BD: „Die Geiselnahme“

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                        Quelle Bildmaterial: „Die Geiselnahme, ©2018 DCM. All rights reserved.“ 

                                Seit dem 22. Februar 2019 erhältlich als Blu-Ray und DVD 

41lPfOtQe3L1996 besetzte ein linkes Terrorkommando die japanische Botschaft in der peruanischen Hauptstadt Lima und nahm über 100 Partygäste in Geiselhaft. 2001 wurde die wahre Geschichte dieser dramatisch endenden Ereignisse von Schriftstellerin Ann Pratchett erstmals näher beschrieben. Basierend auf deren Recherchen inszenierte American Pie – Regisseur Paul Weitz mit Die Geiselnahme im letzten Jahr auch den passenden Spielfilm dazu. Mit zugkräftiger Besetzung sollen die Ereignisse großzügig verallgemeinert nacherzählt werden. Wer hier allerdings eine Prämisse á la Stirb Langsam erwartet, sollte dringend woanders nach Befriedigung suchen: Die Geiselnahme ist ein handfestes Drama um Menschlichkeit und Überlebenswille.  

Der Film

Als die bekannte Operndiva Roxane Coss (Oscar© – Preisträgerin Julianne Moore, Kingsman: The Golden Circle) das Angebot erhält, gegen eine rekordverdächtige Summe eine Privatvorstellung im Haus des Vizepräsidenten einer krisengeplagten südamerikanischen Nation zu halten, kann sie nicht widerstehen. Die Nobelvilla des Gastgebers hat an diesem Abend zahlreiche illuste Gäste aus Wirtschaft und Politik geladen, darunter auch den schwerreichen japanischen Geschäftsmann Hosokawa (Ken Watanabe, The Last Samurai), der mit dem Auftritt seiner Lieblingsbardin überredet werden soll, dringend notwendiges Geld ins Land zu pumpen. Aber auch der für das Rote Kreuz als Übersetzer tätige Joachim Messner (Sebastian Koch, Stirb Langsam: Ein guter Tag zum Sterben) befindet sich unter den Gästen. 

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Als die Feier jedoch von einer Gruppe terroristischer Freiheitskämpfer gestürmt wird und sämtliche Gäste als Geiseln genommen werden, verwandelt sich der eigentlich gemütliche Abend für alle Beteiligten in einen scheinbar ausweglosen Überlebenskampf. Das eigentliche Ziel des Angriffs galt eigentlich dem Präsidenten selbst – der hat allerdings in letzter Minute abgesagt. Nun fordern die Geiselnehmer und Leitung des charismatischen Benjamin (Thenoch Huerta, Narcos: Mexico) zumindest hohe Lösegelder und die Freilassung inhaftierter Kameraden. Über einen Monat lang dauert die Geiselnahme an. Für beide Seiten beginnt eine zermürbende Zeit, die sie einander näher bringt, als sie je für möglich gehalten hätten…

Die Rezension

An Stars mangelt es dem von Regisseur Weitz auf wahren Begebenheiten inszenierten Geiseldrama nicht. Neben Moore, Watanabe und Koch darf man sich ebenso auf einen Auftritt von einem sichtlich in die Jahre gekommenen Christopher „Highlander“ Lambert freuen, auch Oleg Krupa als russischer Handelsbeauftragter ist kein unbekanntes Gesicht. Der Film, der seinen Hauptfokus auf das ungleiche Paar aus Opernsängerin und japanischem Industriellen setzt, dass in dieser Situation mehr und mehr zusammenwächst, verliert dennoch nie auch den Rest des Ensembles aus den Augen. Und auch die Sprachbarrieren, welche aus den aus zahlreichen Ländern stammenden Gästen entstehen, macht sich der Film geschickt zunutze. All das hebt den Film durchaus über die übliche Genrekost hinweg.

