Ancestors Legacy – „Company of Vikings“

                                                   Getestet und verfasst von General M 

                                                              Ab sofort erhältlich für PC

ancestors legacy 2gameIhr vermisst schmerzlichst die Zeit, als ihr eure Truppen bei „Company of Heroes“ ausgeschickt habt, sich an feindlichen Stellungen vorbei zu mogeln und sie dann zu flankieren? „Total War“ ist euch zu viel Mikromanagement, aber ihr steht auf große Einheitengefechte und ein ordentliches Maß an Gewalt? Ihr mögt Wikinger? Dann ist „Ancestors Legacy“ von den Machern des extrem kontroversen „Hatred“ womöglich genau das richtige Spiel für euch! Da sich abseits der „Total War“ – Reihe nämlich augenblicklich nur wenig im Genre tut und leider auch die Neuaufbereitung von „Age of Empires“ längst wieder in Vergessenheit geraten ist, sind frische Spiele momentan überaus rar gesät. Hat „Ancestors Legacy“ das Zeug dazu, eine eigene Note zu setzen, oder gehen wir hier ausschließlich nach der Devise „Lieber gut kopiert als schlecht erfunden“?     

Aller Anfang ist linear

Eigentlich wollen die Wikinger unter Führung von Jarl Ulf Eisenstein nur mal eben gemütlich die Angelsachsen überfallen, doch das ist leichter gesagt als getan. Nicht nur, dass ein schwerer Sturm viele der Landetruppen aufgerieben hat, bevor die überhaupt einen Fuß an Land setzen konnten, ein Teil der verbliebenen Truppen ist auch noch am ganz falschen Ufer angespült worden. Der Jarl ist verletzt, die Einheiten verstreut und als wäre das nicht schon schlimm genug, sind die Angelsachsen gar nicht so schutzlos, wie die Nordmänner zuerst dachten. Nach einem langen, brutalen Bürgerkrieg sind nämlich nahezu im ganzen Land schwere Garnisionen stationiert, die von der Invasion mal so gar nicht begeistert sind. Also gilt es, die verstreuten Truppen zu versammeln, die Jarl zu beschützen und wenigstens gegen einigen Widerstand einen ersten Brückenkopf an der Küste zu errichten. Nein, das ist keine Beschreibung der gesamten Spielgeschichte, sondern schlicht und ergreifend der erste Level von momentan insgesamt sechs Kampagnen mit jeweils fünf umfangreichen Missionen, die über eine Zeitspanne von fast 500 Jahren spielbar sind. Neben den Wikingern darf man dann auch mit den Deutschen, den Angelsachsen selbst und anderen Völkern in den Kampf ziehen. Zwei weitere Kampagnen sollen folgen. Diese bieten dann hoffentlich auch interessantere Nebenmissionen als bisher. 

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Während die erste Kampagne extrem stark gescripted ist und in diesem Rahmen hauptsächlich als gemütliches, aber doch imposantes Tutorial dient, welches einen Schritt für Schritt an die für Veteranen leicht verständlichen Spielmechaniken heranzuführen, fallen die späteren Kampagnen etwas weniger linear aus. Zwar gilt es noch immer, festgelegten Missionsabläufen zu folgen, die einem zudem nicht immer eine Wahl lassen, wie man sie denn erfüllen mag, insgesamt offeriert „Ancestors Legacy“ aber besonders bei den Kämpfen dann eine angenehme spielerische Freiheit. Bevor man überhaupt eine Armee ausheben kann, benötigt man erst entsprechende Rohstoffe. Gebraucht wird Verpflegung, Holz und Eisen. Allesamt Materialien, die wenigstens eine kleine Siedlung voraussetzen. Deren Einnahme gestaltet sich denkbar einfach und erfordert lediglich das Abfackeln des gegnerischen Hauptgebäudes, ehe man auf dessen Ruinen ein eigenes errichtet und dann die Zivilbevölkerung zur Materialsuche ausschicken kann. An vorgegebenen Bauplätzen können im Anschluss weitere Gebäude errichtet werden, die dann hauptsächlich für die Einheitenproduktion verantwortlich sind. Später lassen sich dann auch sichtbare Einheitenupgrades sowie neue Technologien erforschen. Den enormen Verwaltungsaufwand, den ein Total War für gewöhnlich voraussetzt, sucht man hier vergebens. Mit nur wenigen Klicks lässt sich die gesamte Siedlung mühelos und unkompliziert verwalten. Dafür ist die Gebäudevielfalt aber auch sehr klein ausgefallen, auch verfügen die jeweiligen Völker nur über wenige Einheitentypen, spielen sich dafür aber allesamt ganz eigen.

