Denn selbst mit der passenden Klasse unter dem Hintern kommt es nicht selten vor, dass euch die Gegner selbst auf einfacheren Schwierigkeitsstufen hemmungslos davonfahren. Dadurch entsteht schnell immenses Frustpotenzial, denn während man in einer Etappe noch hart darum kämpfen muss, trotz eigentlich überlegenem Gefährt wenigstens auf einem der letzten Plätze zu landen, kann man in der nächste Etappe selbst mit der Einsteigerklasse mühelos den ersten Platz erreichen. Inkonsequenzen im Balancing wie diese ziehen sich leider durch die gesamte Karriere, die abseits der aneinandergereihten Events auch dieses Mal leider abseits davon auf jede Form von Turnieren verzichtet – hier bleibt die Konkurrenz aus eigenem Hause das (mittelprächtige) Maß aller Dinge. Da beim Tuning zudem keine Hilfestellungen geboten werden, gestaltet sich das Aufmotzen besonders für Einsteiger extrem schwierig, zumal man ohne ausgewogenes Tuning eben oft einfach keine Siegchancen hat.
Während man sich beim Modifizieren relativ frei austoben kann, enttäuscht der Charaktereditor abermals auf ganzer Linie. Die wenigen frei wählbaren Vorlagen sind kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein, da spielt es auch keinen Unterschied, ob man wählen kann, mit welcher Animation der Fahrer lenkt. Und das Fahren ist ja ohnehin so eine Sache, denn je länger man sich alleine gegen die Computerfahrer auf den Strecken herumtreibt, desto mehr bekommt man das Gefühl, dass RIDE 3 trotz seiner immensen Möglichkeiten zur Feinanpassung des Spielgeschehens immer darum bemüht ist, gegen einen zu arbeiten. Das dann nicht nur bei den wankelmütigen Anforderungen an euer Motorrad, sondern auch bei der Gestaltung der virtuellen Konkurrenten. Die fahren nämlich fast immer beinhart Ideallinie und machen zudem untereinander nur wenig Anstand, mal ein Überholmanöver zu wagen. Versucht man aber als Spieler ein paar Plätze zu gewinnen, gehen die Tiefschlafbots plötzlich aggressiv gegen einen vor und haben auch kein Problem damit, einen komplett vom Gerät zu werfen. Bestrafen tut das Spiel solche Aktionen nicht, verhält man sich dagegen aber selbst aggressiv und nutzt gelegentlich kleinere Abkürzungen aus, bekommt man umgehend teils knackige Zeitstrafen verpasst. Fair ist anders. Besonders auf höheren Schwierigkeitsgraden fällt das stark negativ ins Gewicht.
Und auch die Karriere an sich war schon besser gestaltet. Klar, die Unmengen an Events machen Spaß, selbst ohne den mittlerweile üblichen Storyschmus, dafür hat man die interessante Team – Komponente des Vorgängers dieses Mal einfach wieder gestrichen. Aber das unausgegorene Balancing und die mitunter unfair bevorteilte K.I. sorgen wenigstens gegenwärtig kaum dafür, dass sich der Weg zum großen Rennfinale immer wie eine entspannte Reise anfühlt, sondern eher wie eine zähe Tour de Force, die einen nicht selten zur völligen Verzweiflung treiben kann. Besonders, da sich auch die Zeitfahrten nicht nach dem gegenwärtig vorhandenen Motorrad richten, sondern grundsätzlich so knapp bemessen sind, dass man sich ohne die allerbeste Maschine der jeweiligen Klasse samt Tuning gar nicht erst darin versuchen braucht.
Fakt und Fiktion
Neben der Karriere könnt ihr euch natürlich nicht nur auch online gegen Spieler aus aller Welt messen, sondern euch auch im schnellen Rennen die Zeit vertreiben. Hier steht euch die gesamte Auswahl der insgesamt siebzehn Schauplätze frei zur Verfügung, inkl. neuer Option für Nachtrennen. Im Grunde ist es löblich, dass man jetzt auch im Dunkeln losdüsen kann, dynamische Wetterwechsel oder Zeitübergänge sucht man aber auch hier abermals vergeblich. Und die zählen bei vielen anderen Genrevertretern ja nun schon längst zum Standard. Neben echten Strecken wie beispielsweise dem Nürburgring, der aber leider nicht in Etappen befahren werden kann, gibt es aber auch eine Vielzahl fiktiver Strecken, die sich jedoch bei der Umgebung an echte Vorbilder anlegen und so für manch hübsches Panorama sorgen. Bei den Eigenkreationen stimmt das Streckendesign, optisch ist mein Favorit aber grundsätzlich China, wo man zwischen regenbedeckten Straßen und jeder Menge kunterbunter Umgebungen einiges geboten bekommt.
