Getestet und verfasst von General M
Würde sich der sogenannte Krieg der Konsolen heute anhand der Qualität der exklusiven Rennspiele entscheiden, wäre der Sieger klar Microsoft. Das liegt nicht nur daran, dass Sony das seinerzeit als Launchtitel angekündigte, dann aber mit extremer Verspätung erschienende DriveClub tüchtig in den Sand gesetzt hat, sondern auch daran, dass sich seit drei Jahren gar nichts weiter in Sachen Racing auf der PS4 getan hat. Dort wartet man stattdessen auf Gran Turismo Sport, welches aber releasetechnisch noch lange auf sich warten lassen wird und dann auch verspricht, der knallharte Simulator zu werden, den Fans sich wünschen und lieben. Microsoft dagegen wartet nicht nur mit Forza 5 und 6 auf, die beide großartige Fahrsimulatoren mit dickem Lizenzpaket darstellen, sondern liefert jetzt mit Forza Horizon 3 auch einen wesentlich arcadelastigen Titel ab, der dank Microsofts Play Anywhere – Programm erstmals auch auf dem PC erschienen ist. Wir haben uns beide Fassungen für euch angesehen. Sämtliche Screenshots stammen aus der maximierten 4K – Fassung am PC.
I come from a land down under!
Wie erwähnt ist Horizon 3 eher arcadelastig. Das bedeutet nicht nur, dass alles wesentlich lockerer zugeht als in den knallharten Simulatoren, wo man Benzinstand und Reifen prüfen muss und dann für jeden Regelverstoß im Rennen gegen knallharte Gegner empfindlich bestraft wird. Es bedeutet auch, dass der Spaß grundsätzlich im Vordergrund steht. Und was den Spaßfaktor angeht, überzeugt das Spiel auf ganzer Linie, so viel darf bereits verraten werden.
Gut Ding will Weile haben
Forza Horizon 3 ist ein Umfangmonster par exzellence, versteht es aber wunderbar, diese Größe erst Stück für Stück zu offenbaren. So hat man nie das Gefühl, angesichts der immensen Möglichkeiten überfordert zu sein. Ganz beruhigt baut das Spiel seine Funktionen aus. Auch der Online – Modus wird erst später freigeschaltet. Hier kann man Co – Op mit Freunden auf die Piste, entspannt in großen Kolonnen Events abfahren oder sich klassische Rennen liefern. Der Clou an der Sache: Die Platzierung ist nicht ganz so wichtig wie faires Fahrverhalten. Wer sauber und gut fährt, kann am Ende ebenso viele Punkte einstreichen, wie der Erstplatzierte des Rennens. Nach den ersten Rennen schalten wir den Fuhrpark frei, wo neue Autos gekauft werden können, wobei das theoretisch optional ist, da man im Gegensatz zu anderen Spielen nicht zwangsläuft eine spezielle Sorte Fahrzeug für eine spezielle Sorte Rennen oder Strecke benötigt – das Spiel passt die gegnerischen Fahrzeuge fair dem an, womit wir selbst fahren möchten.
