Special: World of Warcraft – Ein Blick zurück – Teil 4

Um Punkt Mitternacht ist es soweit! Alle Europäer dürfen die Pforten zum neuen Expansion Set „Legion“ durchschreiten. Das ist der eine Tag in Azeroth, wo die Server völlig überlastet sind, nichts funktioniert und der massive Andrang der Spieler sämtliche Questgeber und Questmobs lahmlegt. Wer erwartet, ab Mitternacht gemütlich spielen zu können, wird wahrscheinlich sein blaues Wunder erleben. Zustände, die es tatsächlich nur noch im Zeitraum eines Launchs gibt. Aber gerade das hat auch irgendwie seinen Reiz. Denn diese grandiose Überfüllung, die angetrunkenen Leute im Chat und und und…es ist ein Erlebnis, wie es nur circa alle 2 Jahre vorkommt. 

So war es seinerzeit auch beim Launch der dritten Erweiterung, „Mists of Pandaria“. Der neue Kontinent Pandaria tauchte im Süden der Weltkarte auf und Allianz und Horde lieferten sich prompt einen erbitterten Kampf um die wertvollen Ressourcen und geheimnisvollen Mächte der Ländereien. Dass die eigentlich friedlichen und neutralen Pandaren mehr oder weniger ungewollt in die Sache reingezogen wurden, liegt vor allem daran, dass der Zorn des Krieges uralte dunkle Magien entfesselte, sogenanntes „Sha“. Und plötzlich sitzen wieder alle im selben Boot. Nun, nicht alle. Denn der gnadenlose und brutale Herrscher der neuen Horde, Garrosh Hellscream, will sich diese Macht unbedingt zu Nutze machen…

Mist aus Pandaria

Der Sprung an Veränderungen im Vergleich zu Cataclysm fiel dieses Mal bedeutend geringer aus. Neue Maximalstufe war Level 90, die Pandaren waren als neues Volk spielbar und konnten sich wahlweise Horde oder Allianz anschließen, ferner wurde die neue Klasse „Mönch“ integriert und all die Veränderungen, die eine Erweiterung eben so mit sich bringt. Dabei hat der chinesisch angehauchte Stil unglaublich viel Charme, besonders der Soundtrack war und ist überaus hörenwert. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Launch. Angefangen bei einer Quest (Allianz), die meine Magierin nach Burg Sturmwind führte, wo der König verärgert feststellte, dass sein Sohn Anduin (der Channing Tatum von Azeroth) auf Pandaria gestrandet ist. Kurz darauf wird eine massive Expedition ausgesandt, um den Kronprinz zurückzuholen. Also rauf auf’s Luftschiff und ab geht die Reise. Bei der Ankunft stellen wir schnell fest, dass auch die Horde sich längst hier breitgemacht hat. Eine erbitterte Schlacht um den ersten Vorpfosten entbrennt. Alles weitere ist wie gewohnt Geschichte. Geschichte ist ebenso, dass in jener Nacht einfach gar nichts lief. Die Latenzen standen höher als der Ständer des Herrn, Quests und Events funktionierten gar nichts. Kurzum, nach spätestens 10 Minuten gab es kein Weiterkommen mehr. Aber wie gesagt, damit muss man rechnen. Behäbig arbeitete ich mich durch die neuen Gebiete, durch die neuen Instanzen und stand mit Level 100 (große Überraschung) im Schrein der vier Winde und dachte mir : „Was nun?“ Die ersten Schlachtzüge waren längst erschienen. Das Mogu’shan – Gewölbe und das Herz der Angst boten Herausforderungen bisher ungekannter Natur. Wieder befand ich mich in einer kleinen Gilde. Zu klein, um groß was reißen zu können. Hier beginnt eine Geschichte, die ich sehr gerne mag. Eine klassische Geschichte, wie Zufälle zu etwas sehr gutem führen können. 

