt und nach bereits fünf bis sechs Stunden an ihrem vorläufigen Ende angelangt ist. Erst wenn man sich daran erinnert, dass noch mindestens fünf weitere Ableger innerhalb der Reihe geplant sind, stellt sich wirklich so etwas wie Horror ein. 

Mehr Action, weniger Spannung

Die offensichtlichen Probleme von House of Ashes lassen sich auch nicht hinter der prominenten Hauptdarstellerin verbergen. Eigene Ideen sind Mangelware, stattdessen bedienen sich die Macher munter bei B-Schinken wie The Descent, aber selbst wenn man den Film nicht gesehen hat, weiß man ziemlich schnell, woran man ist. Aspekte wie die schwierige Dreierbeziehung zwischen Rachel, Eric und Nick hätten inhaltlich brauchbares Material für den Spielverlauf hergegeben, besonders da sich auch hier wieder alles um persönliche Entscheidungen dreht, die in einer Vielzahl möglicher Ausgänge resultieren können – gerade im Angesicht einer gemeinsamen Bedrohung. Ein Ansatz, den die Macher nur leider nicht verfolgen, denn spätestens ab der zweiten Spielhälfte wird das Thema gar nicht mehr aufgegriffen. Erschwerend hinzu kommt, dass man hier auch auf die Gruppendynamik der Vorgänger verzichten muss, weil sämtliche Akteure über den Großteil des Spielverlaufs konsequent aufgesplittet werden. 

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Und weil bis an die Zähne bewaffnete Soldaten nur sehr bedingt Anlass dazu haben, bei einer drohenden Gefahr gleich panisch zu fliehen, kann es das Werk auch spannungstechnisch nie mit seinen diesbezüglich sowieso schon nicht herausragenden Vorgängern aufnehmen. Dafür fehlt einfach jedwedes Fundament. Wo wir uns in Man of Medan und Little Hope wenigstens noch gelegentlich erschrecken durften, entlockte uns House of Ashes angesichts seines uninspirierten und lückenreichen Skripts allerhöchstens verzweifeltes Gelächter. Am Ende wird man mit so vielen offenen Fragen zurückgelassen, dass man sich die Frage stellen muss, ob man es hier denn überhaupt mit einem fertigen Spiel zu tun hat. Auch ein Call of Duty erscheint jedes Jahr, hier wechseln sich aber immerhin mehrere Studios mit der Arbeit ab, während Supermassive Games komplett auf sich gestellt pünktlich zu Halloween einen neuen Ableger in die Regale pressen müssen. Zu welchen Ergebnissen das führt, zeigt sich spätestens jetzt. 

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Die Macher täten gut daran, zwischen einer Veröffentlichung mindestens ein Jahr Pause einzulegen. Denn auch der günstige Preis von gerade einmal knapp dreißig Euro kann nur bedingt darüber hinwegtrösten, dass dem noch relativ jungen Franchise in seinem dritten Jahr bereits komplett der Saft auszugehen droht. Zumal wir es hier einmal mehr mit gewohnten technischen Problemen wie dem gelegentlichem Wechsel zwischen englischen und deutschen Dialogen, aussetzeranfälligen Animationen und einer qualitativ ingesamt sehr schwanken Inszenierung zu tun haben. 

Leben und sterben lassen

Immerhin, auch House of Ashes trumpft mit einem gewissen Wiederspielwert auf. Denn obwohl man sämtliche Charaktere auf einer halben Seite zusammenfassen kann, reizt es einen doch, jeden einzelnen lebendig über die Zielgerade zu bringen. Genauso bietet es sich natürlich an, das genaue Gegenteil davon zu tun und konsequent jede Figur einen möglichst grausamen Tod sterben zu lassen. Oder einen gesunden Mittelweg zu gehen. Gerade ersteres macht einem das Spiel aber permanent unnötig schwierig. Getroffene Entscheidungen resultieren immer mal wieder in komplett hanebüchenen Ausgängen, die für einem klaren Geist kaum nachvollziehbar sind. Das sorgt für unnötigen Frust, auch weil man zumindest im ersten Durchgang alternativlos damit leben muss und erst danach über die Kapitelanwahl eventuelle Fehler ausbügeln kann. 

