Warhammer 40.000™: Inquisitor – Martyr – „Konsolenchaos“

                                               Getestet und verfasst von General M 

                          Ab 24. August 2018 erhältlich für PlayStation 4 und XBOX One 
                                                     (PC – Version bereits erhältlich)

81d1tUHeskL. SL1500 Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, seit Blizzard mit Diablo III die grundlegenden Vorgaben für das Genre der Action – RPG´s neu definiert hat. Seitdem wurde diese Formel von anderen Entwicklern oftmals einfach mit neuem Setting kopiert, ebenso oftmals aber auch sinnvoll erweitert. Die aktivsten Platzhirsche im Genre sind mittlerweile NeocoreGames. Die Ungarn haben bereits mit der The Incredible Adventures of Van Helsing – Trilogie bewiesen, dass sie ihr Handwerk verstehen. Mit der mächtigen Warhammer – Lizenz versuchen sie nun abermals, frische Impulse in die Action – RPG – Formel zu bringen. Bereits seit einiger Zeit für den PC erhältlich, folgt nach zweimaliger Verschiebung nun auch eine Umsetzung für XBOX One und PlayStation 4. Letztere haben wir pünktlich zum Launch für euch getestet. Kann die Konsolenversion die zahlreichen Mankos der PC – Version ausgleichen? Oder erliegt das Spiel am Ende doch den Mächten des Chaos?


Chaotische Zeiten

In der grimmigen Zukunft des 41. Jahrtausends herrscht nur Krieg – diese Prämisse ändert sich auch in Inquisitor – Martyr nicht. Als treuer Inquisitor des Imperiums wird der Spieler in weit abseits gelegenen Caligari – Sektor versetzt. Dort macht sich seit geraumer Zeit munter das Chaos breit und es gibt zwei Dinge, die das Imperium partout nicht leiden kann: Ketzerei und…Ketzerei. Bevor der Inquisitor aber das mächtige Arsenal des Imperiums gegen den Feind einsetzen kann, gilt es zuerst, aus einer von insgesamt drei vordefinierten Klassen seinen persönlichen Spielstil zu wählen. Der Kreuzritter stellt dabei die am wenigsten mobile Klasse dar, ist aber dafür in Sachen Zähigkeit und Stärke unübertroffen. Als Experte für schwere Waffen kann er nicht nur mit Kettenschwert und Schild in den Nahkampf ziehen, sondern den anstürmenden Horden des Chaos auch mit Raketenwerfern und Co. einheizen. Einen subtileren Ansatz zieht der Assassine vor, der lieber aus dem Verborgenen heraus agiert. Mithilfe von Hologrammen kann er Feinde perfekt in Hinterhalte locken, nur um sie anschließend von einer neuen Position aus zu flankieren. Der hohen Agilität stehen aber entscheidende Schwächen im Kampf Mann gegen Mann gegenüber. Zu guter letzt steht der Psioniker zur Verfügung, der mit mächtigen Zaubern ins Feld geht, aber zum einen nicht über die beste Verteidigung verfügt und zum anderen bei übertriebender Anwendung seiner Kräfte von seinen eigenen Kräften geschädigt werden kann. 

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Tatsächlich spielen sich die einzelnen Klassen angenehm unterschiedlich und abwechslungsreich, was nicht nur an den jeweils einzigartigen Fähigkeiten und der damit verbundenen Spielweise liegt, sondern auch an der klassenspezifischen Ausrüstung. Grundlegendes Equipment wie beispielsweise Pistolen und Co. kann von jedem Charakter genutzt werden, Spezialausrüstung bleibt allerdings ausschließlich bestimmten Klassen vorbehalten. Anders als in Diablo III lässt sich das auf dem Schlachtfeld gefundene Gut allerdings nicht sofort anlegen, sondern lediglich zwischen den Missionen in den Inventarplätzen platzieren. Insgesamt lassen sich so zwei Presets konfigurieren, zwischen denen man dann im Gefecht jederzeit hin- und herwechseln darf. Zwar erscheint es nur logisch, dass sich ein Inquisitor des Imperiums nicht mal eben mitten im Gefecht umzieht, eine Einschränkung der spielerischen Freiheit stellt diese Restriktion aber dennoch dar. Andererseits ist die Gesamtwertigkeit der Ausrüstung von zentraler Bedeutung für das Anwählen der zahlreichen Missionen, zu denen neben einer umfangreichen und durchaus eindrucksvoll inszenierten Kampagne auch täglich wechselnde Zufallsmissionen kommen.

