Need for Speed™ – Das Review für PlayStation 4

Das Review für PlayStation 4

Ein Testbericht von General M

Ich war noch ein kleiner Pimpf, vielleicht 9-10 Jahre alt, da kam ich erstmals in Kontakt mit einer der bis heute langlebigsten Rennspielreihen, die es mittlerweile (die zahlreichen Ableger einmal außer Acht lassend) auf 20 Titel bringt. Der erste Teil der Reihe erschien erstmal im Jahr 1994 für das 3DO aus dem Hause Panasonic, welche im Grunde genommen zu dieser Zeit längst im Sterben lag. Später auf der ersten PlayStation neu aufgelegt, konnte der Titel erstmals für größere Aufmerksamkeit sorgen. Bis zur heutigen Generation aktueller Spielekonsolen und natürlich den allseits geschätzten PC – Systemen hat die Reihe also einen langen Weg zurückgelegt, welcher mal mehr, mal weniger erfolgreich war. Sogar ein Kinofilm mit „Breaking Bad“ – Star Aaron Paul entstand auf Basis des Arcade – Racers, der sich zeitweise auch im Bereich einer anspruchsvolleren Simulation versucht hat. Wobei sich zahlreiche Fans wohl einig sind, dass die beiden Ableger „Underground“ und sein Nachfolger „Underground 2“ zum Besten gehören, was das Franchise bis heute zu bieten hat. Need for Speed soll dagegen einen gänzlichen Reboot der Serie darstellen. Ob das gelungen ist, wird hoffentlich der folgende Testbericht klären.

 
Willkommen in Ventura Bay

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Wir starten in der Rolle eines namenlosen und stummen Neuankömmlings, der gerade frisch in der fiktiven Ostküstenmetropole Ventura Bay angekommen ist. Auf einer Party knüpfen wir erste Kontakte mit diversen Größen der illegalen Straßenrennszene, darunter die Mechanikerin Amy, den eher ruhigen Manu und den selbstbewussten Spike. Und ehe wir uns versehen, sind wir auch schon mitten drin im Geschehen. Alle Charaktere werden von echten Schauspielern gespielt, die immer mal wieder zwischendurch in Videosequenzen auftauchen und die Geschichte voranbringen. Die Idee, echte Schauspieler auftreten zu lassen, ist dabei nicht neu. Bereits Need for Speed: Undercover gab es unter anderem ein Stelldichein mit „Nikita“ – Darstellerin Maggie Q. Allerdings wirkte die Darstellung und die Geschichte, sofern überhaupt als solche zu bezeichnen, damals eher störend und mehr wie ein peinlicher Versuch, einen Arcade – Racer mit einer Krimigeschichte zu kombinieren – mit stark zweifelhaftem Resultat. Need for Speed macht seine Sache da leider nicht besser. Die Darsteller wirken allesamt so klischeehaft und überzeichnet, ja teilweise sogar nervig, dass selbst eine womöglich gewollte Darstellung einer Karikatur als solche gar nicht mehr zu erfassen ist. Zu Beginn schaut man sich noch die ein oder andere Zwischensequenz an, später jedoch möchte man unweigerlich an Videosequenzen wegdrücken, was nur wegzudrücken ist. Dazu trägt auch die eher mittelmäßige Deutsche Synchronisation der Charaktere bei, welche einen leider permanent im weiteren Spielverlauf mit Anrufen bombardieren. Eine wirkliche Geschichte ist auch nicht vorhanden. Es ist die typische „Neuling arbeitet sich an die Spitze“ – Geschichte, die man sich eigentlich auch komplett hätte sparen können. Der Fokus sollte bei einem Arcade – Racer schlicht auf Spaß am Autorennen liegen, ohne großes Drumherum. Das ist früheren Ablegern weit besser gelungen.

