SPECIAL: Tomb Raider – Eine Geschichte voller Höhen, Tiefen und Brüsten – Teil 3

                                              Der Weg zurück an die Spitze

Das Jahr 2003 markierte den Tiefpunkt in der Geschichte der Tomb Raider – Serie. Der sechste Teil mit dem Titel „Angel of Darkness“ sollte in jeder Hinsicht einen Neustart der Serie darstellen. Doch die zahlreichen Schwierigkeiten während der über drei Jahre andauernden Entwicklung, der Druck seitens Publisher Eidos, das Spiel unbedingt bis zum Start des zweiten Kinofilms zu veröffentlichen sowie überambitionierte Erwartungen endeten im Desaster. Als Konsequenz nahm nicht nur der Chef von Entwickler Core Design seinen Hut, Eidos legte die Zukunft der bei Core erfundenen und erstandenen Reihe komplett in andere Hände. Was für das Studio aus England wie ein Schlag ins Gesicht wirken musste, weckte in Spielern Hoffnung. Der neue Entwickler Crystal Dynamics, welcher sich bereits mit seiner vielbeachteten Legacy of Kain – Reihe einen Namen gemacht hatte, sollte die Reihe nun zurück zu alten Tugenden führen, ohne dabei den grundlegenden Kern der Reihe aus den Augen zu verlieren, so wie es nun mal bei Angel of Darkness geschehen war. 

Während Crystal Dynamics die Arbeiten an einem frischen Tomb Raider aufnahm, entwickelte sich der Markt in technischer Hinsicht immer weiter. Der Konsolenmarkt hatte sich mittlerweile zwischen Sony, Nintendo und Microsoft aufgeteilt und gerade die PlayStation 2 hatte im Laufe der Zeit einige wichtige, ja sogar kultverdächtige Serien hervorgebracht. Doch auch Microsoft hatte sein Halo und Nintendo setzte nach wie vor auf auf Hausmarken basierende, qualitativ hochwertige Exklusivtitel. Längst musste man akzeptieren, dass es Spielen auch gelingen konnte, eine fesselnde, ja kinoreife Handlung zu erzählen und diese ebenso visuell beeindruckend zu präsentieren. Das neue Tomb Raider sollte beides schaffen. Um den technischen Aspekt angemessen umzusetzen, entschied man sich zur Verwendung der hauseigenen Crystal – Engine, mit welcher man auch die letzten Teile der Legacy of Kain – Reihe umgesetzt hatte. Das ermöglichte erstmals Physik – Effekte sowie stimmigen Schattenwurf und eine realistische Beleuchtung der Spielwelt. „Tomb Raider: Legend“ war geboren! 

Eine neue Lara

Aber auch die Archäologin selbst bekam eine Überarbeitung spendiert. Um ein realistischeres Frauenbild zu erschaffen, verkleinerte man die Oberweite. Gut, nicht jede Frau kann Palina Rojinski sein. Leider. Irgendwie aber auch zum Glück. Wo war ich stehen geblieben? Richtig. Die neue Lara konnte sich sehen lassen und wirkte im Vergleich zu ihren Vorgängern ein gutes Stück realistischer. Zudem bekam sie ein ganzes Repertoir an neuen Tricks und Gadgets spendiert, die sich beide essentiell ins komplett überarbeitete Gameplay einfügen sollten. Zusätzlich verpasste man der Bewegung einen ganz neuen Anstrich – Tomb Raider: Legend war der erste Teil mit völliger Bewegungsfreiheit. Das mag heutzutage eher unspektakulär wirken, war aber damals eine von vielen dringend notwendigen Verbesserungen innerhalb der Reihe, welche zuvor auf umständliches „Erst drehen, dann laufen“ setzte. Zusätzlich musste Lara erstmals auf ein umfangreiches Waffenarsenal verzichten und durfte nicht wie bisher vom Pistolenpaar bis zum Raketenwerfer sämtliches Equipment gleichzeitig in ihrem kleinen Rucksack mitschleppen. Wichtiges Gameplay – Element war der erstmals verfügbare Magnethaken, mit dessen Hilfe Kisten und anderen Gegenstände bewegt werden konnten und der auch beim Überwinden größerer Entfernungen essentielle Bedeutung erfuhr. Dies als direkte Konsequenz der Tatsache, dass man die neue Lara nicht mehr mit der gewaltigen Sprungkraft von einst versehen wollte. Neben den berühmten Ballermännern konnte nur noch eine zusätzliche Waffe mitgeführt werden, das Arsenal reichte vom Sturmgewehr bis zur Schrotflinte und besann sich eher auf klassisches Equipment, weniger auf sperrige Kavenzmänner. Die neue, mobilere Lara wirkte alles in allem damit nicht nur realistischer und flexibler, sondern wie gewünscht auch als Charakter greifbarer. Die markante Synchronstimme von Claudia Urbschat – Minges, die Lara in der Deutschen Fassung stets ihre Stimme geliehen hatte, blieb erhalten. 

