F1 2017™ im Test – „Der Renner?!“

                                           
                                              Getestet und verfasst von General M

Während sich die meisten Sportspiele immer die nächste Jahreszahl hinter den Titel schreiben, bleibt F1 2017 in diesem Jahr ansässig. Das muss es auch, gelten doch für die Formel 1 nahezu jährlich neue bzw. veränderte Reglements, denen man auch in Videospielform Rechnung tragen muss. Besonders, da die aktuelle Saison der Liga noch läuft. Während drei Ableger von 2016 bereits einiges besser machte als der eher maue Titel aus dem Jahr 2015, will man in diesem Jahr endlich an die Wertungsspitze des Rennspielgenres. Gelingt das auch? 

Alles neu?

Es fällt recht schnell auf, dass sich F1 für die Version 2017 vieles auf die Fahne geschrieben hat, nur keine großen Neuerugen oder gar mutige Experimente. Das will nicht direkt etwas Schlechtes bedeuten, da Version 2016 wie erwähnt mehr als solide ausgefallen ist. So glänzt der Titel auch in diesem Jahr vor allem anderen mit einem enormen Umfang und erfreulich vielen Möglichkeiten, jeden Aspekt des Renngeschehens nach seinen persönlichen Vorlieben einstellen zu können. Seien es die Fahrhilfen, die von extrem zahlreich bis nicht vorhanden bis ins Detail justierbar sind, oder aber ein von 0 bis Stufe 110 regulierbarer K.I. – Regler, welcher die Gegnerstärke an jeden Spielerskill anpassen lässt. Letzteres ist übrigens ein neues Features, welches direkt den Wünschen der Community entstammt und entscheidet, ob gegnerische Fahrer sich entweder mit Leichtigkeit überholen lassen, oder aber zu aggressiven Verfolgern werden, die mit viel Finesse und Geschick fahren und ebenso auch nicht davor zurückschrecken, die ein oder andere waghalsige Kollision zu wagen. Und eben diese Feinheiten machen F1 in diesem Jahr aus. 

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                     Sämtliche Rennboliden wurden detailgetreu in das Spiel übernommen. 

Besonderer Augenmerk liegt ebenso auf der peniblen Umsetzung des aktuellen FIA – Regelwerks. Dadurch verändert sich nicht nur die Optik der Rennwagen, was man besonders an Front und Heck sehen kann, sondern auch die Traktion fühlt sich gemäß der Wirklichkeit nun stabiler an. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Fahrzeuge nun wie Züge auf Schienen fahren. Gerade ohne die Fahrhilfen benötigt man noch immer ein extrem gutes Gefühl für zeitiges Abbremsen und Kurvennahme. Durch den hohen Personalisierungskomfort in Kombination mit den zahlreichen Justierungsmöglichkeiten ist F1 2017 gleichermaßen Simulator wie Arcade – Racer, eben ganz so, wie man es persönlich wünscht. 

Mein Stall

Kernstück für Solisten ist auch in diesem Jahr wieder der Karrieremodus, in welchem man sich als Amateur seine Sporen auf dem Weg zur Weltmeisterschaft verdient. Ich sage das an dieser Stelle meist immer (und habe es auch beim Madden – Test kürzlich nicht unerwähnt lassen können), aber die Grundgeschichte bietet diesbezüglich natürlich keine Neuerungen, zumal sie auch nicht mit irgendeiner Form von Handlung untermalt wird, sondern sich eben auf das beschränkt, worum es eben geht: Das Fahren. Das Siegen. Und Boxenluder!

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       Der Karrieremodus ist gewohnt gut inszeniert, lediglich die Gesichter wirken unrealistisch. 

Erstmals in der Geschichte der Reihe darf man nun auch als Frau hinter das Steuer eines Rennwagens. Ob das in der heutigen Zeit sonderlich innovativ ist, möchte man doch etwas in Frage stellen. Und im Grunde spielt es ohnehin kaum eine große Rolle, da man zu 99.9% nie viel mehr sieht als Hände. In Handschuhen. So könnte theoretisch auch genetisch manipulierter Iltis im Wagen sitzen und niemand würde es merken, solange er fünf Finger und ein Paar Rennhandschuhe trägt. Wäre da nicht die Möglichkeit, per Auswahlmenü oder Sprachaktivierung während des Rennens jederzeit Informationen über Wetter, Streckenbeschaffenheit und Co. über Funk aus der Box einzuholen. Letzteres funktioniert allerdings nicht immer gut, da die Box gelegentlich Auskünfte gibt, bzw. die Auskunft, keine Auskunft geben zu können, weil die Frage nicht verstanden wurde, obwohl man gar nichts gesagt hat. Aber das ist möglicherweise auch mikrofonabhängig. Das man als Fahrer eben mehr macht, als bloß zu fahren, ist definitiv eine schöne Sache, da Autorennen eine hochgradisch dynamische Sache sind, in der Kleinigkeiten wie Motorzustand, Benzinstand und vieles mehr entscheidend über Sieg oder Niederlage sein können. 

