Licht gegen Schatten
Im dritten Teil werden nun endlich all diese Abzweigungen von der Hauptgeschichte samt deren Charakteren miteinander verknüpft. Da kommt natürlich EINIGES zusammen, weswegen wir interessierten Neueinsteigern zwei Optionen dringend empfehlen. Entweder, ihr legt euch die jeweiligen (PlayStation 3/4 – exklusiven) Remastered Collections zu, ODER ihr werft vorher einen Blick auf ein zusammenfassendes Video, wie es beispielsweise der YouTuber Rushing Razor erstellt hat:
Ein bisschen gegen die Rahmenhandlung steuern übrigens die in sich abgeschlossenen Nebenabenteuer, die ihr gemeinsam mit den jeweiligen Charakteren in deren Welten erlebt. Hier ist Vorwissen nicht erforderlich, wobei es sich allerhöchstens empfiehlt, die zugehörigen Filme wenigstens mal gesehen zu haben. Klar, man kann auch den dritten Teil allein genommen genießen und eine Menge Spaß damit haben. Dazu muss man nicht zwangsläufig ein Kingdom Hearts – Fan sein, dann reicht auch eine gewisse Liebe für die Schöpfungen der Walt Disney Company und deren Partnern sowie Untergebenen. Wenigstens die sollte man mitbringen, denn sonst ist Kingdom Hearts III so oder so das ganz falsche Spiel für euch.
Aufeinandertreffen der Welten
Die themenbasierten Schlüsselwelten zählen auch hier in Sachen Design wie immer zu den absoluten Highlights der Reihe. Der dritte Teil entführt Sora und Co. dieses Mal in eher aktuelle Disneyschöpfungen. Zwar darf man sich unter anderem auch über eine Rückkehr in den Hundertmorgenwald freuen und damit verbunden natürlich auch das Wiedersehen mit Winnie Puuh und seinen Freunden, ebenso der Fokus liegt aber klar auf den von Pixar zum Leben erweckten Animationsfilmen, die hier umfangreich als Vorlage dienen. Buzz Lightyear, Eiskönigin Elsa und die kochbegabte Ratte Remy sind nur einige wenige der zahlreichen bekannten Helden, denen das Trio auf ihren Reisen begegnen. Nicht selten werden die drei Helden mitten in die bekannten Filmhandlungen geworfen und beobachten so zum Beispiel Elsa beim Erschaffen ihrer Frostfestung, inkl. Tanz und Gesang. Und das sieht oft auch dermaßen echt aus, dass man kaum noch zwischen Spiel und Film unterscheiden kann.
Während beim Design also in die Vollen gegriffen wurde, bleibt das Gameplay selbst gewohnt minimalistisch und folgt von Welt zu Welt stets sehr ähnlichen oder gar identischen Abläufen. Zwischen den vielen Cutscenes bewegt sich Sora durch die Spielwelt, sammelt Collectibles und andere nützliche Gegenstände ein und verdrischt Horde um Horde der feindlichen Schattenwesen. Danach beginnt der Kreislauf erneut. Was auf dem Papier sehr repetiv klingt, wird in der Praxis zumindest durch zahlreiche abwechslungsreiche Minispiele aufgelockert, trotzdem fallen die immer gleichen Grundabläufe negativ auf. Und auch bei der Bedienung wagt Square Enix keinen Mut zur Neuerung, sondern verlangt im Kampf weiterhin kaum mehr als 2-3 Buttons. Neben der Standardattacke lässt sich wie gewohnt Magie wirken, gelegentlich schließen sich Sora, Donald und Goofy auch zu coolen Spezialattacken zusammen, die in ihrem Umfang aber auch eher übersichtlich bleiben. Immerhin glänzen die ausrüstbaren Schlüsselwerter durch gewohnte Vielseitigkeit.
Lediglich die spezifische Zuweisung von Angriffen erfordert etwas mehr Feintuning, denn ohne festgelegte Schemen brechen Donald und Goofy auch gerne mal aus ihren Rollen als Magier/Heiler bzw. Beschützer aus, was in den wenigen kritischen Situationen für einigen Frust sorgen kann. Auch das ist etwas, dass die Reihe seit jeher mit sich herum trägt. Dabei überrascht, wie leicht der dritte Teil der Reihe insgesamt ausgefallen ist, denn selbst auf der höchsten Schwierigkeitsstufe hat man kaum Mühen oder kommt gar dem Tode nahe. Da haben einem die Vorgänger bei weitem mehr abverlangt. Entsprechend ist der spielerische Anspruch hier deutlich niedriger.
