The Business is Ruff – Anekdoten eines Hausmeisters EP1

Episode 1 : Epi-um des Volkes

Guten Abend meine Damen und Herren. Sie kennen mich nicht, aber Sie werden mich innerhalb der nächsten Seiten schon noch kennenlernen – ja, das ist eine Drohung. Mein Name ist Ralph Eichkern und bin ein ganz hohes Tier im internationalen Geflecht das sich World Wrestling Entertaiment schimpft. Ich, ja, ich bin der mitreisende Hausmeister.

Wer gerade gelacht hat darf sich in die Ecke stellen und sich schämen, denn ahnungsloser geht es nicht. Ich hab die Leuchtstofflampen, Vorschaltgeräte, Toilettenpapierrollen, Putzlappen und vor allem die Fäden in der Hand. Und mit Fäden meine ich die metaphorische Auslegung, aber ich glaube ihr habt das schon verstanden. Ich werde auch nicht alles erklären, ich hab Vertrauen in eure Sprachkenntnisse.

„Aber Ralph“, höre ich euch schon fragen – oder ist das mein Hirntumor? – „Ich habe noch nie von einem Hausmeister gehört der mehr als 2 Sätze ohne das Wort ‚nä‘ beenden kann, du nimmst mich doch auf den Arm!“ 1.Schämt euch für eure ekelhaften Vorurteile und 2.war ich nicht immer Hausmeister. Mein Lebensweg ging nicht wirklich geradeaus sondern führte mich durch einige Schikanen. Wer jetzt ausschweifende Erläuterungen zu meiner Zeit in ‚Seattle oder das eine Mal als ich zusammen mit Kevin Bacon die Welt vor gigantischen Hämoriden rettete wird enttäuscht. Denn wenn ihr diese Stories lesen würdet müsste ich euch leider töten neutralisieren. Ja, mein ehemaliger Arbeitgeber, die Central Intelligence Agency (CIA) mag das T-Wort nicht so.

Ja, ich war ein Angestellter der CIA. Ok, Angestellter ist ein etwas definitionsoffenes Wort. Ich war der Crippler. Ralph „The Crippler“ Eichkern. Über meinen Entlassungsgrund kann ich euch alles erzählen, der ist damals durch einen blöden Zufall an die Öffentlichkeit geraten – traut dem Azubi NIE zu, wichtige Dokumente zu schreddern. Mein Spitzname war Crippler da ich das reichhaltige Repertoire der, aus irgendeinem Grund immer noch halbwegs legalen, Foltermethoden gerne nutzte. Mit dem Kinderkram wie Daumenschrauben und so hab ich mich nie abgeben, es ging gleich an die größen Geschütze. Waterboarding, selbstgemachter Schwedentrunk, Scheinhinrichtungen – alles was man mit wenig Aufwand und Liebe bewerkstelligen konnte.

Aber da war eine Methode, die ich immer sehr gerne verwendete. Meine Gesichtskreuzung. Den Arm zwischen den Beinen und dann den Kopf belastet. Und ich hab ihn oft verwendet, bei unkooperativen Arschlöchern, bei kooperativen Arschlöchern, bei alten Damen die mich nur gefragt haben ob ich ihnen bitte über die Straße helfe – niemand war sicher vor mir, bis zu meiner Entlassung. Denn, nun ja, wenn man diese Methode häufíg über 2 Jahre hinweg anwendet stumpft man ein wenig ab. Es fühlt sich irgendwann einfach nicht mehr so gut an wie beim ersten Mal. Ich hab den Klassiker versucht, einfach 2 Wochen Abstinenz und dann wieder voll loslegen, aber nicht einmal das hat geholfen. Nun, um das Gefühl der ersten paar Male zurückzubekommen musste ich den Kopf deutlich mehr anziehen und belasten…

*Knack*

Ja, die CIA ist eigentlich offen für alles aber da bekam ich eine schriftliche Abmahnung. 2 Wochen später stand der Frühjahrsputz an und das war für mich die perfekte Gelegenheit, diesen negativen Eintrag in meinen Akten verschwinden zu lassen.

Hat nicht funktioniert.

Nach viel Medientrouble musste mich die CIA gehen lassen, aus der schriftlichen Abmahnung wurden meine Entlassungspapiere. Ich verlor meinen Traumjob, meine Machtposition, mein Lebenswerk. Es folgte eine Zeit lang nichts, ich saß zuhause, aß ungesund, nahm ein paar Kilo zu. Einige Monate später bekam ich einen Anruf.

„Ralph Eichkern am Apparat, wer spricht da?“

„Vincent K. McMahon, Titan Sports Inc.”

