Call of Duty: Infinite Warfare™ – Die weniger guten neuen Zeiten…

                                             Getestet und verfasst von General M

In den Zeiten zwischen Modern Warfare und Ghosts (vergl. Best Case bis Worst Case), wo die Serie den Markt in Sachen Shootern dominierte, ja sogar die Konkurrenz in die Schranken verwies, da muss die Welt für Activision noch in Ordnung gewesen sein, ebenso natürlich für die Spieler. Nicht viele wissen, dass Infinity Ward, das Ur-Studio von Call of Duty, welches auch für Modern Warfare 1-3 sowie Ghosts verantwortlich ist, ursprünglich von ehemaligen Electronic Arts – Mitarbeitern gegründet wurde, die vorher an der Medal of Honor – Reihe gearbeitet hatten. Was für ein gutes Gefühl es für Vince Zampella und Co. gewesen sein muss, dass die Reihe am Versuch der Modernisierung seinerzeit mit „Warfighter“ grandios baden ging, während das eigene Schiff mehr und mehr Auftrieb erhielt. Spätestens seit dem allenfalls mittelmäßigen Ghosts scheint dieser Stern zu sinken. Electronic Arts bietet mit der Battlefield – Reihe mittlerweile extrem starke Konkurrenz und hat die Hardcore – Gemeinde in zwei Lager gespalten, aber auch andere neue Marken rütteln an der Vormachtstellung und zwingen Activision in die Offensive. Es gibt wenig „auch“, aber viel „oder“. Und als man der Moderne nichts mehr abgewinnen konnte, sprang Call of Duty in fiktive Zukunftsszenarien , die immer ausgefallener wurden, während Battlefield 100 Jahre in der Vergangenheit reiste und sich dem ersten Weltkrieg annahm. Das einzige Problem an der Sache: Die Zukunft fühlt sich älter an, als die Vergangenheit. Warum das so ist, zeigt unser Test. 

Call of Star Trek: Beyond the Force awakens

Die Reihe hat es sich zur Gewohnheit gemacht, bekannte Hollywood – Schauspieler als Darsteller für ihre Kampagne und den Zombie – Modus zu verpflichten. Das ist sicherlich praktikabel, bringt es doch medienwirksam die gewünschte Aufmerksamkeit. In diesem Jahr hat man unter anderem Game of Thrones – Star Kit Harrington als SDF – Oberschurken Salen Kotch verpflichtet, UFC Fighter Connor McGregor ist in einer Nebenrolle zu sehen.

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Ersterer wurde dank intensivem Motion Capturing zwar wie alle anderen Charaktere auch prima ins Spiel übertragen, bleibt aber im Verlauf der mit 6-7 Stunden gewohnt kurz ausgefallenen Kampagne blass und kaum präsent. Die Geschichte selbst ist darüber hinaus auch nichts Neues und konzentriert sich auf den Kampf einer unterlegenen Koalition von Erde und Co. gegen ein gewaltiges Bündnis feindlicher Streitkräfte aus äußeren Siedlungsgebieten. Die lernt man hauptsächlich durch jene Zitate kennen, die einem beim Ableben angezeigt werden und die sich in Sachen Banalität und Ideenlosigkeit nahezu gegenseitig überbieten. Frei nach dem Motto: „Was ist alles böse und schlecht? Freiheit? Frieden? Okay, werfen wir alles in einen Topf und gut ist.“ So lernt man die ominöse SDF, deren Lebensart und Regierung eigentlich gar nicht kennen. Viel mehr fühlt sich die SDF wie ein Alibi – Gegner an, der eben einfach böse ist. Punkt. Klar konnte man von der Reihe noch nie tiefgehende Storylines erwarten, Infinite Warfare setzt der Belanglosigkeit aber die bisherige Krone auf und nutzt das Gerüst wie gewohnt für bis ins Detail durchgescriptete Actionszenen aus, in denen abwechselnd gerannt oder geflogen werden darf. Spätestens jetzt muss man wiederholen, was man seinerzeit über die zahlreichen Spiele mit WW2 – Setting sagte: Es ist genug. Schluss. Zumal die Grundidentität von Call of Duty so weit verloren gegangen ist, dass man es als solches kaum noch identifizieren kann. Der Konkurrenz hat gezeigt, dass es in der realen Menschheitsgeschichte noch viele Kriege gibt, die man imposant in Szene setzen kann. Und deren Konzepte ganz ohne Wall Runs, Boost Jumps und Co. funktionieren. 

