Fallout 4™: Nuka World – Apokalyptisches Disneyland

                                              Getestet und verfasst von General M

Bethesda liefert knapp 10 Monate nach Release des Hauptspiels den letzten offiziellen DLC ab, der auch vom Season Pass gedeckt wird. Nach dem großartigen Far Harbor liegen meine Erwartungen jetzt natürlich hoch. Bringt „Nuka World“ das Spiel inhaltlich zu einem runden Abschluss? Oder fehlt dem Vergnügungspark am Ende doch das Vergnügen?

Willkommen in Nuka World

Wie jeder andere DLC auch startet Nuka World über ein Radio Signal, welches alle Interessierten zum Besuch des großen Vergnügungsparks Nuka World einlädt. Also schnappt sich mein Charakter „Werner“ Powerrüstung und Bumspritsche Piper und macht sich vom entfernten Far Harbor auf ans andere Ende des Commonwealth. Hier ist der Eingang zum Transit, einem alten (und verflucht heruntergekommenen) Zug, der direkt zum Park führt. Allerdings erwartet uns direkt hinter der Pforte bereits ein Trupp Gangster, die aber keine große Herausforderung darstellen. Wenig später treffen wir dann vor dem Zug auf einen ziemlich verwundet dreinblickenden Gesellen, der uns bittet, nach Nuka World zu fahren und dort seine Frau und seine Tochter zu retten.

Fallout4 2016 08 30 21 05 28 759
                        Bandenchefin Maks ist uns skeptisch gegenüber eingestellt…

Schnell stellt sich heraus, dass die Sache stinkt, denn Nuka World ist nicht einfach nur ein Vergnügungspark, sondern eine gut aufgestellte Festung, die sich drei verfeindete Banden teilen und die nur vom Overboss davon abgehalten werden, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Da jede Bande eigene Interessen verfolgt und der bisherige Overboss zu nichts anderem mehr Lust hat, als ahnungslose Reisende in einem Todesparcour um die Ecke zu bringen (was natürlich nicht gelingt), muss ein neuer Chef her. Ratet mal, wer dieses zweifelhafte Privileg am Ende inne hat. 

Piper wird das gar nicht gefallen…

Nun sind wir also Overboss von drei Banden, die aus Kapitalisten, Verrückten und Blutrünstigen bestehen – letztendlich allesamt die Sorte Verbrecher, die ich im Verlauf des Hauptspiels über viele Stunden mit Genugtuung abgeschlachtet habe, um meiner Bestimmung als wahrer Held des Guten zu erfüllen. Ich muss gestehen, ich bin nicht gerade begeistert gewesen, dass man mir am Ende gar keine andere Wahl gelassen hat, als plötzlich zu den Bösen zu wechseln. Und meiner Gefährtin Piper gefällt das ebenso wenig. Dummerweise habe ich sie mitgenommen, so wird sie ab jetzt Zeuge all meiner Gräueltaten, die ich mit viel Widerwillen begehe. Denn ich habe zu keinem Zeitpunkt den Wunsch verspürt, gemein zu sein. Im Gegenteil, ich habe jedem geholfen, der mir über den Weg gelaufen ist. Habe das Unrecht bekämpft, wo immer ich es antraf. Gab selbstlos meine Kronkorken und rettete jedes nur mögliche Leben. Und jetzt heißt es plötzlich „Rauben und Plündern“? 

Fallout4 2016 08 30 20 56 06 643
           Der Ausblick aus unserem neuen Hauptquartier kann sich wirklich sehen lassen.

