Mortal Shell: Enhanced Edition – „Harte Schale, weicher Kern“

Mortal Shell Enhanced Edition

                                                      Getestet und verfasst von General

71X wIGflSL. SL1500 Wenn einen der geschundene Rücken schon eine Woche lang ins Bett zwingt, weil man gefühlt zu viel gezockt hat, hilft natürlich nur eines: Noch mehr Videogames, ABER im Liegen! Da trifft es sich super, dass Cold Symmetry das gerade einmal in einem fünfzehnköpfigen Team erschaffene Mortal Shell nun auch als Enhanced Edition auf die Konsolen der Current Generation portiert haben. Fans knackiger Herausforderungen fühlen sich hier nicht zufällig an Dark Souls und Co. erinnert, dient die Reihe doch nicht nur als geistiges Vorbild, sondern leiht dem Nachwuchs auch eine ganze Hand seiner Features. Wir haben das mörderische Abenteuer für euch im Kurztest erneut unter die Lupe genommen.

            Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde auf der XBOX Series X aufgenommen.  

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Hinter dem Schleier

Fallgrim, ein geheimnisvolles wie ungastliches Reich jenseits sterblicher Gefilde. Genau dorthin verschlägt es uns als namenlose Entität. Was genau wir sind und warum wir überhaupt hier sind, erfahren wir erst im weiteren Verlauf des Spiels. In bester Tradition der Vorbilder wird uns die Handlung auch hier nicht mit Kipplastern vor die Füße gekippt. Stattdessen gilt es, die überall auffindbaren Handlungsfragmente korrekt zu interpretieren und sich die Geschichte daraus selbst zusammenzusetzen. Unsere Aufgabe klingt auf den ersten Blick aber ziemlich leicht: Um Fallgrim wieder verlassen zu können, sollen wir drei geweihte Glandula besorgen, um den in der Mitte der Burg (welche uns im Spielverlauf auch als zentraler Hub dient) gefangenen Wurmfisch von seinen Ketten befreien zu können. Dummerweise verstecken sich die begehrten Artefakte in tödlichen Dungeons und alleine der Weg dorthin ist nur so gepflastert mit tödlichen Gefahren und uns feindlich gesonnenen Kreaturen aller Art. 

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Hinzu kommt, dass wir zu Beginn aus kaum mehr bestehen als Knochen und ein bisschen Muskelmasse. Bereits ein Hieb genügt und wir landen wieder in der Burg. Hier kommen die titelgebenen Mortal Shells in Spiel, kraftvolle Rüstungen mit jeweils ganz eigenen Vor- und Nachteilen. Auch die wollen zwar erstmal gefunden werden, bieten uns anschließend aber deutlich mehr Überlebensfertigkeit auf unserer Reise. Ob ihr nun einen Build mit möglichst vielen Lebenspunkten, dafür aber nur begrenzter Ausdauer bevorzugt, das komplette Gegenteil davon oder lieber mit einem Allrounder ins Getümmel zieht, bleibt dabei ganz euch überlassen. Habt ihr die Shells erst eingesammelt, dürft ihr im Hub jederzeit zwischen sämtlichen bereits freigeschalteten Rüstungen wechseln. Zehn einzigartige Fähigkeiten lassen sich mit der Zeit zusätzlich freischalten, sofern ihr die dafür nötige Währung Tar sicher zur Wächterin schaffen könnt. Sollte euch auf eurem Weg nämlich ein „Missgeschick“ passieren, müsst ihr euer Tar erst vom Ort eures Ablebens bergen – und dafür bekommt ihr wie auch in Dark Souls nur eine einzige Chance. 

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Das Prinzip der verschiedenen Rüstungen erweist sich als funktionell, besonders weil sich jede Shell angenehm abwechslungsreich spielt. Das Balancing geht dabei weitestgehend in Ordnung, auch wenn Thiel mit seinem immensen Ausdauerpool immer noch etwas zu mächtig ist und es auch waffentechnisch weiterhin kaum Alternativen zur schlagkräftigen Kombi aus Hammer und Meißel gibt. Den Abspann kann man aber definitiv mit jeder Rüstung erreichen. Bis dahin gilt das klassische Genreprinzip „Sterben, lernen, besser werden, erneut sterben“, wobei mit dem Prinzip des Verhärtens und der wachsenden Vertrautheit mit Gegenständen auch neue Elemente ihren Weg ins Genre finden. Den Umfang der großen Vorbilder bietet Mortal Shell auch in der Enhanced Edition nicht, deren Beinamen sich ohnehin ausschließlich auf technische Verbesserungen bezieht. Gute zwanzig Stunden Spielzeit können Komplettisten trotzdem einplanen, was gemessen am Preis durchaus ordentlich ist. Und obwohl es dem Spiel auch dank kleinem Budget und Entwicklerteam an einem umfangreichen Arsenal sowie abseits der drei Dungeons an visueller Vielfalt und einem dichten Bosspool mangelt, hat mich die Reise durch Fallgrim auch im zweiten Anlauf packen können. 