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Zwar hat die Kampagne durchaus ihre Momente, verschenkt aber durch den Fokus auf nahtlose Action extrem viel Potenzial dabei, glaubwürdige und packende Charaktere zu präsentieren. Auch Reyes, in dessen Haut wir schlüpfen, kann kaum Bezug zum Spieler aufbauen. Er übernimmt mehr zufällig das Kommando über ein Kampfschiff, als dessen Captain beim Angriff der SDF auf Genf getötet wird. Von da an kann man zwar selbst bestimmen, welche Missionen man angehen möchte, bis zum großen Finale ballert man sich aber durch so viele Raumschiffe und dunkle Korridore, dass man sich inhaltlich eher an Shooter zurückerinnert, die bereits Dekaden auf dem Buckel haben. So bietet die Kampagne im Grunde das, was Call of Duty – Spieler bereits aus allen anderen neueren Ablegern kennen und im schlimmsten Fall sogar erwarten. Hin und wieder hat man das Gefühl, dass man sich bei der Entwicklung hemmungslos Elemente aus anderen Spielen, darunter Halo, Killzone und Co. abgeschaut hat, nur eben nichts davon wirklich sauber umgesetzt hat. Die Raumkämpfe beispielsweise entfalten nur wenig Dynamik, auch aufgrund der teilweise empfindlichen Steuerung, der manchmal etwas zu hektischen Inszenierung und zu guter letzt der komischen Beschleunigungs-/Bremsmechanik. Besonders bitter: Wenn man Infinite Warfare schon im Rahmen der knapp 80€ teuren Legacy Edition aufgedrückt bekommt, wenn man lediglich am Remaster von Modern Warfare interessiert ist, aber der zehn Jahre alte Titel inhaltlich und qualitativ den neuesten Ableger übertrifft, sollte man sich dringend Gedanken um eine Neuausrichtung des Settings machen. Auch hier demonstriert die Konkurrenz momentan eindrucksvoll, wie erfolgreich das sein kann. 

Womöglich ist die bewährte Formel langsam einfach ausgelutscht. Sie entwickelt sich zumindest nicht mehr nennenswert weiter. Ob Waffen nun aus dem Drucker oder aus einer Fabrik kommen, spielt kaum eine Rolle. Angesichts der starken Konkurrenten wie Battlefield, Titanfall oder Gears of War kann sich die Reihe längst nicht mehr alles erlauben und trotzdem auf dem Markt bestehen. Das wurde spätestens deutlich, als der erste Trailer für Infinite Warfare prompt zu den am schlechtesten bewerteten Videos auf YouTube gehörte, die dort je hochgeladen wurden. Während Ubisoft seine Assassin’s Creed – Serie mal für ein Jahr in die Pause schickt, um der Reihe zu frischer Größe zu verhelfen, arbeiten mittlerweile drei Entwicklerteams daran, im Wechsel jedes Jahr ein Call of Duty zu veröffentlichen. Die Reihe ist Activisions größte Cash Cow und wird weiterhin fleißig gemolken, mittlerweile aber mit spürbaren Abnutzungserscheinungen. Die Kampagne ist dafür ein deutliches Beispiel. 

Zombies und mehr

Obligatorisch mit an Bord sind mittlerweile auch die Zombies. Die bieten schnörkelloses Survival in der spacigen Umgebung eines 80’s – Themenparks, passend mit grandiosem Soundtrack und weitaus besserer Deutscher Vertonung als in der Kampagne. Alleine Santiago Ziesmer (bekannt als Sprecher von Spongebob und Steve Buscemi) ist als durchgeknallter Schurke grandios.

