Bully Ray kritisiert WWE als überproduziert – Hall of Famer warnt vor Verlust der Authentizität

WWE Hall of Famer Bully Ray hat sich in der Ausgabe des Busted Open Radio Podcasts kritisch zur gegenwärtigen Präsentation der WWE geäußert. In einem ausführlichen Gespräch mit Co-Moderator Dave LaGreca kritisierte der frühere ECW- und WWE-Star den aktuellen Produktionsstil des Marktführers als „zu glatt“, „zu perfekt“ und „zu sehr durchdesignt“. Seiner Meinung nach verliert das Produkt dadurch an Charakter, Ecken und Kanten und letztlich auch an Reiz für langjährige Wrestling-Fans.

„Zu schön, zu glatt, zu perfekt“ – Bully Ray vermisst Wildheit und Unvorhersehbarkeit

Bully Ray begann seinen Kommentar mit einer grundsätzlichen Analyse des WWE-Stils. Er bezeichnete das Produkt als überproduziert und zu sehr auf Perfektion getrimmt, was ihm persönlich nicht zusage: „Dieses Produkt fühlt sich für mich zu schön an. Dieses Produkt ist zu glatt. Dieses Produkt wird zu sehr produziert. Dieses Produkt ist fast zu perfekt. Alles ist genau da, wo es sein soll. Es gibt keine Ungenauigkeiten. Es gibt kein Wild-West-Gefühl.“

Damit spielte er auf frühere Zeiten an, in denen Shows spontaner und weniger vorhersehbar wirkten – ein Stil, den viele mit der Attitude Era oder auch der ECW-Ästhetik verbinden.

Klassischer Stil mit Kanten statt sterilem Hochglanz

In der Diskussion führte Bully Ray weiter aus, dass er ein Wrestling-Produkt bevorzuge, das eine gewisse Härte und Imperfektion aufweist. Für ihn braucht eine Show nicht nur Professionalität, sondern auch eine organische, authentische Atmosphäre: „Ich mag es klassisch, mit einer kleinen Prise Kitsch. Was ich im Moment habe, ist ein sehr stilvolles WWE-Produkt. Alles ist perfekt – ich meine nicht perfekt in Bezug auf die Storylines, aber man versteht es. Die Art und Weise, wie es gedreht wurde, die Übergänge“

TKO-Einfluss und der Verlust des rebellischen Charakters

Podcast-Moderator Dave LaGreca griff Bullys Aussage auf und verwies auf die Fusion von WWE mit der UFC-Muttergesellschaft Endeavor unter dem gemeinsamen Dach von TKO Holdings. Dabei stellte er die Frage, ob WWE inzwischen zu sehr wie ein durchstrukturiertes Großunternehmen wirke – und dadurch ihre Eigenständigkeit verliere: „Du sprichst da etwas an, Bully, das manchen Fans Sorgen machen könnte. Wird die WWE langsam zu sehr zu einem typischen Konzern? Wenn man Teil eines riesigen Unternehmens ist, gibt es bestimmte Regeln und Grenzen, auf die man achten muss – Warnsignale, aber auch Dinge, die man lieber nicht anfasst.“

Bully Ray stimmte der Einschätzung grundsätzlich zu und verwies auf eine zunehmende Fokussierung der WWE auf externe Prominenz statt auf eigene Wrestling-Legenden.

Mehr Promis, weniger Tradition – Bully kritisiert Showelemente

Der WWE-Veteran erklärte, dass WWE aktuell vermehrt auf Auftritte von TV-Stars, Influencern oder Netflix-Gesichtern setze, anstatt sich auf ihre eigene Geschichte und ehemalige Wrestling-Ikonen zu besinnen: „Eines der Dinge, die sie im Laufe der Show tun, ist, all diese anderen Stars einzubinden. Oh, diese Person hat ein Netflix-Special, und sieh mal, wer heute bei der Show auftaucht. Und dann hatten sie diese beiden Typen hinter der Bühne. Wisst ihr was? Das ist schon in Ordnung. Aber zeig mir Tony Atlas in der Menge.“

Dave LaGreca erinnerte daraufhin daran, dass WWE während eines jüngsten Saturday Night’s Main Event durchaus einige Legenden hervorgehoben habe, darunter Mike Rotunda (Vater von Bray Wyatt) und Barry Windham. Auch Leilani Kai wurde gezeigt. Bully Ray gab zu, diesen Teil übersehen zu haben, und korrigierte sich: „Ich habe Leilani vergessen. Mein Fehler, mein Fehler. Sie haben Leilani Kai gezeigt. Das hatte ich vergessen.“

Kritik an Promos – Rückkehr zu vorformulierten Reden?