Sterben in Schön(er)

Während Mortal Shell auf dem PC technisch bereits vom ersten Tag an glänzen konnte, mussten sich Konsolenbesitzer bisher mit einigen teils heftigen Abstrichen arrangieren. Primär die Einsteigermodelle zeigten sich einfach nicht mehr leistungsstark genug, um Fallgrim samt all seiner Gefahren kompromisslos auf die Fernsehschirme zu transportieren. Neben der obligatorischen halbierten (und dabei immer noch einbruchsanfälligen) Bildrate wurde auch die allgemeine Darstellungsqualität kräftig zurückgeschraubt. Besser sieht´s auf den erweiterten Modellen aus, aber auch hier gibt es eben nur 30 Frames pro Sekunde. Für ein auf Reaktionsfähigkeit ausgelegtes Spiel natürlich ziemlich suboptimal. Die Rettung naht nun auf PlayStation 5 sowie XBOX Series X|S in Form der Enhanced Edition. 

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Die hebt das Spiel nicht nur auf das visuelle Niveau leistungsstarker Rechenknechte an und liefert alleine dadurch einen ordentlichen Mehrwert, sondern bietet auch noch natives 4K bei durchgehend geschmeidigen 60 Frames pro Sekunde. Und glücklicherweise zeigt sich die neue Konsolengeneration all diesen Verbesserungen als gewachsen. Die Bildrate bleibt in wirklich jeder Situation stabil, Ladezeiten werden dank der jeweiligen SSD´s beinahe nullifiziert, sonst bleibt aber alles wie gehabt. Wer das Spiel bereits auf der Last Generation besitzt, erhält das Upgrade für die jeweilige Nachfolgeplattform absolut kostenlos, euren bisherigen Progress nehmt ihr dabei ganz einfach mit. Besitzer eines XBOX Series S dürfen sich ebenfalls auf 4K freuen, müssen dafür aber weiterhin mit halbierter (aber wesentlich stabilerer) Bildrate leben.

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Wie gesagt, ein inhaltlich erweitertes Spiel solltet ihr nicht erwarten. Was dagegen angeboten wird, resultiert in einem merklich saubereren und schöneren Spielerlebnis. In dieser Form ist Mortal Shell gleich ein gutes Stück empfehlenswerter. Fans von Dark Souls, Bloodborne und Co. haben spätestens jetzt keinerlei Gründe mehr, den Ausflug nach Fallgrimm weiter zu verschieben. 

Fazit und Wertung

55957770 2311144785603906 1491509483245928448 o„Mit einem gerade einmal fünfzehnköpfigen Entwicklerteam ist den Machern von Cold Symmetry eine atmosphärische und gut durchdachte Hommage an die großen Vorbilder im Genre gelungen, die zudem mit einigen interessanten eigenen Ideen aufzuwarten weiß. In der Enhanced Edition sieht Mortal Shell nicht nur besser aus, es spielt sich dank stabiler und doppelter Bildrate auch geschmeidiger. In Sachen Gesamtumfang kann der Titel zwar nicht mit den ganz Großen mithalten, das aus der Not geborene Konzept wechselbarer Rüstungen mit jeweils ganz eigenen Skills und Features entpuppt sich aber als angenehm frisch. Ich bin schon jetzt gespannt, was sich das Team als nächstes ausdenken wird. Jetzt, wo die kleine Spieleschmiede auf dem Radar der Gamer aufgetaucht ist, sollten Geld und Personal kaum noch Probleme darstellen.“ 

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PRO:

+ Atmosphärisches Fallgrim
+ Gelungene Animationen
+ Brachiale Kämpfe
+ Geschmeidige Performance bei 4K/60FPS auf PlayStation 5 und XBOX Series X
+ Geschichte muss vom Spieler nach und nach selbst zusammengesetzt werden
+ Vier Rüstungen mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen samt spezieller Fertigkeiten
+ Verhärten und Vertrautheit als spannende Genreergänzungen
+ Hart, aber immer fair
+ Gute zwanzig Stunden Spielzeit
+ Passende Klangkulisse
+ Zugängliche Bedienung

CONTRA:

– Nur sehr wenige visuell herausragende Areale
– Kein Performancemodus auf XBOX Series S
– Kleinere Balancingprobleme 
– Gemessen an den Vorbildern relativ unspektakuläre Bosskämpfe 
– Abseits des hauptgeschichtlichen Pfades kaum etwas zu entdecken
– Deutsche Übersetzung nicht immer gelungen

 
                                                GESAMTWERTUNG:     8.1/10

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