Endlich Urlaub! Gratisferien für Luigi & Friends in einem Hotel? Das klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein! Andererseits hat die kunterbunte Truppe bestehend aus Mario, Peach und Toad sich ein bisschen Entspannung redlich verdient. Der hochragende Erholungsort entpuppt sich allerdings als Falle von Erzfeind König Buh, der bis auf den titelgebenden Protagonisten sämtliche Mitreisende kurzerhand in Gemälde einsperrt und sich anschließend im obersten Stockwerk verkriecht. Luigi obliegt nun die undankbare Aufgabe, seine Freunde zu befreien. Zum Glück hat der passionierte Geisterjäger auch nach zwei Abenteuern sein Handwerk noch immer nicht verlernt: Mit der bewährten Technologie von Professor I. Gitt, darunter einer ganz neuen Version des legendären Geisterstaubsaugers, zieht der passionierte Angsthase einmal mehr in den Kampf…
Viel mehr Story bietet auch der dritte Teil der erfolgreichen Reihe um den schreckhaften Hobbygeisterjäger nicht, dafür punktet Luigi´s Mansion 3 in Sachen Gameplay und Leveldesign mit bisher im Rahmen der Reihe nie dagewesenem Umfang und spielerischer Abwechslung. Denn bis Mario und Co. wieder frei sind und die finale Konfrontation mit König Buh bewältigt ist, kann man locker 14-20 Stunden einplanen. Wer sämtliche im Spiel versteckten Geheimnisse einsacken will, kann locker noch mal ein paar Stunden mehr draufpacken. Das grundlegende Konzept ist denkbar simpel: Angefangen vom Erdgeschoss muss sich Luigi bis ins Obergeschoss vorarbeiten, wobei sich jedes der zahlreichen Stockwerke auf verschiedene Zimmer aufteilt, in denen alle möglichen Arten von Geistern und Rätseln auf den leider immer noch extrem schreckhaften Geisterjäger warten. Erst wenn alle Räume gesäubert sind, lässt sich der Endboss des Stockwerks mit dem nächsten Knopf für den Aufzug in die nächste Etage blicken.
Slimer lässt grüßen
Ganz neu in Luigi´s Mansion ist der Einsatz von Fluigi, einer dem Protagonisten frappierend ähnlich sehender Ektoplasmaentität (langsam lesen, es ist ein kompliziertes Wort), die wir nach Erhalt jederzeit via Knopfdruck aus ihrem Behältnis lassen können. Weil das grünliche Wesen gänzlich immun gegen spitze Gegenstände ist und sich außerdem auch durch enge Passagen wie Gitter und Co. zwängen kann, ist Fluigi gerade beim Rätsellösen ein unverzichtbar wertvoller Helfer, dessen Fähigkeiten aber auch dazu zwingen, immer wieder um die Ecke zu denken. Die Kontrolle übernimmt wahlweise der Spieler oder ein Freund am gleichen System, dazu müsst ihr diesem einfach nur den passenden Joy Con in die Hand drücken. Dadurch kann das Spiel übrigens auch komplett zu zweit bewältigt werden.
Nebenbei bietet das Spiel auch abseits davon zwei waschechte Mehrspielerkomponenten. Der sogenannte Wirrwarrturm generiert ähnlich den Nephalemportalen eines Diablo III immer neue, zufallsgenerierte Areale, die ihr mit maximal sieben Mitspielern verteilt auf zwei Spieler pro Konsole im Verbund oder gemeinsam mit Fremden via Internet absolvieren könnt. Hier gilt es, im Rahmen eines festgelegten Zeitlimits möglichst viele Geister zu fangen. Anders als im Heimverbund wird dafür aber ein Abonemment für Nintendo´s kostenpflichtigen Onlinedienst fällig. Komplett lokal dagegen funktioniert der Polterpark als zweite Kompetivkomponente.In den drei Untermodi, nämlich Geisterjagd, Münzjagd und Kanonade wird allerdings dieses Mal gegeneinander statt miteinander gespielt. Die Minispiele sind angenehm vielseitig gestaltet und machen allesamt eine Menge Spaß. Genug zu tun gibt es also auch abseits der Kampagne, das Gesamtpaket stimmt mehr als zufrieden.
Generell stellt Luigi´s Mansion 3 den in meinen Augen mit Abstand besten Ausflug in die Welt der Geister dar, der nicht die gleichen inhaltlichen und vor allem mechanischen Fehler des Vorgängers wiederholt. Alles passt zusammen, wirkt in sich stimmig und motiviert über sämtliche Modi über viele Stunden. Genau so sollte eine waschechte Fortsetzung sich auch anfühlen. Was das angeht, erfüllt das Spiel sämtliche Erwartungen mehr als zufriedenstellend.