Der Mix aus Fakt und Fiktion funktioniert gut. Die lizensierten Strecken haben viel Erkennungswert, aber auch die fiktiven Strecken sind hübsch gestaltet und fügen sich ähnlich gut ins Spiel ein wie sonst zum Beispiel im Rahmen eines Gran Turismo. Sauer stößt dagegen auf, dass man dieses Mal einfach den Support für zwei Spieler an einem Bildschirm gestrichen hat. RIDE 3 bleibt abseits der Onlinekomponente mehr als je zuvor ein Spiel für Solisten und einsame Menschen. Und auch die Fahrphysik stimmt. Wer es ganz einfach haben möchte, kann sich so viele Hilfen zuschalten, dass man kaum noch mehr tun muss, als das Gaspedal durchzudrücken und gelegentlich ein bisschen in die richtige Richtung zu lenken. Das Gegenteil ist aber ebenso möglich, wer es gerne ganz ohne Hilfen mag, kann das Spiel genauso gut in einen waschechten Simulator verwandeln.
Erst dann kommt auch die Vielseitigkeit der vielen lizensierten Maschinen voll zur Geltung. Die lassen sich übrigens allesamt auch im Showroom begutachten, was zwar ziemlich toll aussieht, dafür aber jede Interaktion mit dem Motorrad verhindert. Mehr als hin- und herdrehen ist leider nicht. Auch da ist die Konkurrenz, besonders natürlich Forza, längst deutlich weiter. Praktisch ist beim schnellen Rennen dafür, dass man die Maschinen auch einfach für die Dauer des Events leihen kann. Modifikationen sind dann aber streng verboten!
Zweirradtechnik
Die gute Nachricht ist: RIDE 3 macht optisch von Anfang an einen deutlich runderen Eindruck als Moto GP ´18. Der Umstieg vom eigens entwickelten Grafikgerüst auf die aktuellste Unreal Engine 4 war holprig, doch so langsam wird es. Die Motorräder sehen wie erwähnt extrem hübsch aus, auch die Strecken wirken durchdacht und warten mit netten Hintergründen und dynamischen Ereignissen wie Laubverwehungen auf, auch die Beleuchtung wirkt deutlich runder. HDR – Support wird ebenfalls auf allen Plattformen mitgeliefert und bietet so Besitzern passender Monitore besonders satte Kontraste und Farben.
Die PC – Version bietet natives 4K und sieht mit voll aufgedrehten Reglern erwartungsgemäß eine Stufe schicker aus als die Konsolenfassungen. Aber auch die müssen sich nicht verstecken, denn XBOX One X und PlayStation 4 erreichen dank Performance – Modus endlich blitzsaubere 60 Frames pro Sekunde, die den Temporausch am Bildschirm erst richtig zur Geltung bringen. Da sich der optische Unterschied zu mehr Auflösung für weniger Bildrate ohnehin in Grenzen hält, ist die Performance grundsätzlich der Auflösung vorzuziehen, sofern man natürlich über ein erweitertes Konsolenmodell verfügt. Die Probleme hat der PC nicht, dafür hat man dort mit teilweise extremen Slowdowns in den Menüs zu kämpfen. Die Konsolen leiden dagegen unter teils heftigen Ladezeiten, unter denen sogar der schnell repetive Soundtrack ins Stocken gerät. Und selbst im 4K – Modus zeigt sich immer mal wieder ein herber Ausfall in Sachen Kantenflimmern. So ganz perfekt ist es also noch lange nicht. Aber immerhin scheint man so langsam auf dem richtigen Weg zu sein. Das wenige Publikum sieht bei genauer Betrachtung aber leider immer noch ziemlich angsteinflößend aus:
Schade bleibt auch, dass man abseits der gelungenen Motorengeräusche, die satt auf den Boxen kommen, nichts weiter zu hören bekommt. Musikalische Untermalung während der Rennen? Fehlanzeige. Dafür geht die Bedienung gut von der Hand, bereits mit Gamepad lässt sich das Spiel jeweils prima und unkompliziert bedienen, noch besser wird´s natürlich mit Lenkrad. Lediglich von der Maus- und Tastatursteuerung am PC ist dringend abzuraten – die ist für das Renngenre allgemein zu unpräzise, was sich auch hier wieder deutlich zeigt. Wer sich dann doch mal heftig in den Sand setzt, kann zum Glück auch hier einfach wieder die Zeit ein bisschen zurückdrehen, ganz ohne DeLorean.