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Die Suche nach König Arthus Schwer Excalibur verschlug die tapfere Heldin über Kolumbien und Peru bis unter anderem nach Kasachstan, während einem ständig eine geheimnisvolle Organisation im Nacken sitzt, welche die Macht dieser Entdeckung für ihre eigenen Zwecke nutzen möchte. Die Geschichte kam ohne größere Neuerungen aus und lieferte stattdessen eher Bewährtes, dennoch sorgte sie neben der motivierenden Jagd nach Schätzen und dem neuen Zeit – Modus für viel gute Unterhaltung.

Das fertige Spiel erschien dann erstmals Anfang April 2016 für alle gängigen Konsolen, darunter auch für die damals noch topaktuelle XBOX 360, wo sie neben der PC – Fassung erwartungsgemäß am Schönsten wirkte. Alle anderen Systeme mussten bereits deutliche technische Abstriche hinnehmen. Erst 2011 folgte nachträglich im Rahmen einer überarbeiteten Sammlung auch eine Portierung auf PlayStation 3. 

Die Veröffentlichung selbst stieß dieses Mal wieder auf größere und vor allem positivere Resonanz als noch der miserable Vorgänger, heimste viele gute Wertungen zwischen 80 und 90% ein und verkaufte sich bis heute über 4 Millionen Mal. Damit hatte man das Franchise wieder auf die Erfolgsspur zurückführen können. Die Schmach von Angel of Darkness war ausgeglichen worden. 

Das große Jubiläum

Da das Franchise um Lara Croft nun wieder ganz oben im Genre mitmischte, wurden schnell Fortsetzungen in Betracht gezogen. Bereits ein Jahr später veröffentlichte man zum 10. Jubiläum der Reihe mit Tomb Raider: Anniversary eine komplette Neuauflage des ersten Teils. Wieder von Crystal Dynamics entwickelt, passte man den Erstling an die Technik und das Gameplay von Legend an, fügte dabei aber einige Verbesserungen hinzu, die das Erlebnis prima abrundeten. Der Gamecube blieb bei der Veröffentlichung dieses Mal außen vor, dafür erschien erstmals ein Titel aus der Reihe für die neue Wii von Nintendo und machte dabei von deren Bedienungsfeatures Gebrauch. Auf der XBOX wurde das Spiel in vier Episoden veröffentlicht, eine komplette Version stand erst Monate später in den Regalen. 

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Davon abgesehen blieb alles wie gehabt. Alles in allem übertrafen die Kritiken die von Legend, allerdings bleibt der Titel mit mageren 1.4 Millionen verkauften Exemplaren bis heute das am wenigstens kommerziell erfolgreichste Spiel der Reihe. 

Letzter Stopp vor dem Neubeginn

Um den schwachen Verkaufszahlen entgegen zu wirken, entschied man sich, wieder ein Jahr auszusetzen und dem Spiel im Rahmen der aktuellen Zeit wenigstens technisch eine Rundumerneuerung zu spendieren. Eine ganz neue Engine kam zum Einsatz, auf dessen Basis später auch „Deus Ex: Human Revolution“ entwickelt werden sollte. Die zahlreichen Portierungen wurden dieses Mal jedoch an viele andere Entwickler übertragen, damit sich Crystal Dynamics ganz auf die Entwicklung der XBOX 360 – Version konzentrieren konnte. Für den PC – Port zeigten sich die versierten Entwickler von NIXXES aus Holland verantwortlich, die auch zukünftig primär an PC – Umsetzungen von für Konsolen stammenden Spielen zuständig sein würden, darunter auch für das taufrische „Rise of the Tomb Raider“. Tomb Raider: Underworld setzte dabei die Geschichte aus Legend fort und beschäftigte sich in einem wesentlich düsteren Szenario als bisher wieder mit Lara’s Suche nach ihrer verschollenen Mutter. 

