Leisure Suite Larry: Wet Dreams don´t dry – „Oder: Die neuen Abenteuer von Ständer Man“

                                                   Getestet und verfasst von General M 

leisure suit larry wet dreams dont dry cover1987 sollte sich als bedeutsames Jahr für die damals noch blutjunge Computerspielindustrie entpuppen, gilt es doch vor allem als Zeit der ersten vollwertigen Point and Click – Adventures. Neben Maniac Mansion aus dem Hause Lucasfilm Games machte sich aber aber auch der gelernte Musiklehrer Al Lowe daran, den Markt mit seiner Eigenkreation zu erobern: Larry Laffer war geboren. Statt kinderfreundlichem Ambiente richteten sich dessen Abenteuer seitdem aber hauptsächlich an Erwachsene und geizten selten mit nackter Haut und unzähligen sexuellen Anspielungen. Nach sieben Spielen war 1996 dann aber erstmal Schluss, ein Jahr später verließ Lowe Sierra. Zwischen 2004 und 2009 folgten zwei katastrophale Spin Off´s, 2013 ein via Kickstarter finanziertes Remake des Originals (erstmal seit 1996 wieder unter Mitverantwortung des Serienschöpfers). Nun kehrt der ewig geile Larry abermals zu seinen Wurzeln zurück. Die liegen jetzt aber erstmals in Deutschland. So viel vorab: Leisure Suit Larry: Wet Dreams don´t dry ist alles, nur kein jugendfreies Adventure geworden. Wie gut der dauergeile Aufreißer in Zeiten von #MeToo und Co. bestehen kann, klärt unser Test zur nachgereichten Version für PlayStation 4 und Nintendo Switch. 

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Die Zeiten haben sich geändert

Wet Dreams don´t dry ignoriert die zahlreichen Fortsetzungen der Laffer-Saga, sondern ist primär eine alternative Fortsetzung des Originals von 1987. Ohne genau zu wissen, was ihm widerfahren ist, erwacht der Mann mit der Dauererrektion in der heutigen Zeit und muss schnell feststellen, dass sich in den letzten 30 Jahren nicht nur die Welt an sich drastisch verändert hat, sondern auch die Art, wie Menschen einander daten. Kneipenbesitzer Lefty führt zwar immer noch seine authentisch schäbige Bar in New Lost Wages, verkauft seine Drinks aber mittlerweile hauptsächlich an Influencer, die erstmal über 30 Minuten lange Videostory´s zu einem Getränk posten müssen, ehe sie dann tatsächlich auch mal einen Schluck davon nehmen. 

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Klassisches Aufreißen scheint es ebenfalls nicht mehr zu geben. Die Menschen nutzen stattdessen Timber, eine von vielen Apps des Mediengiganten Prune. Dessen Obermacker Bill Jobbs hat mit seinem PiPhone die gesamte Elektroniklandschaft revolutioniert und haust mitten im Stadtzentrum in einem gewaltigen, phallusförmigen Hauptquartier. Ein neuer Prototyp des Smartphones steht bereits in den Startlöchern, gerät aber ausgerechnet in die Hände von Larry, der im Umgang mit der enthaltenen K.I. genauso überfordert ist wie mit allen anderen Wundern unserer Zeit. Als der Aufreißer das Gerät in der Zentrale abliefern will, verliert er sein Herz dann auch noch an die attraktive Faith. Die will aber erst mit Larry ausgehen, wenn er auf Timber eine Punktzahl von 90 aufweisen kann und damit unter den Nutzern quasi als Superstecher schlechthin gilt. 

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Kleinigkeit! Mit einem eigenen Smartphone in der Tasche und der Hilfe zweier Nerds mit wirklich seltsamen Fetischen macht sich Larry daran, die Frauenwelt von New Lost Wages zu erobern und seinen Punktestand in immer neue Sphären zu pushen. Bis das Rohr im Teich versenkt werden kann, gibt es aber zunächst einiges zu tun, denn nicht nur, dass die Matches oftmals alle ganz eigenartige Vorlieben und Wünsche an den Tag legen, auch bahnt sich in den obersten Etage von Prune auch noch eine handfeste Verschwörung an…

Für eine Handvoll Sperma

Im Culture Clash zwischen Vergangenheit und Gegenwart bekommt so ziemlich alles sein Fett weg, was man sich nur vorstellen kann. Ob Influencer, übertriebener Feminismus, Genderdebatte oder vegane Hipster, Wet Dream´s dont dry wimmelt nur so von Seitenhieben auf unsere Zeit. Selbst U.S. Präsident Donald Trump und die Geldgier von Videospielpublishern kommt dabei nicht ungeschoren davon. Der leise Verdacht, der dabei entsteht: Früher war irgendwie alles viel besser. Und einfacher noch dazu. Was nicht heißen soll, dass das unter Hamburger Regie entstandene Adventure sonderlich anspruchsvoll wäre. Die Rätsel sind bis auf ganze wenige Ausnahmen nachvollziehbar strukturiert, wirkliche Fortschrittsbremsen gibt es nur ganz selten mal. Spätestens, wenn sich die Welt von New Lost Wages und damit auch alle verfügbaren Schauplätze geöffnet haben, steht es einem oft auch frei, welches der verfügbaren Matches man zuerst erobern will. Das Ende ist aber immer gleich, die Lösungswege streng linear. Wiederspielwert bietet Wet Dreams don´t dry dementsprechend nur denjenigen, die sich am sich oft jenseits der Schmerzgrenze bewegenden Humors nach dem ersten Durchgang noch immer nicht sattgehört haben. 

