Der Film
Die Testfahrt gerät aber zum Fiasko, denn das Mädchen vor dem Bildschirm bricht bei dem Versuch, Vanellope wieder auf die übliche Strecke zu befördern kurzerhand das Lenkrad ab. Jetzt ist guter Rat teuer, denn der Automat gilt als Rarität und das letzte verbliebene Ersatzteil wird bei eBay zu Höchstpreisen gehandelt. Zu hoch, findet Mr. Litwak und entschließt sich, den Automaten lieber komplett vom Netz zu nehmen. Um seine beste Freundin nicht zu verlieren und außerdem seinen Fehler wiedergutzumachen, will Ralph nun das Ersatzteil besorgen. Dank neu angeschlossenem Router stehen dem Chaoten zum Glück die Tore zum Internet offen, auch wenn niemand so richtig weiß, was sich eigentlich genau dahinter verbirgt (außer natürlich Unmengen von Gefahren). Ralph und Vanellope wagen die Reise trotzdem – und landen in einer schier unendlichen Welt mit nicht minder unendlichen Möglichkeiten.
Nach einigen Anfangsschwierigkeiten gelingt es dem Duo dann tatsächlich, das begehrte Lenkrad zu ersteigern, allerdings für die stolze Summe von 27.100 Dollar. Um den Artikel nicht wieder zu verlieren, muss nun Geld verdient werden – für die digitalen Figuren ein ganz neues Unterfangen. Während Ralph sich mithilfe der Social Media-Expertin Yesss als viraler Internetstar versucht, entdeckt Rennfahrerin Vanellope nicht nur ein Rudel identitätsgefährdender Disney-Prinzessinnen, sondern auch die aufregende Welt von Slaughter Race…und ist sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob sie überhaupt in ihren eher simpel gestrickten Funracer zurückkehren will. Die junge Freundschaft der beiden Videospielfiguren wird auf eine harte Probe gestellt und sorgt schnell für Chaos im Netz…
Die Rezension
Nach dem großen Erfolg seines Vorgängers war abzusehen, dass die Fortsetzung noch größer und schöner ausfallen würde. Was also ist naheliegender, als gleich das ganze Internet zum Star des Films zu machen? Zwar wagen Ralph und Vanellope aus relativ ersichtlichen Gründen keinen Ausflug zu PornHub und bleiben auch Facebook fern, Instagram, Google und natürlich auch eBay gehören aber zu den zahlreichen prominenten Vetretern des Films. Auch Disney selbst wirft seine zahlreichen Franchises in den Topf, so begegnet das Duo auf der Suche nach dem Lenkrad nicht nur argwöhnischen Sturmtrupplern und so ziemlich jeder Disney-Prinzessin überhaupt, sondern auch diversen Referenzen an das Marvel Cinematic Universe. Ein bisschen Schleichwerbung ist all das ja schon, verzeihen kann man das aufgrund der selbstironischen Auseinandersetzung mit der Gesamtthematik aber allemal, zumal die jeweiligen Einbindungen der ganzen Marken und Firmen mitunter für die komischsten Momente des Films sorgen.
Der Humor kommt definitiv nicht zu kurz in Chaos im Netz, dabei vergessen die Macher aber zum Glück nie die handelnden Figuren. Stattdessen war ich sehr positiv darüber überrascht, mit wie viel Tiefe Ralph und Co. in der Fortsetzung aufwarten. Denn trotz dem kunterbunten Drumherum bleiben die Charaktere stets präsenter Mittelpunkt des Geschehens. So entwickelt sich die Suche nach dem Ersatzteil ganz unaufdringlich zu einer herzerwärmenden und gleichermaßen rührenden Geschichte über Freundschaft und Sehnüchte, die bis zum effektgeladenen Finale auf stets nachvollziehbare Weise auch für nachdenkliche Momente sorgt. Chaos im Netz ist nicht einfach nur eine Komödie, sondern auch ein bisschen Drama und vor allem ganz viel Satire. Zwar bleibt die Betrachtung des Internets etwas zu optimistisch und wirkt angesichts dessen, was in den Tiefen alles so lauert fast naiv oberflächlich, aber immerhin haben wir es hier auch mit einem Film zu tun, der sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet.