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Die altbekannten Vorahnungen, die sich über im Spiel versteckte Tafeln offenbaren, sind dabei leider kaum eine Hilfe, weil sie viel zu vage ausfallen und durch die undurchsichtigen Konsequenzen nicht selten genau jene Katastrophen herbeiführen, welche man eigentlich im Idealfall zu verhindern sucht. Mechanisch bleibt dagegen alles wie gehabt: Wer sich bereits vor Jahren übersättigt vom Prinzip omnipräsenter Quicktime-Events verabschiedet hat, wird mit House of Ashes genauso wenig glücklich werden wie mit dessen Vorgängern. Der damit verbundene Zeitdruck lässt sich zwar weiterhin in den Optionen deaktivieren, an der grundlegenden Substanz des Spiels ändert sich dadurch aber nichts. Vor allem im Zusammenspiel mit einem Freund über das Internet oder auf der Couch mit maximal vier weiteren Mitspielern, die den Controller regelmäßig untereinander herumreichen müssen, bleibt das Prinzip des Wartens auf den eigenen Einsatz oft ein nerviger Aspekt, den die Macher immer noch nicht zufriedenstellend lösen konnten. 

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Der Reiz des gemeinsamen Spiels, nicht direkt zu wissen, was der Kumpan gerade auf seinem Bildschirm erlebt, das ist für mich immer noch der einzige Grund, warum ich mich jedes Jahr so bereitwillig in die Reihe stürze. Entweder entscheidet man sich dazu, das Geheimnis zu wahren und so manche Überraschung beim Gegenüber zu erzeugen, oder aber man kommuniziert rege über die jeweiligen Geschehnisse und gibt einander Hinweise. Beides funktioniert weiterhin prächtig. Nur nützt das nicht viel, wenn man am Ende angesichts der miesen Story schon ein paar Drinks benötigt, um sich überhaupt an einen zweiten Durchgang wagen zu wollen. Daran ändert auch die gewohnt solide und geheimnisvolle Begleitung durch den mittlerweile von uns sehr liebgewonnenen Kurator nichts. 

Höh(l)enkoller

Weiterhin angetrieben von der Unreal Engine 4 trumpft das Spiel einmal mehr mit einer gelegentlich sehr hübschen Beleuchtung auf, bleibt aber in fast allen anderen Bereichen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Dass man auf den Konsolen der letzten Generation Abstriche bei bei Textur- und Effektqualität hinnehmen muss, ist klar. Dass matschige Assets, wie sie hier oftmals unschön in den Blick des Betrachters gelangen, in identischer Form ihren Weg auf PC, PlayStation 5 und XBOX Series X|S gefunden haben, ist ärgerlich. Bei den bis maximal 1080p auflösenden Standardmodellen PlayStation 4 und XBOX One S machen sich die Qualitätsunterschiede zwischen den via Motion Capturing eingefangenen Charakteren und der biederen Umgebung bereits bemerkbar. Geht es mit deren erweiterten Versionen dann aber in höherauflösendere Gefilde, werden die signifikaten Unterschiede umso deutlicher hervorgehoben. 

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Alleine das irakische Dorf zu Beginn des Spiels und ein Großteil der Partikeleffekte wirken grafisch so veraltetet, dass sie in dieser Form locker aus der Ära von PlayStation 3 und XBOX 360 entstammen könnten. Auch bei den Animationen läuft nicht alles rund. Während sich Ashley Tisdale unmittelbar nach ihrem Auftreten wie ein Brett durch die Kulissen bewegt, verzögern sich Interaktionen mit Umgebungsobjekten bzw. der Abbruch davon immer um mehrere Sekunden.  Während einer Szene ist Rachel sogar komplett festgefroren und im Anschluss bis zur nächsten Zwischensequenz nur noch steif über den Boden geschwebt. Auf dem PC trüben  gelegentliche Abstürze und/oder Verbindungsabbrüche den Gesamteindruck zusätzlich. Maximal 30 Frames pro Sekunde sind über sämtliche Modelle der PlayStation 4 und XBOX One möglich, gleiches gilt für die Darstellung in nativem 4K auf PlayStation 5 und XBOX Series X. Ein alternativer Performancemodus offeriert jeweils die doppelte Bildrate bei dynamischer Skalierung, beide Plattformen schaffen es dabei zumeist in sehr hohe Bereiche.

