The Evil Within 2™ – „Spieglein, Spieglein…“

                                                 Getestet und verfasst von General M

Auf den Tag genau drei Jahre ist es her, als Tango Gameworks unter der Leitung des ehemaligen Resident Evil – Erfinders Shinji Mikami den ersten Teil von „The Evil Within“ auf die Spieler losgelassen haben und damit auch einen Trip in die Abgründe des menschlichen Geistes. Mit Schockelementen, Blut und Co. hat man fürwahr nicht gegeizt, dafür aber mit Charakterzeichnung. Das offene Ende des knallharten Survival – Trips ließ durchaus Raum für eine Fortsetzung. Diese Fortsetzung ist nun (und das sage ich als Fan des Erstlings) endlich da, die Geschichte von Protagonist Sebastian wird nahtlos fortgeführt. Bleibt nur noch eine Frage: Wie gut ist The Evil Within 2 denn nun wirklich?

Pakt mit dem Teufel

Die Ereignisse in der Nervenheilanstalt Beacon Hill, welche als Schauplatz des ersten Teils für bleibenden Eindruck in den Spielerherzen gesorgt hat, haben auch Sebastian Castellanos stark geprägt. Gefangen im rachsüchtigen Verstand eines Psychopathen hat er allem nur erdenklichen Wahnsinn getrotzt und den Weg zurück in die Wirklichkeit gefunden. Die Firma Mobius, die hinter all dem steckte, kam ungeschoren davon und entwickelte die sogenannte STEM – Technologie, mit deren Hilfe sich Gehirne unter einem gemeinsamen Bewusstsein verbinden lassen, im Verborgenen weiter. Währenddessen versuchte Sebastian, seine Erlebnisse zu verarbeiten. Bei den Cops ist er rausgeflogen, die ehemalige Partnerin Juli Kidman hat sich als feindliche Agentin zu erkennen gegeben und ist von der Bildfläche verschwunden. Als dann noch Sebastians Tochter bei einem Hausbrand ums Leben kommt und ihn auch seine Frau Myra wenig später verlässt, verkommt der einst so willensstarke Detective zu einem regelrechten Wrack, der seine Vergangenheit und seinen Schmerz im Alkohol ertränkt.

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              Castellanos ist nicht gerade begeistert über das, was Kidman ihm zu sagen hat. 

Doch plötzlich erscheint eben jene Kidman wieder vor Sebastians Augen, im Gepäck zwei Agenten im klassischem Mr. Smith – Look und enthüllt ihm eine unglaubliche Wahrheit: Seine Tochter Lily ist noch am Leben! Mobius hat ihr Ableben nicht nur inszeniert, sondern ihren reinen und unschuldigen Geist als Kern für die neue STEM – Maschine missbraucht. Doch die Kontrolle ist dem Unternehmen abhanden gekommen. Die auf ihrem Verstand aufgebaute „Jedermann´s Kleinstadt“ mit dem treffenden Namen Union versinkt Stück für Stück im Chaos, die zumeist unfreiwilligen Probanden haben sich nahezu allesamt in fleischfressende, zombieähnliche Kreaturen verwandelt. Einfach abschalten kann man die Maschine nicht, da kein Körper ohne Seele leben kann. Sebastian schließt widerwillig einen Pakt mit dem Teufel in Anzuggestalt, lässt sich mit dem STEM vernetzen und macht sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Tochter. Und schnell wird klar, dass sich nicht nur ein exentrischer Serienmörder im System befindet, der seine Opfer mit Vorliebe zu fleischgewordenen Kunstwerken verarbeitet, sondern dass im Hintergrund noch andere, dunklere Kräfte nach der Macht über den Verstand trachten. 

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         Serienkiller Stefano nutzt den STEM für seine ganz eigenen, „künstlerischen“ Zwecke.

