Landwirtschafts Simulator 2017™ – Spreu und Weizen

                                                 
                                                    Getestet und verfasst von General M

Simulatoren gibt es ja gemeinhin wie Sand am Meer. Die meisten davon sind von so peinlich-dreister Belanglosigkeit, dass man sie kaum für voll nehmen kann. Anders dagegen der Landwirtschafts Simulator. Der erscheint alle zwei Jahre, wird vom Schweizer Studio Giants Software entwickelt und scharrt eine treu ergebene Fangemeinschaft um sich. In diesem Jahr ist es also wieder soweit, erneut darf der Farm – Fan Traktoren und andere Maschinen anwerfen um die heimischen Felder zu beackern und das Ergebnis seiner harten Arbeit möglichst gewinnbringend zu verkaufen. M-Reviews hat sich genau dafür etwas Landurlaub genommen. 

Ich bin der Farmer, bin hier geboren auf dem Land und melke Kühe…

Im Grunde meines Wesens bin ich mit der Reihe kaum vertraut. Das hat den Vorteil, dass man einerseits unbefangen an ein neues Spiel herangehen kann, andererseits den Tutorial – Charakter besser beurteilen kann. Ein Spiel, ob Fortsetzung oder Teil einer Serie, muss immer damit rechnen, dass ganz neue Spieler an Bord kommen. Daher ist es aus spielerischer wie wirtschaftlicher Sicht wichtig, sowohl Veteranen als auch Newbies einen guten Einstieg in einen Titel zu gewähren. Der LWS schafft es leider nicht, diese Hürde zu meistern. Zwar gibt es ein Tutorial, welches kurz erklärt, wie man Felder besät, aberntet und dann wieder zur Neubepflanzung bereit macht, ebenso wird auch kurz erklärt, wo geerntetes Getreide abgeliefert werden kann, anschließend lässt einen das Spiel jedoch völlig im Regen stehen. Schön, auf der ganzen Karte sind Hinweis – Icons verteilt, ein ausführliches, zusammenhängendes Tutorial wäre jedoch wesentlich besser gewesen. So fühlen sich die gegebenen Hinweise eher als zweckmäßig, keineswegs als ausreichend an, um Neulingen einen guten Einstieg zu gewähren. Besonders die Mechaniken einzelner Fahrzeuge werden viel zu unzureichend erklärt, was in frustrierendem Trial & Error resultiert. Aber bedeutet das auch, dass der LWS am Ende nur für Genreprofis interessant ist?

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Klar, Liebhaber der Reihe werden ihren Spaß an den Neuerungen haben, die im Kern allerdings geringer ins Gewicht fallen, als man vielleicht wahrhaben möchte. Da ist zum einen der auf über 200 lizenzierte Fahrzeuge erweiterte Fuhrpark, der nun einige neue Hersteller mit an Bord hat. Ferner gibt es jetzt auch die Möglichkeit, sich ans Steuer eines Zugs zu setzen und so auch große Menge an Waren in die Stadt zu bringen. Das neue Schnellreise – System ermöglicht dabei das mühelose Switchen zwischen verschiedenen Fahrzeugen und Feldern, was eine Menge Lauferei und Fahrerei erspart. Und auch die Schweinezucht hat den Weg ins Spiel gefunden, spielt sich allerdings exakt so, wie die Aufzucht anderer Nutztiere eben auch. Es gibt hier und da marginale Verbesserungen an zahlreichen Ecken und Enden, große Schwächen des von mir zum Vergleich herangezogenen Vorgängers wurden dafür aber gnadenlos außen vor gelassen. Oh, ganz wichtig: Man darf jetzt zwischen einem männlichen oder weiblichen Bauern wählen. Wow! 

Perlen vor die Säue

Da wäre zum einen das extrem lästige Physikverhalten der Fahrzeuge. Die steuern sich um Kurven herum immer noch wie Drift – Cars aus irgendeinem Racing – Game. Da sind Unfälle vorprogrammiert, könnte man meinen. Allerdings gibt es weder ein Schadensmodell, noch sind Kollisionen mit den wenigen potthässlichen Einwohnern der zwei Karten (von denen eine einfach 1 zu 1 aus dem Vorgänger übernommen wurde) möglich – die laufen einfach durch unsere Fahrzeuge hindurch, als wären sie gar nicht da. Grundlegend sind die zahlreichen Boliden allesamt detailreich und recht ansehnlich in Szene gesetzt, sowohl auf PC als auch auf der PlayStation 4. Auch die Framerate ist entsprechend stabil, die Konsolenfassung wartet mit 60 Frames auf, die nur ab und an mal kurz in den Keller gleiten, ferner bietet sie sogar hervorragende Kantenglättung. Umso störender fällt die gesamte Spielumgebung ins Gewicht, welche technisch völlig veraltet ist und mindestens 2 Generationen hinter dem aktuellen Technikstand liegt.  