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Auf leistungsstarken PC´s ist natives 4K bei unbegrenzten Bildraten kein Problem, große visuelle Unterschiede zu den Konsolen gibt es aber nicht. Grundsätzlich kann man den Titel aufgrund seines gemütlichen Pacings auch bei 30 Frames pro Sekunde prima spielen, dafür reicht hier bereits solide Mittelklassehardware, weshalb man zumindest was die Performance angeht grundsätzlich auf allen Plattformen bedenkenlos zugreifen kann. Störende Texturnachlader sind aber bedingt durch die Abwärtskompatibilität des Spiels auch auf aktueller Konsolenhardware ein Problem und entfallen nur am PC komplett. Die bereits erwähnten Animationsaussetzer – welche sich leider nicht nur auf Bewegungen sondern auch Gesichter beziehen -, bekommt man hier aber ebenso geliefert wie Glitches. Frei in der Luft stehende Waffen und andere Objekte sind nur ein weiteres Indiz dafür, wie überhastet die Arbeiten an House of Ashes abgeschlossen worden sind. So wird man sich wie schon in den Vorgängern noch einige Patches einstellen müssen, ehe es auf technischer Ebene rund läuft. Wenigstens an der Kameraführung hat man seit dem letzten Teil gearbeitet, aber selbst die fokussierte Perspektive auf die dritte Person wird trotz merklicher Verbesserungen immer noch von Aussetzern begleitet. Way to go…

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Zu guter letzt hat uns das Spiel auch auf der Klangebene sehr enttäuscht zurückgelassen. Die deutsche Synchronfassung ist allenfalls solider Durchschnitt und außerdem viel zu leise abgemischt worden. Selbst die schlechtesten Heimkinoveröffentlichungen von Paramount bieten mehr Dynamik. Solider, aber trotzdem weit entfernt von zufriedenstellenden Ergebnissen verhält es sich beim Wechsel auf den Originalton. Horror lebt einfach von einer guten akkustischen Kulisse. Aber selbst was das angeht, schießt House of Ashes tonnenweise Potenzial in den Wind. Besser sieht´s bei der Bedienung aus, die schematisch identisch zu den Vorgänger ist. Ein Gamepad ist aber auch am PC verpflichtend, erst recht, weil sich die Charaktere so schon sehr stoisch durch die Kulissen bewegen. Mit Maus und Tastatur vergeht dann nämlich auch das letzte bisschen Freude. Spätestens. 

Fazit und Wertung 

profilbildapril„The Dark Pictures Anthology: House of Ashes steckt voller Schrecken, nur eben ausgerechnet nicht dort, wo man sie erwarten würde. Wenn so uninteressante Charaktere wie hier dargeboten durch eine genauso uninteressante Geschichte voller Löcher und Lücken aber dafür ohne Schockmomente stolpern, kann man ausnahmsweise froh sein, dass der zweifelhafte Spaß bereits nach knapp sechs Stunden vorbei ist. Hinzu kommen jede Menge technische Defizite. Abseits des abermals grundsoliden Zusammenspiels mit Freunden muss man schon Nervenstärke beweisen, um einen zweiten Durchgang auch nur ansatzweise in Betracht ziehen zu können. Hoffentlich geht es so nicht noch fünf Jahre lang weiter. Dem Spiel mangelt es an Substanz, neue Ideen bleiben komplett aus. Trotz kleinem Preis: Für das gleiche Geld bekommt man schon zwei Kinobesuche samt Extras. Und selbst ein schlechter Film hätte wahrscheinlich mehr zu bieten als der bisherige Tiefpunkt der Gruselreihe, den man sich in diesem Jahr wirklich komplett sparen kann.“ 

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PRO: 

+ Atmosphärische Beleuchtung
+ Entscheidungen und Beziehungen wirken sich spürbar auf die Handlung aus
+ Effektvolle Sterbesequenzen
+ Zahlreiche mögliche Enden erhöhen Wiederspielwert
+ Wahlweise solo, zu zweit über Internet oder lokal im Team spielbar
+ Unaufdringliche Tutorials
+ Gute Bedienung mit Gamepad

CONTRA: 

– Uninspirierte, inkonsequent erzählte Story
– Belanglose Charaktere
– Pro Durchgang maximal sechs Stunden Spieldauer

– Nicht immer nachvollziehbare Konsequenzen
– Keine Schockmomente
– Zahlreiche schwache Texturen
– Glitches und Bugs in nahezu jedem spielrelevanten Segment
– Verbesserte, aber längst nicht optimale Kameraführung

– Immer wieder Animationsaussetzer, bishin zu Totalausfällen
– Charaktere bewegen sich grundsätzlich nur sehr schwerfällig
– Mittelmäßige deutsche Sprecher
– Extrem schlecht abgemischter Sound
– Fummelige Bedienung via Maus- und Tastatur

                                         GESAMTWERTUNG:     5.0/10 (GM)
                                                               6.0/10 (DN)

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