“… aha. Und… sie wollen mir Hanteln verkaufen?“

„Was? Nein. Ich habe ein Angebot für sie…“

„Also doch“, unterbrach ich unwissentlich einen Menschen, der mein Monatsgehalt im Geldbeutel spazieren trägt.

„… ein Jobangebot. Ich habe ihre Story in der Zeitung gelesen…“

„Für Auftragsmorde bin ich nicht zu haben“

„… und habe mir gedacht – jemand, der gerne anderen Menschen Schmerzen hinzufügt ist willkommen in der World Wrestling Federation Familie“

„Sie… sie stellen mich ein weil ich einem Mensch das Genick gebrochen hab?“

„… Ich möchte jemanden, der Probleme am Nack… Schopf packt und erledigt.“

„Als was? Drill Coach? ‚Wenn ihr die Übungen nicht sauber ausführt brech ich euren Hals, das meine ich ernst!‘ Sektretär? ‚Wen muss ich erwürgen um endlich das Format A38 zurückzubekommen?‘ Geschäftsführer?“

„… nicht ganz. Sie werden die ganze Welt in einer Hand haben und praktisch gesehen ein Gott sein. Alles hängt von ihnen ab – unsere Bühnen, unsere Ringe, unsere Wrestler, alle werden ihnen zu Füßen liegen wenn sie ihren Job richtig machen.“ Meine Atmung wird etwas schneller. „Ich höre schon, ich hab Interesse geweckt. Ich möchte sie als den mitreisenden Hausmeister einstellen.“

„JA! JA! NATÜRLICH! WO MUSS ICH UNTERWarte. Haben sie gerade Hausmeister gesagt?“

„Ja, Hausmeister. Licht, Wasser, Toiletten – alles wichtige Bestandteile damit Backstage alles reibungslos funktioniert.“

„Haben die Hallen nicht selbst Hausmeister?“, frage ich etwas entgeistert, etwas verunsichert ob mich nicht gerade jemand reinlegen möchte.

„Ja, nunja, wir möchten jemanden der alles auf gewohnte WWF-Standards bringt. Wir müssen so oder so verschiedene Pauschalen zahlen, wenn wir jemanden einstellen der uns das immer auf einem guten Niveau hält fallen nicht nur diese lästigen Zusatzkosten weg sondern die Talente sind auch zufriedener wenn alles gleich ist. WWF Wrestler sind dauernd unterwegs, gleichbleibende Standards und Duftnoten geben ihnen ein Gefühl von Zuhause.“

„Also bin ich da um Lufterfrischer zu spritzen und die Böden zu säubern…“

„Also das ist jetzt schon übersimplifiziert…“ unterbrach mich Vince.

„1500$, pro Monat.“

„Deal.“

„… ok, nicht die Reaktion die ich mir ausgemalt hatte. Dann hätte ich noch ein paar Forderungen – ich möchte“

„STJKASLDFH OH TSCHULDIGUNG ICH VERSTEHE LEIDER KEIN WORT MEHR. SEIEN SIE EINFACH AM MONTAG UM 8 IN SEATTLE“

Nunja, ich brauchte einen Job. Es war als Übergangslösung gedacht und 1500$ pro Monat war für ein bisschen Schrubben und Febreeze versprühen gar kein schlechtes Gehalt. 18.000$ pro Jahr 1984 sind mit Inflation ca 40.000, was wirklich nicht von schlechten Eltern ist.

Nun, damals war ich in meinen späten Zwanzigern. Ein schlauer Mann hat einmal gesagt, dass Provisiorien am längsten halten, und ich bin der lebende Beweis. Mein Kinn hat sich verdoppelt, genau wie der Abstand meines Skrotums zu meinen Geschlechtsteilen. Alles hängt, alles schlabbert – und meine WWF Hausmeister-Kappe sitzt immer noch da wo früher mal meine glorreiche Haarpracht hauste, die sich an der gerade eben beschriebenen Stelle in Hülle und Fülle angesetzt hat.

Aber ich betrachte meine Tätigkeit als Hausmeister als Nebenbeschäftigung. Ich bin unfreiwilliger Seelenklempter. Ich weiß nicht was an meinem Auftreten schreit „HEY! ICH MÖCHTE MIR ALLE EURE PROBLEME ANHÖREN! ICH HAB ZEIT! ICH MUSS GAR NICHT ARBEITEN!“, aber eigentlich seitdem ich zum ersten Mal den Mop in meine Pranken genommen habe bin ich ein Abladeplatz für allmögliche Probleme. Alles fing mit der Frage „Ruff, hast du mal kurz Zeit für mich?“ an, die mir kurz nach meiner Einstellung ein muskulöser, blonder Sunnyboy stellte.

