LEGO: Die Unglaublichen: „Klötzchenkeile nach Schema F“

                                              Getestet und verfasst von General M

                  Ab sofort erhältlich für PC, PlayStation 4, XBOX One und Nintendo Switch

81iKr22Lp2L. SL1500 Mit „Die Unglaublichen 2“ sorgt Disney/Pixar nach vielen, vielen Jahren endlich für eine Fortsetzung des erstmals 2004 erschienenen Animationsklassikers, in dessen Mittelpunkt abermals die ungewöhnliche Superheldenfamilie Parr steht. Während LEGO dank anhaltender Kooperation mit Disney auch dieses Mal wieder massig passendes Spielzeug in Klötzchenform in die Händlerregale stellt, kommt mit „LEGO – Die Unglaublichen“ auch die obligatorische, passende Videospielumsetzung in die Läden, für die sich abermals die Briten von Traveller´s Tales verantwortlich zeigen. Wird die ewig gleiche Erfolgsformel auch dieses Mal funktionieren? Oder werden jene Abnutzungserscheinungen, welche bereits „LEGO Ninjago“ geplagt haben, hier nur noch deutlicher zu Tage kommen? Diesen und anderen Fragen sind wir für euch nachgegangen. 

Zwei Filme, ein Spiel

Das Spiel behandelt nicht nur die Ereignisse des aktuellen Kinofilms, sondern erzählt ebenso auch die Geschichte des Erstlings nach, hier allerdings mit einigen Änderungen, um das Geschehen besser in die Rahmenhandlung des Spiels einfügen zu können, dessen Hauptaugenmerk meist deutlich auf den aktuellen Filmereignissen basiert. So behandeln die ersten sechs von insgesamt zwölf Kapiteln grob die Handlung des neuen Films, während die verbliebenen sechs die Geschehnisse des ersten Films nachstellen. Klingt komisch, ist aber so.  Angefangen mit dem Auftauchen des fiesen „Tunnelgräbers“, in dessen Folge das Gespann um Mr. Incredible und Co. zwar siegreich bleibt, aber kurz darauf für seine illegalen Heldenaktivitäten vor den Kadi treten muss, begegnen die Parr´s nur wenig später dem Industriellen Winston Deavour und seiner Schwester Evelyn, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Dasein als Superheld wieder legal zu machen. Zu diesem Zweck versieht er die Parr´s mit besonderen Kameras, mit deren Hilfe er der Öffentlichkeit demonstrieren will, dass Superhelden anders als öffentlich angenommen Gutes tun können und sollen.

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Um nicht unnötig die Ereignisse des neuen Films zu spoilern, will ich zur weiteren Handlung der ersten Hälfte gar nicht zu viel sagen. Dass man es danach mit dem Oberschurken Syndrome zu tun bekommt, wird sicher jedem Kenner des Erstlings bekannt sein. Was aber interessant ist, ist die im Vergleich zu anderen Tt – Titeln überraschend kurze Spielzeit von gerade mal sechs – sieben Stunden. Natürlich gibt es dank der gewohnt zahlreichen Secrets, welche nur mit Fähigkeiten freizuschalten sind, die man meist erst später im Spiel durch neue Helden erhält, Grund genug, die Level allesamt erneut zu durchforsten, Neues bekommt man dabei in Sachen Inszenierung aber nicht geboten. Auch überrascht die hier deutlich spürbare Armut an eigenen Ideen und dem sonst so präsenten Witz der Macher. Letzteren findet man hier zwar auch, insgesamt aber in deutlich geringeren Mengen als gewohnt. Die omnipräsente Spielformel kommt auch hier zur Anwendung und besteht wieder mal in nichts anderem, als Studs zu sammeln, Sachen kaputt zu schlagen, gegebenenfalls anschließend neu aufzubauen und sich die jeweiligen Fertigkeiten der Charaktere geschickt zu nutzen, um Rätsel zu lösen, Passagen zu überwinden und den unzähligen LEGO – Feinden gepflegt auf die Mütze zu hauen. 

