Nachwuchs an die Front
A Hero Nobody Knows lehnt sich dabei an die Handlung der ersten Staffel an. Statt in die Rolle von Saitama schlüpfen wir im Rahmen der knapp 10-12 Stunden umfassenden Story allerdings in einen komplett neuen Charakter, der zunächst im beigelegten Editor nach eigenen Wünschen frei erstellt werden kann. Die Optionen gehen durchaus über rudimentäre Möglichkeiten hinaus, auch wenn die gewaltige Anpassungsvielfalt eines Code Vein längst nicht erreicht wird. Und darum geht´s: Nachdem wir als Normalo dank Saitama knapp einem Schurkenangriff entkommen konnten, wollen wir unserem Retter nacheifern und ebenfalls zum Helden werden. Der Weg dorthin ist allerdings verdammt steinig, denn als Held im Rang C gilt man eher als kleiner Fisch in einem großen Teich. Um also nicht nur stärker sondern auch berühmter zu werden, müssen wir uns in Z-City zunehmenden Herausforderungen stellen und nebenbei immer wieder den Mitmenschen bei ihren Alltagsnöten unter die Arme greifen.
Zwischen Frust und Gelächter
Leichter gesagt als getan, denn leider haben es die Macher bei aller Liebe zu einer detailtreuen Umsetzung der aus Comic und Serie bekannten Charaktere vollständig versäumt, Z-City glaubhaft mit Leben oder gar Abwechslung zu füllen. Mäßig animierte NPC´s schicken Euch immer wieder auf belanglose Quests, die nicht selten aus sich wiederholenden Botengängen und Co. bestehen. Für ein erfolgreiches Voranschreiten in der Geschichte sind diese Aufgaben aber leider unverzichtbar, denn nur so steigert ihr den Sympathiewert eures Helden und empfehlt euch für größere Aufgaben im Rahmen der Hauptgeschichte. Saitama, Genos und andere bekannte Figuren aus dem One Punch Man – Kosmos übernehmen dort die Vergabe von Quests, die nicht selten in waschechten Prügeleien mit den nicht minder überzeichneten Schurken münden. Die dafür erhaltene Erfahrung könnt ihr dazu nutzen, eure zu Beginn eher ausgeglichenen Werte allmäglich zu steigern, außerdem bringen Euch die Auftragsgeber nach und nach ihre ganz eigenen Fertigkeiten zur weiteren Individualisierung bei.
Begleitet wird die Geschichte von zahlreichen Zwischensequenzen, die den Humor der Vorlage gekonnt einfangen. One Punch Man ist schließlich in erster Linie eine hemmungslose Satire auf die üblichen Heldengenres, was auch das Spiel immer mal wieder gelungen rüberbringt, allerdings nur in wahlweise englischer oder japanischer Sprachausgabe nebst entsprechenden Untertiteln. Eine deutsche Lokalisierung sucht man abseits entsprechender Untertitel leider mal wieder vergeblich. Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass einen A Hero Nobody Knows irgendwann zu nervigem und zusätzlich auch noch aufgesetzt wirkendem Grinding zwingt. Neue Missionen schaltet man dann erst frei, wenn man genug Ansehen angehäuft hat. Also vermöbelt man wieder und wieder schwächere Gegner, erledigt wieder und wieder die anspruchsbefreiten Nebenmissionen und hofft, dass es letztendlich für die nächste Etappe in der Kampagne genügt.
Mangelnde Vielfalt ist neben der kaum vorhandenen Abwechslung das zweite große Problem von A Hero Nobody Knows, denn mit Ausnahme der wirklich effektreichen und wandlungsreichen Bosskämpfe steht man immer wieder Feinden gegenüber, die sich höchstens in der Hautfarbe voneinander unterscheiden. Dementsprechend vorhersehbar werden die Angriffe, was den spielerischen Anspruch ebenso wie die Motivation abseits der größeren Kaliber erst recht zum Erliegen bringt. Dabei ist das Kampfsystem auf den ersten Blick klug strukturiert und belohnt das geschickte Kombinieren von Attacken ebenso wie zeitig gut getimtes Parieren und Kontern mit spektakulären Sequenzen, oftmals führt aber auch einfaches Buttonsmashing zum gleichen Ziel, entsprechende Charakterwerte natürlich vorausgesetzt. In dem Aspekt verschenkt das Spiel beinahe genauso viel Potenzial wie an allen übrigen Enden und Ecken auch. Das ist deswegen umso ärgerlicher, weil Spike Chunsoft schon bei Jump Force mit der gleichen Nachlässigkeit ans Werk gegangen ist und sich nun als Wiederholungstäter präsentiert, der nichts aus vergangenen Fehlern gelernt zu haben scheint.