Die Kunst des Krieges

Entsprechend hoch liegt der Fokus stattdessen beim Einheitenmanagement. Maximal zehn Trupps stellen sich gleichzeitig unter Kontrolle des Spielers, werden aber gelegentlich auch von NPC´s unterstützt, was für imposante Massengefechte am Bildschirm sorgt. Statt jedoch einfach dämlich frontal auf die feindlichen Horden einzudreschen, belohnt das Spiel taktisches Abwägen und Vorgehen. Flankenangriffe wirken demoralisierend auf den Feind und können im Gefecht gegen grundlegend etwas stärkere Truppen einen entscheidenen Vorteil bringen, sind allerdings auch kein Garant für einen Sieg. Jede Einheit verfügt meist zumindest über zwei Nemesis – Klassen, gegen die sie für gewöhnlich grundlegend den Kürzeren ziehen. So sind berittene Kräfte zwar besonders gegen schwächere Infanterieklassen deutlich im Vorteil, müssen im Kampf gegen ein Heer von Armbrustschützen aber den Rückzug antreten. Dieses Prinzip durchzieht das gesamte Truppensystem und fordert vom Spieler, für jeden Feind den passenden Konter parat zu haben. Das Einheitenbalancing funktioniert durch dieses Prinzip sehr gut. Manche Missionen erfordern gar, unbemerkt vom Feind durch ein Gebiet zu gelangen. Hierzu eignen sich Infanterieverbände besonders gut, diese sollten aber nur bei Nacht agieren, da dort die allgemeine Sichtweite der Feinde (ebenso aber auch die eigene) drastisch eingeschränkt ist. Zwar lassen sich auf Wunsch Fackeln anzünden, aber diese werden natürlich schnell bemerkt. Dass die (übrigens sehr gelungenen) Tag- und Nachtwechsel ebenso spielerische Vor- und Nachteile bringen wie das Wetter, lässt sich bestens am Beispiel der Bogenschützen vorführen. Die sind bei Regen nämlich weitaus weniger präzise als bei Sonnenschein, auch lassen sich Gebäude schwerer in Brand setzen.. Fernkämpfer sollten übrigens stets sorgsam eingesetzt werden. Denn anders als viele andere Genrevertreter können die eigenen Truppen schnell unter Eigenbeschuss geraten. Siegreiche Truppen gewinnen an Erfahrung und steigen in der Stufe auf, was dem Spieler ermöglicht, die jeweiligen Werte ganz nach Wunsch zu erhöhen.   

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Sollte der Spieler sich in der Position des Verteidigers wiederfinden, kommen die oftmals nützlichen Spezialfähigkeiten ins Spiel, über die nahezu jede Einheit verfügt. Mithilfe von Schildwällen lassen sich so Sturmangriffe abwehren, Heldeneinheiten steigern in der Nähe verbündeter Einheiten die Moral der Kämpfer. Es macht Spaß, mit diesen Fähigkeiten zu experimentieren und zu sehen, wie sie sich am Besten im Verbund kombinieren lassen. Der geschickte Einsatz der Truppen ist auch dann essentiell, wenn sich bereits einige hochgerüstete Einheiten in der Armee befinden. Denn Upgrades müssen für jede Einheit separat erworben werden, was sie zwar stärker macht, aber auch zu einem schmerzhaften Verlust. Daher sollte man sich stets gut überlegen, ob sich in aussichtslosen Kämpfen nicht doch ein Rückzug anbietet, um verwundetete Einheiten in der Siedlung zu heilen und verlorene Truppen zu ersetzen, ehe der gesamte Verbund ins Gras beißt. Im Fazit verwendet das Spiel hier zahlreiche Mechaniken aus „Company of Heroes“ und „Total War“. Das Ergebnis ist ein zugänglicher, aber doch angenehm anspruchsvoller Hybrid, der dank seines unverbrauchten Settings, einer atmosphärischen Inszenierung und seiner Liebe zum Detail punkten kann. Die drei verfügbaren Schwierigkeitsstufen sind überdies gut ausbalanciert und bieten sowohl für Anfänger als auch für Profis eine passende Herausforderung. Wer sich durch den Singleplayer – Modus gekämpft hat, kann anschließend online gegen Spieler aus aller Welt in klassischen RTS – Gefechten antreten, oder sich im Skirmish eigene Herausforderungen zurechtbasteln. 

Unter der Haube

Angetrieben wir das Ganze von der Unreal Engine 4, die zuvor nicht bei Stragiespielen zum Einsatz gekommen ist, sich aber scheinbar doch hervorragend für das Genre zu eignen scheint. Dank detailverliebter Einheiten, die selbst in Nahaufnahme klasse aussehen, tollen Beleuchtungseffekten sowie einer atmospährischen Spielwelt gehört der Titel momentan mit zum Schönsten, was das Genre zu bieten hat.