König der Straße

Einmal in der Rennszene verankert und das erste Gefährt unter dem Hintern, können wir eine frei erkundbare Stadt befahren, die von Häfen und einer Innenstadt bis hin zu einer Küstenlandschaft alles zu bieten hat, was das Herz erfreut. Dabei finden Rennen zumeist in der Nacht statt, schließlich sind die Autorennen illegal. Und gerade weil das so ist, rufen unsere Aktivitäten immer wieder die Polizei auf den Plan. Je länger man sich deren Zugriff ohne erfolgreiche Flucht entzieht, desto hartnäckiger und zahlreicher jagen sie uns durch die Straßen und stellen Straßensperren auf, während und abseits der Rennen. Zwischen unter anderem Drift – Herausforderungen, gewöhnlichen Straßenrennen und Sprintkursen hat man die freie Wahl, wie man seinen Einkommen verdienen möchte. Dieses investiert man in der Werkstatt entweder in neue Fahrzeuge, oder in intensives Tuning für sein aktuelles Fahrzeug. Motor, Auspuff, Bremsen und vieles mehr – je weiter man im Spiel vorankommt, desto mehr Upgrades stehen in zahlreichen Kategorien bereit. Und die sind auch bitter nötig, anderenfalls rasen einem die Konkurrenten auf schwierigeren Kursen einfach davon. Wobei es gar nicht immer zwingend ums Gewinnen geht, oft müssen bestimmte Punktevorgaben und Rennzeiten erreicht werden, um das aktuelle Rennen als Erfolg zu werten. Manche dieser Rennen tauchen einfach auf der Karte auf und können beliebig wiederholt werden, um das Ergebnis der letzten Runde zu verbessern, andere Rennen gelten hingegen als Teil der Geschichte und müssen zum Fortschreiten absolviert werden. Wie erwähnt wird man von seinen Mitstreitern regelmäßig über diese Events informiert.

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Neben Geld ist auch der Ruf von zentraler Bedeutung im Spiel. Ruf bekommt man so ziemlich für alles. Drifts, Höchstgeschwindigkeiten, Verfolgungen, Demolierung und und und – je höher der Ruf, desto mehr Tuningteile stehen euch zur Verfügung. Diesen sammelt man zumeist ganz
automatisch, nach wenigen Stunden auf der Straße hatte ich bereits ohne großes Zutun den halben Weg zur Legende gemeistert. Von da an gilt es nur noch, in sämtlichen Disziplinen zur Legende der Straße zu werden. Bis es soweit ist, begegnet man manch neuem Charakter, von denen manch einer sogar in der Wirklichkeit existiert.

Um nochmal auf das Tuning zu sprechen zu kommen – natürlich kann man sein Gefährt in der Garage auch optisch kräftig aufmotzen. Eine neue Lackierung, Folien, Emblems oder direkt ein ganzes Bodykit – für den kreativen Kopf gibt es zahlreiche Möglichkeiten, seinen fahrbaren Untersatz ganz nach eigenen Vorstellungen zu personalisieren. Die entsprechenden Designs können dann abgespeichert und später beliebig oft erneut abgerufen werden.

Saubere Technik, leere Straßen

Ein Szenario am Tag sucht man vergeblich, mehr als die Morgendämmerung bekommt man nicht zu sehen, der Start eines neuen Rennens versetzt einen zumeist wieder an den Beginn der Nacht. Hinsichtlich der Wetterlage scheint es lediglich zwei Szenarien zu geben. Entweder regnet es, oder es sieht stark nach Regen aus. Ein System für dynamisches Wetter wäre wünschenswert gewesen, allerdings sehen die Regeneffekte ebenso wie die Fahrzeugmodelle und der Spielwelt prächtig aus. Ein detailliertes Schadensmodell sucht man zwar vergebens, dennoch ist den Rennboliden nach einer Weile der Verschleiß anzusehen. Dellen und Lackschäden, leicht demolierte Spoiler, all das hat jedoch keinen Einfluss auf das Fahrverhalten. Verdanken kann man all dies der hauseigenen Frostbite – Technologie, die unter anderem auch Spiele wie Battlefield und das kommende Star Wars: Battlefront antreibt. Ohnehin gibt es auf technischer Ebene wenigstens auf der PlayStation 4 – Version nahezu keinerlei Grund zur Kritik. Das Spielgeschehen läuft zu jeder Zeit flüssig in nativem 1080p und festgelegten 30 Frames. Bugs und Glitches sucht man zumeist vergebens.