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     Das F&E – Department bekommt in diesem Jahr wesentlich mehr Möglichkeiten spendiert. 

Damit man keine böse Überraschung hinter dem Steuer erlebt, hat Codemasters die Abteilung „Forschung und Entwicklung“, kur F&E, in diesem Jahr mächtig aufgepeppt. Mehr noch, das geschickte Investieren von Ressourcen, welche über bestimmte Trainingsherausforderungen verdient werden, ist maßgeblich entscheidend für den Erfolg im Cockpit. Deswegen, weil auch die gegnerischen Teams im Verlauf der Saison mehr und mehr Upgrades und Verbesserungen entwickeln und den Spieler förmlich dazu zwingen, sich intensiv mit der Funktionsweise neuer Komponenten zu beschäftigen. Aber Obacht: Nicht jedes Forschungsprojekt ist von Erfolg gekrönt. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass eine neue Komponente es nicht durch die Qualitätskontrolle schafft, was die Entwicklung ein wenig zum Glücksspiel macht, andererseits aber auch ein realistischer Ansatz ist. Wer als Amateur angesichts der extrem umfangreichen Möglichkeiten Schweißausbrüche bekommt, kann aufatmen: Auch hier hilft einem der Computer nach Wunsch jederzeit dabei, die richtige Entscheidung zu treffen. Alles in allem fühlt sich F1 2017 nochmal ein gutes Stück runder und detailverliebter an als alle bisherigen Vorgänger. Das gilt natürlich auch für das Renngeschehen an sich.

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Im Rahmen der Einladungs – Events darf man sich hinter das Steuer legendärer Wagen…wagen.

Safety Car – Phasen, Kollisionen, Boxenstopps – das Spiel deckt nahezu jeden Aspekt des Formel 1 – Geschehen detailverliebt ab, bleibt aber dabei stets übersichtlich und für jeden Anspruch gleichermaßen gut zugänglich. Ein Spagat, den wirklich nicht jeder Genrevertreter heute so mühelos bewältigen kann. Codemasters – typisch kann man nach schweren Kollisionen übrigens jederzeit zurückspulen und vor der Kollision erneut den Kampf um Platz 1 aufnehmen. Weiterer Pluspunkt: Entscheidet man sich dafür, Qualifying und Co. in voller Rundenzahl zu absolvieren, kann jederzeit zwischengespeichert werden. Vorbildlich! Übrigens gibt es im Rahmen der Karriere immer wieder Einladungs – Events, in denen man abseits vom üblichen Geschehen Platz hinter einigen legendären Boliden nehmen darf, darunter Michael Schuhmachers Sieger – Ferrari von 2007 und manchen mehr. 

Unter der Haube

Technisch ist das Spiel ein kleiner Blender. Während die Fahrzeugmodelle einfach nur grandios aussehen und den Vorbildern bis ins kleinste Detail reichen, ferner ebenso mit tollen Reflektionen und Co. begeistern, sieht es abseits des Cockpits nicht mehr so frisch aus. Stocksteifes, schlecht animiertes Streckenpublikum, nicht mehr zeitgemäße Vegetation, alles wirkt sehr steril. 

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 Gerade die Regenrennen können sich sehen lassen, erfordern aber auch taktische Anpassung.

Leider wird einem in Sachen Wetter auch nur Sonne oder Regen angeboten, bzw. nass oder trocken. Und man muss sagen, besonders der Regen sieht einfach nur klasse aus, zumal er natürlich auch zum strategisch wichtigen Element wird, wenigstens dann, wenn man bisher bei Sonnenschein mit Slicks unterwegs war. Unerfreulich wenig Abwechslung gibt es bei den Tageszeiten. Während die meisten Strecken entweder am Tag oder nur bei Dämmerung befahren werden können, ist Monaco der einzige Parcours, der auch bei Nacht befahren werden kann. Das ist schade, da besonders das Ambiente von Monte Carlo bei Dunkelheit sehr hübsch wirkt. 