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Auch eine Kampagne sucht man dieses Jahr wieder vergeblich. Schön, es gibt einen Online – Modus, in welchem man ein Feld mit mehreren Spielern beackern kann, aber so etwas wie einen Versus – Modus, wo man auf unterschiedlichen Höfen darum kämpft, den möglichst größten Umsatz zu machen, gibt es leider nicht. Lobenswert ist, dass die Mod – Unterstützung auch dieses Mal wieder gelungen ist (auch auf den Konsolen möglich!) und kreativen Köpfen alle Möglichkeiten gibt, die Simulation nach ihren Wünschen zu verbessern und auszubauen. Dass man dafür auf Seiten der Entwickler nach 2 Jahren Entwicklungszeit so wenig geringe Neuerungen ins Spiel bringt, entschuldigt den Budgetpreis von 30€ – 40€ nicht. Zwar weiß der Titel das landwirtschaftliche Geschehen durchaus annehmbar in Szene zu setzen, matschige Texturen und detailarme Umgebungen von Vorgestern trüben diesen Eindruck aber massiv. Dafür kommt der LWS mit extrem geringen Systemanforderungen daher. Das entschädigt jedoch am Ende nicht für die unbelebte Gegend, in der man weit und breit der einzige Bauer zu sein scheint. 

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Wenn man wirklich Neuerungen sucht, die auch spürbar als solche wahrnehmbar sind, wird man wohl schnell das neue Radio finden. Die Tatsache, endlich Musik im Fahrzeug hören zu können, ist auch längst überfällig gewesen. Die Auswahl ist tatsächlich recht opulent und bietet einen Querschnitt durch zahlreiche Genres, ein Online – Radio spielt sogar recht neue Interpreten. Aber reicht all das aus, um nach besagten 2 Jahren von mehr sprechen zu können, als einem gefühlten Update oder Inhalt mit DLC – Charakter? Nein, absolut nicht. Wenn sowohl technisch als auch spielerisch nach so langer Zeit, in welcher andere Serien teils Quantensprünge machen, nahezu wie ein Klon des Vorgängers wirkt, ist das eher frech. Freunde des Genres werden dagegen einige der inhaltlichen Änderungen des Spiels sicher zu schätzen wissen.

 
Fazit und Wertung

ava2 „Klar, der LWS 2017 spielt sich dank Zügen und diverser anderer Kleinigkeiten ein ganzes Stück komfortabler als sein Vorgänger, sieht aber im Kern nicht nur exakt so aus wie dieser, sondern birgt immer noch die gleichen Tücken in Sachen Fahrphysik und lässt dabei gute Tutorials oder gar eine Kampagne völlig außen vor. Für Neueinsteiger schnell frustrierend, werden treue Fans der Reihe wohl auch dieses Mal ihre Freude am Spiel haben. Dank der gelungenen Mod – Unterstützung und dem stark erweiterten Fuhrpark und zwei großen Karten gibt eben auch ein paar Gründe für den LWS. Aber wesentlich mehr dagegen. So hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, ein neues Spiel zu spielen, sondern 1 zu 1 den zwei Jahre alten Vorgänger serviert bekommen zu haben, der zuwenig Neues bietet, um Ende 2016 technisch und inhaltlich noch ernst genommen zu werden. Hier hat man extrem viel Potenzial verschenkt. Schade, aber der Landurlaub hat sich für mich nicht ausgezahlt.“

PRO:

+ Detaillierte Fahrzeuge
+ Großer, lizensierter Fuhrpark
+ Süffisant umgesetztes Landleben

+ Zwei große Karten mit unterschiedlichem Setting
+ Durchweg stabile Performance auf allen Systemen
+ Viel spielerische Freiheit bei drei Schwierigkeitsstufen
+ Wirtschaftssystem
+ Erhöhter Komfort durch Güterzüge
+ Toller Mod – Support
+ Radio

CONTRA:

– Abseits des Fuhrparks extrem veraltete Technik
– Fühlt sich wie ein Vollpreis – Update an
– Allgemein zu wenig Neuerungen

– Lästige Physik – Probleme
– Eigenartiges Kurvenverhalten
– Unbelebte Stadt
– Potthässliche Passanten
– Keine Konkurrenz – Bauern weit und breit
– Ungenügendes Tutorial
– Wichtige Funktionen werden nicht ausreichend erklärt
– Keine Kampagne
– Unzureichende Multiplayer – Optionen
– Teils fummelige Bedienung
– Nur eine Karte ist wirklich neu
– Für Einsteiger kaum geeignet 

                                         GESAMTWERTUNG:     57%

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 
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