NBA LIVE ´18 – „Platzhirsch, sei wachsam?“

                                             Getestet und verfasst von General M 

Man sollte meinen, dass die Lebensdauer von EA´s Basketballreihe lange gezählt ist und seinen Zenit an sich längst überschritten hat. Zu übermächtig erschien der Konkurrent von 2K Jahr für Jahr. 2016 erschien sogar überhaupt kein Ableger der Reihe, EA nahm sich ein Jahr Pause mit dem Ziel, dem Sorgenkind unter seinen Sports Franchises neues Leben einzuhauchen. Wir durften bereits vor dem heutigen Releasetag die fertige Version auf Herz und Nieren testen. Hat sich die Auszeit gelohnt? Und kann NBA Live ´18 am Thron des Platzhirschen sägen? 

Die Straßen warten

Wo nahezu jedes Major Sports Game in diesem Jahr wieder mit einer filmreif inszenierten Einzelspielerkampagne voller Dramatik aufwartet (von NHL einmal abgesehen, Test folgt am Wochenende), will auch NBA Live ´18 ein Stück vom Kuchen abhaben. Auf große Geschichten und Dramen verzichtet man hier jedoch, Mittelpunkt ist und bleibt der vom Spieler selbst erstellte Charakter. Der hierfür vorgesehene Editor ist einfach zu bedienen, bietet aber dennoch einen überaus soliden Gestaltungsumfang, der auch eigenwilligere Kreationen zulässt. Wer möchte, kann mit EA´s Gesichtsscan – Technologie auch das eigene Gesicht auf den Spieler übertragen. Das hat im Test soweit ganz akkurat funktioniert, lediglich mit der Balance von Farbe und Helligkeit kommt das System nicht wirklich zurecht, weshalb das Endergebnis am Ende doch aufgeklebt und nicht optimal wirkte. So bleibt es eine nette Spielerei, welche der klassischen Erschaffung mithilfe der vorhandenen Werkzeuge nicht das Wasser reichen kann, sofern einem bei der Nutzung des Scans nicht ein absoluter Glücksgriff gelingen sollte. 

nbalive18 proam
                James Harden ist nur einer von vielen Profis, denen wir in der Karriere begegnen. 

Das Ziel: Na klar, eine Legende innerhalb der NBA werden! Aber jeder aufstrebende Star fängt klein an. Auf den Straßen („The Streets“) gilt es, erste Aufmerksamkeit zu erringen und seinen Namen ins Spiel zu bringen. Von da aus ist es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis der Spieler in der Königsklasse des amerikanischen Basketballs („The League“) angelangt. Doch ganz gleich, wie gut oder schlecht es an der Spitze läuft, der Spieler von Ehre vergisst niemals seine Wurzeln. Deshalb kann er stets zurück an die bevölkerten und atmosphärisch inszenierten Gebiete außerhalb der großen Arenen zurückkehren. Long Beach, Kalifornien und Rucker Park, NY wurden dabei stimmig den real existierenden Schauplätzen nachempfunden, wobei sich das Geschehen in der Halle natürlich ebenso sehen lassen kann. Aufgehellt wird das Gameplay durch ESPN – Einspieler und Co., was zwar insgesamt nicht für das Wegbleiben einer tiefergehenden Geschichte á la The Journey entschädigt, aber dennoch einiges besser macht, als es die Konkurrenz auf dem Court tut. Im Gegensatz zu 2K´s Serie schüttet Live stets angemessen viel Erfahrung für nahezu jede Aktion aus, um konsequentes Weiterschreiten zu ermöglichen, ohne den Spieler dafür noch zusätzlich zur Echtgeldkasse zu bitten oder ihn zu unverschämten Grindingausmaßen zu zwingen. Die Erfahrung kann man dann in Lootboxen investieren, die allerhand neue kosmetische Objekte und mehr erhalten können. Mit der Zeit lassen sich neben der grundlegend auswählbaren Spezialfähigkeit des Spielers viele neue Spielstile und Fähigkeiten anderer NBA – Legenden adaptieren und sich so auch für andere Positionen auf dem Spielfeld rentabel machen. All das sorgt dafür, dass Live ganz ohne Frust und Zeitmanagement motiviert.