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Alleine schon die Arcade Spiele, die man daddeln muss, um nach einem Abschuss wieder ins Leben zu finden, sind herrlich. Das bis zu vier Spieler fähige Erlebnis, in welchem David Hasselhoff als DJ fungiert und einen Klassiker nach dem anderen spielt, bietet kurzweilige Unterhaltung, die sicher in der Zukunft mit weiteren DLC – Karten kostenpflichtig erweitert werden wird. Große Innovationen darf man aber auch hier nicht erwarten. Die Kernkomponente, nämlich der Multiplayer, bietet im Grunde eine Mischung aus bekannten Elementen vorheriger Serienableger. Man kann zwischen einem von drei Spezialisten – Anzügen wirken, die allesamt Vor- und Nachteile bieten und sich dann ins Gefecht stürzen. Dabei ist das Karten – Balancing gelungen, bietet aber wie die Kampagne auch viele Korridore und Schlauchlevels, in denen sich Camper nur zu gerne einen Abschuss nach dem anderen auf’s Konto bringen lassen. Die schnörkellose Action bietet aber nicht annähernd so viel Freiheiten wie der Multiplayer von Battlefield 1.

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Tatsächlich stimmen sogar die Klischees: Keine drei Minuten im Spiel, wurde meine Mutter von einem 12 – Jährigen beleidigt. Ebenfalls negativ fällt der extreme Einsteigerfrust auf. Wer ganz frisch im Spiel ist und keine Erfahrung mit dem Gameplay hat, wird wahrscheinlich so gnadenlos über den Haufen geballert werden, dass er wenig später das Spiel genervt quittiert. Die Lernkurve ist gnadenlos und grundsätzlich leidet auch die Mehrspielerkomponente an Innovationsarmut, die alleine in Sachen Inszenierung nicht an die Konkurrenz herankommt. Infinite Warfare macht sich gar nicht mehr die Mühe, das Pay-2-Win hinter dem Multiplayer – Modus zu verstecken. So sind besondere Gegenstände, die sonst gute hundert Stunden Spielzeit verschlingen würden, gegen Echtgeld umgehend freizuschalten und bieten dann entscheidende Vorteile. Das ist nicht nur dreist, sondern eben bewusst auf’s zusätzliche Geldmachen abgerichtet. Wenn man bedenkt, dass der Season Pass zusammen mit der Legacy Edition mit knapp 130€ so viel kostet, wie drei einzelne Neuerscheinungen, ist das schon ein zielich starkes Stück, den User danach noch weiter abzumelken.

Schlecht gealtert 

Man mag mir vorhalten, dass ich im Verlauf des Reviews zu viele Vergleiche zu Battlefield anstelle. Immerhin ist das ja ein ganz anderes Setting und so weiter. Das ist sicher richtig. Ich möchte nicht Bananen mit Pflaumen vergleichen. Aber dennoch ist Battlefield 1 momentan der Shooter, an dem man sich messen muss. Und zwar nicht nur in Sachen Multiplayer, sondern besonders in technischer Hinsicht. Auch hier zieht Infinite Warfare, welches noch immer auf der bereits vor 2 Jahren für Advanced Warfare modernisierten Engine basiert, deutlich den kürzeren. Zwar werden Explosionen, Rauch sowie Lichteffekte eindrucksvoll in Szene gesetzt und auch die Charakterbewegungen und Animationen sind geschmeidig, dennoch können die zahlreichen Filter und Co. nicht darüber hinweghelfen, dass einen das Gezeigte nicht mehr wirklich vom Hocker hauen kann. Die kontinuierlich weiterentwickelte Frostbite Engine 3 ist Call of Duty’s betagtem Grafikmotor in nahezu jeder Hinsicht überlegen. 