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Im Rahmen des nach dem Beginn zugänglichen Hub – Areals, welches von da an frei begehbar (und befahrbar) ist, kann man in Ruhe die Stadt erkunden, Geheimnisse aufdecken oder natürlich neue Missionen starten. Da die Steuerung mit den Fahrzeugen, die seltsamerweise ganz gegensätzlich zum Superheldendasein in bester GTA – Manier einfach geklaut werden können, sehr fummelig ausgefallen ist, rate ich hier zu den langen, aber immer noch angenehmeren Laufwegen, um von A nach B zu gelangen. Das kann aber angesichts der doch recht groß ausgefallenen Karte schnell zu Frust führen. Mit 113 verschiedenen Charakteren sowie 40 freischaltbaren Fahrzeugen gibt es aber besonders für motivierte Komplettisten wieder massig zu tun, wenn man am Ende wirklich jedes Geheimnis aufdecken möchte. Also lohnt es sich, jeden Winkel ausführlich zu erkunden. 

Die Luft ist raus

Es ist lobenswert, dass sich die Macher hier darauf konzentriert haben, beide Filme im sinnvollen Kontext in ein Videospiel zu verwandeln. Das Ergebnis macht auch Spaß, besonders im lokalen Verbund mit einem Mitspieler, der wie immer jederzeit per Knopfdruck beitreten kann (wenn auch leider wieder mal nur ausschließlich lokal). Aber es ist dabei auch einfach kaum innovativ, sondern verlässt sich viel zu sehr auf bewährte Muster, um sich aus der mittlerweile großen Masse an Tt – LEGO – Umsetzungen hervorzutun. Auch die Deutschen Sprecher, die sich leider nicht aus denen der Filme zusammensetzen, wirken wenig motiviert, dem Geschehen irgendeinen besonderen Glanz zu verleihen. Auf Englisch sieht es nicht besser aus. Überdeutlich merkt man hier, dass das Schema F nach weit über 10 Jahren Rost angesetzt hat. Ob das auch die Entwickler mittlerweile spüren? Schließlich wirkte ein Tt – Spiel selten so uninspiriert und fantasielos, bzw. konnte so wenig mit eigenen Ideen punkten. Vielleicht ist es aber auch einfach nur Übersättigung, die mich zu diesem ernüchternden Urteil führt. Es wirkt nach zig nahezu immer gleichen Titeln einfach alles nicht mehr neu.

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Die Fähigkeiten der jeweiligen Helden sind allesamt angenehm abwechslungsreich ausgefallen, zudem verfügt jeder Held zusätzlich über einen besonderen Spezialangriff, der aber vor Gebrauch erst aufgeladen werden muss. Aber selbst ohne diese Spezialattacken ist das Spiel durchgehend viel zu leicht und stellt kaum Anspruch an geübte Spieler dar. Für ein jüngeres Publikum eignet es sich daher wohl eher, als für erwachsene Gamer, ob diese nun LEGO lieben, oder eben nicht. Für mich wirkt „LEGO: Die Unglaublichen“ aber mehr denn je wie ein altes Kleid mit neuen Knöpfen. Und nicht mal ein billiges, bedenkt man, dass der Titel zum Vollpreis über die Theke wandert. 

 
Klötzchenspektakel mit Alterserscheinungen

Auch technisch hat sich wie zu erwarten nicht viel getan. Die Mischung aus kunterbunten LEGO – Steinen und Realbildern wirkt noch immer sehr stimmig, leidet aber wie auch das Gameplay allmählich an Ermüdungserscheinungen. Für ein effektgeladenes Feuerwerk am Bildschirm ist gesorgt, dazu gibt es jederzeit flüssige Bildraten (zumindest auf den von uns getesteten Versionen für PC und PlayStation 4). Aber auch der gelegentliche Overkill am Bildschirm kann nicht davon ablenken, dass besonders die Effekte langsam etwas in die Jahre kommen. Besonders in nativem 4K am PC zeigt sich das immer wieder in teilweise unschöner Form und kann von den genutzten Unschärfefiltern auch kaum noch kaschiert werden. 

