Natalya über ihre unangenehme WWE-Storyline, persönlichen Druck, ihr Selbstbild, The Rocks Rolle in ihren Memoiren und Tyson Kidds Verletzung

Verärgert spricht Natalya in ein WWE-Mikrofon auf der Bühne

Natalya Neidhart gehört zu den konstantesten Persönlichkeiten in der modernen Geschichte der WWE. Seit fast zwei Jahrzehnten ist sie Teil des Unternehmens und hat in unterschiedlichen Phasen des Womens Wrestling gearbeitet. Von der Divas-Ära über den Aufbau der heutigen Women’s Division bis hin zu ihrer Rolle als Mentorin für jüngere Talente war Natalya ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung des weiblichen Wrestlings auf der großen Bühne. In Interviews und in ihrem neuen Buch erzählt sie offen über Selbstzweifel, Anpassungsdruck, persönliche Rückschläge und den Umgang mit familiären Erwartungen.

Die Divas-Ära und der ständige Druck, einem Ideal entsprechen zu müssen

In einem Gespräch mit dem Podcast Insight sprach Natalya ehrlich über die Jahre, in denen körperliche Präsentation bei weiblichen Performern eine zentrale Rolle spielte. Sie erklärte, dass sie damals versuchte, einem Schönheitsbild gerecht zu werden, das in der WWE zu dieser Zeit als Standard galt. Sie beschrieb, wie sie sich selbst mit Kolleginnen verglich, die schlanker und athletischer wirkten, und dass sie das Gefühl hatte, dafür ihre eigene Identität aufgeben zu müssen.

Natalya gestand, dass sie in dieser Phase oft an sich gezweifelt habe, obwohl sie bereits über umfangreiche In-Ring-Erfahrung verfügt habe. Sie begann, ihren Wert nicht über ihre Leistung, sondern über die Erwartungen ihrer Umgebung zu definieren. Dadurch stellte sie ihre sportliche Kompetenz teilweise in den Hintergrund. Erst durch ehrliche Gespräche mit Beth Phoenix fand sie das Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Wrestlerin wieder. Phoenix ermutigte sie, sich selbst nicht kleiner zu machen, sondern ihren Anspruch auf sportliche Anerkennung klar zu äußern.

Zwischen Anpassung und Selbstbewusstsein: Die Rolle als „Starmacherin“

Natalya schilderte, dass sie eine Zeit lang bewusst Matches so gestaltete, dass ihre Gegnerinnen besonders gut zur Geltung kamen. Sie sah darin eine Stärke, von der das Produkt insgesamt profitierte. Gleichzeitig stellte sie fest, dass diese Haltung ihr Selbstvertrauen schwächte, weil sie ihre eigenen Ambitionen zurückstellte. Sie begann, ihre Rolle nur noch als funktional zu betrachten, statt sich als mögliche Titelträgerin zu sehen. Erst später verstand sie, dass professionelles Verhalten und persönlicher Ehrgeiz kein Widerspruch sein mussten.

Die unangenehme Storyline der „Furzgags“ und die Frage nach Selbstironie

Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt eine humorbasierte Storyline, in der Natalya im WWE-TV mit künstlich erzeugten Blähgeräuschen dargestellt wurde. Die Idee stammte direkt von Vince McMahon selbst. Natalya erklärte, dass ihr nicht wohl bei diesem Konzept war, sie aber beschloss, es professionell umzusetzen. Sie wollte zeigen, dass sie zuverlässig und belastbar ist, auch wenn eine Idee zunächst unangenehm erscheint. Die Storyline lief mehrere Wochen und wurde anschließend wieder beendet. Rückblickend betrachtet sie diese Phase als Beispiel dafür, dass nicht jede kreative Richtung ihren Stärken entsprach, sie jedoch immer versuchte, ihren Wert im Team zu beweisen.

Verhandlungen über ihren letzten WWE-Vertrag und die Entstehung ihres Buches

Im Zusammenhang mit ihrem Buch The Last Beating Hart gab es Berichte, dass das Projekt Teil ihrer Vertragsverhandlungen gewesen sei. Natalya stellte jedoch klar, dass es sich dabei nicht um Forderungen gehandelt habe. Stattdessen sprach sie offen darüber, dass sie innerhalb des Unternehmens wachsen und neue kreative Möglichkeiten nutzen wolle. Die WWE unterstützte das Buch nicht nur organisatorisch, sondern stellte auch Archivmaterial zur Verfügung. Für Natalya war dies wichtig, da sie zeigen wollte, dass ihre Geschichte nicht nur im Ring, sondern auch hinter der Bühne stattfindet.

