Der Film
All das ändert sich schlagartig, als Präsident Kennedy in Dallas einem Attentat erliegt und nun Johnson zum Führer der freien Welt erklärt wird. Das Chaos um die Ermodung Kennedy´s machen es dem unfreiwilligen Präsidenten nicht leicht, seinen Anspruch auf die Macht durchsetzen zu können. Viele Kritiker glauben ohnehin nicht daran, dass er überhaupt das Zeug für das Präsidentamt hat und nicht anders in Erinnerung bleiben wird als ein lascher Ersatz für einen großen Mann, der den Posten allenfalls bis zur nächsten Wahl kommissarisch innehaben wird. Doch LBJ ist nicht nur fest entschlossen, die Bürgerrechtsvision seines Vorgängers umzusetzen, sondern auch entgegen aller Widerstände mit eigenen Ideen seinen Fußabdruck in der Geschichte zu hinterlassen…
Die Rezension
Es scheint so, als würde die Geschichte großer Männer der Geschichte stets in nahem Zeitraum auf mehrfache Weise verfilmt werden müssen, um richtig erzählt werden zu können. Das schließt auch den bereits 2016 entstandenen LBJ – John F. Kennedy´s Erbe nicht aus, stand ihm doch mit Jay Roach´s All the Way ein Konkurrent gegenüber, der mit Bryan Cranston in der Hauptrolle die gleiche umstrittene Figur näher beleuchten wollte. Vergleicht man die beiden Filme miteinander, schneidet die Konkurrenz in nahezu jeder Hinsicht besser ab. Das bedeutet jedoch nicht, dass Rob Reiner´s Beitrag keine Daseinsberechtigung hat. Denn zum einen spielt Woody Harrelson trotz dicker Maske exzellent auf, zum anderen punktet der Film durch seine authentische Ausstattung und auch die Nebendarsteller wissen zu überzeugen. Alles in allem wirkte Bryan Cranston aber deutlich authentischer, zumal der alleine schon ganz ohne Maske aufgrund seiner frappierenden Ähnlichkeit zum Vorbild greifbarer und überzeugender wirkte. Der Punkt geht eindeutig an die Konkurrenz.
Gleiches gilt auch für die Art und Weise der Erzählung. Zwar behandeln beide Filme jeweils trotz Überschneidungen geringfügig andere Abschnitte in der Regierungszeit von LBJ, dieser hier betrachtet den kontroversen Texaner aber viel zu oberflächlich und lässt sich nie wirklich auf die Schattenseiten der Figur ein. Zwar verzichtet Regisseur Reiner hier dankbarerweise auf übermäßigen Pathos, liefert aber anders als All the Way nur sehr wenige Informationen über Johnson´s Zeit vor seiner Vizepräsidentschaft bzw. Präsidentschaft. Und auch die Zeit danach wird nach dem viel zu klassischen Ende für einen solchen Film nur noch in Form kurzer Texttafeln abgefrühstückt. Klar, bei gerade einmal etwas mehr als 95 Minuten Laufzeit ist es schier unmöglich, die illustre Geschichte eines solch politischen Schwergewichts angemessen zu erzählen, eine halbe Stunde mehr hätte dem Film alleine schon deswegen mehr als gut getan.
So bleibt am Ende hauptsächlich Harrelsons hervorragende Schauspielleitung in Erinnerung. Schade eigentlich, denn mit etwas mehr Mut und Zeit hätte man die Chance gehabt, einen guten Film zu einem hervorragenden zu machen. So reiht sich LBJ – John F. Kennedy´s Erbe eher in eine ganze Reihe gut gespielter und handwerklich solide inszenierter, aber letztendlich belangloser und viel zu glorifizierender Biopic´s ein, die an ihrem eigenen Anspruch scheitern und ihre Hauptfigur viel zu sehr idealisieren, anstatt sich daran zu wagen, wie Oliver Stone seinerzeit in Nixon auch die Schattenseiten aufzugreifen. Und trotzdem eignet sich der Film kombiniert mit All the Way gut als Einstieg in den Versuch, einen Mann zu verstehen, der trotz zahlreicher innenpolitischer Reformen hauptsächlich dafür bekannt wurde, nach seiner erfolgreichen Wiederwahl am Kontrollverlust über den Vietnamkrieg gescheitert ist und somit freiwillig darauf verzichtete, sich abermals zur Wahl zu stellen. Für all das sollte man dann auf entsprechende Dokumentationen zurückgreifen.