Zum Glück steht Sebastian nicht nur permanent mit Kidman in Kontakt, welche ihn in der realen Welt mit vielen Informationen versorgt, auch ein zerstreuter Einsatztrupp von Mobius ist in der Stadt gestrandet und erwehrt sich den Feindeshorden nach Kräften, kennt dafür aber auch viele verborgene Wege durch „das Mark“, quasi dem Backstagebereich des STEM…

Kleinstadtidyll

Da Sebastian auf der Jagd nach Killer und Tochter allerdings die meiste Zeit auf sich gestellt ist und als solcher einer Übermacht von blutrünstigen Feinden gegenübersteht, will das Vorgehen wie auch im Vorgänger wohlüberlegt sein, schließlich sind Ressourcen wie Munition und Heilgegenstände besonders auf den höheren Schwierigkeitsstufen knapp bemessen. Zwar kann man über die an den zahlreichen Safepoints befindlichen Werkbanken nicht nur Munition, Medikits und Co. herstellen, sondern ebenso auch seine Waffen aufrüsten, dafür werden jedoch massig Ressourcen und Teile benötigt, deren Vorkommen und Anzahl ebenfalls je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad variieren, insgesamt ist der Faktor der Lautlosigkeit jedoch nicht zu unterschätzen und dient im Rahmen der seit dem Vorgänger wesentlich offener gestalteten Areale oftmals als die klügere Wahl. Während sich einzelne Gegner gezielt aus dem Hinterhalt ausschalten lassen, ist es bei größeren Gegnergruppen klug, erstmal in Deckung abzuwarten, Bewegungsrouten zu beobachten und dann mit Geräuschen, zum Beispiel durch einen gezielten Flaschenwurf, einzelne Feinde zu isolieren und dann lautlos mit dem Messer zu eliminieren.

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         Lautloses Vorgehen oder mitten rein? Das Vorgehen bleibt oft dem Spieler überlassen. 

Während jedoch zu Beginn nur vereinzelte Gegnergruppen die Areale unsicher machen, treten im weiteren Spielverlauf nicht nur immer gefährliche Kreaturen ans Tageslicht, auch die Umgebung wird zunehmend instabiler und verändert sich bei jedem Besuch ein gutes Stück Richtung Hölle Deluxe. Auf dem einfachsten von insgesamt vier Schwierigkeitsgraden kann man auf Heimlichkeit zwar meistens verzichten, da die Gegner allesamt recht einfach zu bezwingen sind und Munitionsknappheit nur selten ein Problem ist, dafür entgehen einem aber auch der Faktor des Survival – Horrors. Mein Tipp: Wenigstens auf mittlerem Schwierigkeitsgrad beginnen, wenn man wenigstens ein bisschen Ahnung vom Genre hat. Nur so kann man „The Evil Within 2“ wirklich genießen. Ganz mutige Spieler dürfen sich nach dem ersten Absolvieren der mit je nach Spielweise zwischen 10 und 15 Stunden langen Kampagne entweder mit allen ergatterten Waffen, Collectibles und Ressourcen im New Game+ erneut auf die Reise begeben, oder sich im Classic – Modus, der dem Akumu – Modus des Vorgängers entspricht, einer richtig harten Herausforderung stellen. Hier erwartet einen nicht nur die allgemeine Schwierigkeit des Albtraum – Modus, sondern zusätzlich nur sieben magere Speicherpunkte. Autosaves gibt es nicht, auch freigeschaltete Ausrüstung aus einem vorherigen Durchlauf wird nicht übernommen und auf Upgrades jedweder Form muss man ebenfalls verzichten. Das gilt dann natürlich auch für die neuen Charakterperks, welche Sebastian bei der aus Teil Eins bekannten Krankenschwester Tatiana gegen zunehmend größere Mengen grünen (und erstmals auch roten) Gels eingetauscht werden können. So lassen sich abseits des Classic – Mode Gesundheit, Ausdauer, deren jeweilige Regeneration und viele andere nützliche Fertigkeiten erwerben, die Sebastian das (Über-)leben deutlich vereinfachen. 

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          Die „Herrin der Schließfächer“ hilft auch im zweiten Teil wieder mit Fertigkeiten aus. 

Zusätzlich darf man sich im weiteren Spielverlauf auf einen Schießstand freuen, der jederzeit im Safepoint besucht werden darf und für das Erreichen hoher Punktzahlen mit nützlichen Belohnungen aufwartet. Als kleiner Bonus definitiv spaßig. Aber auch abseits davon gibt es einiges zu entdecken. Aufgespürte Erinnerungen geben Hinweise auf versteckte Ressourcendepots, zahlreiche Schriftstücke, Fotos und mehr vertiefen die Geschichte weiter und liefern interessante Hintergrundinfos, die auch viele Bezüge zum Vorgänger beinhalten.  Natürlich darf auch die aus dem Vorgänger bekannte Suche nach den gut versteckten Schlüsseln für Tatianas Schließfächer nicht fehlen. Ferner vergeben manche der aufgespürten Mobius – Spezialisten Nebenmissionen, die Sebastian im besten Fall mit schlagkräften neuen Waffen belohnen. All das wirkt im Gegenzug zum durch Ressourcenknappheit immer mal wieder etwas erzwungen wirkenden Erkundungsdrang weder aufdringlich noch überflüssig, zumal mancher Hinweis kleine Nebenszenarien freischaltet, welche die Ereignisse von Beacon Hill nicht nur eindrucksvoll aufarbeiten, sondern für Sebastians Charakterentwicklung von zentraler Bedeutung sind. Zwar sind Kenntnisse der Handlung des ersten Teils nicht zwingend notwendig, um den zweiten Teil genießen zu können, zahlreiche „Aha!“ – Erlebnisse werden dann aber ausbleiben. 