Spaß auf dem Schlachtfeld
Immerhin warten die Macher trotz aller Versäumnisse auch mit einer spaßigen Neuerung im Genre auf. Wo es die Gegner an Dynamik weitestgehend an Dynamik vermissen lassen, sorgen Zufallsereignisse auf den recht weitläufigen Schlachtfeldern für dringend nötige Abwechslung. Ob es nun die Maulwurfsbande ist, die uns von unterhalb drangsaliert oder sogar Meteoriteneinschläge, das geschickte Ausnutzen der jeweiligen Events kann drohende Niederlagen abwenden und im letzten Moment den Sieg bringen. Auch die Implementierung der bekannten Helden in die Kämpfe ist gelungen. Die meiste Zeit sind wir zwar auf uns gestellt, dafür zeigt eine Leiste an, wie lange Saitama und Friends als Verstärkung noch entfernt sind. Dann können wir deren Kontrolle übernehmen und mit dem vollen Arsenal zuschlagen. Das ist deswegen klug gelöst, weil ja gerade der namensgebende Titelheld dafür bekannt ist, jeden Gegner mit nur einem Schlag aus den Latschen zu schmettern. Durch dieses System der Verzögerung wird das Balancing also gewahrt. Trotzdem ist der One Punch Man immer noch übermenschlich stark, weshalb es sich für anspruchsvollere Spieler empfiehlt, es bei der Verstärkung lieber mal mit Genos als zweiter Option zu versuchen.
Das zentrale Handicap liegt bei den Kämpfen auch weniger in Balance und allgemeiner Spielbarkeit begraben, gerade weil die effektvoll inszenierten Fights auch abseits der Kampagne im separaten 3 vs. 3 – Modus und natürlich auch online eine Menge Spaß machen, sondern viel mehr in der schwachen Technik des Spiels. Während die Charaktermodelle gelungen sind, wirkt alles andere eher matschig, wenig detailliert und daher alles andere als zeitgemäß. Dass es bei der uns zum Test zur Verfügung gestellten Version für die PlayStation 4 trotzdem zu massiven Performanceproblemen kam, verwundert dementsprechend umso mehr. Selbst auf der PlayStation 4 PRO kommt es dauernd zu unschönen Einbrüchen der Bildrate, worunter das Free Roam abseits der Kämpfe noch am ehesten betroffen ist. Aber selbst in der Arena kann es zu Problemen kommen, die das Geschehen dann kurzzeitig bis an den Rand der Unspielbarkeit verlangsamen, übrigens sowohl on- als auch offline. Für ein Genre, dass mehr als alles andere von Tempo und Präzision abhängig ist, ein absolutes Tabu. Dabei ist A Hero Nobody Knows noch nichtmal ein Spiel, welches visuell zu irgendeinem Zeitpunkt ausschaut, als würde es sonderlich starke Hardware verlangen. Lange Ladezeiten gibt es obendrauf. Ob das auf PC oder der XBOX One besser ausschaut, konnten wir mangels Verfügbarkeit eines passenden Musters leider nicht klären.
Das Spiel sieht aber nicht nur unschön aus, es klingt auch so. Der generische Soundtrack übertönt trotz akribischer Versuche zur Nachjustierung entweder permanent sämtliche (eigentlich solide eingesprochenen) Dialoge oder wird an anderer Stelle derart laut aus den Speakern geschmissen, dass alles andere wieder darunter zu leiden hat. Besser sieht´s bei der Steuerung aus, welche eindeutig auf die Stärken eines Gamepads ausgelegt worden ist und als solche griffig und zugänglich von der Hand geht – gerade, weil anders als bei manch anderem Genrevertreter für die cool gemachten Kombos nicht gefühlt vier Hände notwendig sind.
Fazit und Wertung
„Satz mit X: Das war wohl nix. Anders kann man One Punch Man: A Hero Nobody Knows leider kaum beschreiben. Denn obwohl die Macher mit dynamischen Schlachtfeldereignissen, dem serientypischen Humor und der gut gelösten Implementierung von Saitama manches richtig gemacht haben, so überwiegen die negativen Aspekte doch bei weitem. Technisch bleibt der Titel selbst im Bereich der genutzten Comicgrafik weit unter gegenwärtigen Genrestandards zurück, während man sich in Sachen Story statt als Hauptdarsteller kaum mehr wie ein Erfüllungsgehilfe für die großen Jungs fühlen darf. Die geringe Gegner- und Missionsvielfalt sowie anhaltende Performanceprobleme auf der PlayStation 4 sind weitere Ärgernisse. Hartgesottene Saitama-Fans können einen Blick risikieren, alle anderen sind mit Dragonball Z: Kakarot und Co. gegenwärtig weit besser bedient.“
PRO:
+ Dynamische Schlachtfeldevents…
+ …die sich sinnvoll ins Kampfgeschehen integrieren
+ Helden und Schurken der Serie gut getroffen
+ Anständiger Charaktereditor, der auch außergewöhnliche Schöpfungen ermöglicht
+ Solider Gesamtumfang
+ Spaßiger 3 vs. 3 – Modus
+ Gut gelöste Implementierung von Saitama und seinen Fertigkeiten
+ Effektvolle Kombos und Special Moves
+ Humor der Vorlage wird gut eingefangen
+ Zugängliche Bedienung
CONTRA:
– Teils starke Performanceprobleme
– Technisch insgesamt eher schwach
– Stellenweise lange Ladezeiten
– Eigener Charakter kommt nie wirklich über eine Statistenrolle hinaus
– Belanglose Nebenaufgaben
– Hauptgeschichte erfordert gelegentlich nerviges Grinding
– Spielerisch nie wirklich fordernd
– Keine deutsche Sprachausgabe
– Unausgegorene Klangabmischung
– Generischer Soundtrack
©2020 Wrestling-Point.de/M-Reviews