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Dank zahlreicher Einstellungsmöglichkeiten lässt sich das Spiel auch für moderate Hardware lauffähig anpassen, seine wahre Schönheit entfaltet es aber erst auf höheren Einstellungen. Wer das Mausrad bis zum Anschlag nach oben dreht, darf einer Einheit sogar via Schulterperspektive verfolgen. Dann darf man zwar keine Befehle mehr erteilen, bekommt in Gefechten aber ein fantastisches Mittendringefühl geboten. Als Feature im Grunde nutzlos, aber dennoch überaus nett anzusehen. Besonders, da die Gefechte stets extrem intensiv verlaufen. Wenn zwei Armeen aufeinanderstoßen, krachen Schilde und Lanzen deutlich hörbar aus den Boxen, (ausschließlich) englisches Gebrüll tönt über die Schlachtfelder. Dabei weisen die einzelnen Einheiten selbstständige und unterschiedliche Bewegungsanimationen auf, welche sich je nach gegenüberstehenden Einheitentypen korrekt anpassen. So sieht aus der Nähe betrachtet nie ein Gefecht aus wie das andere. Da die K.I. überraschend gut funktioniert, machen kleine Gefechte auch dank des taktischen Anspruchs stets genauso viel Spaß, wie große Schlachten. 

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Da viele Zwischensequenzen auch in Spielgrafik gestaltet worden sind und nicht minder Gebrauch von den Stärken der Engine machen, sieht „Ancestors Legacy“ oft einfach nur ungemein gut aus und erweckt das frische Szenario toll, oftmals sogar historisch korrekt zum Leben. Lediglich die Kameraperspektive ist stets vorgeschrieben. Selber drehen ist leider nicht erlaubt. Warum das so ist, kann ich nicht nachvollziehen, da so ein Feature meist Genrestandard ist und in diesem Fall gelegentlich hilfreich gewesen wäre, da man so immer mal wieder einige Mühen damit hat, Einheiten aufzupüren, die sich hinter irgendwelchen Gebäuden verstecken.

Fazit und Wertung

ava3„Man merkt ´Ancestors Legacy´ durchaus seine Wurzeln an. Entwickler Destructive Creations hat sich kaum Mühe gegeben zu verbergen, welchen Grundkonzepten die Spielmechaniken zugrunde liegen. Durch das geschickte Kombinieren dieser Konzepte ist gemischt mit einem unverbrauchten Setting aber ein extrem unterhaltsames Spiel entstanden, welches zwar nicht unbedingt frischen Wind ins Genre bringt, aber dafür längst nötigen Nachschub liefert. Zudem gehört es zu den hübschesten  und atmosphärisch dichtesten Vertretern seiner Art und strotzt nur so voller Liebe zum Detail. Die Kämpfe sind taktisch anspruchsvoll, aber extrem zugänglich gehalten. Wem das Setting von Company of Heroes nicht zusagt, ebenso wenig das extrem komplexe Verwaltungselement eines Total War, ist hier in der Tat bestens bedient. Ich freue mich bereits auf den inhaltlichen Nachschub. Bis dahin gehört ´Ancestors Legacy´ für mich weiterhin bis auf wenige Makel zur gegenwärtigen RTS – Elite.“

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: Ancestors Legacy enthält weder Mikrotransaktionen noch fragwürdige Pay-2-Win – oder Lootbox – Mechaniken. Eine Abwertung gibt es daher diesbezüglich nicht. 

PRO:

+ Atmosphärisch dichte Inszenierung
+ Intensives Schlachtgetümmel
+ Hübsche Beleuchtungseffekte
+ Toll gemachte Zwischensequenzen
+ Ansehnliche Tag- und Nachtwechsel
+ Detailverliebte Einheiten
+ Sehr solide K.I. 
+ Sechs Kampagnen mit jeweils fünf teilweise langen Missionen
+ Umfangreiches Tutorial im Rahmen der ersten Kampagne
+ Jede Fraktion spielt sich anders
+ Strategisches Planen dank unterschiedlicher Einheiten mit Stärken und Schwächen
+ Viel taktischer Tiefgang
+ Tageszeit und Wetter haben direkte Auswirkung auf das Einheitenverhalten
+ Zugängliche Bedienung
+ Einfache, aber doch bedeutsame Siedlungskomponente
+ Sichtbare Upgrades
+ Drei gut ausbalancierte Schwierigkeitsgrade
+ Schulterkamera als nette Dreingabe
+ Gute (englische) Sprecher
+ Solider Mehrspielermodus
+ Skirmish – Modus

CONTRA:

– Kamera nicht frei drehbar
– Geringe Gebäude- und Einheitenvielfalt
– Gelegentlich auftretende Lokalisierungsfehler
– Stellenweise sehr linear
– Belanglose Nebenmissionen
– Kein freies Bauen

                                                      GESAMTWERTUNG:     85%

                 MRAPRÄS     MRTIEFE  

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