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          Die wenigen Überlebenden der Spezialeinheit erweisen sich als nützliche Verbündete. 

Das wäre besonders schade, da die Entwickler im Vergleich zum Erstling massive Verbesserungen bei der Charakterzeichnung vorgenommen haben, Nebencharaktere wie die oben abgebildete Mobius – Psychologin Yukiko Hoffman inklusive. Sebastian zeigt nun Emotionen, seine Motivation ist stets nachvollziehbar. All das hat man im Vorgänger noch vermisst, nun aber für wirklich jeden Charakter abseits der leider etwas belanglos und uninteressant agierenden Hauptantagonisten (mit Ausnahme des auf makabre Weise faszinierenden Stefano) umgesetzt. Zwar agiert Sebastian in den ersten von insgesamt 17 Kapiteln noch wie ein blinder Erfüllungsgehilfe, entfaltet dann aber rasch eine spürbare, hervorragend inszenzierte Eigendynamik, die dafür sorgt, dass man sich zunehmend mit dem Charakter identifiziert, ja sogar richtig mit den einzelnen Darstellern mitfühlt, wozu auch die insgesamt hervorragende Deutsche Vertonung sorgt. Das Ende ist versöhnlich und belohnend ausgefallen, für viele Spiele heutzutage ja leider auch keine Selbstverständlichkeit (Ja, ich blicke in eure Richtung, Telltale Games!). Der fantastische Spielflow zwischen Angriff und Lautlosigkeit, zwischen Hoffen und Bangen, all das sorgt dafür, dass mich „The Evil Within 2“ auch beim zweiten Anlauf perfekt unterhalten hat. Kritik muss man unter diesen Umständen den eher wenigen, uninspirierten Gegnertypen aussprechen. In einem so atmosphärischen Spiel, welches alleine schon durch sein wunderbares Art Design hervorsticht, wäre etwas mehr Kreativität und Vielfalt bei den Gegnertypen wünschenswert gewesen. Lediglich die wenigen Bossgegner versprühen herrlich fiese Abwechslung. Ohnehin geizt das Spiel nicht mit wohldosierten Ekel- und Schockmomenten, welche durch die fantastische musikalische Begleitung stets passend untermalt werden. Blut, Gedärme und Co. fließen in Strömen, das Spiel gehört definitiv ausschließlich in Erwachsenenhände. Die hierzulande völlig unzensierte Fassung ist nicht umsonst ab 18 Jahren freigegeben. 

Anatomie des Grauens

Technisch setzt Tango Gameworks auf eine Weiterentwicklung der idTech 5 – Engine, die unter anderem das letzte DOOM angetrieben hat. Damit gehen einige Vorteile daher, wie zum Beispiel ein stets flüssiges Gameplay (1080p/30 FPS auf Konsolen, bis 4K/unbegrente FPS auf dem PC) sowie exzellente Animationen und Mimiken, dafür erbt die „STEM – Engine“ getaufte Variante aber auch deren Schwächen wie stark schwankende Texturqualität, welche von sehr detailliert bis sehr verwaschen und detailarm reicht, besonders aber auch immer mal wieder auftretende Probleme mit der Draw Distance sowie Pop – Ins aller Art, was besonders dann auffällt, wenn man sich langsam durch die Umgebung bewegt. Auf dem PC berichten viele Spieler zudem von starker Asynchronität bei den vorgerenderten Videosequenzen, auch ich habe das beim Test der PC – Version dauernd erlebt, das Problem scheinen hier jedoch Treibereinstellungen zu sein, die jedoch eigentlich alsbald seitens des Entwicklers per Patch behoben werden sollten. Auf der Konsole gab es dieses Problem nicht, dafür muss man dort mit der Abwesenheit eines regulierbaren FOV – Sliders leben, hier wird das Geschehen wesentlich näher an Sebastian zentriert, was leider oftmals ein klares Minus in Sachen Übersicht bewirkt. Auf dem PC ist dieser Regler dagegen vorhanden und frei justierbar, ferner werden zahlreiche Feineinstellungen geboten, welche das Spiel zwar auch auf etwas älterer Hardware lauffähig machen, dennoch aber immer noch halbwegs aktuelle Anforderungen stellen. Auf maximalen Settings sollte wenigstens eine GTX 1060 oder ein gleichwertiges AMD – Pendant verbaut sein, um das Spiel mit flüssiger Bildrate in FullHD genießen zu können. Höhere Auflösungen erfordern wesentlich stärkere Grafikkarten, in 4K ging dann selbst der bis an die Grenzen übertakteten 1080ti – SLI – Konfiguration im Testsystem langsam die Luft aus, da das Spiel kein SLI unterstützt und eine Karte alleine offenbar keine 60 Bilder pro Sekunde packt. 