Das Gespräch verlagerte sich dann auf die Qualität aktueller Promos. LaGreca und Bully äußerten Bedenken, dass WWE wieder verstärkt auf gescriptete Reden zurückgreife, was der Authentizität schade. Besonders auffällig sei dies bei Jey Uso gewesen, dessen Segment zuletzt nicht die gewünschte Resonanz erzeugt habe: „Aber ich kann verstehen, wenn du sagst, dass es ein wenig zu glatt ist und du ein wenig mehr Biss brauchst, vor allem am Mikrofon, bei einigen der Promos. Sie fangen an, ein wenig zu diesen vorgefertigten Promos zurückzukehren, bei denen man einfach nur seinen Slogan aufsagt. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum das Jey Uso-Segment bei dir nicht wirklich ankam.“

WrestleMania-Schwung hält noch – aber wie lange?

Zum Ende des Gesprächs äußerte sich Bully Ray nachdenklich darüber, wie lange WWE den aktuellen Schwung noch beibehalten kann. Er erinnerte an das positive Momentum rund um die WrestleMania-Saison, warnte jedoch davor, sich darauf auszuruhen „Vielleicht klinge ich wie eine kaputte Schallplatte – aber dann ist das eben so. Ich habe es auch letzte Woche schon gesagt: Wenn man sich nur anschaut, wie viele Menschen in den Arenen sind, wirkt alles noch stabil. Aber ich glaube, das liegt vor allem daran, dass WWE noch vom guten Ruf und der Energie profitiert, die sie vor WrestleMania aufgebaut haben.“

Für Bully Ray ist klar: WWE hat aktuell zwar starken Zuschauerzuspruch, doch das Produkt droht, durch übermäßige Perfektion, Unternehmenspolitik und zu viel Hochglanz den rohen Kern zu verlieren, der Wrestling ursprünglich groß gemacht hat.

4 Kommentare

  1. Ich kann Bully Ray da ganz grundsätzlich zustimmen. Es ist zwar kein neues Phänomen, denn WWE wirkt schon recht lange „überproduziert“, zwischendurch gibt es immer mal Ausnahmen aber ansonsten ist alles durchweg doch arg steril und wahrlich „zu perfekt“.

    In der HHH Ära seitdem Mr. McMahon nichtmehr federführend agiert hat das Hochglanz&Hollywood Format noch einmal deutlich bei WWE zugenommen.

    Gewiss, WWE ist ein Multi-Milliarden Medien Konzern, und natürlich ist das „Production-Value“ auf allerhöchstem Niveau, etwas anderes kann man angesichts der Bedeutung und schieren Macht von WWE dabei nicht erwarten, aber dennoch sollte wie von Bully Ray angemerkt zumindest Phasenweise vermehrt auch wieder darauf gesetzt werden, dass es alles in allem grober, ungehobelter und „dreckiger“ zugeht. Das an sich hat nämlich auch seinen besonderen Reiz und insbesondere alteingesessene Fans wissen das zu schätzen. Zeitweilig sah es danach aus, dass HHH wieder mehr auf diese eher spontanen Elemente setzt, aber zuletzt war das dann immer weniger der Fall.

    Gruß

  2. Oha, was ist denn nun los? Bully Ray nicht mehr auf der Gehaltsliste von WWE?

    Ansonten hat er Recht. Viel zu viele branchenfremde Stars, zu viel Werbung, zu viel Hochglanz. Triple H als Heilsbringer ist längt entzaubert und seine Shows sind zum Teil schlechter, als sie je bei Vince waren.

    Hoffe, dass WWE noch die Kurve bekommt für die Alt-Fans der Promotion.

  3. Bin voll bei ihm. Erinnert mich ein wenig an Star Wars vs Star Trek. Bei Star Wars haben die Raumschiffe Kampfspuren, Gebrauchsspuren und Patina. Ebenso die Uniformen. Bei Star Trek, zumindest eine lange Zeit während der 90er, war auch immer alles zu perfekt. Die waren eine Woche auf Außenmission im Feindesland bei miesen Klima, aber richtig dreckig werden sie und ihre Schiffe nie. Total unglaubwürdig.

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