Die neuen Charaktere, allen voran die taffe Shank sowie Alleswisser und Werbefachmann J.P. Spamley ergänzen die bisherige Riege an Charakteren optimal und sorgen für angenehm viel frischen Wind. Nicht ganz so gut fügt sich da der Subplot um Fix-It Felix und seine Angetraute Sergeant Calhoun ein, die sich in Ralph´s Abwesenheit an der Kindererziehung versuchen. Zu viel Raum nimmt dieser Teil aber zum Glück nicht ein, der Hauptfokus liegt weiterhin auf Ralph und Vanellope. Chaos im Netz ist ein fantastisch animierter, gleichermaßen selbstironischer wie berührender Film, der seine vielen Zutaten überwiegend geschickt zu kombinieren weiß. Ein großer Spaß für die Generation Internet, der zudem wieder mit zahlreichen Cameo´s aufwartet. Die Nominierung für den besten Animationsfilm des Jahres 2019 ist mehr als verdient, auch wenn sich der Film letztendlich Spider-Man: A New Universe geschlagen geben musste.
Die Blu-Ray
Es ist manchmal wirklich schwer, durch die Veröffentlichungspolitik von Disney durchzublicken. Während das Studio momentan mehr und mehr seiner altgediegenen Animationsfilme auch in 4K auswertet, spart man sich das ausgerechnet bei Chaos im Netz komplett. Zumindest in physischer Form stellt die Blu-Ray hierzulande das Maß aller Dinge dar, in 4K gibt es den Film gegenwärtig nur via Video on Demand oder als UHD-Import aus dem Ausland. Man muss mit dem arbeiten, was man bekommt, weswegen wir uns hier auch nur auf die tatsächlich im Laden erhältliche Blu-Ray beschränken müssen und werden. Ärgerlich bleibt die Entscheidung aber allemal.
Anders verhält es sich leider typisch Disney wieder beim Ton. Während man der UHD sogar einen englischen Dolby Atmos – Track spendiert hat und die deutsche Blu-Ray immerhin verlustfreien DTS-HD MA 5.1 – Ton in der Originaltonspur bietet, müssen sich deutschsprachige Zuschauer wieder mal mit Dolby Digital Plus – Format begnügen, werden also abermals nur mit komprimiertem Ton abgespeist (was einen schon jetzt unangenehm nervös auf die kommende Veröffentlichung von Avengers: Endgame blicken lässt). In der Praxis liefert der aber dann doch nicht so schlecht ab, wie man zunächst erwarten müsste. In Sachen Effektdynamik klingt der deutsche Ton nämlich nahezu identisch zur DTS – Spur, obwohl hier natürlich wie immer bei Disney trotzdem nicht die Kraft erreicht wird, die vergleichbare Veröffentlichungen anderer Label bieten. Dafür ist auf der räumlichen Ebene trotzdem ordentlich was los, ein Mittendringefühl ist definitiv gegeben. Das größte Manko typischer Disneyveröffentlichungen schüttelt aber auch Chaos im Netz nicht ab, denn der deutsche Ton ist insgesamt wieder viel zu leise geraten und erfordert ordentlich Nachjustierung am Reciever.
Immerhin sind die Extras brauchbar ausgefallen. Etwas weniger als eine Stunde Bonusmaterial hat Disney auf den Silberling gepresst, wovon mehr als die Hälfte auf ein zehnteiliges Making Of entfällt, welches jeweils kurz und knackig alle nennenswerten Aspekte der Filmherstellung beleuchtet. Dazu gesellt sich noch eine Übersicht über die vielen versteckten Anspielungen und Referenzen im Film. Weitere zehn Minuten widmet man Komponist Henry Jackman und dessen Arbeit am Soundtrack, ein paar animierte Versionen bekannter Katzenvideos sowie zwei Musikvideos und fünf Deleted Scenes runden das Bonusmaterial annehmbar ab.
Fazit
„Chaos im Netz ist eine mehr als gelungene Fortsetzung, die den Vorgänger in vielerlei Hinsicht zu übertreffen weiß. Zwar kann man alleine aus Laufzeit- und Jungendschutzgründen nicht jeden Winkel des Internets zur Schau stellen, was es aber letztendlich in den fertigen Film geschafft hat, steckt trotzdem voller satirisch behandelter Schauwerte und zahlreichen versteckten Referenzen. In erster Linie ist Chaos im Netz aber ein Film über Freundschaft und Selbstfindung, als solcher funktioniert er dank toller Charaktere mindestens genauso gut wie als kunterbunte Netzsatire. Die Blu-Ray liefert dazu das passende Bild und unterhaltsame Extras, leidet aber disneytypisch wieder an zu leisem und außerdem nicht mehr zeitgemäßem deutschen Ton. Auch der Verzicht auf eine UHD-Auswertung stößt sauer auf.“
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