Eine gut genutzte Pause?  

Um Live wieder zu einem erfolgreichen Mitbewerber um die Basketballkrone zu machen, brauchte es dem Gedanken der Entwickler nach eine eigene Identität. Mit dem Fokus auf etwas arcadelastigerem Gameplay ist dies gelungen. Wer die spielerische Herausforderung und Feinmechanik eines 2K bisher stets gescheut hat und stattdessen einfach und unkompliziert Spaß am Spiel haben will, könnte mit Live ´18 tatsächlich die bessere Wahl treffen. Das bedeutet nicht, dass der Sport hier zum Kinderspiel verkommt, zumal sich auch hier viele Feineinstellungen vornehmen lassen, um das Spiel zu einer ernstzunehmenden Herausforderung zu machen. In Sachen spielerischem Tiefgang hat der Konkurrent aber die Nase vorn. Das liegt mitunter auch daran, dass die K.I. nicht immer nachvollziehbar agiert und gerade in der Offensive viel zu unpräzise agiert. So werden Pässe mitunter viel zu spät zugestellt, die Defense hat es oftmals zu leicht. Alles erscheint insgesamt sehr unausgeglichen und lässt den Flow der 2K – Reihe vermissen, von der Ballphysik bis zur selten nachvollziehbaren Blockchance mancher Spieler gibt es zahlreiche Unzulänglichkeiten, die auch durch einen Fokus auf Arcade – Gameplay nicht zu rechtfertigen sind. 

nba live 18 review wnba
                  Erstmalig (aber sicher nicht einmalig) sind auch die Frauen mit von der Partie. 

Dafür trumpft Live ´18 erstmals in einem Videospiel mit der Integration der WBLA, also der amerikanischen Frauenliga, auf. Und die spielen sich überraschenderweise wesentlich unproblematischer und flüssiger als die männlichen Kollegen, was wohl daran liegt, dass die gesamte Physik weniger Probleme mit den eher kleineren Spielerinnen hat. Es lohnt sich also absolut, auch mal eine Runde mit den Damen zu spielen! Ein eigener Season Modus bleibt den Damen jedoch nicht gegönnt, lediglich in Quick Plays darf man mit den Frauenteams ran. Schade.

Steph Likeness 1
            Das arcadelastige Gameplay überzeugt im Kern, bietet aber auch zahlreiche Macken. 

Abgesehen davon braucht der geneigte EA Sports – Fan auch in NBA nicht auf die Features verzichten, die er aus Fifa und Co. kennen und lieben gelernt hat. Ein Ultimate Team – Modus (der jedoch die Qualität der Herausforderungen seinen Geschwister vermissen lässt) ist ebenso enthalten wie der Franchise – Modus, in dem man ganz Manager sein darf und vom Einkauf, Training oder der Taktik bis zum Spiel selbst alles erleben darf, was die NBA vor und hinter den Kulissen bietet. Ganu ungeduldige Spieler haben hier die Möglichkeit, Ereignisse zu skippen und sich somit zügig durch den Modus zu arbeiten. Schmerzlich vermisst man hier einen Modus, mit welchem man sein eigenes Team erstellen kann, die meisten anderen EA Sports – Titel bieten diesen Service bereits seit Jahren. Grundsätzlich lassen sich abseits der Karriere keinerlei Modifikationen an Teams oder Spielern vornehmen. Dafür verspricht EA, in Zukunft immer mal wieder besondere Events zu veröffentlichen, in denen man unter anderem auch berühmte Allstars – Partien nachspielen darf. 