Denn wer sich anschickt, mit zu niedrigem Ausrüstungswert eine vom Spiel als zu schwierig eingestufte Mission anzunehmen, bekommt prompt fette Mali an den Hals. So lassen sich diese Missionen in der Theorie zwar trotzdem absolvieren, dass man aber überhaupt in die Nähe des Ziels kommt, ist quasi so gut wie unmöglich. Diese Form der Gängelung nervt nicht nur, sie zwingt den Spieler an gewissen Punkten auch zum Grinding und zieht das Spielgeschehen so arg künstlich in die Länge. Dabei wäre das angesichts der umfangreichen Kampagne und der zahlreichen Nebenaktivitäten eigentlich gar nicht nötig.

Für Bastler 

Um die benötigte Ausrüstung zusammen zu kriegen, muss man allerdings nicht ausschließlich auf die hoffentlich vollen Taschen besiegter Feinde setzen, sondern darf sich, die entsprechenden Ressourcen und Blaupausen vorausgesetzt, auch selbst als Rüstungs- und Waffenschmied betätigen. Überflüssiger Güter lassen sich im Hub bequem in klingende Münze umtauschen, die man dann in neue Baupläne investieren kann. Um die dafür nötigen Kleinteile zu bekommen, muss man aber auch Ausrüstung wiederverwerten, was für einen spannenden Spagat sorgt, der den Spieler unweigerlich zum klugen Haushalten mit dem Beutegut zwingt. Wer nämlich alles an den Händler verkauft, verfügt zwar über genügend Geld für Blaupausen, hat aber dafür höchstwahrscheinlich dann keine Bauteile mehr parat. Man muss also klug überlegen, wann man verkaufen und wann man verwerten will. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem man mit Beute so dermaßen überschüttet wird, dass selbst diese nette Komponente völlig ihre Bedeutung verliert. 

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Die Vielzahl an Blaupausen sorgt ebenso wie der grundsätzlich sehr vielseitig und umfangreich ausgefallene Ausrüstungspool dafür, dass man nicht nur mit neuen, daraus resultierenden Fertigkeiten und Boni experimentieren DARF, sondern wirklich damit experimentieren MUSS. Während der einzelnen Durchgänge war es keine Seltenheit, den bisherigen Spielstil immer wieder an die Vor- und Nachteile der gefundenen Ausrüstung anzupassen. Auf diese Weise entsteht eine motivierende Dynamik, die einen zwingt, sich immer wieder aufs neue mit den Talenten der gewählten Klasse auseinanderzusetzen. Dass einem all das aber nicht erklärt wird, sondern man hier im Grunde völlig ins kalte Wasser geworfen wird, ist mehr als ärgerlich. Zwar lassen sich im Spiel durchaus Erklärungen für die zahlreichen Mechaniken finden, die werden aber nicht ins Spiel eingebunden, sondern müssen umständlich aus den Menüs heraus angewählt werden. 

In Deckung!

Da man aber selbst mit der besten Ausrüstung nicht unbegrenzt lange im Feindfeuer stehen kann, nutzt Inquisitor – Martyr ein aktives Deckungssystem. Per einfachem Knopfdruck kann der Spieler so hinter zahlreichen verschiedenenen Umgebungsobjekten Schutz suchen und den nächsten Schachzug planen. Das sorgt zwar für eine angenehm taktische Komponente, ist in der Umsetzung aber eher mittelprächtig ausgefallen, da man in Deckung so stark in seinen Möglichkeiten eingeschränkt ist, dass es oftmals doch die bessere Lösung ist, sich dem Feind auf offenem Feld zu stellen und ihm einfach alles entgegenzuwerfen, was der jeweilige Skilltree hergibt, zumal die jeweilige Deckung auch nicht unbegrenzt viel Beschuss aushält und daher ohnehin nur eine kurzzeitige Lösung darstellt. 

