Final Fantasy VII Remake Intergrade – „Verzögert, verteuert, aber immer noch verdammt gut“

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                                                     Getestet und verfasst von General M 

81leSQSjltL. SL1500 Eine gefühlte Ewigkeit ließ Square Enix die PC-Community zappeln, jetzt ist das Remake von Final Fantasy VII endlich auch dort aufgeschlagen. Knapp eineinhalb Jahre war die lange erwartete Neuauflage des Kultklassikers exklusiv für PlayStation erhältlich. Wer mit Cloud und Co. erneut gegen Sephiroth und die Shin-Ra Corporation kämpfen will, muss allerdings tief in den Geldbeutel greifen: Satte achtzig Euro verlangt der Publisher für das Spiel inklusive bereits integrierter Zusatzepisode. Wir klären zum Abschluss des Jahres in unserem Nachtest, ob sich die lange Wartezeit samt Preis lohnen, oder ob man auf der Konsole besser bedient bleibt.  

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Ein Stückchen Gaia

Wer das Abenteuer bereits auf der Konsole gespielt hat, darf sich am PC nicht auf neue Inhalte einstellen. Hier präsentiert sich Final Fantasy VII Remake Intergrade identisch, der etwas sperrige Name weist lediglich darauf hin, dass ihr die knapp fünf bis sechs Stunden lange Zusatzepisode rund um die Diebin Yuffie und ihren Begleiter Sonos gleich dazu bekommt. Was das Hauptspiel angeht, endet die Reise von Cloud, Barret und dem Rest der Öko-Revoluzzer von AVALANCE auch dieses Mal mit dem ersten Verlassen der Stadt Midgar. Bis es soweit ist, bekommt ihr aber einiges zu tun. Gute fünfundzwanzig Stunden Spielzeit könnt ihr alleine für die Geschichte einplanen, mit allen Nebenbeschäftigungen lassen sich nochmal gute zehn Stunden draufrechnen. Bei der Umsetzung der Neuauflage haben sich die Macher zwar an die altbekannte Geschichte gehalten, diese aber großzügig um zahlreiche Handlungs- und Gameplayelemente erweitert. Daran mag sich mancher Purist sicherlich stören, für mich persönlich werden Charaktere, Spielwelt und Gameplay dadurch aber sinnvoll bereichert. 

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So tritt Sephiroth bereits wesentlich früher in Erscheinung als noch im Original, Figuren wie die sympathische Tüftlerin Jessie und die beiden AVALANCE-Mitglieder Wedge und Biggs erhalten deutlich mehr Raum und wirken nicht mehr so sehr als Statisten wie bisher. Damit ist es jedoch längst nicht getan, denn die Macher haben mit dem Kampf gegen den Motorradfreak Roche auch einen komplett neuen Boss ins Remake integriert, andere Fights wie zum Beispiel gegen den Airbuster wurden dagegen völlig überarbeitet und fühlen sich nun taktischer und zeitgemäßer an – alles ganz im Sinne der neuen Echtzeitkämpfe, die ihr aber auf Wunsch auch ganz klassisch in rundenbasierter Form spielen dürft. Zudem bietet der neue Charakter Wymer nun in den Slums eine sich stetig erweiternde Palette von optionalen Sölderaufträgen an, die uns bei Abschluss mit Geld und Erfahrung belohnen, während der geheimnisvolle Chadley uns Zugang zu immer stärkerer Materia offeriert, wenn wir ihn tatkräftig bei seinen Forschungen unterstützen. 

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Von den inhaltlichen Erweiterungen profitiert übrigens auch Cloud, der für mich als Charakter im Original aufgrund seiner chronisch unterkühlten Art nur sehr schwer zu greifen war. Das Remake zeigt den ehemaligen Shin-Ra-Bediensteten nun etwas mehr von seiner menschlichen Seite und macht die Hintergründe darüber, warum der Blondschopf grundsätzlich sehr abweisend und eigenbrötlerisch auftritt, wesentlich klarer. Alleine das ist schon ein immenser Zugewinn. Mit den geheimnisvollen Schattengestalten haben die Macher übrigens auch ein komplett neues erzählerisches Element parat, dass einen sicher nicht unbeabsichtigt mit zahlreichen Fragen in den Abspann entlässt und für die zukünftigen Fortsetzungen noch eine wichtige Rolle spielen dürfte – wann auch immer diese erscheinen. Aber das Remake von Final Fantasy VII bietet selbst über all das hinaus noch eine Menge neuer Inhalte. Und bevor ich an dieser Stelle zu viel darüber verrate, fasse ich mich lieber kurz und sage: Schaut es euch am besten selber an. Es lohnt sich, egal ob ihr das Spiel zum allerersten Mal erlebt, oder das Original bereits mehrfach durchgespielt habt. 