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Der ist tatsächlich nur für Hartgesottene geeignet, sexuelle Anspielungen und derbe Oneliner machen nämlich einen Großteil der Dialoge aus, selbst das Art Design schreit an jeder Ecke „Ficken!“. Das Gute ist, dass sich das Spiel dessen stets bewusst ist und sehr selbstironisch mit seinen nicht immer gut pointierten Zoten umgeht. Dazu trägt besonders Larry´s Sprachassistentin einiges bei, die das Geschehen oft süffisant kommentiert und sich dabei auch immer wieder in Wortgefechte gegen den pimperfreudigen Aufreißer verliert. Die Selbstironie geht sogar soweit, dass einem an einem bestimmten Punkt im Spiel geraten wird, das Spiel einfach zurückzugeben. Wenn Dildos mit Käsegeschmack ebenso ins Inventar wandern wie XL – Lümmeltüten und an Pressluftbohrer angebrachte Gummifäuste, weiß man, woran man ist. Eben an einem klassischen Larry Laffer, das völlig hemmungslos zu Werke geht, sich dafür aber überraschenderweise zumindest in Sachen nackte Tatsachen explizite Szenen erspart. Die jeweiligen Andeutungen sind aber oft ebenfalls nicht ohne und liefern genug Informationen, um die Fantasie den Rest erledigen zu lassen. Wer den richtigen Humor mitbringt, wird über Wet Dreams don´t dry definitiv herzhaft lachen können. Moral- und Sittenwächter sollten aber einen großen Bogen um das Spiel machen. 

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Dass sich das Spiel vor allem an ältere User richtet, merkt man bereits in den ersten Momenten, denn um überhaupt erstmals ins Spiel gelangen zu können, muss man erstmal ein paar Fragen zur Altersprüfung beantworten. Das ist zwar eher als Gag gedacht, da das Spiel hierzulande mit Freigabe ab 16 Jahren aufwartet, wenn man aber je nach Zufall Fragen wie die nach der Besetzung der No Angels beantworten muss, fühlt man sich irgendwie ziemlich betagt. Viele der subtileren Anspielungen versteht man sowieso nur, wenn man ein bisschen was vom Lifestyle der Achtziger versteht, abseits davon gibt es aber immer noch Unmengen an Seitenhieben auf die Kultur der Gegenwart, damit auch junge Erwachsene voll auf ihre Kosten kommen. Wet Dream´s dont dry liefert damit genau das ab, was sich alteingesessene Fans der ikonischen Figur gewünscht haben: Ein durch und durch hemmungsloses Adventure über einen Mann, der zu jeder Schandtat bereit ist, wenn es ihm nur die Schenkel einer Frau öffnet. Und genau davon können wir in einer Zeit, wo man sich über jede Kleinigkeit echauffieren muss, wieder sehr viel mehr gebrauchen. Nicht jeder Gag mag perfekt zünden, nicht jede Anspielung in gelungenem Wortwitz verpackt sein, ich persönlich habe mich aber insgesamt gut unterhalten gefühlt. 

Stadt der Sünde

Circa 5-12 Stunden dauert es je nach Talent des Spielers, bis der Abspann erreicht ist. Bis dahin gilt es, New Lost Wages und all seine Schauplätze gründlich auf den Kopf zu stellen. Die glänzen zwar nicht gerade durch Masse, dafür aber mit Klasse und unterscheiden sich optisch allesamt angenehm voneinander. Gleiches gilt auch für die teils herrlich skurrilen Charaktere. Das im klassischen Comiclook gehaltene Adventure nutzt die Unity – Engine als Grafikgerüst und wartet mit vielen detailverliebten Hintergründen auf. Für den PC erschien das Spiel bereits im November 2018, erst jetzt folgen PlayStation 4 und Switch. Grafisch ist die Portierung identisch zum PC, die Performance wenig überraschend zu jedem Zeitpunkt flüssig. Auch der Switch – Version ist es egal, ob sie unterwegs oder zuhause im Dock läuft, auch hier gibt es keine Leistungsunterschiede und auch über Auflösungen muss nicht diskutiert werden. Da es auch auf den Konsolen zwischen den Arealübergängen so gut wie keine Ladezeiten gibt, kann man hier genauso bedenkenlos zugreifen. Jederzeit freies Speichern ist übrigens ebenso möglich wie auf dem PC. 