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Der Formeltreue halber läuft das Spiel zwar auf sämtlichen Plattformen mit stabilen 60 Frames (was die miserable Umsetzung der PC – Version von Black Ops III wieder etwas ausmerzt), dafür müssen die Konsolenfassungen allerdings im Vergleich zur maximierten, 4K – fähigen PC – Fassung gewohnten Abstriche in Sachen Bildschärfe, Schattenqualität und Texturauflösung hinnehmen. Vergleicht man die Konsolenfassungen von Battlefield 1 und Infinite Warfare, geht der Punkt auch hier an den Shooter von Electronic Arts. Es bleibt spannend, wie genau die versprochenen PS4 Pro – Optimierungen das Spiel technisch anheben werden und ob das 2017 erscheinende Project Scorpio nicht noch etwas mehr bieten kann. Momentan ist die PC – Version allerdings die technisch beste Version und bietet darüber hinaus angenehm viele Einstellungsmöglichkeiten und Qualitätsstufen, um das Erlebnis je nach vorhandener Hardware flüssig gestalten zu können. 

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Atmosphärisch gelungen ist der gewohnt klasse Soundtrack, der über sämtliche Modi überzeugen kann und zu jedem Szenario passende Klänge abliefert, eben besonders im bereits besprochenen Zombie – Modus. 

Fazit und Wertung

ava2 „Call of Duty: Infinite Warfare ist ein Paradebeispiel einer traurigen Enwicklung auf dem Spielemarkt, besonders bei jährlichen Veröffentlichungen: Möglichst wenig ändern, aber dafür möglichst viel kassieren. Das wird auch nicht besser, solange die Spieler bereit sind, diesen Umstand zu akzeptieren. Trotzdem: Die Fassade bröckelt, denn ein neuer König hat dieses Jahr für mich auf dem Online – Thron Platz genommen. Und der heißt Battlefield 1. Die CoD – Reihe hat es einfach versäumt, sich dringend nötige Innovationen anzueignen und gibt dem Serienfan abermals, was er erwartet. Nicht mehr, nicht weniger. Doch selbst die Fans gehen langsam auf die Barrikaden, was angesichts der starken Konkurrenz mehr als nachvollziehbar ist. So ist Infinite Warfare sicher ein gutes Stück besser als das schwache Ghosts, bleibt am Ende aber nur ein weiterer Ziegel in einer Wand voller innovationsloser Action – Kost nach Schema C.O.D., die im Jahr 2016 sowohl technisch als auch inhaltlich einfach niemanden mehr vom Hocker reißen will. Dass man den Mut aufgebracht hat, dem Spiel ein Remaster des besten Serienteils beizulegen, welches trotz 10 Jahren Altersunterschied mühelos überzeugen kann, spricht Bände. Entweder dafür, dass man mittlerweile nicht mehr weiß, wie man die Fans zum Kauf animieren soll, oder dafür, dass man sich was die aktuellen Ableger angeht an einem toten Punkt befindet.“


PRO: 

+ Gewohnt bombastische Inszenierung
+ Tolle Charakteranimationen
+ Eingängiges Spielerlebnis
+ Hübsche Licht-, Schatten- und Partikeleffekte
+ Atmosphärisch abgedrehte Zombies mit tollen Sprechern
+ Gewohnt gut strukturierte Online – Modi
+ Durchgehend flüssige Performance
+ Hier und da durchaus sinnvolle Gameplay – Erweiterungen
+ Sammelbare Waffen und Upgrades
+ Unkomplizierte Bedienung
+ Atmosphärischer Soundtrack

CONTRA:

– Technisch insgesamt chancenlos gegen die aktuelle Konkurrenz
– Trotz Missionswahl streng gescripted
– Stellenweise schwache Texturen
– Helme nehmen Spieltempo raus
– Ideenarme Geschichte nach Schema F
– Blasse Charaktere
– Gesichtslose Bösewichte, die eben einfach nur böse sind
– Szenario – Potenzial wird kaum genutzt
– Sehr kurze Kampagne
– Schwache Gegner – K.I.
– Pay-2-Win – Abzocke
– Bietet kaum nennenswerte Neuerungen zu den Vorgängern
– Teilweise deutlich bei anderen Genre – Vertretern abgekupfert
– Keine Multiplayer – Tutorials
– Kein Balancing für neue Spieler (Kanonenfutter – Mechanik)
– Hektischer, ideenarmer Raumkampf

                                               GESAMTWERTUNG:     63%

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