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Woran Die Geiselnahme jedoch scheitert, ist dessen eigene Ambition als Thriller. Denn dafür mangelt es dem Film eindeutig an Spannung. So kann man hier viel eher von einem Drama sprechen, welches aber mangels eindeutiger Charakterisierungen zwischen Gut und Böse einige Schwierigkeiten damit hat, die Sympathien des Zuschauers in die richtige Richtung zu lenken, um am Ende für ein wirklich befriedigendes Erlebnis zu sorgen. Trotz guter darstellerischer Leistungen (mal abgesehen von Moore´s wenig überzeugender Lippensynchronität in den getürkten Gesangsszenen) leidet der Film außerdem an seinen penetranten Versuchen, sämtliche Geschehnisse zu generisieren. Das raubt Substanz und Immersion, da man das Gefühl hat, dass sich die gesamte Handlung in einer Blase abspielt, um die herum nichts wirklich existiert, zu dem man irgendwie reellen Bezug nehmen könnte. 

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Ohne diese Probleme hätte Die Geiselnahme eine kleine Revolution für das sonst so nach Schema F gestaltete Genre sein können. Hier jedoch bleibt durch dessen Inkonsequenz ein in vielerlei Hinsicht nur guter, aber nie überragender Beitrag zurück, dessen eigentlich auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte zu sehr darum bemüht ist, durch chronische Verallgemeinerung niemandem an´s Bein zu pieschern.

Die Blu-Ray 

Die HD – Auswertung präsentiert sich sehenswert. Die Farben erstrahlen in angenehm warmen Tönen, ohne dabei den natürlich wirkenden Look negativ zu beeinträchtigen. Ein leichtes, dank vollständig digitaler Herstellungsart aber künstlich hinzufügtes Filmkorn untermalt das Bild zusätzlich, was sich gut in das Gesamtbild einfügt. Auch die Schärfewerte bewegen sich abseits gelegentlich auftretender Unschärfen am Bildrand in einem sehr guten Bereich. Insgesamt bietet Die Geiselnahme ein detailreiches Bild. Nicht ganz so gut sieht es dafür bei den Kontrasten aus, besonders die Schwarzwerte hätten deutlich kräftiger ausfallen können. So aber zeigen diese sich oft anfällig für ein Abdriften in ein milchiges Grau. Bedenkt man aber, dass sich für die Auswertung hier ein eher kleines Label auszeichnet, geht das Gesamtergebnis der Blu-Ray beim Bild definitiv in Ordnung. 

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Der Ton wurde jeweils in Deutsch und Englisch in verlustfreiem DTS-HD MA 5.1 – Format auf die Scheibe gepresst und überzeugt hauptsächlich durch gute Stimmverständlichkeit im Center und die Einbindung der Gesangseinlangen im Raumklang. Da es sich abseits von doch etwas effektlastigen Finale aber insgesamt um einen sehr ruhigen und dialoglastigen Film handelt, bleiben große Überraschungen generell aus. Dementsprechend bekommt auch der Subwoofer kaum Gelegenheit, aus dem Tiefschlaf zu erwachen. Auf den rein funktionellen Ebenen liefert der Sound aber ab, was er soll. 

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Zwei kurze Featurettes stellen das knapp bemessene Bonusmaterial der Blu-Ray dar. Hier werden die vielen Charaktere noch einmal im Detail betrachtet und auch zu den wahren Hintergründen des Films gibt es (endlich) dringend notwendiges Hintergrundmaterial. Da all das aber mit gerade mal sechs Minuten Gesamtlaufzeit extrem knapp ausfällt, hält es sich natürlich auch mit dem Informationsgrad sehr in Grenzen. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. 

Fazit

ava5„Die Geiselnahme ist ein ambitioniertes Drama, welches auf wahren Begebenheiten basiert und zudem mit einem starken Cast aufwartet. Mit diesen Zutaten kann man eigentlich kaum etwas falsch machen – sollte man zumindest meinen. Denn abseits davon, dass Hauptdarstellerin Julianne Moore offenbar nicht weiß, wie man lippensynchron Playback singt, mangelt es dem Film vor allem an Spannung und klar gezeichneten Gut/Böse – Rollen. Das ist nicht minder verwirrend als das konsequente Verschleiern der tatsächlichen Orte und Figuren, auf denen der Film ja letztendlich basiert. Mit etwas mehr Mut hätte man aus dem Film deutlich mehr machen können. Die Blu-Ray präsentiert sich in Bild und Ton solide, enttäuscht aber dafür auf ganzer Linie bei den Extras.“

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