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Spannend ist bei klassischen Adventures dann eher die Frage nach der Bedienbarkeit auf den Konsolen. Und selbst die funktioniert ganz ohne Maus ganz gut, auch wenn das Scrollen über den Bildschirm natürlich ein kleines bisschen länger dauert. Via Hotspot – Funktion lassen sich alle relevanten Punkte der Spielumgebung bequem anwählen, auch die folgende Interaktion gerät dank einfachem Tastendruck unkompliziert. Gelegentlich kommt es aber vor, dass man ohne Nutzung der Hotspots viele der ganz kleinen Objekte kaum erfassen kann, dafür mangelt es der Konsolenbedienung dann doch an Präzision. Das merkt man dann spätestens bei der Menüführung, die bereits auf dem PC fummelig war, hier aber nochmals schwerer zu meistern ist. Was mich besonders genervt hat ist die Tatsache, dass sich jedes Mal, wenn man ein Objekt untersuchen will, danach automatisch das Inventar öffnet, weil die Taste für Untersuchen und Inventar hier doppelt belegt ist. Abschalten lässt sich das bisher leider nicht. Und auch beim Kombinieren von Gegenständen gerät man immer mal wieder durcheinander. Das haben andere Adventures auf den Konsolen schon besser gelöst. Die Steuerung ist zweckmäßig und funktionell, schafft es aber nicht, die Feinmechaniken solide an die Bedürfnisse von Konsoleros auszurichten. Hier hat der PC einfach die Nase vorn. 

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Vieles davon macht zumindest die gelungene deutsche Sprachausgabe wieder wett. Für Larry Laffer konnte man Philipp Moog gewinnen, der sonst als Feststimme von Ewan McGregor und Neil Patrick Harris tätig ist und in seiner langen Karriere bereits weit über 800 Synchronrollen vertont hat. Auch genial ist Till Hagen als Bill „BJ“ Jobbs, der meiner Meinung nach zu den besten deutschen Synchronsprechern überhaupt gehört und sonst hauptsächlich Kevin Spacey seine markante Stimme leiht. Dazwischen gibt es zwar leider auch ein paar nicht ganz so professionell vertonte Rollen, Totalausfälle bleiben aber aus. Zusammen mit dem herrlich passenden Soundtrack wird den Ohren also einiges geboten. Wer möchte, kann das Spiel aber genauso gut in Englisch mit sauber lokalisierten deutschen Untertiteln spielen.  

Fazit und Wertung

ava7„In den letzten Jahren haben wir Deutschen uns den Ruf erarbeitet, mit die besten Adventures der Gegenwart zu machen. So hat auch die eigentlich durch und durch amerikanische Schöpfung Larry Laffer nun ihren Weg in hiesige Gefilde gefunden. Wet Dreams don´t dry ist ganz bestimmt nicht für Jedermann geeignet, denn sexuelle Anspielungen und derbe Sprüche sind quasi das Markenzeichen der Reihe und genau die dominieren das Geschehen auch im neuesten Abenteuer der Kultfigur wieder bis über den Rand der Schmerzgrenze hinaus. Wer aber genau darauf abfährt, wird mit dem Adventure definitiv seinen Spaß haben. Die Konsolenportierung ist insgesamt gelungen, nervt aber besonders bei der Bedienung immer wieder mit Aussetzern bei der Feinmechanik.“ 

Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Leisure Suit Larry: Wet Dreams don´t dry enthält keine Möglichkeiten, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile verschaffen zu können, auch abseits davon gibt es keine kostenpflichtigen Zusatzinhalte. Eine Abwertung nehmen wir dementsprechend nicht vor. 

PRO:

+ Passender Comicstil
+ Abwechslungsreiche, von Hand animierte Areale
+ Herrlich skurrile Charaktere…
+ …und ein wunderbar aus der Zeit gefallener Held
+ Angenehm kurzweilige Story über einen ungewöhnlichen Culture Clash…
+ …die voller Anspielungen und Seitenhieben steckt
+ Zumeist klug durchdachtes Rätseldesign
+ Derber, selbstironischer Humor
+ Solider Umfang
+ Praktische Hotspotanzeige

+ Sehr gute deutsche Vertonung
+ Passender Soundtrack

CONTRA:

– Nicht jeder Gag zündet
– Für Genreveteranen relativ einfach zu bewältigen
– Inventar ploppt nach jedem Untersuchen automatisch auf
– Nicht alle Sprecher gut gewählt
– Gelegentliche Try and Error – Passagen

– Fummelige Menüführung
– Sehr kleine Objekte können ohne Hotspotanzeige kaum erfasst werden
– Kein Wiederspielwert

                                            GESAMTWERTUNG:     7.5/10

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