Warum The Rock das Vorwort schrieb und nicht Bret Hart

Ursprünglich dachte Natalya darüber nach, Bret Hart um das Vorwort zu bitten. Stattdessen wandte sie sich an Dwayne Johnson. Beide stammen aus Wrestling-Familien über mehrere Generationen und kennen die Verantwortung, die mit einem berühmten Nachnamen einhergeht. The Rock unterstützte das Buch nicht nur formell, sondern stellte gezielte Fragen zu Identität und Vermächtnis, die Natalya dabei halfen, das Ende des Buches zu formulieren. Sie beschrieb, dass dieses Gespräch ihr half, die Botschaft ihres Buches zu schärfen: die Suche nach einer eigenen Stimme innerhalb einer großen Tradition.

Die schwere Nackenverletzung von Tyson Kidd und die Auswirkungen auf beide

Ein besonders prägender Abschnitt in Natalyas Buch behandelt die Verletzung ihres Ehemannes TJ Wilson, bekannt als Tyson Kidd. Im Juni 2015 erlitt Wilson während eines nicht im Fernsehen übertragenen Matches eine schwere Verletzung an der Halswirbelsäule. Der Eingriff, den er daraufhin durchlaufen musste, war lebensbedrohlich. Die Ärzte führten eine stabile Fusion der oberen Halswirbel durch. Es handelte sich um einen medizinischen Eingriff, der nur selten bei aktiven Sportlern vorgenommen wird. Nur wenige Menschen überleben eine solche Verletzung ohne gravierende, dauerhafte Einschränkungen. Wilson verlor dadurch jede Möglichkeit, jemals wieder professionell zu wrestlen.

Natalya beschreibt die Monate nach der Operation als emotional belastend, da zunächst kaum Kommunikation seitens des Unternehmens stattfand. Sie schildert, wie schwer es für Wilson war, von einer intensiven Karriere plötzlich in eine Situation ohne Struktur und Perspektive zu fallen. Für jemanden, der seit seiner Jugend im Wrestling zu Hause war, bedeutete diese Diagnose nicht nur das Ende einer Laufbahn, sondern den Verlust eines zentralen Teils seiner Identität.

Für Natalya selbst kam eine zusätzliche Belastung hinzu. Laut ihrem Buch wurde ihr während dieser Zeit klargemacht, dass sie über die Verletzung bei der Arbeit nicht sprechen dürfe. Jede kritische Äußerung oder öffentliche Thematisierung hätte eine Kündigung zur Folge haben können. Sie musste also weiterhin im WWE-TV auftreten, während sie privat mit Sorge, Frustration und Traurigkeit konfrontiert war, ohne diese Gefühle offen äußern zu dürfen. Diese Situation führte dazu, dass beide das Gefühl hatten, mit ihrer Belastung weitgehend allein zu sein.

Die Frage, welche Rolle Wilson künftig einnehmen könnte, blieb lange unbeantwortet. Erst als er selbst die Initiative ergriff und direkt das Gespräch mit Vince McMahon suchte, kam Bewegung in die Situation. Das persönliche Gespräch führte dazu, dass Wilson nach seiner Genesung eine neue Aufgabe fand. Er begann hinter den Kulissen zu arbeiten und wurde Teil des Produzententeams, insbesondere für Matches der Women’s Division. Sein technisches Verständnis und seine Fähigkeit, Matchstrukturen auf die individuellen Stärken der Wrestlerinnen abzustimmen, machten ihn schnell zu einem wichtigen Teil des kreativen Prozesses.

Sein Einfluss wurde in den folgenden Jahren deutlich sichtbar. Viele Wrestlerinnen sprachen später öffentlich darüber, wie entscheidend seine Unterstützung für die Entwicklung ihrer Matches und Performances war. Wilson konnte seine Leidenschaft und sein Wissen weitergeben und dabei weiterhin aktiv zur Show beitragen – nur auf einer anderen Ebene.

Natalya beschreibt in ihrem Buch, dass diese Zeit für sie und TJ ein Wendepunkt war. Die Verletzung veränderte ihr gemeinsames Leben dauerhaft, weil vieles nicht mehr so sein konnte wie zuvor. Dennoch fanden beide nach und nach eine neue Balance. TJ blieb dem Wrestling treu, indem er als Produzent arbeitete, während Natalya weiterhin aktiv im TV stand. Für sie war es ein wichtiger Prozess, zu erkennen, dass Stärke nicht nur darin liegt, im Ring zu kämpfen, sondern auch darin, Veränderungen anzunehmen und gemeinsam einen neuen Weg zu finden.

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