Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin Remastered – „Trickmagie trifft Spielmagie“

Wer seinerzeit das gefeierte Original verpasst hat, dem helfen wir gerne mit einer kleinen Geschichtsstunde auf die Sprünge. Erzählt wird die Geschichte vom kleinen Oliver, der gemeinsam mit seiner alleinerziehenden Mutter in der fiktiven amerikanischen Kleinstadt Motorville lebt und bisher eine behütete Kindheit erleben durfte. Als Mama Ally aber völlig überraschend an einem Herzanfall verstirbt, bricht für den begeisterten Bastler eine Welt zusammen. Nach Tagen tiefster Trauer erweckt Oliver mithilfe seiner Tränen eine Puppe zum Leben, die ihm einst seine Mutter geschenkt hatte. Die stellt sich als Tröpfchen, großer Fürst der Feen vor und erzählt Oliver von einer Parallelwelt, in der sämtliche Menschen auf Erden in Form eines seelenverwandten Spiegelbildes existieren. Leider wird die bisher so friedliche Welt vom dunklen Dschinn Shadar bedroht, der den Bewohnern immer mehr Emotionen stiehlt und dadurch immer stärker wird.

Oliver ist der Auserwählte, der dank reinem Herzen und besonderen magischen Kräften alleine in der Lage sein soll, Shadar zu besiegen und den Frieden in der Parallelwelt wiederherzustellen. Doch erst als der Junge bemerkt, dass die von Shadar entführte Große Weise Alice eine frappierende Ähnlichkeit zu seiner verstorbenen Mutter aufweist, entscheidet sich Oliver dazu, die Mission anzunehmen und reist gemeinsam mit Tröpfchen in der Hoffnung in die andere Welt, mit der Weisen gleichzeitig seine Mutter in der hiesigen Welt wieder zum Leben erwecken zu können. Zur Seite stehen Oliver dabei der ehemalige Dieb Sven und die Bardin Esther. Viel ist es nicht, um es mit dem mächtigen Dschinn aufnehmen zu können. Aber zum Glück lassen sich in der anderen Welt überall neue Verbündete gewinnen – und zwar in kleiner und großer tierischer Form! 

Animationsfilm trifft Rollenspiel

Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin vereint die unverkenntbare Handschrift des Studio Ghibli mit den komplexen Mechaniken eines gut durchdachten Rollenspiels. Das Ergebnis könnte einmaliger nicht sein und entführt den Spieler damals wie heute in eine einzigartige Welt, die trotz ihres kindlich anmutenden Zeichentricklooks vor liebevollen Details nur so strotzt. Dahinter verbirgt sich eine überraschend erwachsene, tiefsinnige Geschichte über den Umgang mit Verlust und Tod, ebenso aber auch über Hoffnung und Freundschaft. Vorangetrieben wird die Geschichte dabei nicht nur über Ingamesequenzen, sondern auch über fantastisch animierte Tricksequenzen, die heute immer noch ihresgleichen suchen. Kurzum, eine absolute Perle japanischer Videospiel- und Animationskunst, die man gespielt haben muss. 

Dabei glänzt das Spiel aber auch mit gewaltigem Umfang. Alleine für die Story kann man locker 40 Stunden einplanen, wer wirklich jeden Winkel absuchen und alle tierischen Begleiter in seine Sammlung überführen will, kann locker mehr als das Dreifache veranschlagen. Alleine die zahlreichen Nebenmissionen wissen für Stunden zu beschäftigen und überzeugen immer durch kleine, aber schön erzählte Geschichten.  Gekämpft wird im Spiel übrigens nicht nur in klassischer Rollenspielmanier, die Echtzeitgefechte werden stets auch von den vertrauten Geschöpfen begleitet und entwickeln dadurch eine unfassbar vielseitige Dynamik. Knapp 400 dieser Kreaturen gibt es nämlich, wovon Oliver und Co. zwar manche als reguläre Belohnungen erhalten, die meisten aber erst im Kampf besiegen und anschließend via Zauberspruch zähmen müssen, ehe sie zum Einsatz gebracht werden können. Die Hatz nach immer neuen Vertrauten ist selbst Jahre nach Erstveröffentlichung immer noch extrem motivierend, zumal jedes Monster über eigene Fertigkeiten verfügt, die oft sogar nötig sind, wenn man es mit den vielen Bossen im Spiel erfolgreich aufnehmen will. 

Neben dem abwechslungsreichen Design der großen Spielwelt punktet Ni Ni Kuni: Der Fluch der Weißen Königin auch noch mit wahlweise fantastischen englischen oder japanischen Sprechern, dazu werden sauber lokalisierte deutsche Untertitel und einer der wohl besten Soundtracks der jüngeren Spielgeschichte geboten. Leider gibt es keine Vollvertonung, viele Dialoge gibt es ausschließlich in Reintextform. Zwar muss man gelegentlich ein wenig Grind in Kauf nehmen, um die Gruppe und die gegenwärtig gewählten Vertrauten aufzuleveln, dafür bekommt man aber eines der zeitlos schönsten und mechanisch durchdachtesten Rollenspiele der letzten Jahre geboten, dessen Sogwirkung man sich auch Jahre nach seiner Erstveröffentlichung kaum zu entziehen vermag. 