Teure Exklusivität

Was bei all dem natürlich sauer aufstößt, sind in erster Linie zwei Aspekte. Zum einen müssen PC-Besitzer ohne Konsolenzugang satte achtzig Euro für den Titel auf den Tisch legen, zum anderen ist das Remake gegenwärtig ausschließlich über den ungeliebten Epic Store verfügbar. Es ist zu befürchten, dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelt, denn das im kommenden Jahr erscheinende Forspoken – ebenfalls aus dem Hause Square Enix – dürfte zumindest preislich in dieselbe Kerbe schlagen. Was für Konsoleros mit der aktuellen Hardwaregeneration mehr und mehr zur Norm wird, ist für PC-Spieler bisher eher fremd gewesen, dort zahlt man so viel Geld nämlich für gewöhnlich höchstens im Rahmen einer Deluxe Edition, in der neben einigen Bonusinhalten auch noch Season Pass und Co. enthalten sind. Mehr als sechzig Euro ist dort kaum jemand bereit, für das nackte Hauptspiel auszugeben.

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Bereits jetzt formiert sich in den größeren Foren deutlicher Widerstand gegen diese Preispolitik und es ist zu befürchten, dass dieser Trend am Ende hauptsächlich der Piraterie in die Hände spielen dürfte. Gute Arbeit will immer gut bezahlt werden, keine Frage. Aber es bleibt die Frage, wo Verhältnismäßigkeit endet und Abzocke beginnt. Eine Frage, mit der wir uns im kommenden Jahr sicher noch ausführlicher befassen müssen. Gemessen am Remake von Final Fantasy VII werte ich die Veröffentlichungspolitik aber ausschließlich negativ. Alleine der Exklusivdeal mit Sony wird dem Publisher einige zusätzliche Millionen in die Kassen gespült haben, das Spiel selbst hat sich hervorragend verkauft. Weit über ein Jahr später ist die Konsolenfassung nicht selten zwischen zwanzig und dreißig Euro erhältlich, das Upgrade für die PlayStation 5 ist kostenlos, zusätzlich bezahlen muss man lediglich für die neue Episode.

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Aber selbst dann liegt man immer noch weit unter dem, was jetzt für den PC veranschlagt wird. Hinzu kommt, dass Spieler, welche die komplette Reihe in ihrer Steam-Bibliothek gesammelt haben und sich beispielsweise rund um die Achievements ein hübsches Showcase gebastelt haben, für das Remake zwangsläufig zum Epic Store wechseln müssen, weil dort bessere Provisionen für alle Titel auf Basis der Unreal Engine locken. Letzten Endes geht es also wie immer nur um Geld. Gerade die PC-Community, ohnehin schon gegängelt durch immer aggressivere Schutzmechanismen und Restriktionen, hat sich der Erfahrung nach in solchen Belangen immer als sehr resistent entpuppt. Würden die sich nun entscheiden, solche Praktiken durch simples Nichtkaufen abzustrafen, würden die Entwickler Titel wie diesen auf Dauer wohl gar nicht mehr auf dem PC veröffentlichen. Und damit wäre auch keinem so richtig geholfen. 