Als Transportmittel zwischen den Schlüsselwelten dient auch dieses Mal wieder das Gumi Jet, wobei auf den jeweiligen Routen wie immer einige Gefahren lauern, denen man auf vielfältige Weise begegnen kann. In Kingdom Hearts III fungiert das frei gestaltbare Flugmittel aber nicht nur als Reisegefährt, sondern kann jetzt auch dazu genutzt werden, den Raum zwischen den Welten frei zu erkunden. Hier verbergen sich nicht nur zahlreiche Gegner im Rahmen bestimmter Missionen, sondern auch einige verborgene Schätze, die es einzusacken gilt. Die Minimap zeigt euch dabei immer an, auf welche Art von Gefecht ihr gerade zusteuert. Neben einfachen Gegnerwellen warten auch Bosskämpfe auf euch, die jeweilige Schwierigkeit wird zuvor anhand von Sternen angezeigt. Erfolgreich absolvierte Missionen belohnen euch unter anderem mit Bausteinen für das Schiff, ebenso aber auch wertvollen Blaupausen für ganz neue Schiffstypen. Es macht auch dieses Mal wieder einen Heidenspaß, mit den einzelnen Teilen zu experimentieren und immer wieder neue Kombinationen auszuprobieren. Praktisch: Habt ihr die erstmalige Reise zwischen zwei Schlüsselwelten erfolgreich absolviert, lässt sich das Ziel anschließend sofort ansteuern, die Passage muss also nicht immer wieder erneut durchquert werden. Auch schaltet ihr je nach Gebietsfortschritt immer neue Landezonen frei, von denen ihr euer Abenteuer bequem wieder aufnehmen könnt, ohne nochmal komplett von Anfang bis Ende laufen zu müssen.
Tücken der Technik
Seit dem letzten großen Kingdom Hearts hat sich zumindest in Sachen Grafik einiges getan, denn das Debüt der Reihe auf den Konsolen der gegenwärtigen Generation, nämlich PlayStation 4 und XBOX One, wird erstmals von der Unreal Engine 4 angetrieben. Die zaubert nicht nur teils fotorealistische Welten im Stile der computeranimierten Vorlagen wie Toy Story und Co., sondern besticht abseits davon auch durch klasse Partikeleffekte. Der kunterbunte Comiclook der Vorgänger wird hier aber natürlich trotzdem beibehalten, weshalb man hier freilich nicht mit der visuellen Gesamtpracht eines Red Dead Redemption II rechnen darf, zumal der grafische Anspruch je nach Schlüsselwelt auch ganz unterschiedlich ausfällt. Der Vergleich wäre allerdings auch unfair, so kann man sagen, dass man hier zumindest mit Abstand das bisher schönste Kingdom Hearts geboten bekommt.
Aber wie verhält es sich mit der Technik im Detail? Bereits bei der Auflösung gibt es Unterschiede zwischen sämtlichen Plattformen. Die XBOX One X hat hier mit nativer 2K – Auflösung die Nase vorne und skaliert darauf basierend auf 4K rauf, sofern man einen dafür kompatiblen Monitor oder Fernsehbildschirm sein Eigen nennt. Knapp dahinter reiht sich die PlayStation 4 PRO ein, die leicht niedriger auflöst und dann ebenfalls hochrechnet. Schlechter sieht es da schon bei den Standardmodellen aus. Während die reguläre PlayStation 4 immerhin noch in 900p ausgibt und dann auf 1080p hochskaliert, bildet die normale XBOX One leider wieder mal mit Abstand das Schlusslicht der Reihe. Hier werden gerade mal 720p geboten, was für ein sichtbar matschiges Bild sorgt. Und auch bei der Performance gibt es teils seltsame Ergebnisse zu vermelden. Alle Konsolen peilen grundlegend erstmal 60 Frames pro Sekunde für flüssiges Gameplay an, was sehr löblich ist. Das Problem ist nur, dass keine Plattform wirklich in der Lage ist, dieses Ziel dauerhaft zu erreichen, bzw. zu halten. Die One X schneidet auch hier knapp am besten ab und bewegt sich zwischen sehr spielbaren Bildraten zwischen 50 und 60 Frames, mit der Tendenz nach oben. Die PlayStation 4 PRO verliert nochmals einige Bilder und pendelt sich im Durchschnitt zwischen 45 und 55 Frames pro Sekunde ein, die magischen 60 Bilder werden nur selten erreicht.
Deutlich schlechter sieht es auch hier wieder bei den Standardkonsolen aus, die es höchstens noch auf schwankende Werte ab 30 Frames bringen. Hier fallen die Slowdowns noch am ehesten auf, wobei man wenigstens bei der ohnehin schon an die Grenze des Möglichen runtergeschraubten XBOX One – Auflösung vermuten könnte, dass dafür wenigstens die Performance stimmt. So aber taugt das preiswerte Grundmodell kaum für ein anständiges Spielerlebnis. Wer Kingdom Hearts III also ohne viel Ärger erleben will, sollte definitiv eines der erweiterten Modelle nutzen. Komisch ist, dass sich zwischen allen Modellen keine wirklich klare Linie erkennen lässt. In manchen Szenen ist beispielsweise die normale PlayStation 4 schneller als die erweiterten Modelle. In anderen nicht. So richtig überzeugend ist die Optimierung für die jeweiligen Varianten einfach nicht ausgefallen, es bleiben gegenwärtig viele Fragen offen.
