SPECIAL: Tomb Raider – Eine Geschichte voller Höhen, Tiefen und Brüsten – Teil 1

Es gibt Momente, da fühlt man sich alt. Und das, obwohl man erst kürzlich die 28 passiert hat. Tomb Raider ist so ein Moment, immerhin feiert die Reihe in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag. Grund genug, sich nicht einfach nur zum bevorstehenden Release der PC – Version von Rise of the Tomb Raider an die Ursprünge der Reihe zurück zu erinnern. Dabei wollen wir uns in drei Teilen auf eine kleine Reise in die Vergangenheit begeben. Von den Anfängen im Jahr 1996 bis zur Stagnation 2003 und den wieder besseren Zeiten ab 2006 bis zum Reboot der Reihe im Jahr 2013 wollen wir keine Plattform, kein Spiel und keine Mühen scheuen, um euch die Reihe näher zu bringen. Also genug der einleitenden Worte, los geht’s! 

Von Gremling Games zu Core Design

Bevor wir uns dem Erstling aus dem Jahr 1996 widmen, müssen wir zuerst weitere 8 Jahre zurück in die Vergangenheit reisen. 1988 markiert nicht nur das Jahr meiner Geburt, sondern auch die Gründung einer kleinen Spieleschmiede in Derby, England. Ein kleine Handvoll junger Angestellter der Entwicklungsfirma Gremlin Graphics aus Sheffield überzeugte den Firmenchef von der Gründung einer Zweigstelle in Derby. Dabei ging es nicht um wirtschaftliche Interessen, die Angestellten wollten sich einfach die tägliche Anfahrt nach Sheffield  sparen. All das geschah zu einer Zeit, wo die Videospielindustrie großen Veränderungen entgegen stand. Mehr und mehr bewegte man sich von klassischen Systemen wie dem C64 weg und wandte sich stattdessen aufgrund technischer Aspekte den ersten Heimcomputern mit 16 Bit – Anbindung zu. Gremlin Graphics, die zuvor erfolgreich (aber ausschließlich) für die Klassiker entwickelten, drohte unweigerlich die Pleite. Die jungen Angestellten der Zweigstelle, bestehend aus Programmierern und Marketing – Leuten, brachten kurzerhand die Summe von 16.000 Pfund auf, übernahmen die Zweigstelle und gründeten darauf basierend ein neues Unternehmen: Core Design.
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Das aus ingesamt 8 Leuten bestehende Team blieb allerdings vorerst dabei, für klassische Systeme zu entwickeln, wandte sich dann aber ebenfalls moderneren Systemen zu und erschuf dabei das äußerst erfolgreiche und vielfach preisgekrönte Jump & Run mit dem Titel „Rick Dangerous“ auf dem Amiga. Mit der Zeit ging der Marktanteil von Amiga jedoch immer weiter zurück, so dass sich die Jungs von Core Design den Portierungen auf PC und Sega Mega Drive zuwandten und sich durch weiterhin gut gemachte Titel nicht nur die Gunst von Sega erarbeiteten, sondern auch die der Spieler. Nebenbei versuchte man sich auch als Publisher, ließ dabei aber zunehmend die Entwicklung neuer Titel links liegen. So wurde dieser Geschäftszweig 1990 auch gleich wieder eingestellt. 

1994 sollte ein wichtiges Jahr für die Spieleschmiede aus England werden. Zum einen wurde das Unternehmen von Publisher U.S. Gold aufgekauft, durfte dabei aber trotzdem autonom agieren. Zum anderen wurde im selben Jahr von Sony die erste PlayStation vorgestellt. Und da die Jungs von Core Design mit ihrer bisherigen Arbeit überzeugen konnten, bekamen sie von den Japanern sofort eine Entwicklerlizenz. Die Übernahmestrategie zahlte sich aus: Da U.S. Gold fortan als Publisher für Core Design fungierte, konnten die Jungs sich wieder voll und ganz auf die Entwicklung konzentrieren. Und damit auch 1995 wieder gute Erfolge verbuchen.

Das Jahr 1996 sollte den bis dato wichtigsten Meilenstein in der Geschichte des Studios darstellen. Publisher U.S. Gold wurde von dem englischen Unternehmen Eidos Interactive aufgekauft, damit auch Core Design. Für das Studio eröffneten sich dadurch ganz neue Möglichkeiten, da Eidos nicht nur wesentlich finanzkräfter war, sondern die Entwickler weiterhin autonom arbeiten durften. Heute ist das kaum noch üblich. Mit der Möglichkeit eines höheren Budgets und der damaligen Technik begann man mit einem neuen Projekt: Tomb Raider.