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                Die zumeist flüssige Performance kommt nicht ganz ohne Macken daher. 

Bei der Framerate hat der PC noch ein kleines Stück die Nase vor den Konsolenvarianten. Die laufen zwar ebenfalls bei theoretischen 60 Frames pro Sekunde und halten diese meistens auch in größeren Turbulenzen, kleinere Einbrüche gibt es dennoch immer mal wieder, umso mehr aber störendes Tearing. Das betrifft die PC – Version nicht, die mit unbegrenzter Framerate und nativem 4K – Support den Konsolenversionen in Sachen Bildschärfe, Farben und Schattenqualität bei entsprechender Hardware durchaus spürbar die Schau stielt. Wären die Strecken lebendiger und die Gesichter nicht so potthässlich animiert, hätte F1 2017 hier mehr Punkte verdient, so aber ähnelt der technische Stand fast vollständig dem aus dem letzten Jahr und schon dort war er nicht mehr soi ganz zeitgemäß. Es ist zu hoffen, das Codemasters hier für das kommende Jahr verstärkten Fokus investiert. Ton, Bedienung und Fahratmosphäre sind nämlich davon abgesehen erstklassig. Knackige Motorengeräusche, vom Gamepad bis zu einer Vielzahl Lenkräder werden zig Eingabegeräte ohne Probleme unterstützt. Natürlich kann man auch mit der Tastatur fahren, hier ist die voreingestellte Tastenkonfiguration jedoch so seltsam, dass ich dringend dazu raten muss, die Tastenbelebung manuell vorzunehmen. Wenn überhaupt sind solche Spiele ohnehin auf Gamepads und Lenkräder ausgelagt, wenigstens ersteres sollte jeder zuhause liegen haben. Zu guter letzt bleibt aber noch anzumerken, dass die Kommentare von Heiko Waßer und Christian Danner scheinbar zu Großteilen aus den Vorgängern recycled worden sind und sich außerdem hin und wieder Schnitzer leisten, indem Ereignisse kommentiert werden, die so gar nicht stattfinden. Das gibt Abzug!

Fazit und Wertung

ava2 „Den großen Sprung, den die F1 Reihe von 2015 zu 2016 gemacht hat, sucht man in diesem Jahr vergebens. Dennoch nimmt sich der aktuelle Ableger einiger kleiner Neuerungen an, baut den F&E – Bereich sinnvoll aus, setzt die aktuellen Regeln der FIA detailgetreu um und bietet darüber hinaus auch viele neue Möglichkeiten zur Feineinstellung in nahezu jedem Spielbereich. Die Karriere bleibt überdurchschnittlich solide und weiß zu unterhalten. Auch machen mich die Einladungsevents richtig glücklich. Ob man nun zum ersten Mal F1 spielt oder schon seit Jahren mit teurem Lenkrad und Co. dabei ist, das Spiel bietet für jede Gattung Interessent und Fan eine im Grunde überaus gelungene Erfahrung, welche lediglich von den repetiven Trainingsherausforderungen und der nicht mehr ganz zeitgemäßenm Grafik getrübt wird.“

PRO:

+ Akurate Umsetzung des aktuellen FIA – Regelwerks
+ Realistisch bis ins letzte Detail dargestellte Boliden
+ Interaktion mit der Box während der Rennen möglich
+ Umfangreicher Karrieremodus
+ Coole Einladungsevents
+ Viele Möglichkeiten zur Feinjustierung
+ Stark erweiterter F&E – Bereich
+ Gelungene, realitätsnahe Soundkulisse
+ Insgesamt viele sinnvolle Verbesserungen (K.I., Traktion uvm.)
+ Unterstützt zahlreiche Eingabegeräte
+ Für Einsteiger und Profis gleichermaßen geeignet

CONTRA:

– Abseits der Fahrzeuge technisch nicht mehr ganz zeitgemäß
– Hässlich animierte Gesichter 
– Kommentar – Recycling
– Kommentare wiederholen sich…
– …und geben nicht immer akkurat das Geschehen wieder
– Konsolenfassungen leiden an Tearing und gelegentlichen FPS – Einbrüchen

                                                               GESAMTWERTUNG:     83%

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