„Ehm… nein. Ich … siehst du den Mop in meiner Hand? Wenn das dein Problem ist, ich kenne einen hervorragenden Optiker“

„Es geht um meinen aktuellen Platz in der Company. Ich komme mir bescheuert vor. Fresst eure Vitamine und betet einen Gott an der nicht existiert. Dann auch noch dieses blöde Gelb/Rote Outfit. In diesem Charakter ist einfach nichts von meiner echten Persönlichkeit drin. Kann ich den Kindern nicht auf den Weg geben, sie sollen die Werke von Edgar Allen Poe oder Kafka durchlesen, sich eine eigene Meinung bilden und sich gesund ernähren anstatt wie blöd Vitamine einzuwerfen?“

„Wowwowowowowow“, versuchte ich mich wieder in Fassung zu bringen. Ich hatte alles erwartet, aber vom Muskelprotz mit ewig-dümmlichen Grinsen auf dem Gesicht nicht gerade DAS.

„Ich weiß einfach nicht was ich machen soll. Auf der einen Seite ist es leicht verdientes Geld und ich muss mir Bodyguards zulegen um nicht von einem dieser fanatischen Weibern vergewaltigt zu werden. Ich habe alles was ein Mann haben wollen würde. Aber ich fühle mich leer, habe seit Monaten kein Wort mehr auf Papier gebracht.“

„Du… du schreibst?“ Ich stotterte etwas, meine eigentliche Frage „Du kannst schreiben“ hätte mich wahrscheinlich direkt in ein örtliches Krankenhaus gebracht.

„… Ja. Ich bin Hobbyautor. Du klingst verwirrt.“

„Ehm… Ja… Wie soll ich sagen…“, stammelte ich vor mich hin während dem Muskelprotz das Lachen vergeht und er mit einem stechenden Blick durch mich durchschaut.

„Es ist nur… du weißt schon…“ palaber ich weiter vor mich hin während ich verzweifelt nach einer Ausrede suche.

„…Weil ich blond bin?“

„… GENAU. WEIL DU BLOND BIST. Genau das wollte ich sagen. Außer es ist das was du nicht von mir hören wolltest, dann auf keinen Fall weil du blond bist…“

„… du weißt schon dass das Vorurteil nur für Frauen gilt, oder?“

„Ja, war nur ein Witz. Du weißst schon, ein Witz. Ein Witz.“ versuche ich mich panisch zu entschuldigen. Sein dümmliches Grinsen lässt seine bitterernste Miene verschwinden.

„Also, ein Comedian wirst du nicht mehr. Aber du könntest mir einen Gefallen tun – Ich hab einen Packen meiner Geschichten in meinem Spind. Du bist der erste in der Company der davon weiß und ich möchte endlich Feedback dazu. Meinen Freundeskreis kann ich nicht fragen, du weißt schon, Bodybuilder eben. Würdest du sie dir einmal durchlesen?“

„Ja…. Ja, klar, kann ich machen. Alles was du willst. Brauchst du noch einen Kaffee? Zigarreten? Kokain?“

„Hey, komm runter. Ich würde dir niemals etwas tun“

Ja, das Gefühl unterlegen zu sein war mir sehr neu. Ich meine, wenn jemand angekettet an einem Stuhl und mit Handtuch über dem Gesicht vor dir liegt bist du ein Gott. Wenn aber verdammt noch einmal Hulk Hogan, der mich gut einen Kopf überragt, vor einem steht ist dies doch eine Umstellung. Und ich war überrascht, er war nicht vollkommen frei von Talent. Etwas zu dreckig für meinen Geschmack, aber gut. Er war zwar kein neuer Goethe oder Schiller, seine Werke wird man in hunderten von Jahren nicht mehr im schulischen Unterricht besprechen, aber das war denke auch nicht der Anspruch. Ich musste ihm versichern sein Pseudonym, unter dem er Jahre später durchaus erfolgreich die von mir gelesenen Werke veröffentlichte, nicht zu verraten. Man findet sie auf jeden Fall in jedem Buchladen, keine schwarz/weiß Literatur.

Diese anfängliche Nervosität ist schnell verflogen, denn am Ende hab ich doch noch die besseren Argumente – die komplette Rückendeckung vom Chef. Auch wenn es der alte Sack selbst unter Eid nicht zugeben würde – er mag mich. Er braucht mich. Er hat durch mich schon die ein oder andere Million verdient und Katastrophe abgewendet. Denn, um wieder auf den Anfang zurückzukommen, ich hab die Fäden in der Hand.

Ihr wollt ein Beispiel? Nun gut…

(Fortsetzung folgt …?)