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Eine Anfang 2016 erscheinende PC – Version soll 4K – Auflösungen ebenso unterstützen wie eine Framerate von 60 Bildern die Sekunde. Sobald mir diese Version vorliegt, wird dazu ein gesonderter Testbericht erscheinen. Auch eine leichte Bildkörnung verleiht dem Spiel zusätzlich zum Dauerregen und der ständigen Nacht einen dezent düsteren Look. Need for Speed wirkt optisch erwachsener, leider aber auch zumeist wie ausgestorben. Es gibt kaum Verkehr, hin und wieder begegnen einem zwei – drei Autos auf den Straßen. So hübsch Ventura Bay auf den ersten Blick wirkt, so sehr leidet es auch unter einer starken Sterilität. Natürlich sollte man keine Passanten und dergleichen erwarten, die haben in so einem Spiel auch gar nichts verloren. Aber etwas mehr Leben in den Straßen hätte der Atmosphäre gutgetan. Etwas weniger technisch, aber dennoch nicht unbedeutend, ist die musikalische Untermalung, welche man nahezu als belanglos betiteln kann. Meist dröhnt seichter Dubstep aus den Boxen, die enorme musikalische Vielfalt der Underground – Teile wird zu keinem Zeitpunkt erreicht. Das kostet Atmosphäre, wenn man nicht gerade nebenbei die Spotify – App der PlayStation 4 nutzt. Eigene Musik lässt sich nicht ins Spiel einbinden. Weitere Kritik muss sich die K.I. des Spiels gefallen lassen. Diese reagiert grundsätzlich immer nach Schema F. Das bedeutet, ein Abdrängen ist nahezu nicht möglich, aggressives Vorgehen ist ebenso wenig selten zu erwarten. Obwohl diese Vorhersehbarkeit das Spiel nicht unbedingt zu einer schweren Herausforderung verkommen lässt, sorgt ein lästiger Gummibandeffekt oft dafür, dass aus dem eigenen fahrerischen Können kaum ein Vorteil zu ziehen ist. Oft tauchen Gegner kurz vor der Ziellinie aus dem Nichts wieder hinter einem auf, nur um uns auf den letzten Metern doch noch den Sieg zu kosten. Das ist mehr als ärgerlich und sorgt für nicht geringe Frustration. Hier muss definitiv nachgebessert werden.

Niemals alleine

Alle Fortschritte und Errungenschaften werden online gespeichert. So ist es nicht möglich, die Karriere neu zu beginnen. Was einmal getan ist, bleibt getan und ist nicht rückgängig zu machen. Ein weiterer Nachteil des Online – Zwangs ist, dass ihr nicht alleine unterwegs seid. In Ventura Bay tummeln sich auch andere Spieler, die ihrer eigenen Karriere folgen. Und obwohl es keinerlei lokalen Multiplayer gibt, der sich bei so einem Szenario ja geradezu aufgezwungen
hätte, kommen euch die anderen Fahrer immer mal wieder in die Quere. Nicht selten sind wir gerade auf der Überholspur, als uns ein anderer Spieler mitten in die Seite kracht. Die dadurch verlorenen Sekunden können über Sieg oder Niederlage entscheiden und sorgen für teilweise sehr frustrierende Momente. Praktischer wäre es gewesen, andere Mitspieler als Geister zu implementieren. Natürlich kann man sich aber jederzeit daran versuchen, die Streckenrekorde seiner Mitspieler zu brechen.

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Dafür gibt es online täglich neue Herausforderungen zu bewältigen, wie zum Beispiel eine spezielle Anzahl von Drifts. Diese belohnen nach erfolgreicher Absolvierung mit reichlich Geld und Ruf, außerdem mit optischen Belohnungen für eure Werkstatt. Weitere Downloadinhalte sind übrigens geplant, diese sollen zum jeweiligen Erscheinungsdatum jedoch allesamt kostenlos für jeden Besitzer verfügbar sein. Einen Season Pass gibt es für Need for Speed ebenso wenig wie die oftmals kritisierten Miktrotransaktionen nicht. Schön!

Fazit
                                                                                                                                                                                                                                          

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„Der Reboot der Reihe ist im Großen und Ganzen gelungen. Auf der anderen Seite wirkt Need for Speed gerade in Bezug auf das Geschehen abseits der Rennen wie ein Spiel, dass mehr sein möchte, als es eigentlich ist und sich nur bedingt von den Ideen seiner Vorgänger lösen möchte. Und obwohl das „mehr sein“ nicht gelingt, bleibt es doch ein technischer sauberer Arcade – Racer mit vielen Individualisierungs- und Tuningmöglichkeiten, den lediglich der belanglose Soundtrack, mangelnde Langzeitmotivation, die inkonsequente Einbindung anderer Mitspieler sowie die schwache Gummiband – K.I. ziemlich ausbremsen.“
 
 
PRO

+ läuft zu jeder Zeit flüssig

+ hübsche Fahrzeugmodelle mit knackigem Motorensound
+ großer Fuhrpark
+ viele Tuning- und Individualisierungsmöglichkeiten
CONTRA

– Geschichte wirkt erzwungen, ist praktisch nicht vorhanden

– Lächerliche Darsteller
– schlechte Deutsche Sprecher
– belangloser Soundtrack
– keine Langzeitmotivation
– Rennen beinahe nie herausfordernd
– Ventura Bay wirkt beinahe völlig ausgestorben
– schwache Gummiband – K.I.
– kein lokaler Multiplayer

Gesamtwertung= 67%

Need for Speed Keyart

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