Die Stärken des Remasters

Wie schon seinerzeit bleiben Besitzer einer XBOX One auch mit dem Remaster außen vor. Schade ist das schon, denn es hätte mich sehr gereizt zu sehen, wie das Spiel vor allem auf der XBOX One X performt. Was man stattdessen auf PC, PlayStation 4 und der Nintendo Switch geboten kommt, kann sich aber ebenfalls sehen lassen. Bereits die reguläre PlayStation 4 hebt das bekannte Abenteuer auf natives Full HD an und verdoppelt gleichzeitig die Bildrate von den 30 Frames der PlayStation 3 auf hier angepeilte 60 Bilder pro Sekunde. Besitzer einer PlayStation 4 PRO dürfen wahlweise in nativem 4K spielen, müssen dafür aber mit der klassischen Bildrate Vorlieb nehmen. Da sich die Auflösungsunterschiede aber dank des Zeichentricklooks abseits von etwas mehr Schärfe schwer in Grenzen halten, sollte man auch hier der Performance den Vorzug gewähren, denn das spürbar geschmeidigere Gameplay bietet einen handfesten Mehrwert gegenüber der minimal höheren Bildqualität. Da sämtliche Videosequenzen aber weiterhin nur in den ursprünglich gerenderten 720p vorliegen, fällt der Übergang zwischen Echtzeit- und Rendersequenzen doch sehr auf. 

Lediglich auf dem Basismodell sind uns im Test immer mal wieder kleinere Ruckler auf der Weltkarte aufgefallen. Sämtliche anderen Assets wurden übrigens 1 zu 1 aus dem Original übernommen, weshalb man hier einen recht geringen Aufwand für ein Remaster betrieben hat. Aber die durch Auflösung und Bildrate gebotenen Vorteile und der (man muss es immer wieder erwähnen) zeitlose Look des Spiels machen große anderweitige Änderungen ohnehin obsolet und sorgen dafür, dass man seine PlayStation 3 spätestens jetzt zugunsten der Neuauflage guten Gewissens einmotten kann. Die Switch kommt übrigens nicht in den Genuss irgendwelcher Verbesserungen, sondern hat eine direkte, abseits des Bedienschemas unveränderte Portierung der PlayStation 3 – Version erhalten. Das bedeutet einmal mehr 30 Frames pro Sekunde bei gerade mal 720p Auflösung, sowohl unterwegs als auch im Dock. Dafür sind auch hier wie in allen anderen Remasterversionen sämtliche nachträglich erschienende DLC´s enthalten und die Performance ist erfreulich stabil. Die Bedienung geht sowohl mit den Joy Con´s wie auch dem Pro Controller gut von der Hand. 

Die volle Packung wird einmal mehr nur auf dem PC geboten. Auch hier darf man sich über den kompletten Spielumfang freuen, zusätzlich werden aber auch bei nativem 4K geschmeidige 60 Frames pro Sekunde geboten. Die Grafikeinstellungen bleiben erwartungsgemäß mau, denn neben FXAA als einzig vorhandener Option zur Kantenglättung lässt sich neben der Bildrate lediglich die Schattenqualität separat konfigurieren. Davon abgesehen ist die Portierung aber sehr gelungen und bietet eine frustfreie Erfahrung auf jedweder Ebene, auch weil sich Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin sogar mit Maus und Tastatur gut spielen lässt. Für maximalen Komfort empfehlen wir aber trotzdem ein Gamepad. 

Fazit und Wertung

„Ich erinnere mich noch gut daran, wie mich ein Freund damals auf Ni No Kuni aufmerksam machte und das frisch veröffentlichte Spiel als absoluten Geheimtipp anpries. Noch heute steht eine Kopie des Spiels für die PlayStation 3 in meinem Regal. Mit dem Remaster wird die glücklicherweise endlich überflüssig, denn dank höherer Auflösung und geschmeidiger Bildraten kann man das geniale Abenteuer nun würdevoll auf aktuellen Hardwaregenerationen genießen. Ein paar kleine Kritikpunkte wie die mangelnde Vollvertonung und die niedrig aufgelösten Videosequenzen täuschen nicht darüber hinweg, dass der zeitlose Klassiker immer noch mit der gleichen spielerischen und erzählerischen Magie aufwartet, welche bereits das Original zum gefeierten Meilenstein des Genres erhoben haben.“ 

PRO: 

+ Wunderschön erzählte, facettenreiche Geschichte
+ Toll gemachte Animesequenzen vom Studio Ghibli
+ Große, abwechslungsreiche Welt, die zum Erkunden einlädt
+ Toll geschriebene Charaktere
+ Zeitloser, bis heute einzigartiger Look
+ Motivierende Monsterjagd mit über 400 zähmbaren Verbündeten
+ Kongeniales Echtzeitkampfsystem
+ Zahlreiche, schön erzählte Nebenmissionen
+ Gewaltiger Gesamtumfang
+ Sämtliche DLC´s sind enthalten
+ Zwei gut ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Fantastischer Soundtrack
+ Gute englische und japanische Sprecher
+ Sauber lokalisierte Untertitel
+ Unaufdringliche Tutorials
+ Zugängliche Bedienung

CONTRA:

– Zwischensequenzen nur in 720p
– Gelegentliche Grindingphasen bremsen den Spielfluss
– Keine Vollvertonung
– Immer mal wieder kleinere Ruckler auf der Weltkarte (PlayStation 4)

                                            GESAMTWERTUNG:     9.1/10