Technisch nicht konkurrenzfähig

Obwohl NBA Live ´18 sichtbar schöner daherkommt als der letzte Ableger von 2015, kommt man technisch nicht an die Konkurrenz von 2K heran. Beleuchtung, Animationen, Spielerqualität und Physik, all das beherrscht man dort wesentlich besser. Leider hat man es bei allen Ambitionen, die Reihe wieder zurück auf den Markt zu bringen versäumt, auch das Grafikgerüst zu wechseln. Wo FIFA seit letztem und Madden NFL seit diesem Jahr von der Frostbite – Engine angetrieben werden und somit viel eher am technischen Standard sind, dümpelt NBA noch immer auf der IGNITE – Engine vor sich hin, welche bereits längst nicht mehr zeitgemäß wirkt. Zwar ist die Performance flüssig, das Gesamtpaket kann jedoch einfach nicht mehr überzeugen und wirkt vielerorts mehr wie ein schönes PlayStation 3/XBOX 360 – Spiel. Das Sound Design sorgt zwar für Atmosphäre auf dem Spielfeld, der generische englische Kommentar nimmt davon jeder wieder viel weg, da er eigentlich nur seine Zeilen abliest. Die hohe Qualität der 2K – Kommentatoren bleibt unerreicht. 

Davis Likeness
            Technisch kann NBA Live ´18 leider nicht überzeugen. Dafür sorgt die veraltete Engine. 

Zu guter letzt geht die Bedienung prima von der Hand. Das konsolenexklusive Spiel lässt sich sowohl mit DualShock 4 als auch mit dem XBOX One – Gamepad exzellent bedienen, zumal umfangreiche Tutorials auch Einsteigern einen schnellen Zugang zum Gameplay ermöglichen. Abgerundet wird all das mit einer gewohnt guten Auswahl passender Lizenztracks. Und wer mit allem durch ist, darf sich anschließend natürlich auch in bekannten Multiplayer – Modi gegen andere Spieler austoben. 

Fazit und Wertung

ava2 „Dass EA Sports seine NBA – Reihe trotz übermächtiger Konkurrenz nicht einfach aufgegeben hat, nötigt Respekt ab. Ein Jahr hat man die Serie nun pausieren lassen, um mit eigener Identität als Alternative auf dem Markt überzeugen zu können. Die neue Richtung lautet Arcade und funktioniert nicht nur auf dem Papier recht gut. Einsteiger und Gelegenheitsdribbler, die nach dem Kauf nicht noch die letzten Euros in der Brieftasche für Campain Progress abdrücken wollen, werden mit der hier fairer gestalteten (aber weniger spektakulär inszenierten) Kampagne mehr Spaß haben, als mit dem Kleingeldvampir von 2K. Dafür liegt die Konkurrenz in Sachen Spieltiefe, Gameplay und vor allem in Sachen Technik weiterhin konkurrenzlos vorne. Die Ansätze stimmen, die Umsetzung noch nicht. NBA Live ´18 ist auf einem anständigen Weg, wenn es sich aber dauerhaft als Arcade – Alternative etablieren will, muss es an all diesen Punkten noch kräftig zulegen.“

PRO:

+ Präsentiert sich als arcadiger Titel als Alternative auf dem Markt
+ Dank guter EP – Ausschüttung fair gestaltete Kampagne ohne Cashgrab
+ Erstmals mit lizensierter U.S. – Frauenliga
+ Zugängliche Bedienung
+ Insgesamt sehr einsteigerfreundlich
+ Ordentliche Tutorials

+ Ultimate – Team, Franchise und mehr bieten Spielspaß abseits der Kampagne
+ Exzellenter Soundtrack
+ Atmosphärisch inszenierte Straßenplätze

CONTRA:

– Technisch veraltet
– Zahlreiche Macken beim Gameplay
– Störende K.I. – Schwächen
– Kommentatoren spulen repetiv ihre Zeilen ab, oft auch ohne Zusammenhang
– Kampagne ohne große spielerische Tiefe
– Abseits der Karriere keinerlei Customization möglich
– Frauenliga lediglich in Einzelmatches spielbar
– Ultimate Team ohne qualitativ hocherwertige Challenges

                                                      GESAMTWERTUNG:     70%

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.

(C) 2017 Wrestling-Point.de