Ein neuer Weg

Wie ich im letzten Teil bereits erwähnt hatte, litt ich jahrelang unter einer schweren Agoraphobie. Das ist kein Geheimnis, immerhin habe ich darüber ein ganzes Buch verfasst. WoW war für mich ein bisschen Flucht vor der Wirklichkeit (sollte man nicht machen, ist nicht hilfreich!). Schlachtzüge, die ja meistens über TeamSpeak koordiniert werden, sind eine gute Möglichkeit, soziale Kontakte aufzubauen und über den Zeitraum von jeweils drei Stunden mehrfach in der Woche die Sau rauslassen zu können. Ich versuchte also, in der kleinen Gilde Schlachtzüge zu organisieren, wir kamen aber letzten Endes nicht drum herum, aufzufüllen. Da traf es sich gut, dass der Freund eines Gildenmitglieds einer anderen, sehr guten Gilde namens „Primrose Path“ angehörte. Von denen hatte ich schon während Lich King – Zeiten gehört. Das waren die Leute, die mit der besten Ausrüstung in Sturmwind standen und wo man gar nicht anders konnte, als sie ehrfürchtig zu betrachten. Der Zwerg Schamane, der uns zur Hilfe eilte, stand diesen Tatsache in Nichts nach und zeigte uns bereits zu Beginn, wo der Frosch die Locken am Sack hat. Ich weiß nicht, ob ich es an seiner Stelle ertragen hätte, den ganzen Raid zu ziehen. Dauernd Dinge zu erklären, einen Tod nach dem anderen in Kauf zu nehmen. Aber all das hat er getan und uns so am Ende zu einem tollen Erfolgserlebnis verholfen. Mein Charakter war schwach. Sehr schwach. Als ich sah, was der Schamane da abfeuerte, verfiel ich kurzzeitig in eine kleine Depression. Ich dachte mir, auf das Level kommst du sowieso nie. Und weil die anderen Gildenmitglieder auch weit davon entfernt waren, gaben wir das Unterfangen kurz darauf auf, woraufhin sich die Gilde auch auflöste. Da stand ich also. Ich hatte Blut geleckt, aber die Schlachtzüge waren mittlerweile so weit fortgeschritten, dass der Rückstand an passender Ausrüstung nicht einfach so aufgeholt werden konnte. Zum Glück hatte ich mir den Kontakt vom Schamanen gespeichert. Und als dessen Gilde eines Abends für den Thron des Donners noch Spieler suchte, gelang es mir, trotz mieser Ausrüstung über den Kontakt mitzukommen. Ich war richt nervös. Spieler in einer wie ich fand besten Gilden des Realms. Natürlich wollte ich mich besonders anstrengen und mir keine Fehler erlauben. Am Ende waren es wirklich nur ganz wenige, zumindest hoffe ich das. Ich fand es sehr beeindruckend, wie souverän und präzise sich die Gruppe durch den damals schwersten Schlachtzug im Content arbeitete. Ich ordnete mich ganz den Anweisungen unter und hatte extrem viel Spaß, zumal die Truppe auch genial war. Dem Priester verreckte dauernd das Internet, der Druide hatte ein abartig gutes Talent für unterschwellige Kritik und sehr charmante Warnungen und und und…ich liebe ja Charakterköpfe. Immerhin bin ich selbst so einer. Es gelang mir sogar, das ein oder andere Item zu erhalten. Darauf war ich sehr stolz. Und mehr noch, da gerade etwas Flaute im Gildenbetrieb herrschte, erhielt ich am Ende sogar eine Mitgliedschaft auf Probe. Ich war so unglaublich stolz, begann damit, Guides zu studieren und meinen Magier bis an den Rand des Möglichen zu spielen. Und wurde am Ende festes Mitglied der Gilde.

Das ist dahingehend bedeutsam, weil es mir auch geholfen hat, über die Zeit der Agoraphobie hinweg zu gelangen. Der gute Kontakt, die lieben Menschen, dieses Gefühl von Akzeptanz…all das hat mich damals weitergebracht. Und mich auf den richtigen Weg im wahren Leben geführt. Heute bin ich immer noch Mitglied dieser Gilde. Wir heißen jetzt zwar anders, aber die Leute sind fast alle wieder da. Bereit für Legion und die Herausforderungen, die auf uns warten.

Warlords of Gähnor

Bis dahin galt es jedoch erstmal, sich durch Addon Nummer 5 zu kloppen, „Warlords of Draenor“. Dieses schloss unmittelbar an die Ereignisse von Mists of Pandaria an. In der Schlacht um Orgrimmar gelang es, Garrosh zu stürzen. Der floh jedoch prompt vor seinem Gerichtsprozess und manipulierte die Zeitlinie von Warcraft. Diese Geschichte zu erzählen, würde etwas zu lange dauern. Aber die Folgen waren gewaltig. Flug reiste man dem Schurken hinterher und begegnete zahlreichen Legenden der Warcraft – Saga. Man baute Garnisionen, arbeitete sich hoch auf Level 100 und stürzte sich abermals in den Kampf. Und doch ging der Erweiterung trotz coolem Ansatz schnell die Luft aus. Das ewige Absolvieren von Garnisionsmissionen nervte mit der Zeit, daran änderte auch die neue Werft nicht viel. Hinzu kam, dass der Entwickler kaum neuen Content lieferte. Lediglich zwei neue Schlachtzüge, die Schwarzfelsgießerei und die Höllenfeuerzitadelle, fanden ihren Weg ins Spiel. Letztere war dann für weit über ein Jahr auch alles, was noch kam. Viele Spieler stagnieren, zumal der Schwierigkeitsgrad des Raids besonders auf den hohen Leveln extrem schwierig war und wohl auch noch nach Legion sein wird. Für Casual Gamer eher Qual als Freude. Erfolg hatten da nur die wirklich erstklassigen Raidgilden. Das sorgte für mehr und mehr Frust, weil man am Ende einfach nichts mehr zu tun hatte. Und es sorgte ebenso dafür, dass viele Spieler vorerst der Welt von Warcraft den Rücken zukehrten. Mich eingeschlossen. Aber warum auch ein Jahr lang knapp 160€ bezahlen, wenn man dafür Woche für Woche den selben Mist erledigt? Zu dieser Zeit verzeichnete Blizzard immensen Abfall von Spielern weltweit. Dafür hatten sie mit Overwatch ein neues Zugpferd im Stall und waren gleichzeitig schon mit den Arbeiten an Legion beschäftigt, welches eben morgen offiziell erscheint. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob Blizzard aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und es schafft, die Spieler dieses Mal besser am Haken zu halten. Die Zeichen stehen gut. Unser umfangreiches Review, welches sich in mehrere Teile splitten wird, wird darüber genaueren Aufschluss geben.

Fest steht, die Reise ist noch nicht zuende.