Fazit und Wertung
„Es wird so langsam mit den Titel aus dem Hause Milestone. Obwohl RIDE 3 wieder Features streicht, die im Vorgänger noch vorhanden waren, lassen sich an vielen wichtigen Punkten Verbesserungen erkennen. Die sind zwar eher marginal, machen kombiniert aber schon einiges aus. Dass der Weg dorthin aber stets über vollpreisige Titel führt, stößt sauer auf! Hier muss konsequent mehr Arbeit in einen Titel gesteckt werden, besonders bei einem Output von zwei genreähnlichen Vertretern in einem Jahr. Immerhin erkennt man den guten Willen der Entwickler, den Fans stets das bestmögliche Rennsporterlebnis zu bieten. Davon ist man aber zumindest 2018 noch ein gutes Stück weit von entfernt. Trotzdem: Die Technik hat sich verbessert, die Konsolenperformance auch, zudem überzeugt der gewaltige Pool an Lizenzboliden, das gute Streckendesign und die gute Fahrphysik. Bei der K.I. muss aber ebenso dringend nachgebessert werden wie bei den teils unfairen Anforderungen in der sonst eher mauen Karriere. Für Genrefans einen Blick wert. Alle anderen sollten besser noch warten. Trotzdem: Mehr Motorradhistorie bekommt man gegenwärtig nirgendwo sonst geboten.“
Pay-to-Win/Mikrotransaktionen: RIDE 3 bietet keinerlei Möglichkeiten, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile zu verschaffen. Dafür werden ein kostenpflichtiger Season Pass sowie einige Vorbestellerinhalte geboten, die zumindest dank mehr Maschinen zu Beginn für einen etwas einfacheren Einstieg sorgen, der aber sehr schnell verfliegt. Von einer Abwertung sehen wir daher gerade noch ab.
PRO:
+ Über 200 voll lizensierte Motorräder aus mehreren zeitlichen Epochen…
+ …die mit viel Liebe zum Detail ins Spiel integriert worden sind
+ Verbesserte Grafik
+ Umfangreiche Tuningkomponente
+ Exzellente Fahrphysik
+ Dank immenser Fülle an Feineinstellungen sowohl für Amateure als auch Profis tauglich
+ Jede Maschine fährt und klingt unterschiedlich
+ Hübscher Mix aus Lizenzstrecken und Eigenkreationen
+ Sehr gute Gamepad – Bedienung
+ Nützliche Rückspulfunktion
+ Faire Ausschüttung von Ingame – Währung
+ Stark verbesserte Performance (Erweiterte Konsolen, Performance – Modus)
CONTRA:
– Oft unfaires Balancing im Karrieremodus…
– …der inhaltlich generell schlechter abschneidet als der des Vorgängers
– Ersatzlos gestrichene Splitscreen – Komponente
– Keine klassischen Rennwochenenden á la Moto GP
– Showroom bietet nicht mehr als Text und Drehfunktion
– Weder dynamisches Wetter, noch Tag- und Nachtübergänge
– Maue Gegner – K.I….
– …die außerdem nicht angemessen für Fehlverhalten bestraft wird
– Überschaubarer Charaktereditor
– Abseits der Motorengeräusche herrscht Stille auf der Strecke
– Keine Siegerehrungen oder Highlight Replays zum Rennende
– Lange Ladezeiten (Konsolen)
– Teils starke Slowdowns in den Menüs (PC)
– Unpräzises Maus- und Tastaturlayout (PC)
GESAMTWERTUNG: 6.9/10
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