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    Maximale Wirkung entfalten die Schockeffekte auf dem PC nur bei entsprechender Hardware.

Im direkten Vergleich der insgesamt hervorragend umgesetzten Konsolenfassungen kann man auch dort bedenkenlos zuschlagen, auch hier sieht das Spiel hervorragend aus, wenngleich PC und PlayStation 4 – Version ein spürbar schärferes Bild als die XBOX One bieten. Ein Mehrgewinn zwischen Standard – und Pro – Konsolen gibt es jedoch nicht. Dafür funktioniert die Bedienung auf allen Systemen hervorragend. Sowohl mit den jeweiligen Gamepads, als auch mit Maus und Tastur sind präzise Eingaben überhaupt kein Problem. Gerade letzteres ist bei einem Third Person – Titel durchaus eine Leistung. 

Fazit und Wertung

ava2 „Den ersten Teil habe ich erst spät, dann aber mit Begeisterung für mich entdeckt. Umso gespannter war ich auf die Fortsetzung. Und ich kann sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde. Tango Gameworks hat die Tugenden des Vorgängers beibehalten und nahezu sämtliche Mankos ausgebessert. Auf der entsprechenden Schwierigkeitsstufe ist Teil 2 Survival Horror in Reinkultur, bietet dabei den genau richtigen Umfang, eine spannende Story mit Wendungen, interessante Charaktere und in den offenen Arealen viel spielerische Freiheit und zahlreiche Goodies, die es zu entdecken gilt. Nach Resident Evil 7 ist The Evil Within 2 für Horrorfans definitiv DAS Spiel, welches in die heimische Sammlung gehört.“ 

PRO:

+ Extrem atmosphärisches Setting mit wohldosierten Schockmomenten
+ Gut inszenierte Handlung mit befriedigendem Ende
+ Schließt nahtlos Lücken zum ersten Teil und bindet diesen konsequent ein
+ Exzellentes Art Design (Umgebung, Bossgegner, Charaktere)
+ Geschmeidige Animationen
+ Schöne Lichteffekte
+ Perfekter Umfang ohne Längen und Streckungen
+ New Game+ sowie Classic – Mode sorgen auch nach erstem Durchgang für Spaß
+ Gut durchdachtes Perk- und Crafting – System
+ Lebendiges, beklemmendes Setting, welches zunehmend bedrohlicher wird
+ Viel spielerische Freiheit dank Angriffs- und Schleichmechaniken
+ Unaufdringliche Jagd nach Collectibles, welche die Handlung weiter vertiefen
+ Sehr gute Deutsche Sprecher
+ Gut ausbalancierte Schwierigkeitsgrade für jeden Anspruch
+ Schießstand als nette Dreingabe
+ Passende musikalische Untermalung
+ Saubere Bedienung mit Gamepad und Maus/Tastatur

CONTRA:

– Hauptantagonisten verbleiben bis auf Stefano blass und uninteressant
– Mitunter stark schwankende Texturqualität
– Spielbedingt stark asynchrone Zwischensequenzen (PC – Version, Fix steht aus)
– Dank mangelndem FOV – Slider eingeschränkte Übersicht (Konsolen)
– Belanglose Rätsel
– Sehr wenige Nebenmissionen, die keine große Herausforderung darstellen

– Schlauchige Mark – Areale

                                                     GESAMTWERTUNG:     89%

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