Sobald die gesammelten Erfahrungspunkte festgehalten werden, können die dadurch gewonnenen Fähigkeitspunkte in zahlreiche Boni investiert werden. Darunter höhere Geldprämien, Sofort – Geld oder Erfahrung, aber eben auch für das Festival wichtige Fähigkeiten, wie zum Beispiel der Drohnenmodus. Damit können wir die gesamte Karte auf der Suche nach neuen Strecken und Goodies absuchen, die dann praktischerweise alle auf der Weltkarte markiert werden. So kann man sich beispielsweise die Schatzkarten sparen, die sonst nur durch Echtgeld gekauft werden können. Grundlegend ist die Integration von Mikrotransaktionen recht erfreulich ausgefallen, da lediglich Hupen und Goodies wie eben die Schatzkarte mit harter Währung gekauft werden können, die aber nicht essentiell für das Spielgeschehen sind. So hat alles hervorragende Balance. Je mehr man entdeckt, je mehr man freischaltet, desto mehr Spaß hat man am Spiel. Selbst nach Stunden will die Motivation einfach nicht abreißen. Hinzu gesellt sich ein Gefühl spielerischer Freiheit, die dem Genre an sich unglaublich gut tut. Das gilt auch für die Gestaltung der eigenen Fahrzeuge, die entweder nach Belieben lackiert und mit Deko versehen werden können, oder aber in Standardfarben ODER von anderen Usern erstellten Designs daherkommen – eben ganz so, wie man es möchte. Fakt ist, Forza Horizon 3 bietet in nahezu jeder Hinsicht eine unglaubliche Auswahl von Einstellungen, mit denen man nahezu jeden Aspekt nach seinen Wünschen gestalten kann. Schmerzlich vermisst man da lediglich, dass man die Strecke nicht festlegen kann. Egal, dafür macht es einen Heidenspaß, die Zeiten von Freunden zu untergraben und deren Drivatare dann für mich schuften zu lassen – oder sie zu feuern, wenn sie nicht genügend Fans einbringen. Forza Horizon 3 schafft Rivalität. Und das ist gut so!
Bisher, so sollte man meinen, liest sich all das viel zu perfekt. Wo ist also der Haken? An der K.I. vielleicht? Nein, die verhält sich überaus fair und kann je nach gewählter Schwierigkeit dabei auch brutal herausfordernd sein. Am Soundtrack? Nein, der bietet mit sieben komplett lokalisierten Radiosendern eine großartige Bandbreite an teilweise topaktuellen Titeln und lässt sogar eigene Musik zu! Dann muss es die Technik sein! Die Antwort lautet „Jein“. Denn Forza Horizon 3 sieht sowohl auf XBOX One als auch auf dem PC absolut fantastisch aus und setzt neue Referenzen in Sachen Rennspiel – Grafik. Alleine die gewohnte Hingabe, die in die Fahrzeuggestaltung eingeflossen ist, grenzt an Wahnsinn. Fahrerkabine, Motoren, alles wurde mit immenser Detailverliebtheit gestaltet.
Die Konsolenfassung läuft mit zumeist stabilen 30 Frames und spielt sich damit überaus gut, wenngleich 60 Frames eigentlich grundlegender Maßstab für Rennspiele sein sollten, dem Fahrgefühl zuliebe. Allerdings wäre die Hardware angesichts des Gezeigten mit einer höheren Bildrate wohl gnadenlos überfordert, bricht die Bildrate doch bereits bei einem Übermaß an Effekten, wie zum Beispiel Staub und Regen stellenweise gerne mal um ein paar wenige Frames ein. Das stört das Spielgeschehen nur bedingt, eine Störung bleibt es jedoch so oder so. Tatsächlich möchte man meinen, die Entwickler haben es in Sachen Details gemessen an der limitierten Technik etwas zu gut gemeint. Dynamisches Wetter, Tag- und Nachtzyklen…wenn die Wassertropfen auf der Windschutzscheibe je nach Fahrtrichtung korrekt zur Seite weglaufen, Staub unsere Karosserie verdreckt und nebenbei ein kleines Unwetter die Wälder und Straßen heimsucht, ist das alles extremst beeindruckend, geht aber eben auch auf Kosten der Leistung. Der PC ist ein Sorgenkind für sich. Zwar unterstützt das Spiel dort 60 Frames und bietet neben 4K – Auflösung eine Bandbreite an Einstellungsmöglichkeiten, trotzdem entpuppt sich gerade Microsofts eigene Plattform, welche zwingend Windows 10 und DirectX 12 voraussetzt, als Zünglein an der Waage. Die greift immer noch in den Spielablauf ein und verursacht dadurch empfindliche Einbrüche an der Framerate. Das liegt an der schlechten Skalierung durch V-Sync und die permanente Regulation durch die Windows – Dienste. Zwar läuft Forza Horizon 3 mit einem extrem leistungsstarken System selbst auf maximalen Settings zumeist auf 60 Frames, diese werden jedoch nicht konstant gehalten. Einbrüche von fast 10 Frames sind nicht nur drastisch spürbar, sondern wirken sich auch merklich auf das Spielgeschehen aus. Um diesen Problemen habhaft zu werden, muss Windows an sich geupdatet werden – damit ist aber erst Anfang 2017 zu rechnen. Einzige Alternative ist momentan, V-Sync abzuschalten oder die Framerate bei 30 zu locken. Dann hat man aber wieder neue Probleme, von denen ich gar nicht erst anfangen will.