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Die Gräben zwischen Spielern und Entwicklern sind aber mittlerweile so weit auseinander, dass es kaum vorstellbar ist, dass beide Parteien auf absehbare Zeit mehr aufeinander zugehen statt weiter aneinander vorbeizugehen. Darunter leiden werden im Endeffekt beide Parteien. Ist Final Fantasy VII Remake Integrade ein gutes Spiel? Absolut. Macht es am PC genauso viel Spaß wie an der Konsole? Definitiv. Ist es aber gemessen an der Tatsache, dass man es nahezu unverändert von der Konsole auf den PC portiert hat, achtzig Euro wert? Nein. Und das gilt meiner Meinung auch für jedes andere Spiel, wenn es nicht gerade als edle Edition mit zahlreichen physischen Extras erscheint. So muss also wieder einmal jeder selbst entscheiden, ob er all das unterstützen will oder sich dagegen zur Wehr setzt. So oder so, auf Dauer kann man mit beiden eigentlich nur verlieren. Dem zunehmend bröckelnden Vertrauen in die Spieleindustrie erweist man mit solchen Preisen jedenfalls einen Bärendienst. 

Abnutzungserscheinungen

Auch auf dem PC wartet Final Fantasy VII Remake Intergrade mit fantastisch animierten Charakteren und einer lebendigen Welt auf. Die Unreal Engine 4 liefert zudem gewohnt exzellente Qualität im Partikel- und Beleuchtungssegment. Besonders Kennern des Originals dürften angesichts der wunderschön erneuerten Charaktere das ein oder andere Freudentränchen über die Wangen rollen. Und auch Midgar selbst liefert mehr denn je ein Mittendringefühl, wie man es sich seinerzeit auf der allerersten PlayStation wohl nur in seinen Träumen ausmalen konnte. Allerdings: Es wäre mehr möglich gewesen. Dass das erste Kapitel des Remakes bereits gute eineinhalb Jahre auf dem Buckel hat, merkt man der PC-Version ebenso an wie ihren Ursprung auf der PlayStation 4. Besonders die Umgebungstexturen sind nicht immer das Gelbe vom Ei und wirken oftmals etwas detailarm und matschig. In 1080p mag das nicht allzu sehr auffallen, aber spätestens in höheren Auflösungsgefilden wird diese Tatsache überdeutlich. 

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Ein zusätzliches Texturpaket für den PC wäre definitiv eine gute Idee gewesen. Qualitative Diskrepanzen zwischen den hochwertig modellierten Hauptcharakteren und den etwas dürftig in Szene gesetzten NPC´s begleiten einen ebenso permanent. Die Macher haben einfach zu lange mit der Veröffentlichung abseits der PlayStation gewartet. Als gänzlich zeitgemäß ist das Remake nun einfach nicht mehr zu bewerten. Zwischen Original und Neuauflage liegen zwar  selbstverständlich immer noch Welten, aber gemessen am bereits zur Genüge kritisierten Preis hätte eine erneute Überarbeitung der Grafiken sicher nicht geschadet. Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten zur Anpassungen extrem limitiert sind. Bei der Texturqualität darf man lediglich zwischen niedriger und hoher Qualität entscheiden, wobei die hohe Einstellung eben auch nur mittelmäßige Ergebnisse liefert und die schlechtere Variante dann nochmal einen zusätzlichen Qualitätsabfall offeriert. 

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Optionen für Kantenglättung fehlen ebenso wie eine Möglichkeit, beispielsweise Schattenauflösung, Bewegungsunschärfe und dergleichen zu justieren. Lediglich die Anzahl gleichzeitig auf dem Screen sichtbarer Charaktere kann angepasst werden, immerhin sind Bildraten von bis zu 120 Frames pro Sekunde möglich und im Auflösungsbereich ist man mit nativem 4K bereits den Möglichkeiten der PlayStation 5 überlegen – dabei halten sich die Anforderungen an eure Hardware aber überraschenderweise in Grenzen. Eine schnelle SSD verkürzt die Ladezeiten wie schon dort übrigens drastisch und ist definitiv empfehlenswert, gute 100 Gigabyte Speicherplatz müsst ihr aber erübrigen. Bereits für Auflösungen um 1440p reicht noch eine GTX 1080 oder RX 5700, auf 4K ziehen die Anforderungen an die Grafikkarte aber schon ein gutes Stück an. Was die Portierung technisch zusätzlich abwertet ist die Tatsache, dass hier dasselbe dynamische Skalierungssystem wie auf den Konsolen zum Einsatz kommt. Um die gewünschte Bildrate zu halten, skaliert das Spiel nämlich notfalls runter – ob man will oder nicht. Denn auch dies lässt sich nicht ohne Eingriffe durch die Hintertür deaktivieren. 