Beginn einer Legende

Der Entwicklungsprozess durchlief eine Menge Phasen. Ursprünglich sollte der Protagonist ein Mann sein, man entschied sich aber später bewusst für eine Frau, um auf dem bis dato von männlichen Helden bestimmten Spielemarkt eine herausstechende Alternative präsentieren zu können.

Tomb Raider 1

Dabei war der Name Lara Croft zu Beginn gar nicht als Name geplant. Die schöne Archäologin sollte nämlich ursprünglich Laura Cruz heißen, bis man auch diese Idee verwarf und letztendlich einen Namen wählte, der einem lokalen Telefonbuch entstammte. Lara Croft war geboren.

f610ca 498dc161e51f47ad9f186a40a5ea51faDie massive Oberweite der Protagonistin entstammt dabei ebenso einem Zufall, da einer der Programmierer das Volumen versehentlich von 100% auf 200% heraufsetzte und mit dem Ergebnis so zufrieden war, dass er es einfach dabei beließ. Zwar wurde im Laufe der Jahre Laras Oberweite wieder etwas reduziert, das prächtige Dekolleté blieb aber grundlegend erhalten.  Zwischen Ende Oktober und Mitte November begann das fertige Spiel dann stetig mit der Eroberung der Märkte, erschien allerdings zuerst für den Zeitraum von 6 Wochen exklusiv für den Sega Saturn, ehe auch andere Systeme in den Genuss des Spiels kamen, allen voran natürlich die PlayStation und der noch immer mit DOS – Betriebssystem arbeitenden Personal Computer, letzterer allerdings noch ohne die Unterstützung von 3D – Beschleunigerkarten. Die wurde erst später nachgereicht. Viele weitere Portierungen sollten jedoch folgen. Der Siegeszug der hübschen Archäologin war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits kaum noch aufzuhalten. 

Auf zur zweiten Runde

Das erste Tomb Raider verkaufte sich bis heute über 6 Millionen Mal, wurde mit positiven Kritiken und Auszeichnungen förmlich überschüttet und machte nicht nur das Entwicklerstudio, sondern auch Lara weltberühmt. Allerdings verließ Laras Erfinder und Programmierer Toby Gard das Unternehmen kurz nach Veröffentlichung, um sich auf ein neues Spiel mit Namen Galleon zu konzentrieren. Die restliche Belegschaft von Core Design ließ sich davon nicht entmutigen und machte sich an die Arbeiten zur Fortsetzung: Tomb Raider II – Starring Lara Croft. Da man das Grundkonzept für eine Fortsetzung bereits vor der Fertigstellung des Erstlings zu Papier gebracht hatte und ferner den Entwicklerstab verdoppelte, schritten die Arbeiten am zweiten Teil schnell voran. Zumal man sich auch dazu entschloss, an der Technik des ersten Teils festzuhalten und dafür lediglich einige Verbesserungen zu implementieren. Dazu zählen eine verbesserte Bewegung, einige kleinere Fehlerbehebungen, Unterstützung für 3D – Beschleunigerkarten (ausschließlich auf dem PC), ein langer, beweglicher Pferdeschwanz und der seitdem zum Standard gehörende Outfit – Wechsel der Protagonistin.

Tomb Raider II 20

Die Suche nach dem Dolch von Xian führte Lara dabei von China und Venedig zu einem Schiffswrack bis nach Tibet. Doch das war nicht die einzige große Änderung, da Tomb Raider II dank eines Deals mit Sony im Konsolenbereich PlayStation – Exklusiv bleiben sollte. Der Sega Saturn blieben ebenso wie das mittlerweile erschienende Nintendo 64 außen vor. Tatsächlich erschien bis zum Jahr 2000 kein Titel der Reihe für eine andere Konsole als die aus dem Hause Sony, was dem Unternehmen aus Japan einen massiven Vorteil auf dem Markt einbrachte. Bereits 1997 erschien die Fortsetzung dann für PlayStation und Windows 95 – PC’s und schlug erneut ein wie eine Bombe. Nicht nur übertragen die Verkäufe den Erstling noch mal um ein gewaltiges Stück, auch die Kritiker waren sich erneut beinahe allesamt einig, dass der zweite Teil seinen Vorgänger in allen Belangen übertrumpfen würde. Bemängelt wurde von manchen Kritikern lediglich, dass sämtliche grafischen Verbesserungen lediglich der Protagonistin zu Gute kommen würden, weniger aber dem optischen Gesamtbild. Aber das kann man wohl nur Meckern auf hohem Niveau nennen. Und wie auch beim Vorgänger erschienen mit der Zeit zahlreiche Portierungen und Neuauflagen für zahlreiche Systeme. 

