Live a Live – „Eine Reise zwischen den Zeiten“

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                                                           Getestet und verfasst von Exe

81DdOMTnyaL. SL1500 Heute nimmt euch M-Reviews mit auf eine kleine Zeitreise, also nehmt Platz und schnallt euch bitte gut an, unser Personal beginnt in Kürze mit der Sicherheitseinweisung! Unser heutiger Flug führt uns in gleich acht verschiedene Epochen. Live a Live ist die Neuauflage des gleichnamigen Famicom-Klassikers aus dem Jahre 1994. Der geistige Vater von Chrono Trigger erschien seinerzeit allerdings lediglich in Japan. Knapp drei Jahrzehnte später schwappt der Titel exklusiv für die Nintendo Switch endlich in den Westen rüber – inklusive deutschen Texten, einem komplett neu arrangierten Soundtrack und der Engine von Octopath Traveller als grafischem Fundament. Unter Beteiligung der ursprünglichen Macher ist ein fulminantes JRPG entstanden, dass sich einerseits ganz klassisch, andererseits aber auch angenehm frisch anfühlt und sich damit als unerwartetes Goldstück inmitten des Sommerlochs entpuppt. 

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Pizza Historia

Die non-lineare Handlung von Live a Live erinnert tatsächlich an den beliebten italienischen Teigfladen. Aufgeteilt in insgesamt acht Stücke mit  komplett unterschiedlichem Belag steht es dem Spieler völlig frei, in welches er zuerst seine Zähne versenken will. Von der Zeit der Urmenschen bis in die ferne Zukunft begleiten wir sieben Charaktere durch ihre jeweiligen Missionen, bis sich in der Finalepisode alle offenen Fragen beantworten und der direkte Zusammenhang zwischen den Figuren offenbart wird. So treffen wir unter anderem zur Zeit des Wilden Westens auf den einsamen Wanderer Sunshine Kid, der sich mit einem Kopfgeldjäger verbündet, um eine Stadt vor einer Banditenbande zu beschützen. Steinzeitler Pogo gerät in einen Stammeskonflikt, während sich in der aufstebende Kämpfer Takahara in der Gegenwart zum Ziel gesetzt hat, der stärkste Kämpfer der Welt zu werden. Und mit dem süßen Roboter Cube erleben wir spannende Abenteuer an Bord eines futuristischen Raumschiffs. 

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Jede Episode stammt von einem anderen Designer, auch für die Charakterzeichnung zeigen sich unterschiedliche Macher verantwortlich. Alleine deswegen fühlt sich jeder Abschnitt anders an – und spielt sich mitunter auch grundverschieden. Mal dominieren Kämpfe, mal stehen Dialoge und Erkundung im Vordergrund. Erst zum Finale hin verwandelt sich Live a Live in ein klassisches JRPG á la Final Fantasy und setzt mehr auf Gruppenmanagement und Zufallsbegegnungen – und ist spielerisch seltsamerweise gerade dann am schwächsten. Spaß hat mir das Spiel trotz vereinzelter Makel bis zur letzten Minute dennoch bereitet. Nach gut dreißig Stunden ist der Abspann erreicht, was gemessen am Preis durchaus in Ordnung geht. Verschiedene Entscheidungen resultieren in verschiedenen Enden, was den Wiederspielwert zwar etwas erhöht, dennoch dürfen die wenigsten Spieler unmittelbar nach einem absolvierten Durchgang die Motivation verspüren, gleich nochmal von vorne zu beginnen, denn grundlegend laufen die verschiedenen Geschichten relativ linear ab. 

Schach dem Gegner

Gekämpft wird übrigens auf einem 7×7 Felder großen Schachbrett, auf dem sich die Charaktere frei bewegen können. Allerdings wächst mit jedem getätigten Schritt das Momentum der Gegner, weshalb man sich mit seinem Zug nicht unbegrenzt viel Zeit lassen kann. Alles in allem ein gut durchdachtes System, welches heute so gut funktioniert wie damals. Besiegte Gegner belohnen euch mit Erfahrung, mit dem Levelaufstieg verbessern sich nicht nur eure Werte, auch neue Fähigkeiten wandern ins Arsenal. Viele Mechaniken erinnern bereits an das spätere Chrono Trigger, aber auch Genreneulinge dürften das Spielprinzip schnell verinnerlichen. Gelegentlich schwankt der Schwierigkeitsgrad in meinen Augen aber etwas zu heftig, in Sachen Abwechslung wird man aber optimal bedient.