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Durch die insgesamt schlechte Optimierung, besonders an die Möglichkeiten leistungsstarker Hardware, kam es im Verbund mit der dynamischen Skalierung auf unserem Testsystem leider immer wieder zu unschönen Rucklern. Gegenwärtig kann man unabhängig von den angegebenen Systemanforderungen praktisch keine zuverlässige Garantie geben, ob Final Fantasy VII Remake Intergrade auf eurer Hardware auch anständig läuft. Hier müssen die Macher dringend nachbessern. Es fehlen einfach zu viele rudimentäre Optionen, allem voran die dynamische Skalierung sollte sich auf Wunsch deaktivieren lassen. Ein so liebloser Port ist mir auf technischer Ebene schon lange nicht mehr untergekommen. Bedenkt man, wie viele Features in der PC-Version von Final Fantasy XV stecken, wo sogar DLSS unterstützt wird, lässt einen das Remake des siebten Teils umso enttäuschter zurück. Für achtzig Euro ist das ein weiterer Schlag ins Gesicht der Spieler, anders kann man es nicht ausdrücken. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„In der Theorie erhaltet ihr mit Final Fantasy VII Remake Intergrade nun auch auf dem PC einen inhaltlich sinnvoll erweiterten und spielerisch zeitgemäß modernisierten Klassiker, der sich der Definition des Wortes Remake als absolut würdig erweist. Die Zusatzepisode mit Yuffie ist ebenfalls bereits an Bord. Ärgern kann man sich was das angeht höchstens darüber, dass gegenwärtig noch niemand abschätzen kann, wann das Abenteuer denn weitergeht. Die längst überfällige Portierung hinterlässt allerdings auf vielen Ebenen einen mehr als faden Beigeschmack, denn für den völlig überzogenen Preis und einen Zwangsausflug in den Epic Store bekommt man hier besonders im technischen Bereich nur eine sehr enttäuschende Umsetzung geboten, die zentrale Optionen zur Feineinstellung (unter anderem bei der forcierten dynamischen Skalierung) vermissen lässt und in Sachen Texturen kaum imstande ist, ihren Ursprung zu verbergen. Besitzern leistungsstarker Systeme werden keinerlei Vorteile geboten. Wer das Spiel schon auf Konsole gespielt hat, verpasst hier absolut nichts. Nach so langer Wartezeit hätten ausharrende PC-Spieler einfach sehr viel mehr verdient gehabt, als eine so lieblose Umsetzung.“  

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PRO:

+ Eindrucksvolle Beleuchtung und Partikeleffekte
+ Liebevoll animierte Hauptcharaktere
+ Filmreife Zwischensequenzen
+ Handlung und Charakterdarstellung sinnvoll erweitert
+ Zahlreiche neue Nebenbeschäftigungen 
+ Abwechslungsreiche Bonusepisode direkt ins Spiel integriert
+ Guter Gesamtumfang mit mindestens fünfundzwanzig Stunden Spielzeit
+ Freie Wahl zwischen rundenbasierten Kämpfen oder Echtzeitmechanik
+ Deutlich modernisiertes Upgrade- und Materiasystem
+ Gut überarbeitete Menüs
+ Schnörkelloser Fotomodus
+ Fair ausbalancierte Schwierigkeitsgrade für jeden Anspruch
+ Sensationell aufbereiteter Soundtrack
+ Sehr gute deutsche Sprecher

CONTRA:

– Viele maue Umgebungstexturen
– Deutliche qualitative Unterschiede zwischen Hauptcharakteren und NPC´s
– Extrem minimalistisches Grafikmenü…
– …welches zentralste Features wie Kantenglättung, V-Sync und Co. vermissen lässt
– Forcierte dynamische Skalierung…
– …die mitunter auch auf High-End-Hardware Ruckler produziert
– Insgesamt sehr lieblose Anpassung an die Bedürfnisse moderner Systeme
– Besonders im Echtzeitmodus via Maus und Tastatur sehr unpräzise Bedienung
– Völlig überteuert

                                             GESAMTWERTUNG:     7.3/10

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