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Ich möchte das Spiel technisch keinesfalls an Triple A – Titeln messen, aber wenn man es abseits davon mit dem grafischen Fortschritt der mittlerweile sehr umfangreichen LEGO – Reihe vergleicht, kann man hier über 3-4 Jahre an Veröffentlichungen einfach keinen Progress ausmachen. Die LEGO – Spiele haben sich seit jeher durch Spielspaß, Humor und starke Lizenzen ausgezeichnet. Und haben es trotz jeweils nur wenig abgewandeltem Gameplay trotzdem geschafft, dadurch stets zu unterhalten. Ich will gar nicht absprechen, dass das nicht auch hier gelingt. Aber einerseits eben nicht mehr so wie einst. Dafür mangelt es dem Spiel zu wenig an einer eigenen Identität im Rahmen der vielen, vielen Ableger. Die sind nicht nur FAST alle fantasievoller umgesetzt, sondern längst für einen Appel und ein Ei erhältlich.

Fazit und Wertung 

ava3„Eigentlich hatte ich bisher trotz zunehmender Abnutzungserscheinungen am altbewährten Schema immer Spaß mit dem LEGO – Spielen von Traveller´s Tale. Der einzigartige Humor wusste immer zu unterhalten, die kreativen Freiheiten bei der Umsetzung bekannter Lizenzen sorgten zudem nicht selten für die ein oder andere positive Überraschung. Von all dem ist hier wenig zu spüren. Zu nahe bleibt man an den jeweiligen Filmvorlagen, die im Rahmen der überraschend kurzen Kampagne ohne kreative Innovation abgefrühstückt werden. Das geschieht zwar dank viel Liebe zum Detail recht eindrucksvoll und gewohnt effektreich, insgesamt ist das aber gemessen an früheren Veröffentlichungen zu wenig, um wirklich begeistern zu können. Zumal das Spiel auch technisch seit Jahren auf der Stelle dümpelt und langsam Staub ansetzt. Trotz starker Lizenz und gewohnt großem Freischaltungsumfang gehört ´LEGO – Die Unglaublichen´ leider deswegen zu den schlechteren Veröffentlichungen in der langen Geschichte von Traveller´s Tales. Den Kleinen dürfte es aber dennoch gefallen.“  

Mikrotransaktionen/Pay-2-Win: LEGO: Die Unglaublichen enthält weder Mikrotransaktionen noch fragwürdige Pay-2-Win – oder Lootbox – Mechaniken. Eine Abwertung gibt es daher diesbezüglich nicht. 

PRO:

+ Enthält die Handlungen beider Filme
+ Zahlreiche unterschiedliche Charaktere, allesamt mit eigenen Fähigkeiten und Specials
+ Immense Menge freischaltbarer Figuren und Fahrzeuge
+ Zahlreiche Secrets erhöhen Wiederspielwert
+ Zugängliche Bedienung (Controller)
+ Großer, frei zugänglicher Hub
+ Jederzeit frei betretbarer, lokaler KoOp – Modus
+ Stellenweise sehr humorvolle Momente
+ Passender Soundtrack
+ Jederzeit flüssiges Geschehen 

CONTRA:

– Stellenweise altbackene Grafiken und Effekte
– Mittelprächtige Deutsche (und Englische) Sprecher
– Für Traveller´s Tale – Verhältnisse überraschend kurze Kampagne
– Uninspirierte Filmumsetzung nach Schema F…
– …die nur sehr selten von den Stärken der Entwickler Gebrauch macht
– Hoher Preis
– Zwischensequenzen lassen sich nicht überspringen
– Kaum spielerischer Anspruch
– Fummelige Fahrzeugsteuerung
– Hakelige Maus-/Tastaturbedienung
– Kein Online – KoOp

                                                      GESAMTWERTUNG:     72%


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