Schaurig schöne Technik
Auch grafisch macht das Spiel eine hervorragende Figur und nutzt als First Party – Titel die Stärken der Hardware voll aus. Die jeweiligen Areale strotzen trotz Comiclook nur so voller Details, besonders Licht- und Partikeleffekte hat man in derartiger Qualität bisher noch nicht auf der Nintendo Switch gesehen. Auch die Animationen können sich sehen lassen. Der Mix aus kunterbunten und düsteren Elementen ist überaus stimmig geraten. Durch die vielen Interaktionsmöglichkeiten mit der Umgebung (schließlich lässt sich mit dem Staubsauger sehr viel mehr machen als nur Geister einzufangen) und in Kombination mit der hohen Effektdichte sind starke Bildrateneinbrüche eigentlich zu erwarten.
Die große Überraschung: Egal ob man das Spiel nun über das Dock am großen Bildschirm spielt, oder unterwegs eine Runde zockt, die Bildrate bleibt selbst in actionreichsten Situationen konstant bei geschmeidigen 30 Frames pro Sekunde und liefert im Dock sogar natives 1080p. Dank aggressiv zum Einsatz kommendem Temporal Anti-Aliasing gerät das Bild aber dennoch ein wenig unscharf und auch das Frame Timing sorgt immer wieder für kleine Probleme. Alles in allem haben die Macher von Next Level Games aber einen tollen Job abgeliefert, Luigi´s Mansion 3 zählt gegenwärtig zu den grafisch eindrucksvollsten Titeln auf der Nintendo Switch.
Zu überzeugen weiß auch die atmosphärische Klangkulisse. Der Soundtrack ist absolut klasse und steht in der besten Tradition seiner Vorgänger. Dialoge dagegen gibt es nur in Volltext, allerdings entstehte gerad durch den tollen Einsatz von Gestik und Mimik ein sehr gelungener Humor, der mehr sagt als es letztendlich tausend Worte vollbringen könnten. Außerdem sind die Textdialoge hervorragend lokalisiert, weshalb der Witz auch dann nie untergeht. Weniger überzeugt hat mich im Test dafür die allgemeine Steuerung. Zwar gehen die Grundmechaniken gut von der Hand, wenn es allerdings um Feinmechaniken wie den Einsatz der Spezialtechniken geht, erweist sich Luigi´s Mansion 3 besonders im Kampf als sehr frustanfällig. Erst nach mehren Stunden sitzt das Bedienungsschema einigermaßen, selbst dann kann es aber im Eifer des Gefechts immer noch zu lästigen Fehleingaben kommen. Intuitiv ist anders. Da ist es besonders ärgerlich, dass man die Tasten nicht frei belegen kann, sondern zwischen zwei Bedienungsvarianten wählen muss, die aber beide für sich nie ideal abschneiden.
Fazit und Wertung
„Gerade nach dem enttäuschenden zweiten Teil war ich lange Zeit davon überzeugt, dass der altehrwürdigen Reihe um Geisterjäger Luigi eine rosige Zukunft verwehrt bleiben würde. Luigi´s Mansion 3 hat mir allerdings eindrucksvoll bewiesen, dass ich mich in der Hinsicht massiv geirrt habe. Denn egal ob alleine oder mit einem Partner, egal ob Einzelspieler oder Mehrspieler, das Spiel strotzt nicht nur so voller cooler Ideen und spielerischer Abwechslung, sondern sieht ganz nebenbei auch noch fantastisch aus. Dem durch und durch toll inszenierten, umfangreichen Gesamtpaket steht allerdings eine überraschend frustanfällige Bedienung gegenüber, die weder via Joy Con´s, noch mit Controller richtig funktionieren will. Wer sich damit allerdings arrangieren kann, bekommt hier einen der gegenwärtig schönsten und unterhaltsamsten Titel geboten, den die Switch zu bieten hat.
PRO:
+ Wunderbar animierte Charakter- und Gegnermodelle
+ Sehr schöne Licht- und Partikeleffekte
+ Extrem abwechslungsreich gestaltete Areale
+ Guter Gesamtumfang…
+ …der durch zahlreiche versteckte Geheimnisse nochmal deutlich erweitert wird
+ Viele unterschiedliche Gegnertypen…
+ …und toll in Szene gesetzte Bosskämpfe
+ Sinnvoll erweiterte Geisterhatz, die immer neue Taktiken verlangt
+ Anspruchsvolle, nie aufgesetzt wirkende Rätselpassagen
+ Fluigi wird mechanisch toll ins Spielgeschehen eingebunden…
+ …und kann auf Wunsch komplett von einem Mitspieler übernommen werden
+ Gelungener Humor, der sich nahezu komplett aus Mimik und Gestik speist
+ Unterhaltsame Mehrspielerkomponente
+ Stimmige, atmosphärische Soundkulisse
+ Gut lokalisierte deutsche Texte
+ Oberflächlich durchgehend saubere Performance
CONTRA:
– Fummelige, besonders in Kämpfen arg frustanfällige Bedienung
– Keine Möglichkeit zur freien Tastenbelegung vorhanden
– Eher geringer Wiederspielwert
– Wenig konstantes Frame Timing sorgt immer wieder für minimalste Bildratenhüpfer
GESAMTWERTUNG: 8.3/10
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