Durch die verbesserte, aber immer noch unzureichende Optimierung ist das neue Play Anywhere Feature immer noch ein Schwert mit zwei Seiten. Zwar bedeutet der Erwerb in Form eines Codes im Handel oder dem Store selbst, dass man zum Preis von 70€ ein Spiel für zwei Plattformen (nämlich PC und XBOX One) erwirbt, wo Cross Play ebenso möglich ist wie das Austauschen der Spielerdaten per Cloud, aber was ist, wenn man NUR am PC spielen möchte. In dem Fall sind 70€ ein verdammt gesalzener Preis für eine Standard – Edition. Andererseits ist die im Laden käufliche XBOX – Fassung zum gleichen Preis nicht PC – kompatibel, bzw. bietet keine Play Anywhere – Funktion. Dafür hat man aber eine Disc zur Hand, die man bei Bedarf weiterverkaufen kann, wenn man mit dem Spiel durch ist. So richtig durchdacht ist das alles noch nicht. Es ist zu hoffen, dass man mit dem Launch von Gears of War 4 (im Oktober bei uns im Test) einen besseren PC – Port abliefert.
Fazit und Wertung
„Forza Horizon 3 ist großes Kino und ein Fest für Autonarren, die auch abseits knallharter und realistischer Simulationen mal gehörig die Sau rauslassen wollen. Der große, detaillierte Fuhrpark, das Gefühl immenser Freiheit in Kombination mit dem Festivalsetting…all das harmoniert grandios. Der Soundtrack ist fantastisch, die Steuerung geht gut von der Hand und die Möglichkeiten zur Individualisierung sind absolut beispielhaft. Der ebenfalls wunderbaren Technik steht lediglich die Leistung der XBOX One im Weg, bzw. die Limitierungen von Microsofts Windows 10 – Dienst. Wer über kleinere (XBOX) bis größere (PC) Einbrüche der Bildrate hinwegsehen kann, sollte sich schnellsten auf den Weg nach Australien machen – ihr werdet es nicht bereuen! Trotz technischer Probleme gibt es gerade auf dem PC momentan kein besseres Rennspiel.“
PRO:
+ Grandioses Festivalsetting
+ Riesiger Fuhrpark mit über 300 lizensierten Fahrzeugen
+ Australien als atmosphärisch abwechslungsreicher Kontinent
+ Wunderschöne Grafik
+ Unglaublich detaillierte Fahrzeuge
+ Dynamisches Wetter
+ Tag- und Nachtwechsel
+ Angemessenes Schadensmodell
+ Jede Menge Belohnungen
+ Nahezu alles in individualisierbar
+ Drohenmodus
+ Immenser Umfang
+ Gut durchdachtes Belohnungssystem
+ Auch abseits der Rennen viel zu tun
+ Völlige Bewegungsfreiheit
+ Drivatare bewegen sich in der Spielwelt umher
+ Gut strukturierter Online – Modus
+ Freischaltungen erfolgen nach und nach
+ Komplett lokalisierte Radiosender mit viel Abwechslung
+ Erlaubt eigene Musik
+ Exzellente Steuerung (Gamepad, Lenkrad) CONTRA: – Framerateeinbrüche (XBOX ONE/PC)
– Stellenweise überladene Menüs
– Ab und an kleinere Glitches
– Pop – Ups (XBOX ONE)
– Schattenflimmern (XBOX ONE)
– Strecken lassen sich nicht individuell festlegen
– Mit Tastatur nur bedingt spielbar
GESAMTWERTUNG: 94% (PC)
93% (XBOX ONE)