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Der Kampf gegen die Ketzer glänzt ohnehin nicht mit übermäßigem Anspruch, dafür leistet sich die K.I. viel zu viele Schnitzer. Oftmals sehen die Gegner den Spielercharakter unrealistisch spät, suchen selbst kaum Deckung oder neigen gar zu Flankenangriffen. Stattdessen wird einfach munter draufgeheizt. Was NeocoreGames dem Spieler hier vorsetzt, gleicht somit eher Kanonenfutter. Diesen Umstand gleicht man dafür mit Masse aus. Wirklich gefährlich wird es also nur, wenn man sich plötzlich von gewaltigen Gegnerhorden umzingelt sieht. Das ist dann im Ausgang oft weniger gut und sorgt angesichts dieser Unausgeglichenheit schnell für Frustmomente, zumal solche Ereignisse völlig willkürlich sind. Wenn man allerdings dann wirklich mal den Löffel abgibt, darf man wenigstens an fair gesetzten Rücksetzpunkten weitermachen. Schwieriger wird das schon bei den sogenannten Verteidigungsmissionen, wo man neben sich selbst auch einen verbündeten NPC gegen immer zahlreichere Feindeswellen schützen muss. Hier hat man das Gefühl, dass der Ausgang dieser Missionen ausschließlich vom Glück abhängig ist. Denn entweder erweist sich der Verbündete als Glückskind und wird kaum angekratzt, oder er wird schneller an die Seite des Imperators gerufen als ihm (und uns) lieb ist. Dann gibt es keine Rücksetzpunkte mehr, stattdessen muss die ganze Mission von Anfang an erneut gespielt werden. Komfort geht anders. Balancing in Sachen Schwierigkeitsgrad aber leider auch. Ebenfalls nicht gut weg kommt zudem das schneckenartige Progress – System. Der Levelaufstieg dauert gefühlt bis in 42. Jahrtausend an. Hat man es dann aber auf die nächste Stufe geschafft, entpuppt sich auch dieses System als schlecht, bzw. oberflächlich durchdacht. Denn ob wir unsere Fertigkeitenpunkte nun in vielsagende Kategorien wie Nahkampf oder sonstwas investieren, ein wirkliches Ergebnis lässt sich im Spiel kaum spüren.

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Stattdessen scheint es so, als könne man seine Punkte nach Lust und Laune verballern, wirklichen Einfluss hat letztendlich nur die angelegte Ausrüstung. Das führt das gesamte Progress – System ad absurdum und ist nur ein weiterer Punkt auf der mittlerweile umfangreichen Liste an Mankos, denen man guten Gewissens auch uninspiriertes Missionsdesign hinzufügen kann. Besonders die zufallsgenerierten Nebenmissionen sind nichts anderes, als das Wort bereits aussagt: Generisch. Und nach kurzer Zeit elendig langweilig. 

Wo ist der Tech – Priester?

All das ist verdammt schade. Denn nicht nur, dass man NeocoreGames aufgrund ihrer Erfahrung im Genre durchaus zutrauen kann, solche essentiellen Kernmechaniken besser zu balancieren, auch technisch verkommt Inquisitor – Martyr zum Ärgernis. Die zusätzlichen Monate Entwicklungszeit haben nichts dazu beigetragen, die bereits zahlreichen Technik- und Performancemacken der PC – Version auszubügeln. Stellenweise scheint es sogar schlimmer als zuvor. Man darf nicht alles schlecht reden, vor allem das Art Design ist extrem gelungen und versprüht dichte Warhammer – Atmosphäre. Doch all das nützt nicht viel, wenn das Geschehen am Bildschirm unter stetigen Bildrateneinbrüchen leidet, die besonders bei größeren Gegnerhorden sogar für schwere Ruckler sorgen können, welche das Spielgeschehen drastisch stören. Diese Probleme hatten die Konsolenfassungen von Diablo III nicht. Die litten übrigens auch nicht am auffälligen Tearing während der Zwischensequenzen, oder gar an den übermäßig langen Ladezeiten, die man hier vorgesetzt bekommt. Dazu gesellen sich teilweise abstruse Übersetzungsfehler bei den Deutschen Untertiteln, auch Kantenflimmern ist keine Seltenheit, was den vielen matschigen Texturen zusätzlich den Eindruck verleiht, dass das gesamte Geschehen mehr aus der letzten, weniger aus der aktuellen Generation stammt. An diesem Eindruck können auch die teilweise wuchtigen Effekte nichts ändern. Hätte man aber mehr Zeit damit verbracht, sich statt expliziten Todesanimationen sowie Blut- und Bleigewittern mehr auf Bugfixing und Balancing zu konzentrieren, hätte Inquisitor – Martyr ein wirklich gutes Spiel werden können. So überwiegen die Unzulänglichkeiten aber an allen Ecken und Enden. 