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Die deutsche Lokalisierung ist weitestgehend gelungen, beschränkt sich aber ausschließlich auf die Texte. Die Sprachausgabe wird wahlweise in Englisch und Japanisch angeboten. Weil die englischen Sprecher aber allenfalls Mittelmaß sind, empfehle ich hier dringend den Wechsel auf die Originalfassung. Nichts zu bemängeln gibt es dagegen am vorzüglich unter Leitung von Originalkomponistin Yoko Shimomura re-orchestrierten Soundtrack, der sämtliche Epochen perfekt untermalt. Ferner lässt sich das Spiel sowohl mit Joy Con´s als auch Controller optimal bedienen, eignet sich also optimal für Reisen. 

Alt und neu

Der visuelle Ansatz des Remakes fußt auf der bereits in Octopath Traveller verwendeten Engine, kombiniert also zweidimensionale Grafiken mit dreidimensionalen Umgebungen. Das Ergebnis ist eine bildschöne Reise durch die Zeiten, gleichzeitig angenehm altmodisch wie angemessen modern. Die tollen Zwischensequenzen werden in Echtzeit gerendert, jedes Setting hat einen ganz eigenen, detailverliebten Look und auch die Effekte kommen super rüber. Man merkt, dass sich die Macher schon damals sehr von den Kultfilmen ihrer Zeit haben beeinflussen lassen. Für diese Art Spiel ist die Nintendo Switch wirklich die perfekte Plattform, obwohl ich mir natürlich wünsche, dass Live a Live früher oder später noch auf anderen Systemen aufschlägt. Die Performance ist butterweich, selbst gedockt an einen großen Bildschirm sieht der Titel noch gut aus. 

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Mit der überlegenen Rechenpower aktueller Hardware inklusive nativem 4K würde die Sache aber sicher nochmal ganz anders ausschauen. Es bleibt abzuwarten, ob dem Spiel eine Zukunft auf anderen Konsolen und PC vergönnt ist. Wünschenswert wäre es aber allemal. Dennoch muss man im Vorfeld wissen, worauf man sich bei Live a Live einlässt. Wer konsequente Mechaniken erwartet und zudem Schwierigkeiten damit hat, sich auf stetig wechselnde Spielstile einzulassen sowie ein eher klassisches gestricktes JRPG erwartet, dürfte mit dem Remake genauso wenig glücklich werden wie Kenner des Originals. Könnt ihr euch dafür für spielerische Abwechslung begeistern und seid gewillt, die einzelnen Aspekte der jeweiligen Charaktere nicht nur anzunehmen, sondern auch praktisch umzusetzen, erwartet euch mit Live a Live eines meiner persönlichen Highlights des Sommers. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„Bei den meisten Remakes kratze ich mir mittlerweile nur noch den Kopf und denke mir: Muss denn das wirklich sein? Im Fall von Live a Live sieht die Sache aber ausnahmsweise ganz anders aus. Dass der geistige Vater von Chrono Trigger fast drei Jahrzehnte bis zur Ausfuhrgenehmigung aus Japan gebraucht hat, grenzt an einen kleinen Skandal! In dem Fall hat sich das Warten definitiv gelohnt, denn eingebettet in einen wunderschön-stimmigen Mix aus zwei- und dreidimensionalen Grafiken und einer spannenden, nicht-linearen Erzählstruktur mit sympathischen Charakteren und teils völlig unterschiedlichen Spielstilen hat Live a Live mein Herz im Sturm erobert – trotz schwächelndem Finalkapitel. Ein Fest für Augen und Ohren, auf welches besonders Genrefans ein Auge werfen sollten. Ich drücke die Daumen dafür, dass das Spiel in Zukunft noch auf weiteren Plattformen aufschlägt.“

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PRO:

+ Wunderschöner Grafikstil, der Tradition und Moderne perfekt miteinander kombiniert
+ Jede Epoche visuell komplett unterschiedlich
+ Detailverliebte Umgebungen und Figuren
+ Hübsche Effekte
+ Sieben nicht-lineare Kapitel mit komplett eigenen Charakteren und Spielstilen…
+ …die inhaltlich im Finale alle zusammenlaufen
+ Mehrere Enden möglich
+ Schnell zu erlernendes, zeitloses Kampfsystem
+ Solider Gesamtumfang
+ Überwiegend gelungen ins Deutsche übersetzte Texte
+ Gute japanische Sprecher
+ Exzellente musikalische Untermalung
+ Schnörkellose Bedienung

CONTRA:

– Spielerisch schwaches Finale
– Schwierigkeitsgrad teilweise stark schwankend 
– Mittelmäßige englische Sprecher


                                             GESAMTWERTUNG:   
 8.8/10

                                MRSTORY

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