Little Nightmares™ – „Klein, aber Oho!“

                                          Getestet und verfasst von General M

Sidescroller haben in den letzten Jahren eine Phase der Hochkonjunktur erlebt. Titel wie „LIMBO“ oder „This War of Mine“ konnten Fachpresse und Spieler begeistern und haben damit ein Genre wiederbelebt, welches seit unvergessenen Klassikern wie „Abe´s Exodus“ und „Heart of Darkness“ längst als vergessen galten. Mit „Little Nightmares“ bringt Bandai Namco nun einen weiteren Genrevertreter ins Rennen. Und trifft dabei nahezu zielsicher ins Schwarze. Literally. Wir durften uns die finale Fassung von Little Nightmares vor Release ansehen.

Licht

Ihr kennt das: Sonntag Morgen. Ihr werdet wach und fragt euch: „Wo zum Teufel bin ich?“ So ähnlich ergeht es auch Six, der kleinen Protagonistin von Little Nightmares. Gefangen im wiederkehrenden Albtraum einer unbekannten Frau begeben wir uns auf der Suche nach einem Ausweg und nur ausgestattet mit einem Feuerzeug sowie einem Regenmantel durch die Finsternis. Wer genau die Frau ist, was genau dieser Albtraum eigentlich bedeutet und überhaupt jedwede andere Information über den Spielinhalt spart sich der Titel. Wer etwas über die Handlung erfahren will, muss sich die Website zum Spiel ansehen. Kluger Schachzug oder Bequemlichkeit? Letztendlich möchte man als Spieler ja doch wissen, was genau man da spielt. Geht ja auch niemand Guardians im Kino schauen und wundert sich, warum da ein sprechender Baum auftritt, oder? Trotzdem, Minimalismus scheint die Devise des Spiels zu sein. Und die funktioniert sogar extrem gut! 

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 Im Spielverlauf begegnen man nicht nur Feinden, sondern findest sogar Verbündete. So etwa.

Auch auf Tutorials verzichtet das Spiels, was es quasi zum Dark Souls unter den Sidescrollern macht. Zum Glück sind die wenigen Mechaniken, welche besonders mit Gamepad gut umgesetzt worden sind, schnell durch simples Ausprobieren zu erlernen. Auch deshalb, weil in den ersten Arealen noch keine Feinde auf Six warten. Hüpfen, klettern, ein Feuer entzünden, sehr viel mehr Interaktion ist zu Beginn nicht erforderlich. Allerdings kann es durchaus vorkommen, dass man ein wenig fummeln muss, um die richtige Aktion so hinzukriegen, wie man es gerne möchte. Später kommen jedoch auch Schwungpassagen dazu, ebenso einige Balanceakte auf verdächtig dünnen Holzbalken. All das garniert mit stellenweise auftauchenden Rätseln, die aber durch einfache Logik zügig lösbar sind. Dennoch wird die Umsetzung der erlernten Mechaniken zunehmend fordernder. Das liegt eben daran, dass ein Albtraum Feinde braucht, die unerbittlich Jagd auf einen machen. Während man den Horden langsamer Teertropfen noch ganz gut ausweichen kann, fordern die toll gestalteten Bosse wesentlich mehr Geschicklichkeit. Da trifft man beispielsweise auf einen Hausmeister, der zwar nicht sonderlich gut sehen kann, dafür aber ziemlich gutes Gehör besitzt und einen gnadenlos zerschmettert, wenn man auch nur einen falschen Fuß auf knarrendes Holz setzt. Oder das Duo aus zwei Köchen, die widerum erstaunlich gut sehen können und nur zu gerne eine besondere Zutat für ihren Kochtopf gebrauchen könnten.

little nightmares interactive video demo
    Die Atmosphäre ist klasse. Hier mogeln wir uns an einem sehr hungrigen Kochduo vorbei.

Das Art Design ist einfach nur wahnsinnig gut gelungen und zaudert eine schauderhafte Atmosphäre auf den Bildschirm, die an einen Albtraum von Tim Burton erinnert. Umso mehr ist es schade, dass Little Nightmares bereits nach wenigen Stunden endet. 

Schatten

Die bedrohliche Atmosphäre profitiert besonders von der tollen Ausleuchtung der Areale. Zwar bewegt man sich hauptsächlich im Dunkeln, aber selbst die will gut gestaltet sein. Der tollen Klangkulisse kann man nur Lob zusprechen. Bereits einfache Umgebungsgeräusche klingen wunderbar intensiv und dynamisch und lassen einen stellenweise die Realität um sich herum vergessen. Für die grafische Umsetzung zeigt sich die Unreal Engine 4 verantwortlich, welche für eine stimmungsvolle Inszenierung des Albtraums sorgt. So bekommt das Hauptelement, nämlich besagte Dunkelheit, lebendigen Charakter. Die Kombination mit flackernden Lichtern, austretendem Dampf und Wassertropfen, welche von der Decke plätschern, erzeugt ein insgesamt tolles Setting. 

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 Die Bossgegner erfordern kluges, vorsichtiges Vorgehen. Sonst ist es ganz schnell aus mit Six.

Man merkt nahezu an jeder Stelle, mit wieviel Liebe und Sorgfalt jedes Areal gestaltet wurde. Zwar hat man ab und an das Gefühl, dass sich manche Passagen doch etwas ähneln, der finsteren Atmosphäre tut das aber keinen Abbruch. Besonders die Bossareale wissen zu überzeugen. Bei all dem Positiven ist es dann doch etwas schade, dass das Spiel so abrupt und unbefriedigend endet. Wo käme man hin, wenn Reviews sich daran ein Beispiel…

Fazit und Wertung

ava2 „Little Nightmares ist definitiv einer der am besten inszenierten Sidescroller, die ich seit Unravel gespielt habe. Die schaurig schöne Art Design, die tolle Atmosphäre in Kombination mit hervorragendem Klang…das weißt zu überzeugen. Das Spiel macht neugierig, enttäuscht am Ende aber durch ein abruptes, unbefriedigendes Finale. Trotzdem, für den eher kleinen Preis von gerade mal knapp 20€ lohnt sich der Ausflug in die Finsternis. Ein Gamepad sollte man aber in jedem Fall nutzen, da die Mechaniken zwar einfach, in ihrer Umsetzung aber nicht immer ganz leicht zu meistern sind. Das Genre der Sidescroller lebt! Bitte mehr davon!“ 

PRO:

+ Wunderschönes Art Design
+ Eigenartig sympathische Protagonistin

+ Flüssige Performance
+ Tolles Zusammenspiel von Licht und Schatten
+ Grandiose Atmosphäre
+ Gelungene Klangkulisse
+ Angenehme Lernkurve
+ Gruselig schöne Bossgegner
+ Eingängige Bedienung

CONTRA:

– Recht kurz
– Unbefriedigendes Ende lässt viele Fragen offen
– Keine Hintergrundinformationen zur Handlung oder den Charakteren
– Manchmal etwas fummelige Bedienung
– Manche Areale ähneln sich sehr

                                                 GESAMTWERTUNG:     77%

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