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Die machen übrigens auch vor dem Ton nicht halt. Der ist wie bereits erwähnt zwar ausschließlich in englischer Sprache verfügbar, bleibt aber auch da inkonsequent in seiner Anwendung. So bietet sich dem Spieler ein munteres Durcheinander zwischen gesprochenen Dialogen und fetten Textblöcken ganz ohne Stimmbegleitung. Auch mit der allgemeinen Synchronität scheint man es da nicht so genau zu nehmen. Die Bedienung mit dem Gamepad funktioniert ebenfalls nur mittelprächtig. Gewisse Fähigkeiten, die manuelles Zielen erfordern, sind nur mit extremer Mühe präzise anzubringen – wenn überhaupt. Auch bleibt der bereits auf dem PC für Ärgernis sorgende Bug erhalten, dass der Spielercharakter beim Angriff nicht wie gewünscht Schießprügel und Co. zückt, sondern sich stattdessen einfach nur auf den anvisierten Feind zubewegt. In solchen Momenten will man den Controller dann einfach nur noch genervt gegen die nächstbeste Wand schmettern.   

P.S. Das Spiel verfügt auch über einen Ko-Op – Modus für bis zu vier Spieler. Diesen konnten wir zum Testzeitpunkt aufgrund noch leerer Server nicht ausgiebig genug testen, um ihn in unsere Wertung miteinzubeziehen. Dies reichen wir bis zum Ende der Woche nach, entsprechend kann sich die finale Wertung noch nachträglich ändern. Jedoch gilt: Ob alleine oder im Team, Inquisitor – Martyr erfordert eine permanente Internetverbindung. 

Fazit und Wertung

ava4„Imperator, steh mir bei! Was NeocoreGames hier nach dem verpatzten PC – Release nun auch Konsolenspielern zum Vollpreis zumutet, grenzt tatsächlich an Gotteslästerung. Als großer Fan des Warhammer 40K – Universums war ich richtig gespannt auf das Action – RPG, wurde aber nun auf den Konsolen zum zweiten Mal so richtig enttäuscht. Die Makel der PC – Version sind hier genauso präsent, dazu gesellen sich zusätzlich teilweise herbe Performance – Probleme und ein Always Online – Zwang. Im Kern gutes Art Design und schnieke Animationen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich unter der Haube so viele Ärgernisse sammeln, dass man hier fast zu jedem Moment das Gefühl hat, irgendeinem kruden Scherz anheim gefallen zu sein. Oder zumindest einer knapp 70€ teuren Beta – Version. Games Workshop sollte in Zukunft dringend besser überlegen, wem es seine Lizenzen anvertrauen will. Denn so langsam begrabe ich die Hoffnung, irgendwann wieder mal ein gutes Warhammer – Spiel sehen zu dürfen.“  

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: Warhammer 40.000: Inquisitor – Martyr verfügt weder über Pay-2-Win – Elemente, noch über fragwürdige Lootbox – Mechaniken. Eine Abwertung nehmen wir diesbezüglich also nicht vor.

PRO:

+ In Sachen Art Design gelungene Umsetzung des 40K – Universums
+ Hübsch animierte Gegnermodelle
+ Kreuzritter, Psioniker und Assassine spielen sich angenehm unterschiedlich
+ Effektvolle Kämpfe
+ Abwechslungsreiches Leveldesign

+ Aktive Deckung wird nutzbringend ins Geschehen eingebunden
+ Großes Arsenal an vielseitigen Waffen und Rüstungen…
+ …die sich effektiv auf die Spielweise auswirken
+ Dank Zufallsgeneratoren nahezu unendlicher Umfang…
+ …aber auch die Solokampagne ist angenehm lang ausgefallen
+ Frei justierbare Kamera samt flexiblen Zoomstufen

+ Frei anpassbare Schwierigkeitsgrade (inkl. Hard Mode)
+ Faire Checkpoints (außerhalb der Verteidigungsmissionen)
+ Netter, zum Geschehen passender Soundtrack

CONTRA:

– Teils drastische Bildrateneinbrüche
– Teilweise starkes Tearing in den Videosequenzen
– Lange Ladezeiten
– Kantenflimmern
– Belanglose Story

– Extrem repetitve Nebenaufgaben
– Generierte Zufallsmissionen bestenfalls von durchschnittlicher Qualität
– K.I. – Probleme
– Herausforderung entsteht nahezu ausschließlich aus Masse statt Klasse
– Zahlreiche, teilweise schwerwiegende Bugs
– Miese (englische) Sprecher
– Deutsche Untertitel strotzen nur so voller Fehler
– Aufleveln in Hinsicht auf die Werte im Grunde nutzlos
– Nerviger Zwang zum Grinding
– Überschüttung mit Ausrüstung ruiniert taktische Komponente beim Crafting

– Tutorials werden nicht ins Spielgeschehen eingebunden
– Always Online – Zwang
– Viele Eingabemacken

                                               GESAMTWERTUNG:     65%


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