Zur Regulierung wird auf jeder Plattform die Möglichkeit geboten, das Spiel bei konstanten 30 Frames zu binden, was sich allerdings auch nicht als optimale Lösung herausstellt. Denn zum einen sind 30 Frames für ein auf Schnelligkeit getrimmtes Spiel wie dieses einfach nicht ausreichend, zum anderen entstehen durch den Lock extrem nervige Inputlags, eingegebene Kommandos werden also nur verzögert umgesetzt. Es ist zu hoffen, dass die Macher in den kommenden Wochen schauen, wo noch via Patch Optimierungen vorgenommen werden. Denn im jetzigem Zustand ist keine Version von Kingdom Hearts III auf technischer Ebene wirklich perfekt.
Den Ton ordentlich zu bewerten ist gar nicht so einfach, denn hier spielen viele Faktoren eine wichtige Rolle, die ich aus meiner eigenen Perspektive sehr individuell behandeln möchte. Zuallererst merkt man, dass sich Square Enix große Mühe gegeben hat, für eine qualitativ hochwertige Vertonung zu sorgen. Aber wer das Glück hatte, die ersten beiden Teile damals auf der PlayStation 2 zu erleben, wird auch hier wieder mit einiger Wehmut daran erinnert, dass sich die Macher längst von deutschen Synchronfassungen verabschiedet haben. Die spitzenmäßig vertonten Dialoge suchte man dann leider auch später in den jeweiligen Remastern vergeblich. Und auch Kingdom Hearts III bietet „nur“ englische und japanische Sprachausgabe, liefert dazu aber immerhin brauchbar lokalisierte deutsche Untertitel ab. Abwerten will ich das aber nicht, zumal man für die englische Synchronisation erneut Hailey Joel Osment gewinnen konnte, der Sora bereits im ersten Teil gesprochen hat und der auch zwanzig Jahre später noch einen tollen Job abliefert. Was mich eher ein bisschen stört ist die Tatsache, dass man für die meisten Disneycharaktere, die im Original nicht selten von prominenten Schauspielern gesprochen worden, nun überall Ersatz herangekarrt hat. Die leisten zwar auch gute Arbeit, aber es ist nunmal einfach nicht dasselbe, Jack Sparrow, Woody und viele andere zu sehen, aber auf so unvertraute Weise zu hören. Gleiches gilt für den Soundtrack, der neben wenigen Originalstücken eben auch immer nur ähnlich zu den bekannten Titelliedern klingt, aber nie identisch. Schade, denn mit der kompletten Disneylizenz ausgestattet hätten die Macher doch sicher auch Zugriff auf die originalen Stücke haben können. Trotzdem ist das alles Kritik auf extrem hohen Niveau, denn wie gesagt, die allgemeine Tonqualität ist fantastisch und führt die Klangmagie vorheriger Teile nahtlos fort.
Fazit und Wertung
„Auf der einen Seite muss man die Konsequenz loben, mit der die Macher das vorläufige Finale der Reihe umgesetzt haben. Plötzlich und endlich finden sich alle Charaktere in einem Spiel ein, was nicht immer optimal funktioniert, aber trotzdem eine beachtliche Leistung darstellt, bedenkt man die schiere Masse an Figuren und Handlungselementen. Auf der anderen Seite sorgt eben dieser Überfluss dafür, dass Neueinsteigern extrem viel teils essentielles Vorwissen entgeht. Und auch beim Gameplay wird wenig Neues geboten, stattdessen baut der dritte Teil der Reihe mehr denn je auf Minimalismus und fordert selbst auf höherer Schwierigkeit kaum. Und doch lassen sich überall kleine, aber sinnvolle Erweiterungen und Verbesserungen entdecken, die Kingdom Hearts III zu dem Spiel machen, welches sich langjährige Fans des Franchises wohl erhofft haben. Schade nur, dass der teils fantastischen Optik eine so unstete Performance gegenüber steht. Nein, die große Revolution ist Kingdom Hearts III nicht. Aber definitiv ein würdiger Abgang für all die Charaktere, die viele von uns über so viele Jahre begleitet haben.“
Pay-2-Win/Mikrotransaktionen: Kingdom Hearts III ist ein reiner Einzelspielertitel und bietet keinerlei Möglichkeiten, sich gegen Echtgeld spielerische Vorteile zu verschaffen. Eine Abwertung findet diesbezüglich nicht statt.
PRO:
+ Tolle Effekte
+ Zeitlos hübsches Comicdesign
+ Wunderbar erzählte Story mit versöhnlichem Abschluss
+ Sympathische Helden
+ Teilweise fotorealistische Einbindung der verschiedenen Disney – Franchises
+ Toy Story und Co. fügen sich prima in das Kingdom Hearts – Universum ein
+ Deutlich erweiterte Gumi Jet – Komponente
+ Abwechslungsreiche Minispiele
+ Guter Umfang
+ Zugängliche Bedienung
+ Gute (englische und japanische) Sprecher
+ Klasse Soundtrack in bester Serientradition
CONTRA:
– Für Einsteiger kaum nachvollziehbare Geschichte
– Spielerisch kaum fordernd
– Nicht komplett nachvollziehbares Zusammenbringen aller Charaktere
– Nur sehr wenige originale Musikstücke
– Schwankende Bildraten
GESAMTWERTUNG: 8.7/10
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