Obwohl mich das Setting wirklich reizt, weil der Vergnügungspark an sich genial gestaltet ist und so wunderbar das Klischee des klassisch-amerikanischen Amusements durch den Kakao zieht…obwohl es viel Spaß macht, die vielen Attraktionen zu testen und dabei Coupons zu verdienen…ja, obwohl all das irgendwie cool ist, tue ich all das doch im Zeichen des Bösen. Erstmals lässt mir das Spiel gar keine Wahl. Und das nervt. Hinzu kommt, dass die Missionen im Rahmen der circa 6-15 Stunden langen Spieldauer (je nachdem, wie sehr man sich den Nebenmissionen etc. verschreibt) nicht gerade abwechslungsreich sind. Während mich Far Harbor besonders durch seine Geschichte gefesselt hat, weniger durch den permanenten Einsatz von Gewalt, geht Nuka World diesen Weg konsequent umgekehrt – wenig reden, wenig handeln, aber viel, viel Schießereien. Hier geht der Rollenspielcharakter nahezu völlig unter. Klar, hier und da gibt es Entscheidungen zu treffen. Man kann Raider – Siedlungen gründen, muss die Interessen der jeweiligen Gangs wahren…all das klingt auf dem Papier gut. Aber selbst die coole Nuka Cola – Powerrüstung tröstet nicht über die Tatsache hinweg, dass der letzte große DLC extrem repetiv und abwechslungsarm ist. Und mehr noch, dass man hin wieder überlegen muss, wie viele Nebenmissionen man eigentlich noch zu tun gewillt ist, weil es einfach zu wenig Neues abseits von Nuka World gibt, nachdem man den Vergnügungspark gründlich erkundet hat. Ein Set neue Gegner? Nein. Neue, coole Waffen? Na, es gibt eine missionsbedingt wichtige Spritzpistole. 

Fallout4 2016 08 30 20 54 18 081
             Optisch weiß der DLC durchaus zu beeindrucken. Dahinter ist aber viel Fassade.

Weniger wäre mehr gewesen

Wie gesagt, das Setting ist an sich klasse. Aber bei all den tollen Designs und der grundlegend stimmigen Atmosphäre mangelt es einfach an Tiefschichtigkeit und Innovation. So bleibt Nuka World am Ende im Vergleich zu Far Harbor als klarer Rückschritt in Erinnerung, die gerade deswegen einen faden Beigeschmack hinterlässt, weil man die Dinge, die das Spiel auszeichnen (Entscheidungsfreiheit, Innovation, gute Story), einfach nicht ausreichend berücksichtigt hat. Weder werden einem die Charaktere in Erinnerung bleiben, noch wird man gewillt sein, dass Ende des DLC’s als geschichtliches Ende des Spiels zu akzeptieren. Diabolische Spieler mögen vielleicht mehr Freude daran haben, als ich es im Test hatte. Aber selbst diejenigen, die auf Chaos und Zerstörung abfahren, werden wohl recht früh erkennen, dass dieser Weg auf Dauer substanzlos ist. Lieber hätte ich eine „nur“ 3-4 Stunden lange Hauptkampagne gespielt, in der ich all die Möglichkeiten und Freiheiten des Hauptspiels genossen hätte, als eine um die bis zu 16 Stunde Kampagne mit so viel Leerlauf und Inhaltsarmut, wie sie Nuka World bietet. Schade. 

Fazit

ava2 „Bethesda, was ging nur vor bei euch? Ich habe mich nach dem genialen Far Harbor riesig auf Nuka World gefreut, nur um wenig später festzustellen, dass ich einen Vergnügungspark betreten habe, der abseits der Attraktionen knapp 15 Stunden lang darin besteht, ohne Wahl den Bösen zu spielen und alles mögliche über den Haufen zu ballern? Nein, das könnt ihr so viel besser! Nuka World ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass weniger in der Tat manchmal mehr sein kann. Wenn es ferner die zahlreichen Freiheiten des Hauptspiels für eine repetive, abwechslung- und inhaltsarme Kampagne opfert, ist das für mich nicht mehr Fallout. Sondern viel mehr einer jener Shooter, die man sonst nach 2 Stunden wieder ins Regal packen will. Dann lieber nochmal ein Neues Spiel starten und die großartige Geschichte des Hauptspiels mitsamt Far Harbor erneut erleben. Fallout 4 verabschiedet sich mit Nuka World enttäuschend.“

PRO:

+ Nuka World ist großartig designed…
+ …und bietet viel zu entdecken…
+ …von Attraktionen…
+ …über Spielbuden
+ gewohnt subtil-schwarzer Humor
+ Sehr ordentliche Spielzeit

CONTRA:

– Sehr ordentliche Spielzeit – aber wenig Inhalt
– Erzwungen auf Action getrimmtes Gameplay
– Kaum Entscheidungsfreiheiten
– Eher blasse Charaktere
– Stellenweise gelangweilt wirkende Sprecher
– Kaum Innovation, zu wenige Neuerungen im Gameplay
– Spielerisch nach Far Harbor ein klarer Sprung zurück

– Repetive, abwechslungsarme Aufgaben

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 
©2016 Wrestling-Point.de/M-Reviews