Blu-Ray und DVD
Bevor es nachher umständlich diskutiert werden muss, ausnahmsweise zuerst ein Wort zu den Extras: Mehr als ein kurzer Blick hinter die Kulissen sucht man auf Blu-Ray und DVD in Sachen Bonusmaterial leider vergebens. Das ist enttäuschend für einen Film, der ohnehin schon so viele Fragen offen lässt, aber immerhin: Bei der U.S. – Veröffentlichung hat man selbst dieses kleine Featurette noch ersatzlos gestrichen. Besser sieht es dagegen jeweils tatsächlich beim Bild aus. Besonders das mittlerweile doch hoffnungslos veraltete, aber eben immer noch weit verbreitete DVD – Format profitiert von dem bitratensparsamen Geschehen und punktet im Rahmen der Möglichkeiten noch mit einer relativ guten Bildqualität ohne nennenswerte Artefaktbildung oder zu krassen Unschärfen. Dafür bleibt es bei den Farben etwas blass. Die Blu-Ray dagegen stellt die bestmögliche Wahl dar, um den Film zu genießen. Hier löst der Film in nativem Full HD auf und liefert hinsichtlich der Bildqualität teilweise im Referenzbereich ab. Sowohl die Nahaufnahmen als auch Einstellungen aus der Distanz punkten mit knackiger Schärfe und hohem Detailgrad. Die Farbgebung ist bewusst warm gewählt, erdige Töne dominieren das Geschehen und verleihen dem Film einen glaubhaften Look, der gelegentlich auch klar definierte Farbtöne erlaubt.
Da der Film ohne große Effekte auskommt und komplett auf Dialoglastigkeit abgestimmt ist, fällt es nicht negativ ins Gewicht, dass die DVD lediglich über deutschen und englischen Ton im typischen Dolby Digital 5.1 – Format verfügt. Bereits hier ist die Abmischung gelungen und bietet jederzeit gut verständliche Stimmen im Center. Die wenigen Raumklangeffekte sind ebenfalls wahrnehmbar und werten hauptsächlich die wenigen Szenen mit großen Menschenmengen auf. Große Überraschungen bleiben natürlich aus. Bei der Blu-Ray setzt man auf verlustfreien Ton, hier im DTS-HD MA 5.1 – Format, der nochmal eine Spur mehr Kraft und Dynamik in den Center bringt und auch die Umgebungsgeräusche etwas präsenter hervorhebt. Der Unterschied ist aber eher gering und fällt allenfalls bei qualitativ hochwertigen Heimkinosystemen auf. Für alles andere gibt der Film einfach nicht genügend Klangelemente her. Auch hier punktet die Abmischung natürlich mit einem sauberen Center.
Fazit
„LBJ – John F. Kennedy´s Erbe kommt mit dicker Verspätung im Heimkino an – zu spät möglicherweise, denn Genrefans werden sich längst mit Bryan Cranston´s Darstellung des streibaren U.S. – Präsidenten arrangiert haben. Den besseren Film abzuliefern, das ist Regisseur Rob Reiner leider trotz exzellenter Schauspielleitungen nicht gelungen, dafür betrachtet er die Figur zu oberflächlich und überhastet. Und doch erinnert einen Woody Harrelson´s tolles Spiel einmal mehr daran, wie Präsidenten sein können. Stoisch, kontrovers, aber doch bemüht, die Welt zum Besseren zu verändern und nicht, sie stattdessen immer weiter für das eigene Ego zu spalten. So betrachtet ist der Film durchaus einen Blick wert, dank guter, aber bonusarmen Heimkinoveröffentlichung umso mehr.“
Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.