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Im November 2008 simultan für alle Plattformen erschienen, konnte Underworld allerdings keine Begeisterungsstürme mehr hervorrufen. Zwar hatte man ein solides Spiel geschaffen und mit bis heute 2.4 Millionen Exemplaren einen guten Erfolg verbuchen, dieser blieb aber sicher weit hinter den Erwartungen seitens Publisher Eidos zurück. Die Kritiker waren dem Spiel zwar grundsätzlich wohlwollend gesonnen, bemängelnten allerdings, dass trotz der guten Technik in Sachen Inhalt und Gameplay die Innovation auf der Strecke blieb. Eine nicht ganz unberechtigte Kritik, zeigten zu der Zeit doch bereits Titel wie GTA IV und Fallout 3 in ihren eigenen Genres, welche Möglichkeiten mittlerweile vorhanden waren. Und auch das sehnsüchtigst erwartete Metal Gear Solid 4 ließ alle Konkurrenz, zu der im Grunde genommen auch Tomb Raider gehörte, weit hinter sich. Es war eine Zeit vieler Umbrüche, nicht zuletzt deswegen, da Underworld der letzte Titel der Reihe war, den Eidos als Publisher vertrieb. Dieser wurde später von Square Enix übernommen, die damit auch alle Rechte an der Marke Tomb Raider besaßen. Mit Underworld endete in vierlerlei Hinsicht eine Ära. Wer die baldige Rückkehr der Archäologin erwartete, wurde enttäuscht – ganze 5 Jahre vergingen bis zum nächsten Teil. Aber der hatte es dafür in sich. 

Zurück zu den Ursprüngen

Mit einem globalen und ausgesprochen finanzstarken Partner in der Hinterhand, begab sich Crystal Dynamics zurück an die Ursprünge der Lara Croft. Die Geschichte ihres brutalen und harten Überlebenskampfes als junges Mädchen, die an ihrer ersten großen Expedition teilnimmt und dabei promt auf einer gefährlichen Insel strandet, verlieh Tomb Raider einen immens realistischen und düsteren Anstrich, der neben der beeindruckenden Technik neue Maßstäbe im Genre setzte. Tomb Raider aus dem Jahre 2013 ist dabei bis heute der einzige Titel der Reihe, der in den Staaten ein „M for Mature“ – Rating erhielt und hierzulande das entsprechende Pedant der Freigabe ab 18 Jahren. Dabei erschien das Spiel nur noch für den PC, wo es die mit Abstand schönste Version darstellte, konnte sich aber ebenso auf den bereits betagten Konsolen PlayStation 3 und XBOX 360 noch halbwegs sehen lassen. 2014 fand Tomb Raider dann auch im Rahmen einer nochmals verbesserten Definitive Edition auch seinen Weg auf PlayStation 4 und XBOX One und stellt dort bis heute die beste aller Fassungen dar. Die Kritiker vergaben ausgezeichnete Wertungen und erachteten die neue Lara und ihr Spiel als hitverdächtig. 

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Obwohl das Spiel bereits innerhalb der ersten 48 Stunden weltweit über eine Million Mal über die Theken wanderte und sich die Verkaufszahlen auf bis zu 3.4 Millionen Exemplare steigerten, hatte man sich vorerst seitens Square Enix einen noch größeren Erfolg gewünscht. Dieser stellte sich jedoch mit der Zeit ein, kombiniert mit den erfolgreichen Verkaufszahlen der Definitive Edition auf den aktuellen Konsolen kommt man auf eine stolze Zahl von beinahe 8.5 Millionen verkaufen Exemplaren, was den Reboot der Reihe bis heute zum erfolgreichsten Titel der Reihe macht und auch den erfolgreichsten Titel innerhalb eines Franchises überhaupt darstellt. Ein immenser Achtungserfolg, der Lara Croft wieder den lange vermissten Platz auf den oberen Treppchen des Spiele – Olymps verschaffte. 

Die Zeichen standen also eindeutig auf Fortsetzung. Knapp 2 Jahre später schien mit „Rise of the Tomb Raider“ dank eines Millionendeals mit Microsoft der bis dato beste Teil vorerst ausschließlich für die XBOX One und die in die Jahre gekommene XBOX 360. Diese Exklusivität wurde viel diskutiert und zahlte sich für Microsoft nur bedingt aus, da zur selben Zeit zum Beispiel ein Fallout 4 einen Rekord nach dem anderen abräumte und so bemerkenswerte Konkurrenz auf dem Markt bedeutete, der man einfach nicht gewachsen war. Während PlayStation 4 – Spieler noch bis zum Jahresende 2016 auf Laras neues Abenteuer warten müssen, dürften sich seit dem 28. Januar vorerst PC – Spieler an den Titel wagen. Die Umsetzung stammt dabei erneut von NIXXES. 

Wie sich das Spiel im Detail schlägt, zeigt unser Testbericht. Bis dahin kann man wohl zum Abschluss dieses Specials folgendes festhalten: Die Reihe hatte Höhen und Tiefen. Und wurde vielen Veränderungen unterzogen. Manche waren von guter Natur, andere wohl weitaus weniger. Dennoch hat diese einst so vollbusige, aber immer noch toughe Archäologin  das Genre revolutioniert und damals auch dem PC als Spielerplattform geholfen, sich als solche weiter zu etablieren. Längst ist Lara Croft zu einer Videospiel – Ikone geworden. Und ich als Fan kann nur sagen:

Vielen Dank, liebste Lara!