Neues Jahr, neues Glück

In den 90er Jahren befand sich die Popularität von Lara Croft auf dem absoluten Zenit, die auch außerhalb der Spiele Einfluss auf die Medien nahm. So machte Lara beispielsweise sogar Werbung für den Automobilhersteller SEAT und sogar die Band U2 verwendete ihr Konterfeit im Rahmen ihrer damaligen Welttournee. Kein Wunder, dass man schon damals über einen Kinofilm nachdachte. Trotz vieler Konzepte sollte bis zum Filmdebüt allerdings noch einige Zeit verstreichen. Die Entwickler von Core Design, mittlerweile durch ihre Marke reich geworden, machte sich sogleich an die Entwicklung des nächsten Teils: Tomb Raider III: Adventures of Lara Croft. 

Abermals blieb man der Grundformel treu und verpasste Lara eine ganze Bandbreite neuer Fähigkeiten, Grafisch bot man dank neuer 3D – Techniken das bisher schönste Tomb Raider, ebenso die bisher schönste Lara, entfernte sich dabei dennoch nur kaum vom Vorgänger. Die Suche nach den Splittern eines Meteoriten, der dereinst die tropische Antarktis in einen eisigen Kontinent verwandelte, führt Lara im Auftrag einer dubiosen Gesellschaft von Indien über den Pazifik bis nach London, Nevada und für den großen Showdown zurück in die Antarktis. Die Level waren dabei alle sehr abwechslungsreich, weiträumig und herausfordernd gestaltet. Neue Waffen, Fahrzeuge und ein grundlegend mehr düsteres Setting machten auch den dritten Teil wieder zu einem immensen Erfolg. Und das sicherlich auch für die Hersteller des dazugehörigen Spieleberaters. Ich weiß genau, wovon ich rede.

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Nebenbei bemerkt war Tomb Raider III übrigens einer von zwei Titeln der Reihe, welcher in Deutschland zensiert erschienen ist. War das wenige Pixel – Blut in den vergangenen Teilen noch kein Problem für eine Freigabe ab 16 Jahren, tauschte man im Trend der damaligen Praxis einfach die Farbe. Aus Rot wurde ein helles Lila. Ungesund. Aber zum Glück gab es damals schnell einen Uncut – Patch, der den ursprünglichen Zustand wieder herstellte. PlayStation – Spieler mussten für ein unzensiertes Erlebnis dagegen auf den U.S. Import zurückgreifen. Im gesamten europäischen Raum war nur die von Eidos vorabzensierte Version erhältlich. Eine importierte Version ließ sich aufgrund des Region Lock allerdings nicht ohne eine entsprechende Konsole abspielen, die meisten Spieler nahmen daher mit dem Vorlieb, was sie kriegen konnten, oder wechselten einfach zum PC. 

Kommerziell war auch Tomb Raider III wieder ein großer Erfolg, der auch bei den Kritikern erneut gut ankam, alles in allem aber in den Wertungen nicht mehr das Level der Vorgänger erreichen konnte. Das lag hauptsächlich daran, dass die Reihe langsam aber stetig Abnutzungserscheinungen aufwies. Man warf den Entwicklern vor, behäbig auf Schema F zu setzen, um die Geldkuh so viel wie möglich melken zu können, ohne dabei zu viel Arbeit investieren zu müssen. Oder gar eigene Finanzressourcen. Das ließ die Entwickler von Core Design aber nicht einknicken. Die Arbeiten am nächsten Teil wurden aufgenommen.

Und hier endet der erste Teil des Specials. Im nächsten Teil befassen wir uns ausführlich mit dem schleichenden Niedergang der Serie, der mit dem sechsten Teil 2003 nicht nur den Tiefpunkt erreichte, sondern auch hinter den Kulissen für massive Konsequenzen sorgte.  

FORTSETZUNG FOLGT

pinup lara